Stéphane Hessel: Empörung – Engagement – Friedensaufruf

Der 93jährige Stéphane Hessel hatte 2010 mit seinem Essay “Empört Euch!” in Frankreich eine machtvolle Diskussion entfacht, weil er mit intellektueller Schärfe den Verrat von demokratisch-freiheitlichen Grundwerten und gesellschaftliche Ausgrenzung einzelner Gruppen als zunehmend skandalös empfindet:

Stéphane Hessel: Empört Euch!
Aus dem Französischen von Michael Kogon.
Berlin: Ullstein 2011, 2. Aufl.

— Rezension hier —

 

Man hat zu Stéphane Hessel gesagt: “Empörung reicht nicht, wo bleibt das Engagement?” Der Mitverfasser der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte” von 1948 legte nach. Im März erschien in Frankreich: “Engagez-vous!”

Die  deutsche Ausgabe erschien im Juli 2011:
                  Engagiert Euch! 

Die Berliner Zeitung hatte nach dem Erscheinen in Frankreich am 17.03.2011 anerkennend geschrieben, wie eindrucksvoll der Autor Empörung in Engagement umzuwandeln vermag: 
Rezension hier

In der schon erwähnten knappen, aber nicht minder präzisen Art erschien im Frühjahr 2012 ein weiteres Bändchen, das ein Gespräch von Stéphane Hessel mit dem Dalai Lama über die Notwendigkeit des friedlichen Zusammenlebens bringt. In einer “Kartografie des Geistes” entsteht, wie das menschliche Bewusstsein voranschreiten kann und sich dadurch gleichermaßen säkular und religiös der Frieden voranbringen lässt.

Es wäre gut auf diese gestandenen “Friedensarbeiter” zu hören, wie sie um der Menschenrechte willen rufen: 


Declarons la paix! Wir erklären den Frieden!

 Dalai-Lama / Stéphane Hessel: Déclarons la paix!
Pour un progrès de l’esprit.
Barcelone: Indigène 2012, 46 S.

Eine deutsche Übersetzung ist in Vorbereitung.

 

 

Die Atombombe auf Hiroshima und die Folgen. Zum Jugendbuch: “Sadako will leben”

Karl Bruckner: Sadako will leben.
Wien – München: Jugend & Volk, 1990, 12. Aufl., 189 S.
— ISBN 3-7141-1307-X
Erstausgabe 1961, Deutscher Jugendbuchpreis 1963.
Neuauflage: Arena Verlag Würzburg 2006, TB Arena life
In dem Jugendbuch „Sadako will leben“ (für Kinder ab 10 Jahren geeignet) schildert Bruckner auf eindringlichste Weise den Atombombenangriff durch das amerikanische Milität auf die japanische Stadt Hiroshima am 6. August 1945 gegen Ende des 2. Weltkriegs. Dazu führt er den Leser durch 10 Lebensjahre des japanischen Mädchens Sadako und seiner Familie.

Gott im Film

Schramm, Michael: Der unterhaltsame Gott. Theologie populärer Filme
Paderborn u.a.: Ferdinand Schöningh 2011,
2. erweiterte u. aktualisierte Auflage, 200 S. — ISBN 978-3-506-76444-7 
 Einleitung
Theologische Elemente sind aus der Popkultur nicht mehr wegzudenken. Allerdings werden entsprechende Inhalte oftmals sehr gut in den einzelnen Unterhaltungsprodukten versteckt. Teilweise nehmen sie jedoch, gerade in Filmen, eine gewichtige Rolle ein. Michael Schramm, Professor für Katholische Theololgie und Wirtschaftsethik von der Universität Stuttgart-Hohenheim
, stellt in seinem Buch „Der unterhaltsame Gott“ sowohl implizite als auch explizite Beispiele für theologische Elemente in populären Filmen heraus und analysiert auf dieser Grundlage prominente theologische Fragestellungen und Probleme. 

Aufbau
In insgesamt sieben Kapiteln eruiert Schramm einige der zentralen Themen des christlichen Glaubens. Unter anderem werden die Person Jesus Christus, Jenseitsvorstellungen oder auch die Frage nach der Theodizee behandelt. Der Autor zieht dazu diverse filmische Zitate und Sachverhalte heran, welche die zu behandelnden Themen ansprechen. Am Beispiel der unterschiedlichen „Star Trek“-Serien wird etwa der Umgang mit religiöser Pluralität aufgearbeitet. Die „Star Wars“-Filme hingegen stellen in Ihrem Zentrum die Frage nach einer unsichtbaren Macht, welche jedoch ganz reale Wirksamkeiten entfalten kann. Schramm beginnt in der Regel mit einer kurzen Einleitung in Form einer Darlegung des zu erläuternden Sachverhaltes. Danach führt führt er das passende Filmbeispiel an. Im Anschluss daran wird ein Zitat respektive ein Dialog zitiert, in welchem die erörternde Thematik plastisch wird. Danach erfolgt eine Analyse dieser Sequenz oder Passage, welche schlussendlich in den theologischen Kontext eingeordnet wird.
Kritik
Michael Schramm gelingt es, eine Brücke zwischen zwei vermeintlich grundverschiedenen Welten zu schlagen. Die Filmbeispiele sind dabei gut gewählt und machen die entsprechende Thematik sehr anschaulich. Die anschließende Erläuterung der zitierten Passagen ist klar und sprachlich gut verständlich.

Jedoch gerät die darauffolgende Diskussion in einigen Fällen sehr komplex. Ohne Vorkenntnisse auf dem entsprechenden theologischen Gebiet wird das Verständnis stark erschwert. Die vielen begleitenden Zitate aus der theologischen Sekundärliteratur bzw. aus der Philosophie bringen oftmals eine zusätzliche Dimension in das Thema ein und verkomplizieren es damit zusätzlich.
Fazit
Der Titel „Der unterhaltsame Gott“ kann ein wenig irreführend sein. Wer hinter diesem Namen leicht bekömmliche theologische Kost vermutet, wird vermutlich schon nach wenigen Seiten das Buch aus der Hand legen. Die Filme, welche den Zugang zu den zu behandelnden Themen legen, sind zielführend gewählt und öffnen die zu erörternden Schwerpunkte sehr gut. Allerdings wird spätestens bei der Analyse des Filmmaterials sozusagen ein Anstieg der Komplexität deutlich. Daher richtet sich „Der unterhaltsame Gott“ vorrangig an Leser/innen, die bereits Vorerfahrungen mit zentralen christlichen Glaubensaspekten besitzen und diese erweitern beziehungsweise aus einer anderen Perspektive betrachten möchten. Unter diesen Gesichtspunkten darf das Werk aber durchaus als gelungen und lesenswert eingestuft werden.
Titel und Erscheinungsjahr der besprochenen Filme
Star Trek (USA 1966 ff.)
Star Wars I – VI (USA 1977 – 2005)
Avatar (USA 2009)
The Lord of the Rings I – III (Neuseeland / USA 2001 – 2003)
Titanic (USA 1997)
The Terminator und Terminator 2: Judgment Day  (USA 1984 & 1991)
Signs (USA 2002)
Contact (USA 1997)
Das Jesus Video (Deutschland 2002)
Stigmata (USA 1999)
The Green Mile (USA 1999)
The Third Miracle (USA 1999)
The Da Vinci Code (USA 2006)
The Body (USA 2001)
The Matrix & Matrix Reloaded & Matrix Revolutions (USA 1999 – 2003)
Angels and Demons (USA 2009)
Dragonfly (USA 2002)
Enemy Mine (Deutschland/USA 1985)

Sascha Göddenhoff, Herne
Rz-Schramm-Film, 13.03.12

Friedensfähigkeit und Gewaltpotential in den Religionen – Bücher zum Thema

Für die hier vorgestellten Bücher liegen zugleich ausführliche BESPRECHUNGEN vor – Bitte anklicken!









Innerislamische Kontroversen um Koexistenz und Gewalt

Zusammenfassende Rezension   
Ausführliche Besprechung:
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Tilman Seidensticker (Hg.): Zeitgenössische islamische Positionen zu Koexistenz und Gewalt.
Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2011; VIII, 184 S., Index der modernen muslimischen Denker
ISBN 978-3-447-06534-4

Das Wort „Islam“ verbindet sich für viele mit „Gewalt“. Sich auf den Islam berufende Terroristen rechtfertigen ihr Tun damit, dass sie behaupten, diese Gewalttätigkeiten seien von der islamischen Tradition her gerechtfertigt. Allerdings richtet sich die Gewalt nicht nur gegen „Ungläubige“, sondern vielfach auch gegen Muslime selbst. Nun gibt es durchaus Gewalt befürwortende und Gewalt ablehnende Richtungen innerhalb der islamischen Welt. Der Jenaer Arabist und Islamwissenschaftler Tilman Seidensticker hat nun mit einer Reihe von Fachleuten (überwiegend der jüngeren Wissenschaftler-Generation) diese „Islamischen Kontroversen über Berechtigung von Gewalt“ genauer untersucht.

Zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September in den USA und am Beginn des „arabischen Frühlings“ stellt sich die Frage nach der möglichen Zwangsmentalität einer Religion besonders intensiv. Es lässt sich ja kaum vorhersagen, welche Entwicklungen in der islamischen Welt insgesamt dominieren werden. Die dogmatisch auftretenden Fundamentalisten fordern eine Rückkehr zu den Regeln und Statuten der Urgemeinde, wohlgemerkt, wie sie diese verstehen. Die Konsequenz ist oft genug, dass sie ihr Verständnis auf konfliktreiche Art und gegen alles „Westliche“ in die Gegenwart zu übertragen versuchen. Andersdenkende werden als Häretiker oder Ungläubige diffamiert. Aber das ist nur die eine Seite, wenn man einmal genauer die innerislamischen Kontroversen betrachtet.
Es geht grundsätzlich um die Spannung zwischen Toleranz und Gewalt, zwischen Verteidigung von islamischen Errungenschaften und Kampfansage an die Ungläubigen, die in den unterschiedlichen Auslegungen von djihadzum Ausdruck kommen, nämlich (Mariella Ourghi, Freiburg). Das Absolutheitsdenken scheint in diesem Zusammenhang eine wesentliche Positionsverschärfung mitzubringen: Monopolanspruch auf das Paradies (so Johanna Pink, Berlin). Dagegen stehen flexiblere und Dialog offene Haltungen wie die von Said Nursi (1876 [?]–1960, kurdischer Herkunft, Türkei) und Mahmud Taha (1909 /1911–1985, Sudan), bis hin zur sog. Mardin-Intiative muslimischer Intellektueller von 2010. Die Djihad-Doktrin zwischen gewaltsamem Vorgehen gegen Ungläubige und Verteidigung des (wahren) Glaubens braucht also eine dringende Neubesinnung, um den Terrorismus gegen sog. falsche Muslime und „westliche Ungläubige“ auszubremsen. Hermeneutischen Monopolansprüchen bei der aktualisierenden Auslegung der Prophetentradition, der Hadithe, muss darum ein Riegel vorgeschoben werden. Selbst innerhalb des islamistischen Spektrums gibt es inzwischen eine wachsende Ablehnungsfront gegen extreme, sich auf den Koran und die Prophetentradition berufende Gewaltbereitschaft (Rotraud Wielandt, Bamberg). Die Frage bleibt allerdings, ob es eine neue Hermeneutik gegen islamistische Gewalt aus der derzeitigen religiösen Gemengelage heraus geben wird. Die extreme Spannbreite der Djihad-Verständnisse zwischen rückwärts gewandter Veränderung und liberaler Reform hat bekannte Namen an den jeweiligen „Eckpunkten“. Sie reichen von al-Maududi über Sayyid Qutb bis zu Fazlur Rahman und Mahmoud Taha.
Dieser Sammelband gibt differenzierende Einführungen in zeitgenössische Kontroversen zum Thema „Gewalt“. Er ist für alle empfehlenswert, die als aufmerksame Zeitgenossen die innerislamisch-theologischen, islamistischen und gesellschaftspolitischen Bewegungen besser verstehen wollen. Da das Spektrum dieser Debatte noch wesentlich größer ist, als in dieser Zusammenstellung angezeigt werden konnte, wäre sicher ein Fortsetzungsband sinnvoll.
Reinhard Kirste