Lektion 7 – Der schreckliche Sturm

Krishna und der Berg Govardhana

Eines Tages beobachtete Krishna, dass die Menschen von Vrindavan eine Puja für die allmächtige Gottheit Indra, den König des Himmels, vorbereiteten. Er fragte seinen Pflegevater Nanda: „Sage Vater, was ist der Anlass für diese große Feierlichkeit? Was ist die Absicht? An wen ist die Puja gerichtet? Von wem und wie wird ein Opfer erbracht?“ Nanda antwortete: „Mein geliebtes Kind! Indra ist der Gott der Wolken. Er wird uns Regen schicken, wenn wir ihn verehren und anbeten. Der Regen spendet Leben an alle Geschöpfe. Die Früchte wachsen durch den Regen, den Indra uns schickt. Daher verehren die Menschen Gott Indra jedes Jahr mit einer großen Puja. Krishna antwortete: „Aber Vater! Indra tut doch nur seine Pflicht. Er befolgt doch nur die Befehle der Gottheit Vishnu.“ „O Krishna, dieses Fest ist eine uralte Tradition der Menschen von Vrindavan. Wir können doch nicht einfach damit aufhören es zu feiern.“, sagte Nanda zu seinem Sohn.

Krishna sagte: „Aber Vater, warum verehren wir nicht die Erde, die uns alles gibt, was wir zum Leben brauchen? Warum verehren wir nicht die Sonne, die das Leben aufrecht erhält? Warum nicht den Fluss Yamuna?“ „Krishna, du hast ja recht“, sagte Nanda, „aber es ist nicht möglich, wir können unsere alten Traditionen nicht außer Acht lassen, die seit Generationen befolgt werden.“ „Aber Vater“, widersprach Krishna, „sollen wir blind alten Traditionen folgen? Es ist die Gottheit Vishnu, der Indra und den anderen Gottheiten ihre Kraft gibt.“ „Krishna hat Recht“ sagte Garga, der Weise, „alle Gottheiten arbeiten unter den Anweisungen von Vishnu.“ Krishna sagte: „Wir sind alle Kuhhirten, alle unsere Kühe grasen auf den Weiden des Berges Govardhan, wegen des Berges Govardhan geben unsere Kühe uns Milch, Sahne und Käse. Wir verdanken dies alles dem Berg Govardhan. Deshalb sollten wir in Wahrheit den Berg Govardhan verehren und nicht Indra. Die Quellen und Flüsse des Berges stillen unseren Durst. Auf den Feldern an den Hängen des Berges wächst unser Getreide. Aus dem Holz der Wälder, die auf dem Berg wachsen, bauen wir unsere Häuser. Für unser Überleben hängen wir nicht von der Gottheit Indra ab, sondern von dem segensreichen Berg Govardhan.“ Da stimmten Nanda und andere Kuhhirten Krishna zu und Nanda ordnete an, dass von nun an nicht mehr Indra, sondern der Berg Govardhan mit einer jährlichen Puja zu verehren sei. Da versammelten sich alle Bewohner von Vrindavan am Fuß des Berges Govardhan und feierten ein großes Fest.

Als die Sturm- und Regenkrieger im Himmel erkannten, dass die Menschen von Vrindavan den Berg Govardhan verehrten und Indra keine Puja feierten, waren sie sehr erschrocken und berichteten dem König des Himmels diese schlechten Neuigkeiten sofort. Indra wurde außerordentlich wütend auf Nanda, Krishna und die anderen Hirten. Er sandte seine Wolken und Winde, und es gab Regen, Gewitter und Hagelstürme in Vrindavan. In seiner Wut wollte Indra ganz Vrindavan überfluten und vernichten.

Während alle Menschen weit von zu Hause entfernt, am Berg Govardhan ausgelassen und fröhlich feierten, setzte plötzlich ein fürchterliches Unwetter ein. Blitze zuckten am Himmel, Donner zerriß krachend die Luft. Voller Angst suchten die Menschen unter den Bäumen Schutz. Doch der Sturm riss die Äste von den Bäumen und knickte ganze Bäume um. So konnten die Menschen unter den Bäumen keinen Schutz mehr finden. Währenddessen traten durch den vielen Regen, die Bäche über das Ufer und wurden zu reißenden Strömen, die alles wegzuspülen drohten. Voller Angst bereuten die Menschen nun, Indra die Puja verweigert zu haben. Die Menschen sagten nun: „Wir müssen Indra sofort um Vergebung bitten! Es ist noch nicht zu spät!“

„Wartet,“ sagte Yashoda, Krishnas Pflegemutter, „Krishna würde nie zulassen, dass uns was Schlimmes passiert. „Du hast recht Mama,“ sagte Krishna, „ich beschütze Vrindavan.“ Dann hob Krishna den Berg Govardhan mit einer Hand in die Höhe, und die Menschen von Vrindavan suchten mit ihren Kühen Schutz darunter. Es regnete ununterbrochen sieben Tage lang. Krishna hielt den Berg für sieben Tage ohne Unterbrechung, ohne sich einen Millimeter zu bewegen.

Indra war wirklich verblüfft. Seine Sturmkrieger konnten den Menschen, die sich unter dem Berg versteckt hielten, so sehr sie sich auch abmühten, nichts anhaben. Kein Blitz erreichte sie, kein Regentropfen. Indra bestieg seinen großen Elefanten, um sich die Sache mit eigenen Augen anzuschauen. Als er zum Berg Govardhan kam konnte er niemanden sehen, aber die Musik einer Flöte erfüllte die Luft. In seinem Hochmut sammelte Indra seine Kräfte und schleuderte sie gegen den Berg um ihn zu zerstören. Aber er hatte keinen Erfolg. Im Gegenteil. Indra verlor sein Gleichgewicht, rutschte von seinem Elefanten und fiel auf die Erde. Da riss der Himmel auf und Sonnenstrahlen brachen durch die schweren grauen Gewitterwolken hindurch und tauchten das Land Vrindavan in ein goldenes Sonnenlicht. Indra war besiegt. Die Menschen von Vrindavan kehrten glücklich und erleichtert in ihr Dorf zurück und Krishna setze den Berg wieder an seinen ursprünglichen Platz. Alle waren sehr erstaunt und sagten: „Dieser sieben Jahre alte Junge hat den Berg Govardhan von der Erde gerissen und ihn ununterbrochen sieben Tage lang mit einer Hand gehalten.“ Als sie Krishna danken wollten sagte Krishna: „Dankt nicht mir, dankt dem Berg Govardhan, der euch Schutz gegeben hat.“

Der Himmelskönig Indra aber fiel vor den Füßen von Krishna nieder und sagte: „Ich war voller Hochmut und Stolz, vergib mir! Ich bin für ewig dein Diener. Krishna antw

ortete ihm: „Indra! Dein Stolz hat dich blind und überheblich gemacht. Du warst so extrem stolz auf deine Position und deine Macht. Indra! Gehe zurück in den Himmel und erfülle deine Pflicht. Verbanne deinen Hochmut vollkommen. Dann wirst auch du glücklich sein!“