Lektion 8 – Versöhnung mit Esau – 1. Mose 32

Als sie am Nachmittag aufbrechen wollen, kommen die beiden Boten ins Lager zurück. „Habt ihr Esau gesehen?“ ruft ihnen Jakob schon von weitem zu. „Was hat er gesagt? Wie geht es ihm?“ „Ja, wir haben ihn gesehen. Er ist schon unterwegs zu dir. Er hat vierhundert Männer bei sich. Sie sind alle bewaffnet: mit Pfeilbogen, Schleudern, Speeren und Stecken.“ Jakob erschrickt. Er hat Angst. Er ruft seine Frauen, Kinder, Knechte und Mägde zusammen. „Wahrscheinlich hat mir Esau nicht vergeben“, sagt er. „Vielleicht will er gegen mich kämpfen. Darum müssen wir vorsichtig sein. Ich habe einen Plan. Die Hälfte der Knechte und der Mägde sollen auf dieser Seite hier stehen! Und die andern auf der anderen Seite! Gut so! Und jetzt machen wir das gleiche mit den Tieren! Eine Hälfte hier, die andere dort!“ Jetzt stehen sich zwei Lager gegenüber. „Ihr bleibt hier!“ befiehlt Jakob den einen. „Und ihr dort kommt mit mir. Wir ziehen Esau entgegen. Lea, Rahel und die Kinder begleiten uns. Wenn Esau die ganze Familie sieht, hat er vielleicht Erbarmen mit mir. Und wenn er trotzdem mit uns kämpfen will, dann lassen wir die Tiere seine Beute sein und fliehen hierher. Dann habe ich zwar die Hälfte von meinem Besitz verloren, aber die andere Hälfte bleibt mir noch.“ Jakob hebt die Hände zum Himmel. Er betet. „Rette mich, mein Gott!“ sagt er. „Ich habe Angst. Aber du hast gesagt, mein Gott, dass du mir Gutes tun willst.“ Während des Gebets wird Jakob ruhiger. Mit einem Mal hat er eine Idee, wie er Esau besänftigen kann.
In der Zwischenzeit ist Esau nahe zum Lager gekommen. Mit seinen vierhundert bewaffneten Männern zieht er den Weg hinauf. Da kommt ihm ein Hirte entgegen. Der Hirte treibt eine ganze Herde Ziegen vor sich her. Er bleibt vor Esau stehen. „Diese Tiere da“, sagt er, „sind ein Geschenk deines Bruders Jakob!“ Esau schüttelt den Kopf. Aber das Geschenk freut ihn. Er lächelt. Sie gehen weiter. Da kommt ihnen wieder ein Hirte mit einer Herde entgegen. Diesmal sind es Schafe. „Ein Geschenk von deinem Bruder Jakob!“ sagt der Hirte zu Esau. Kaum sind sie wieder ein paar Minuten gegangen, da trotten ihnen Kamele mit einem Treiber entgegen. „Die schenkt dir dein Bruder!“ ruft der Treiber Esau zu. Jetzt sind Esau und seine vierhundert Männer umgeben von blökenden Schafen, meckernden Ziegen und Kamelen. Da kommen noch eine Herde Kühe und ein paar Esel die Straße herunter. „Geschenke deines Bruders Jakob!“ Sagen die Hirten, und zum Meckern und Mähen kommt noch das Muhen der Kühe und das „I-aaa“ der Esel. Zuletzt kommt Jakob mit seiner Familie. Jakob geht auf Esau zu. Nach vielen Jahren sieht er endlich wieder seinen Zwillingsbruder. Esau hat sich kaum verändert. Noch immer ist seine Haut wie aus Leder. Wild wächst sein roter Bart, und wild blicken seine dunklen Augen. „Ob er sich jetzt an mir rächt?“ denkt Jakob. Tief verneigt er sich vor seinem Bruder und fällt, wie ein Knecht vor seinem Herrn, siebenmal vor ihm auf die Erde. Da bückt sich Esau. Er streckt Jakob seine Hand entgegen. Er zieht ihn zu sich. Er umarmt ihn. „Willkommen zu Hause, Jakob“, sagt er. „Lasse dich ansehen! Älter bist du geworden. Und prächtige Kinder hast du. Und reich bist du auch. So viele Geschenke! Aber weißt du: Ich brauche sie nicht. Ich bin selber reich. Behalte deine Kamele, deine Schafe und deine Ziegen!“ „Nein“, antwortet Jakob, und sein Herz ist froh, „nein, sie sind für dich!“ „Kommt in mein Zeltdorf!“ sagt Esau. „Wir wollen das Wiedersehen feiern!“ Jakob bleibt ein paar Wochen bei Esau. Er erzählt ihm, was er alles erlebt hat. Esau berichtet vom Tod der Mutter und von seinem Beruf als Jäger. „Du kannst bei mir bleiben, Jakob“, sagt er. „Das ganze Gebirge hier gehört mir. Da kannst du deine Schafe und Ziegen weiden lassen. Es ist gutes Land. „Nein“, erwidert Jakob. „Ich will über den Jordan gehen. Dorthin, wo wir früher gewohnt haben. Ich will dort leben und unseren Vater sehen. Und dann muss ich noch an den Ort gehen, wo ich von Gott geträumt habe. Ich habe damals versprochen, dort einen Altar zu bauen.“ Nach ein paar Wochen nehmen die Brüder voneinander Abschied. Esau bleibt zurück. Jakob zieht mit seiner Familie auf die andere Seite des Jordans.