Spuren lesen 1/2. Herausgegeben von Petra Freudenberger-Lötz

Petra Freudenberger-Lötz (Hg.)
Spuren lesen – Religionsbuch für das 1./2. Schuljahr
Erarbeitet von Ulrike Altrock, Petra Freudenberger-Lötz, Ulrike Itze, Edelgard Moers, Anita Müller-Friese und Brigitte Zeeh-Silva
96 Seiten, durchgehend vierfarbig gestaltet, mit Illustrationen von Yvonne Hoppe-Engbring
1. Auflage 2010, Calwer Verlag, broschiert, Format: 22 x 24 cm
ISBN 978-3-7668-4114-8

Petra Freudenberger-Lötz (Hg.)
Spuren lesen 1/2 Lehrermaterialien
Erarbeitet von Ulrike Altrock, Petra Freudenberger-Lötz, Ulrike Itze, Edelgard Moers, Anita Müller-Friese und Brigitte Zeeh-Silva
312 Seiten mit 456 sw und 23 farbigen Abbildungen, Illustriert von Angelica Guckes und Yvonne Hoppe-Engbring
1. Auflage 2011, Calwer Verlag, broschiert, Format: DIN A4
ISBN 978-3-7668-4120-9

Petra Freudenberger-Lötz (Hg.)
Spuren lesen 1/2 – Bildkarten
Erarbeitet von Ulrike Altrock, Petra Freudenberger-Lötz, Ulrike Itze, Edelgard Moers, Anita Müller-Friese und Brigitte Zeeh-Silva
DIN A4 quer, mit Illustrationen von Yvonne Hoppe-Engbring und Fotos von Jürgen Moers
1. Auflage 2010, Calwer Verlag, kartoniert, 59 lose Bildkarten
ISBN 978-3-7668-4122-3

Petra Freudenberger-Lötz (Hg.)
Spuren lesen 1/2 – Audio-CD
Erarbeitet von Ulrike Altrock, Petra Freudenberger-Lötz, Ulrike Itze, Edelgard Moers, Anita Müller-Friese und Brigitte Zeeh-Silva
Spielzeit: ca. 80 Minuten
1. Auflage 2010, Calwer Verlag
ISBN 978-3-7668-4121-6

„Fragen stellen kann ich gut!“

So lautet ein Lied aus dem Schulbuch „Spuren lesen“. Ein neues Grundschullehrbuch für Religion mit einem dezidierten Neuansatz! Die Herausgeberin von „Spuren lesen“, Petra Freudenberger-Lötz, hat seit vielen Jahren das Konzept einer „Kindertheologie“ in den „Jahrbüchern für Kindertheologie“ und in zahlreichen weiteren Publikationen einschlägig erforscht und für die Praxis in der Schule vorbereitet. Nun erscheint als Frucht dieser gründlichen Vorarbeit ein Grundschulwerk, das sich diesem Ansatz verpflichtet weiß. In einer Zeit, in der pädagogische Konzepte in Deutschland immer rascher mit hohem administrativen Druck eingeführt werden, um die Schule zu ‚verbessern’, wird man neue Angebote vor allem auf ihre Begründung, auf ihre Praxistauglichkeit und auf Nachhaltigkeit prüfen müssen.
„Spuren lesen“ bietet seine Inhalte in einem Gesamtpaket an: a) Grundschulbuch 1./2., b) kartonierte Bild-Text-Karten im DIN A4-Format, c) eine Audio-CD mit Liedern, Erzähl- und Hörbeispielen und d) in einem umfassenden 300-seitigen Band „Lehrermaterialien“.

Die „Lehrermaterialien“ sind ein unerlässliches Begleitreservoir für das Kennenlernen des didaktischen Konzeptes. Petra Freudenberger-Lötz und Brigitte Zeeh-Silva stellen in didaktischen Grundlagenbeiträgen knapp und praxisorientiert vor, wie man theologische Gespräche mit Kindern führt und welche Rolle Dynamik und Stille für das Kind in der Schule spielen. Des weiteren werden die Lehrkräfte an ein Konzept zum Erzählen biblischer Geschichten im RU heran geführt und werden sensibilisiert für die Gestaltung von Ritualen im Religionsunterricht.
Die Themen und Inhalte für den Unterricht im 1. und 2. Schuljahr beginnen bei der Situation der Kinder im Religionsunterricht und führen zur religiösen Sicht der Einmaligkeit des Menschen vor Gott. Die Freude an der Schöpfung und die Fragen der Menschen nach Gott bestimmen die beiden folgenden Kapitel. Größere biblische Kontexte werden eröffnet mit „Abraham und Sarah“, „Josef“ und „Wer ist Jesus“. Beim Thema „Angst und Mut gehören zusammen“ verbinden sich auf besondere Weise Kindererfahrungen mit biblischer Thematik: „Jona“. Beim Kapitel „Unsere Kirche- ein Haus für Gott und Menschen“ besticht der Einstieg mit der ungewöhnlichen „Hundertwasserkirche“ Sankt Barbara in Österreich (SB 80). Diese Auswahl kann den Weg zu den Häusern anderer Religionen erleichtern, denn sie weist mit ihren zwölf Toren der Religionen darauf hin, dass Menschen auch auf andere Weise Gott suchen.

Am Beispiel des Kapitels „Kirche“ wird die besondere Bedeutung, welche die Bilder in diesem Werk haben, sehr anschaulich. Die Bilderseite „Das Portal“ (SB 82) lässt zwei Kinder durch ein Kirchenportal gehen, das mit Zeichnungen zu Bibelgeschichten umgeben ist. Damit wird einerseits an Bekanntes angeknüpft, jedoch auch Spannung auf Überraschendes geweckt: „Was mag hinter dieser Tür sein“? Auf der nächsten Seite finden wir die beiden Kinder in der – evangelischen – Kirche, in der ersten Reihe sitzend. Gut, dass hier kein einfaches Foto einer Kircheninnenansicht verwendet wurde, sondern eine wohl durchdachte Zeichnung, die viel Raum zum Einfühlen und Deuten lässt! Eine Aufgabe für die Schüler lautet: „Findet Namen für die Dinge in der Kirche. Wozu sind sie da“? Dieser Impuls ist symptomatisch und beispielhaft für das durchgehaltene Konzept der Kindertheologie: Den Kindern über hilfreiche und interessante Anregungen und Impulse die Möglichkeit zu eigenen Antworten und Ideen zu geben. Man begibt sich mit den Kindern auf eine gut vorbereitete Entdeckungsreise, ohne dass Ergebnisse schon zuvor feststehen. Zu Beginn eines neuen Themas sind „Mögliche Kinderfragen“ genannt; diese haben Beispielcharakter und laden zum Weiterfragen ein.
Jedes Kapitel endet mit einer Seite „Spurensuche“. Hier geht es nicht schlicht um die Bündelung des ‚Behandelten’, sondern vielmehr um individuelle und gemeinschaftliche didaktische Orientierungen: „Das Wichtigste ist …“, „Ich habe noch eine Frage“ und „Das kann ich …“. Damit unterscheiden sich diese Abschlussseiten wohltuend von ähnlichen Bespielen anderer Religionsbücher, in denen manchmal der Eindruck überwiegt, es käme vor allem auf ‚Vielwisserei’ und ‚Vielkönnerei’ an. Man spürt: Der kindertheologische Ansatz führt nicht geradewegs zu einem zuvor ausgesuchten Zielpunkt, sondern stellt Lehrkräfte wie Kinder auf einen Weg. Die Seiten der „Spurensuche“ beziehen selbstverständlich auch Wissenselemente ein, räumen jedoch dem Weiterfragen und auch dem suchenden Zweifel – z.B. mit Sätzen wie „Ich glaube nur manchmal an Gott“ oder „Warum hat Gott so viele Namen?“ – den berechtigten Ort ein. Darin zeigt sich eine wirkliche religionspädagogische Innovation. Gut durchdacht verbinden sich hier Inhalte, Methoden und Kindererfahrungen zu einer neuen, in Schulbüchern so bisher nicht zu findenden Gestaltung. Dazu helfen auch die ansprechend gestalteten Bild-Textkarten, die z.B. für Gespräche im Sitzkreis oder für Stationenarbeit geeignet sind.

An dieser Stelle muss man auch auf das Thema „Kompetenzen“ zu sprechen kommen. Kaum ein Lehrplan in Deutschland und inzwischen auch kaum ein neu erscheinendes Schulbuch für
Religion sparen dieses Thema aus. Im Schülerbuch „Spuren lesen“ geht es auch um den Erwerb von Kompetenzen, jedoch auf eine erfreulich unauffällige Weise. Das Kind kann zu jedem Thema mit Hilfe der Lehrkraft sein Wissen und seine Fragen erörtern. Ihm wird sogar zugetraut, selbstständig nach dem „Wichtigsten“ zu suchen! Das ist mehr als nur bestimmte Wissensziele zu erreichen. Im Lehrerhandbuch wird zunächst nach den Kompetenzen für Lehrkräfte gefragt, welche sich der kindertheologischen Arbeit widmen wollen (vgl. LB 11). Diese Hinweise sind von grundlegender Bedeutung. Zu den einzelnen Themen bietet das Lehrerhandbuch dann in zahlreichen Abschnitten, die mit „Kompetenzspektrum“ überschrieben sind, vielfältige Belege für diese Blickrichtung. Der Leser wird dabei gewissermaßen in den Unterricht mit hinein genommen und erfährt, was und wie gelernt bzw. getan wird. Dieses Verständnis von Kompetenzspektrum weiß sich dem Geschehen des Unterrichts verpflichtet; man erfährt und versteht viel vom intendierten Unterrichtsprozess. So wirken die –bedeutungsvollen! – Kompetenzbeschreibungen auf eine erfreuliche Weise unaufdringlich. Gerade deshalb verdienen sie Beachtung.
In methodischer Hinsicht bietet schon das Schülerbuch, aber noch viel mehr der Lehrerband eine Fülle an gut durchdachten und inhaltlich integrierten Arbeitsvorschlägen. Die Kinder werden durch besondere Symbole auf wiederkehrende Arbeitsweisen hingewiesen. Der Lehrerband ist gut gefüllt mit Arbeitsblättern und Gestaltungsvorschlägen, spart dabei – zum Glück! – nicht mit religionspädagogischen Grundlagen. So ergibt sich ein reicher Schatz an Inhalten und Arbeitsmaterialien für einen interessanten und ereignisreichen Religionsunterricht.

Auf die baldige Fortsetzung dieser gelungenen Arbeitsmaterialien für das 3. und 4. Schuljahr darf man mit Recht freudig gespannt sein!

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Dr. Manfred Spieß
Religionspädagogik
Universität Bremen

07.03.2011

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