Die Mischna – Saaten – Seder Zera‘im

cover-mischna-saatenDie Mischna [1]: Saaten – Seder Zera’im.

Aus dem Hebr. übersetzt und hrsg. von Michael Krupp in Zusammenarbeit mit Gregor Buß, Tobias Funke, Friderike Hecker, Daniel Stökl ben Ezra.
Frankfurt (Main): Verlag der Weltreligionen 2013.

[608 S. – ISBN 978-3-458-70041-8. 42 €]

 

 

Antikapitalismus: „Sozialstaat“ in der jüdischen Mischna

 

 

Kurz: Die kommentierte Übersetzung der Mischna, der ersten Ordnung „Saaten“ behandelt die Regeln für die Besitzer von Grundbesitz: die Pflicht zu großzügiger sozialer Fürsorge, auch für die Ausländer, und zur Versorgung der religiösen Spezialisten.

Im Einzelnen: Die Bestimmungen dieser Regelungen der Landwirtschaft und des Boden­rechts zeugen (1) von einer Pflicht zur Achtsamkeit gegenüber den Armen und Bedürftigen und (2) der Versorgung der Gottesdiener, bevor die Besitzer selbst die Ernte genießen dürfen. Und keine Knauserei, indem man Fallobst für die Priester sammelt oder bis in die Ecken alles abmäht. Nein, das gehört den Armen, wenn sie nach Feierabend zur Nachlese kommen! Für die immer mehr zu städtischen Bürger werdenden Diaspora-Juden sind landwirtschaftliche Regeln und Pflichten eigentlich weniger wichtig. Dennoch stellt die Mischna alle Regeln zusammen. Der erste Traktat Berachot – Segnungen ist gesondert zu sehen; er gehört jedenfalls nicht zu den Bestimmungen des Grundbesitzes, eher als Vorspann zur Mischna insgesamt (248).

Nach den ‚Ordnungen‘ der Mischna 2 Festzeiten (Mo’ed), 3 Frauen (Nashim)[1] und 4 Schädigungen (Neziqin)[2] erscheint nun die erste Ordnung Saaten (Seder Zera‘im). Derweil kommt Michael Krupp mit seinem Team mit der in Israel erscheinende zweisprachige Reihe der Einzeltraktate zügig voran.[3]

Der Text der Übersetzung der 11 Traktate umfasst die Seiten 9-221. Der Stellenkommentar erklärt die Texte auf 350 Seiten, der Band ist sorgsam erschlossen durch Glossar, Mengen-/ Größenmaße, Bibelstellen, Personenverzeichnis, leider kein Sachverzeichnis. Bibliographie.

Gegenüber der sorgsamen Übersetzung der das Hebräische hervorragend beherrschenden Bearbeiter sei einmal bemerkt, dass eine Fülle von altertümlichen Begriffen, vielleicht sogar nur in der Übersetzersprache je gebrauchten Wörtern den Wert der Übersetzung erheblich beeinträchtigen. Mit mehr der Zielsprache entsprechenden und mit präzisen, heute üblichen Begriffen, auch üblichen Fremdwörtern wären die Übersetzungen ansprechender und verständlicher. Beispielsweise kehren nach durchzechter Nacht junge Leute aus dem „Trinkhaus“ (9) zurück. Warum nicht Kneipe, Wirtshaus? „Priesterhebe“(121 ff) steht für Abgaben oder Steuern für die Priester.

 

  1. April 2015                                                                                         Christoph Auffarth,

Religionswissenschaft

Universität Bremen

 

[1] Rezension Auffarth, in: http://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2010/12/08/die-mischna-herausgegeben-von-michael-krupp/

[2] Rezension Auffarth, in: Zeitschrift für Religionswissenschaft 17(2009), 213-220.

[3] Seite 246 Verweis auf die von Michael Krupp hrsg. Jerusalemer Mischna. Beispielsweise aus dem Seder Zera‘im: Terumot = Priesterhebe. bearb. von Michael Krupp. Jerusalem: Lee Achim Sefarim 2010. XXVII, 63 S.

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