Lektion 7- Die Prüfung / 1. Mose 43-44
In den Bibelstellen 1. Mose 43-44 geht es um die Ereignisse, bei denen die Brüder erneut nach Ägypten reisen müssen, um mehr Getreide zu kaufen. Die Brüder sind unsicher und ängstlich, da sie sich an Josef erinnern, den sie in Ägypten getroffen haben, aber nicht wissen, wie er reagieren wird.
Josef stellt die Brüder auf die Probe, um ihre Reue und Veränderung zu testen. Er legt ihnen Prüfungen auf, um herauszufinden, ob sie ehrlich und verantwortungsbewusst sind. Dabei geht es darum, zu sehen, ob die Brüder aus ihren vergangenen Fehlern gelernt haben und bereit sind, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen.
In der Diskussion werden wir über die Bedeutung von Ehrlichkeit, Verantwortung und Vergebung sprechen. Die Brüder müssen verstehen, dass es wichtig ist, ehrlich zu sein und Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen. Gleichzeitig müssen sie auch lernen, zu vergeben und sich zu versöhnen, um ihre Beziehung zu Josef und untereinander zu stärken.
Hinweis: Die Zeitangaben sind nur grobe Richtwerte und können je nach Unterrichtssituation variieren. Passen Sie das Schema an die spezifischen Bedürfnisse und das Alter der Schüler an.
Die erste Reise der Brüder
„Die Weiden sind verdorrt, Vater“, sagt Ruben.
Er zeigt mit der Hand auf die Berghänge. Der Boden ist gelb von den dürren Grasstoppeln. Die anderen Brüder sitzen und liegen vor dem Zelt.
„Die Schafe und Ziegen finden immer etwas“, antwortet Jakob.
Jakob ist alt geworden. Seine Haare sind weiß. Aber noch immer sind seine Augen klar und seine Arme kräftig.
„Natürlich finden die Schafe und Ziegen noch Fressen“, sagt Ruben. „Aber wir Menschen haben nichts mehr. In den Städten hungern sie schon.“
„Wie steht es mit unseren Vorräten?“ will Jakob wissen.
Ruben zuckt mit den Achseln. „In einem halben Jahr sind sie alle aufgebraucht.“
„Und ihr liegt und sitzt faul herum?“ ruft Jakob zornig. „Meint ihr eigentlich, euer alter Vater würde für euch und eure Frauen und für eure Kinder durch das Land gehen und Getreide suchen?“
„Die Bauern verkaufen schon lange kein Getreide mehr“, murrt Asser.
„Die Bauern nicht“, sagt Jakob. „Aber der Pharao in Ägypten. Alle anderen Hirten sind schon längst unterwegs in den Süden. Nur meine Herren Söhne sind zu bequem. Sie verhungern lieber als etwas zu unternehmen. Wartet, ich mach euch Beine!“
Der alte Jakob schwingt seinen Hirtenstock, dass die Luft pfeift. Erschrocken springen die Brüder auf die Beine.
„In einer Woche macht ihr euch auf den Weg!“ befiehlt Jakob. „Alle zusammen! Nur Benjamin bleibt bei mir. Jeder von euch nimmt einen Esel mit. Und dann kauft so viel Getreide, wie ihr bekommt!“
Eine Woche später verlassen die Brüder die Zelte Jakobs. Sie nehmen die Straße durch das Gebirge. Dann steigen sie hinunter in die Ebene. Nach sechs Tagen erreichen sie die ägyptische Stadt Gaza am Meer. Die Stadt ist voll von Menschen. Viele gehen nach Ägypten, um Korn zu kaufen. Andere sind bereits auf dem Heimweg.
Nach weiteren 16 Tagen erreichen die Brüder die ägyptische Stadt On am Fluss Nil. Sie brauchen nicht zu fragen, wo das Korn verkauft wird. Hunderte von Menschen strömen durch die Straßen. Fast alle haben einen oder mehrere Esel als Lasttiere bei sich. Andere ziehen einen Wagen, und die Ärmsten tragen Körbe und Säcke mit sich. Alle streben dem Platz zu, an dem sich das Königliche Amt für Getreideverkauf befindet.
Vor dem Haus ist ein weiter Platz. Dort warten die Käufer, bis sie an die Reihe kommen. Die Brüder binden ihre Esel an die Palmenbäume, die auf dem Platz stehen. Sie starren zum großen Speicher hinüber. Alles in dieser Stadt kommt ihnen fremd vor. Die Menschen sind anders angezogen als zu Hause. Sie sprechen eine Sprache, die sie nicht verstehen. Doch da tönen aus der Menge vertraute Worte. Ein Landsmann ist in der Nähe; ein Hirte aus dem Jordantal. Die Brüder gehen zu ihm. Sie schütteln ihm die Hand und umarmen ihn. Wie gut ist es, wenn man in der Fremde mit jemandem aus der Heimat reden kann.
„Ich bin schon zum zweiten Mal hier, um Getreide zu kaufen“, sagt der Landsmann.
„Muss man lange warten?“ will Ruben wissen.
„Überhaupt nicht!“ sagt der Mann. Er ist stolz, dass er mehr weiß als die andern.
„Die Ägypter machen das großartig. Seht ihr die Speicher dort? Jeden Tag bringen Sklaven aus den Lagerhäusern des Landes Tausende von Körben mit Korn. Sie werfen es oben in die Speicher. Unten steht ein Beamter. Der öffnet eine Klappe und schon strömt das Getreide wie ein Wasserfall in die Säcke und Körbe der Käufer.“
Die Brüder wollen gleich mit ihren Säcken zu den Speichern gehen.
„Das könnt ihr nicht“, sagt der Landsmann. „Zuerst müsst ihr euch an die Wartenden dort beim Amtshaus anschließen. Die Ägypter sind streng. Jeder bekommt nur einen Korb oder einen Sack voll Getreide. Unter den Tausenden, die nach Ägypten kommen, sind nämlich auch Spione und Spekulanten. Sie versuchen, jede Woche ein paarmal hierher zu kommen, und dann verkaufen sie das Getreide zu hohen Preisen. Aber der Wesir des Pharaos, er heißt Zafenat-Paneach, und seine Mitarbeiter sind wachsam. Sie prüfen jeden, der Korn kaufen will. Wenn ihr vor Zafenat-Paneach erscheint, müsst ihr euch auf den Boden werfen. Dann dürft ihr wieder aufstehen. Er schaut euch an, nickt mit dem Kopf, und dann könnt ihr das Getreide an der Kasse bezahlen. Ihr bekommt eine Tonmarke. Die gebt ihr draußen dem Mann am Getreidespeicher. Und schon habt ihr euer Korn und könnt wieder nach Hause gehen.“
Die Brüder staunen. „Ist denn“, will Levi wissen, „der Wesir, der Zafe… der Zafe…“
„Zafenat-Paneach“, hilft der Landsmann.
„Ja, Zafenat-Paneach, ist der den ganzen Tag vor Ort?“
Der Landsmann lacht über so viel Dummheit. „Natürlich nicht. Nur ab und zu. Der hat noch anderes zu tun. Oft lässt er sich durch andere Beamte vertreten. Aber man hat mir gesagt, dass er sich ganz gerne die Käufer selber anschaut.“
Die Brüder bedanken sich beim Landsmann und reihen sich in die Wartenden ein. Als sie an der Reihe sind, klopft ihr Herz. Vorne sitzt der Ägypter auf einem erhöhten Sessel. Um ihn herum stehen Beamte und Wachsoldaten. Die Brüder wagen nicht, ihn anzuschauen. Sie werfen sich zu Boden.
Josef hat seine Brüder gleich erkannt. Seine Augen wandern von einem zum anderen. Dort ist Ruben, dann Simeon, Levi, Juda, Gad, Asser, Dan, Naftali, Issaschar und Sebulon. Mit einem Mal sieht sich Josef wieder als Kind: an jenem Morgen vor gut 20 Jahren, als er in seinem neuen Ärmelkleid zu den Brüdern und zum Vater gekommen ist und ihnen seinen Traum von Sonne, Mond und Sternen, die sich vor ihm verbeugten, erzählt hat. „Jetzt ist der Traum in Erfüllung gegangen“, denkt Josef. „Jetzt liegen sie vor mir auf dem Boden, meine Brüder, die mich damals in die Zisterne geworfen haben. Die kein Mitleid mit mir gehabt haben, als ich geweint und gebettelt habe. Die mich für zwanzig Silberstücke als Sklaven nach Ägypten verkauft haben.“
„Steht auf!“ befiehlt Josef mit harter Stimme. Er redet in der Sprache der Ägypter. Ein Dolmetscher, der neben ihm steht, übersetzt alles, was er sagt. So fährt er jetzt die Brüder im gleichen Tonfall und mit der gleichen harten Stimme an: „Steht auf!“ Erschrocken springen die Brüder auf die Beine. „Woher kommt ihr?“ will Josef wissen. „Woher kommt ihr?“ übersetzt der Dolmetscher.
„Wir kommen aus dem Land Kanaan, Herr“, antwortet Ruben. „Wir möchten Getreide kaufen.“
„Nein“, antwortet Josef. „Ihr seid nicht wegen des Getreides gekommen. Ihr seid Spione. Spione einer räuberischen Beduinensippe! Ihr wollt auskundschaften, wo ihr am besten in unser Land einfallen und die Getreidespeicher plündern könnt!“
„Nein, Herr!“ ruft Simeon erschrocken. „Bestimmt nicht! Wir sind bestimmt nur gekommen, um Getreide zu kaufen. Wir sind alle Brüder. Unser Vater lebt im Land Kanaan. Wir züchten Schafe und Ziegen und wohnen in Zelten. Eigentlich sind wir zwölf Brüder. Aber der Jüngste ist zu Hause beim Vater geblieben, und einer. … einer ist… einer ist schon tot.“
„So, zwölf Brüder Seid ihr gewesen“, sagt Josef. „Und einer ist schon tot. Und der Jüngste ist zu Hause geblieben. Das soll ich euch glauben?“
„Es ist wahr, Herr“, sagt Ruben.
„Gut“, erwidert Josef. „Wenn es wahr ist, dann soll jetzt sofort einer von euch nach Hause gehen und den jüngsten Bruder holen. Erst, wenn ich ihn sehe, glaube ich euch.“
„Aber Herr“, ruft Ruben verzweifelt. „Das geht doch nicht…“
„Dann lügt ihr eben doch“, antwortet Josef.
„Vielleicht braucht ihr ein paar Tage Ruhe, bis ihr euch entschließen könnt, die Wahrheit zu sagen oder das zu tun, was ich euch befehle.“ Josef winkt den Wachsoldaten. „Bringt sie ins Gefängnis!“ befiehlt er.
Drei Tage später lässt Josef die Brüder wieder zu sich holen. „Ich will nicht, dass eure Familien verhungern“, sagt er zu ihnen. „Ich glaube an Gott und befolge seine Gebote. Aber wenn ihr wirklich ehrliche Leute seid, dann lasst einen von euch im Gefängnis zurück. Die andern können mit dem Getreide heimkehren und dann mit dem jüngsten Bruder wieder zurückkommen. Wenn es dann wahr ist, was ihr gesagt habt, könnt ihr alle wieder nach Hause gehen.“
Die Brüder schauen einander an. „Was sollen wir machen?“ fragt Gad. „Es bleibt uns nichts anderes übrig als zu tun, was er befiehlt“, erwidert Juda. „Der Vater gibt uns den Benjamin nie mit“, jammert Asser. „Das ist jetzt die Strafe für das, was mir mit Josef gemacht haben“, sagt Simeon. „Er hat uns damals angefleht und gebettelt, aber wir haben kein Erbarmen mit ihm gehabt.“ „Ich habe euch ja gesagt: vergreift euch nicht an ihm!“ sagt Ruben. „Aber ihr habt nicht auf mich gehört.“
Josef hört das ganze Gespräch mit an. Die Brüder merken nicht, dass er sie versteht. Josef steht von seinem Sessel auf. Er geht ans Fenster und tut so, als ob er hinausschaue. Aber er schaut nicht hinaus. Seine Augen haben sich mit Tränen gefüllt. Endlich kommt er zurück. „Führt den dort ins Gefängnis!“ befiehlt er den Wachsoldaten und zeigt auf Simeon. Dann verlässt er den Raum und geht in sein Haus. Dort befiehlt er dem Hofmeister: „Heute morgen haben zehn Männer aus Kanaan Getreide gekauft. Du weißt schon, welche: die, die drei Tage im Gefängnis gewesen sind.
Einen habe ich zurückbehalten. Die andern neun reisen heim. Sorge dafür, dass jedem von ihnen das Geld, das sie für das Getreide bezahlt haben, wieder oben in den Sack gelegt wird. Aber so, dass sie es erst merken, wenn sie die Säcke aufmachen. Gib ihnen auch Verpflegung für die Reise mit!“ „Ja, Herr!“ sagt der Hofmeister und verbeugt sich.
Das Leben von Josef nach dem Koran erzählt
Isaak hatte einen Sohn, der Jakob hieß. Als er herangewachsen und ein Mann geworden war, heiratete er und bekam im Laufe der Zeit zwölf Söhne und zahlreiche Töchter. Diese halfen schon seit der frühesten Jugend ihrem Vater bei verschiedenen Arbeiten auf dem Feld oder hüteten die Schafe und Ziegen. Jakob war ein guter Vater. Er hatte alle seine Kinder lieb. Am meisten aber liebte er seinen zweitjüngsten Sohn Josef. Trotzdem verwöhnte und bevorzugte er ihn aber nicht, sondern war gegen alle seine Kinder gerecht.
Eines Nachts hatte Josef einen Traum, und als er am Morgen aufstand, erzählte er ihn seinem Vater: „Ich sah, wie sich elf Sterne, Sonne und Mond vor mir verbeugten.“ Da sah Jakob, dass Josef von Gott auserwählt war, um eine besondere Aufgabe zu erfüllen. Er sagte: „Mein lieber Sohn, sprich nicht mit deinen Brüdern über diesen Traum, denn sie werden sonst vielleicht neidisch und versuchen, dir etwas anzutun. Der Teufel ist ein verschworener Feind der Menschen und flüstert ihnen boshafte Gedanken ein. Du bist von Gott auserwählt, und Er wird dich die Deutung von Visionen und Ereignissen lehren und dir Gutes geben, so wie Er mir und meinen Vätern Gutes gegeben hat.“
Josefs Brüder waren ohnehin eifersüchtig und neidisch, und sie sprachen unter sich: „Unser Vater liebt Josef und unseren jüngsten Bruder mehr als uns alle. Am meisten liebt er Josef. Wir anderen sind ihm gleichgültig. Wirklich er ist alt, und sein Verstand nicht mehr klar.“ Einer der Brüder schlug vor: „Warum töten wir Josef nicht?“ Oder wir können ihn auch in ein fremdes Land verschleppen, dann muß der Vater uns wieder lieben, wenn er nicht mehr da ist. Hinterher können wir dann immer noch Gutes tun, damit die Schandtat ausgeglichen wird.“ Ein anderer sagte: „Töten wollen wir ihn nicht, das ist zu grausam, und immerhin ist er ja unser Bruder. WIr können ihn ja in einen leeren Brunnen werfen. Dort finden ihn dann die Reisenden und nehmen ihn mit.“ Damit waren die anderen einverstanden, und sie machten einen Plan.
Am nächsten Tag sprachen sie zu ihrem Vater: „Vater, warum lässt du nicht Josef mit uns gehen, damit er draußen spielen kann? Wir wollen auch gut auf ihn aufpassen, damit ihm kein Unheil geschieht. Das wird ihm sicher Freude machen.“
Jakob erwiderte: „Es macht mich wirklich traurig, wenn Josef nicht zu Hause ist. Ich fürchte, dass ihn der Wolf frisst, wenn ihr nicht auf ihn aufpasst.“
Die Brüder aber sagten: „Der Wolf wird ihn schon nicht fressen, denn wir sind viele, und er müsste uns schon alle töten, bevor er unseren Bruder angreifen kann.“
Schließlich gab der Vater schweren Herzens seine Erlaubnis, und die Brüder nahmen Josef mit auf die Weide. Als sie weit draußen waren, wo kein Mensch sie hören konnte, packten sie Josef plötzlich und warfen ihn in einen ausgetrockneten Brunnen. Dann schlachteten sie ein Schaf, bespritzten es mit Josefs Hemd mit dem Blut und gingen nach Hause. „O Vater!“, riefen sie, „während wir beim Wettlauf waren, ließen wir Josef bei unseren Sachen zurück. Und da kam ein Wolf und verschlang ihn. Aber du wirst uns sicher nicht glauben, obwohl wir die Wahrheit sagen.“ Dabei weinten sie heuchlerische Tränen.
Jakob sah das blutbefleckte Hemd und sprach: „Nein, ihr sagt nicht die Wahrheit, sondern ihr habt euch eine Geschichte ausgedacht, um mich zu betrügen. Was kann ich tun, als mich auf Gott verlassen und Ihn um Hilfe bitten?“ Er weinte sehr.
Inzwischen saß Josef einsam in dem verlassenen Brunnenloch. Es wurde dunkel, und die Nacht brach herein. Aber Josef hatte keine Angst. Er wusste, dass Gott ihn nicht verlassen hatte, und Gott ließ ihn wissen, dass er eines Tages seinen Brüdern und seinen Eltern sagen würde, was hier geschehen war.
Am nächsten Tag kam eine Karwane vorbei. Die Reisenden erblickten den Brunnen und hielten an, um Wasser zu schöpfen. Aber wie verwundert waren sie, als sie statt des Wassers einen Jungen aus dem Brunnen zogen! Sie wussten nicht so recht was sie mit ihm anfangen sollten, aber da kamen auch schon Josefs Brüder mit den Schafen, die sie zur Weide trieben. Sie sprachen zu den Fremden: „Wenn ihr diesen Jungen mitnehmen wollt, dann verkaufen wir ihn euch.“ Sie verkauften ihn sehr billig, weil sie ihn unbedingt loswerden wollten, und die fremden Kaufleute versteckten ihn unter ihren Waren, denn sie hatten bei alledem ein schlechtes Gewissen.
So zogen sie weiter, bis sie nach tagelanger beschwerlicher Wüstenreise nach Ägypten kamen. Dort verkauften sie ihre Waren und boten auf dem Markt auch Josef als Sklaven an. Es dauerte auch nicht lange, da kam ein reicher Ägypter auf den Markt. Er hieß Aziz und war ein hoher Beamter am Hof des Pharao. Da er gerade einen Sklaven brauchte und ihm der hübsche Junge gut gefiel, kaufte er Josef und brachte ihn nach Hause. Zu seiner Frau sprach er: „Behandle ihn gut, denn vielleicht bringt er uns Glück, oder wir nehmen ihn als Sohn an.“ Denn Aziz hatte keine Kinder.
So blieb Josef in Ägypten. In kurzer Zeit lernte er, die fremde Sprache fließend sprechen, und wuchs zu einem kräftigen und klugen jungen Mann heran. Bevor er erwachsen war, meisterte er alle Wissenschaften und Künste des Landes, und Aziz beobachtete ihn dabei mit Freude, denn Josef war für ihn wie ein eigener Sohn. Das ganz besondere an Josef war, dass Gott ihn lehrte, Träume und merkwürdige Ereignisse zu deuten.
Wie ein grünes Band erstreckt sich Ägypten an den Ufern des Nils entlang durch die Wüste. Jedes Jahr, wenn es in den fernen Gebirgen in Afrika, wo die Nilquellen liegen, regnete, trat der Fluss über seine Ufer, überschwemmte das ganze Land und brachte fruchtbaren schwarzen Schlamm auf die Felder. Wäre einmal der Regen im afrikanischen Gebirge ausgeblieben, so hätte der Nil im Sommer nicht genug Wasser geführt, und in Ägypten hätte nichts wachsen können. So zeigt Gott den Menschen Seine Wunder.
Aber die Ägypter hatten längst vergessen, dass Gott ihnen das Wasser schickte und sie ernährte. Die ägyptischen Götzenpriester hatten im Volk den Glauben verbreitet, der Pharao sei es, der jedes Jahr Wasser und fruchtbaren Schlamm nach Ägypten kommen ließ. Dem Pharao war das nur recht. Er ließ sich als Gott anbeten und behandelte das Volk wie Sklaven.
An dieser Götzendienerei beteiligte sich Josef selbstverständlich nicht. Denn er erinnerte sich nicht nur an das, was sein Vater ihm von Gott und Seinen Gesandten erzählt hatte, sondern er erkannte auch selbst die Wahrheit und durchschaute den Betrug der Priester.
Im Laufe der Zeit gefiel der junge Mann Aziz Frau immer besser. Sie, die verwöhnte, gelangweilte Dame, empfand seine Anwesenheit als aufregend und verliebte sich in ihn. Als ihr Mann eines Tages ausgegangen war, kam sie zu Josef, verschloss alle Türen, lächelte ihn an und sagte: „Komm nun, Lieber.“
Aber Josef antwortete: „Gott bewahre mich davor! Dein Mann ist mein Herr und hat Vertrauen zu mir, und ich werde ihn nicht betrügen, nachdem er mich so gut behandelt und mir das Leben im fremden Land so leicht gemacht hat! Untreue bringt nichts Gutes.“
Aber die Frau ließ sich nicht abweisen, sondern versuchte mit Gewalt, Josef zu umarmen. Er wehrte sich und riss sich los, und sie wollte ihn am Hemd festhalten, aber das Hemd zerriss, und er war frei und lief zur Tür.
In diesem Augenblick kam ihr Mann nach Hause und fand die beiden so aufgeregt und seine Frau mit einem Fetzen von Josefs Hemd in der Hand. Sie hatte natürlich Angst, ihr Mann könnte böse auf sie sein, deshalb versuchte sie schnell, sich herauszureden. „Dieser Taugenichts!“, sagte sie. „Als du weg warst, wollte er mich belästigen. Ist das der Dank für unsere gute Behandlung? Man sollte ihn streng dafür bestrafen.“
Josef dagegen sagte: „So war es nicht, sondern sie hat versucht, mich zu verführen.“ So sprachen sie beide vor dem Hausherrn, und dieser wusste nicht, was er tun sollte, bis jemand ihm riet: „Wenn Josefs Hemd vorn zerrissen ist, dann ist ihre Anklage richtig, ist es aber von hinten zerissen, dann lügt sie, und er sagt die Wahrheit.“
Aziz fand nun ganz richtig, dass Josefs Hemd von hinten zerrissen war. Und er war sehr enttäuscht, dass seine Frau versucht hatte, ihn zu betrügen und auch noch falsche Beschuldigungen gegen Josef vorzubringen. Er forderte sie auf, sich bei Josef zu entschuldigen und ihn in Zukunft in Frieden zu lassen.
Die Geschichte sprach sich jedoch bald bei den Damen der Stadt herum und wurde zu einem richtigen Skandal. Alle sprachen über „die hat versucht, ihren Sklaven zu verführen. Wie kann man sich nur in einen Sklaven verlieben! Ach, vielleicht ist sie wirr im Kopf, die Arme!“
Das Gerede kam natürlich auch Aziz Frau zu Ohren. Sie schämte sich, zum Gesprächsthema der ganzen Stadt geworden zu sein. Um sich zu rechtfertigen, lud sie alle einflussreichen Damen ein. JEde von ihnen bekam ein Messer, mit dem sie die Früchte schälen konnte, die zum Nachtisch serviert wurden. Gleichzeitig rief Aziz Frau unter einem Vorwand Josef herein. Als die Damen diesen hübschen jungen Mann erblickten vergaßen sie darüber alles andere und riefen aus: „Gott bewahre uns! So schön kann doch kein Mensch sein! Vielleicht ist er ein Engel!“ Und so erstaunt waren sie, dass sie nicht Acht gaben und sich in die Finger schnitten. Aziz Frau sagte zu ihnen: „Das ist der Mann, für den ihr mir Vorwürfe macht. Ich war in ihn verliebt und wollte ihn verführen, aber er wehrte sich und gab nicht nach. Aber wenn er jetzt nicht tut, was ich verlange, will ich wirklich dafür sorgen, dass er ins Gefängnis geworfen wird und sein Ansehen verliert.“ Die Frauen stimmten sogleich zu. „Er soll alles tun, was du von ihm verlangst“, sagten sie, „sonst wollen wir alle dafür sorgen, dass er ins Gefängnis kommt.“
Josef aber sprach: „Das Gefängnis ist mir lieber, als das wozu mich diese Frauen erpressen wollen. O mein Herr, wenn Du nicht ihre Nachstellung von mir abgewendet hättest, dann hätte ich vielleicht gar in meinem jugendlichen Leichtsinn nachgegeben und damit zu den Unwissenden gehört.“
Die Frauen benutzten ihren ganzen Einfluss, um Josef ins Gefängnis zu bringen, und selbst Aziz war schließlich damit einverstanden, denn er meinte, dass dadurch ein Skandal am ehesten in Vergessenheit geriete.
Bald lernte Josef auch seine Gefängnisgenossen kennen. Einer von ihnen war früher Mundschenk des Pharao gewesen. Der andere war Bäcker am Königshof. Beide waren wegen irgendeines Vergehens ins Gefängnis gekommen, und beteuerten ihre Unschuld.
Eines Tages hatten diese beiden Männer einen Traum und erzählten am nächsten Morgen Josef davon. Der eine sagte: „Ich sah, wie ich für den König Trauben auspresste.“ Der andere berichtete: „In meinem Traum ging ich eine Straße entlang und trug Brot au meinem Kopf. Da kamen die Vögel und fraßen von dem Brot.“ Und da sie wussten, dass Josef Träume deuten konnte, baten sie ihn, ihnen die Bedeutung zu enthüllen.
Josef sprach: „Bevor ihr euer Frühstück bekommt, werdet ihr die Bedeutung eurer Träume erfahren. Das ist ein Teil der Aufgabe die Gott mir gegeben hat. Denn ich habe nicht die Lebensweise derer, die nicht an Gott glauben und das jenseitige Leben leugnen, und ich folge der Lebensweise meiner Väter Ibrahim, Ishak und Jakob.“ Und er erzählte ihnen viel von Gott und forderte sie auf Ihm allein zu vertrauen und Ihm keine Götzen zur Seite zu stellen. Schließlich sprach er zu dem Mundschenk: „Dein Traum bedeutet, dass du in kurzer Zeit wieder als Mundschenk zum Pharao zurückkehren wirst.“ Aber zu dem Bäcker sprach er: „Dein Traum bedeutet, dass du zum Tode verurteilt und gekreuzigt wirst, und die Vögel werden von deinem Kopf fressen. Zu dem Mundschenk sagte er noch: „Wenn du zu deinem Herrn zurückkommst, dann berichte ihm doch, wie ich deinen Traum gedeutet habe, und dass ich unschuldig im Gefängnis sitze.“
Schon bald geschah es, wie Josef vorausgesagt hatte. Der Bäcker wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet, und der Mundschenk wurde aus dem Gefängnis entlassen und kehrte an den Hof des Pharao zurück. Aber er vergaß Josef sofort, und dieser musste noch ein paar Jahre lang im Gefängnis bleiben.
Eines Nachts hatte der Pharao einen Traum und berichtete am nächsten Morgen seinen Hofbeamten: „Ich sah im Traum sieben fette Kühe, und dann kamen sieben magere Kühe und verschlangen die sieben fetten Kühe. Davon wachte ich auf. Als ich wieder eingeschlafen war, sah ich sieben volle Kornähren, und dann kamen sieben leere Kornähren und verschlangen die sieben vollen. Was kann das nur bedeuten? Ich bin sehr besorgt. Könnt ihr mir die Deutung sagen?
Die Hofbeamten verbeugten sich und antworteten: „Ein merkwürdiger Traum!“ Aber wir haben nicht gelernt, Träume zu deuten.“
Dies hörte auch der Mundschenk, und gleich fiel ihm ein, was er viele Jahre zuvor vergessen hatte. Er sagte zum König: „Ich kann vielleicht die Deutung von irgendwoher besorgen.“
Sogleich eilte er zum Gefängnis und fand Josef immer noch dort. „O Josef“, sagte er, „enthülle mir die Bedeutung von diesem Traum, damit ich sie dem König mitteilen kann.“
Josef eriwderte: „Dieser Traum ist äußerst wichtig für das ganze Land. Sieben Jahre lang wird nämlich der Nil genügend Wasser führen, so dass ganz Ägypten grünt und die Ernte reichlich wird. Alle werden genug zu essen und Früchte und Fleisch im Überfluss haben. Hütet euch aber, alles gleich zu verzehren. Ihr sollt vielmehr den größten Teil der Ernte als Vorrat aufspeichern. Denn gleich darauf werden sieben Hungerjahre kommen, wo ihr diese Vorräte dringend braucht, bis auf einen kleinen Teil, den ihr als Saatgut behalten sollt, denn danach wird es wieder genügend Wasser geben zum Säen und Ernten. Und nur Gott ist es, der den Menschen und Tieren Nahrung und Wasser gibt. So zeigt Gott die Wahrheit.“
Der Mundschenk kehrte eilig in den Palast zurück und teilte den Beratern des Pharao die Deutung mit. Diese wiederrum beeilten sich, sofort dem König davon zu berichten, der sich außerordentlich wunderte und nachforschen ließ, woher sie die Deutung bekommen hatten. So erfuhr er schließlich von Josef und befahl, ihn augenblicklich freizulassen und in den Palast zu bringen.
Sofort eilte ein Bote ins Gefängnis, um Josef zu holen, aber dieser weigerte sich. „Geh zu deinem Herrn zurück“, sagte er, „und frage ihn, ob jene Damen inzwischen zu Verstand gekommen sind, die sich damals in die Finger geschnitten hatten. Denn mein Herr kennt sicherlich ihre Nachstellungen.“
So kehrte der Bote zum König zurück und berichtete, was Josef ihm gesagt hatte. Der Pharao ließ sofort die Damen der Stadt in den Palast holen und stellte sie zur Rede: „Was hattet ihr vor, als ihr ihn so schändlich erpressen wolltet?“
Die Damen erwiderten: „Gott bewahre uns! Wir haben nichts Böses gegen ihn vor.“ Und Aziz Frau sagte: „Jetzt liegt die Wahrheit klar und offen da. Ich war diejenige, die ihn verführen wollte, aber er gehört zu den Treuen und Ehrlichen. Sagt ihm, das ich in seiner Abwesenheit nichts Schlechtes mehr geplant habe, denn Gott hilft den Bösen nicht. Die Seele der Menschen ist sicher schwach gegenüber schlechten Gedanken, bis Gott uns Seine Barmherzigkeit schenkt. Und Er ist der Vergebende und Barmherzige.“
Da befahl der König, Josef aus dem Gefängnis freizulassen und vor ihn in den Palast zu führen. „Ich will ihn zu meinem persönlichen Berater ernennen“, dachte er sich dabei.
Als er diese Nachricht vernahm, badete Josef und zog prächtige Kleider an, die der Pharao ihm hatte bringen lassen. Als er in den Palas eintrat, sprach er: „O Gott, ich bitte Dich um ein wenig Gutes von ihm und nehme Zuflucht zu Dir vor dem Bösen an ihm.“ Dann grüßte der den König in seiner eigenen Muttersprache. Der Pharao war sehr verwundert. Er verstand nämlich zahlreiche Sprachen, diese aber hatte er noch nie gehört. „Was ist das für eine Sprache?“ fragte er. Josef erwiderte: „Das ist die Sprache meiner Vorfahren.“ Darauf redete der Pharao mit Josef in allen Sprachen, die er kannte, und Josef versäumte nicht, ihm in jeder Sprache zu antworten, wovon der Pharao sehr beeindruckt war. Er sprach zu Josef: „Ich will dich heute besonders auszeichnen und dich zu meinem Minister machen.“ Josef eriwderte: „Lass mich dann die Getreidespeicher verwalten, denn von ihnen hängt das Schicksal des Landes ab.“
So wurde Josef zum obersten Verwalter der Kornspeicher, und er war verantwortlich dafür, dass selbst während der sieben mageren Jahre niemand im Land zu hungern brauchte.
Alles traf nämlich so ein, wie der König geträumt hatte. Sieben Jahre lang wuchsen Korn und Früchte im Überfluss. Der größte Teil der Ernte wurde in den Speichern gelagert.
Dann kamen sieben Jahre, in denen es nicht genug Wasser gab und die Pflanzen auf den Feldern vertrockneten. Da wurden die Speicher geöffnet und das Korn an die Bevölkerung verteilt.
Auch in Palästina, wo Jakob mit seinen Söhnen wohnte, kamen sieben trockene Jahre, und da die Menschen dort nichts von der nahenden Hungersnot gewusst und deshalb auch kein Getreide aufbewahrt hatten, gab es bald nichts mehr zu essen. Jakob hörte, dass es in Ägypten Getreide gab, und er gab seinen Söhnen Geld, damit sie dort welches einkauften. Die zehn ältesten Söhne machten sich auf den Weg, aber der jüngste blieb bei den Eltern zu Hause.
Als die Brüder nach Ägypten kamen, fragten sie, wo man denn hier Getreide kaufen könnte, und sie wurden zu Josef geschickt, der in seinen ägyptischen Kleidern ganz fremd aussah und außerdem die ägyptische Sprache sprach, so dass sie ihn überhaupt nicht erkannten. Josef dagegen wusste wohl, wen er vor sich hatte, aber er gab sich nicht zu erkennen, sondern erkundigte sich höflich nach ihrer Herkunft und ihrer Familie, während sie den Preis für das Korn aushandelten. Sie erzählten von ihrem alten Vater und von ihrem jüngeren Bruder, der zu Hause geblieben war, und Josef konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten. Schließlich sagte er zu ihnen: „Wenn ihr das nächstemal wiederkommt, müsst ihr euren jüngsten Bruder unbedingt mitbringen. Ich mache ein ehrliches Geschäft mit euch. Aber wenn ihr wiederkommt, ohne ihn mitzubringen, sollt ihr überhaupt nichts bekommen und braucht gar nicht erst in meine Nähe zu kommen.“ Darüber wunderten sich die Brüder, aber sie sagten: „Wir wollen ganz bestimmt versuchen, von unserem Vater die Erlaubnis dazu zu bekommen.“
Inzwischen hatten die Diener die Kornsäcke aufgeladen, und Josef hatte ihnen befohlen, heimlich auch das Geld der zehn Brüder mit in die Säcke zu legen, denn er wollte sicher sein, dass sie auch wiederkamen. Dann reisten die Brüder in ihre Heimat zurück.
Als sie zu Hause ankamen, erzählten sie ihrem alten Vater alles, was unterwegs geschehen war. Sie sagten: „Der ägyptische Verwalter will uns kein Korn mehr verkaufen, wenn wir nicht das nächstemal unseren jüngsten Bruder mitbringen. Lass ihn deshalb mit uns nach Ägypten reisen. Wir wollen auch gut auf ihn Acht geben.“
Der Vater schüttelte mißtrauisch den Kopf. „Soll ich euch meinen jüngsten Sohn anvertrauen und dann das gleiche erleben wie mit Josef?“ fragte er. „Gott kann am besten auf die Menschen Acht geben.“
Schließlich packten die Brüder das mitgebrachte Korn aus und fanden in den Säcken ihr Geld wieder. „Sieh nur, Vater“, riefen sie, „was können wir besseres erwarten?“ Wir haben unser Geld zurückbekommen, und nun können wir mehr Korn für unsere Familie kaufen, wenn wir unseren jüngsten Bruder mitnehmen können. Vielleicht schenkt uns der ägyptische Verwalter sogar noch etwas.“
Jakob sprach: „Ich will ihn nicht mit euch reisen lassen, wenn ihr nicht feierlich in Gottes Namen versprecht, dass ihr ihn gesund zurückbringt, es sei denn, ihr wäret selbst in Gefahr.“
Da legten die Brüder ein feierliches Versprechen ab und sprachen: „Gott sieht und hört alles, was wir sagen.“
Bevor sie abreisten, ermahnte der Vater sie noch: „O meine Söhne, tretet nicht alle durch das gleiche Stadttor in die Stadt ein, damit euch die Leute nicht verdächtigen. Das soll nur ein guter Rat sein, und niemand kann im Voraus wissen, was Gott bestimmt hat. Auf Ihn allein sollt ihr vertrauen.“
Die Brüder taten alles, was der Vater ihnen aufgetragen hatte, und schließlich kamen sie wieder zu Josef. Josef empfing sie sehr freundlich und konnte kaum seine Freude über das Wiedersehen mit dem jüngsten Bruder verbergen, aber noch gab er sich nicht zu erkennen. Nur den Jüngsten nahm er beiseite und sagte zu ihm: „Ich bin in Wirklichkeit dein Bruder Josef. Sei nicht mehr traurig über mein Verschwinden, denn Gott hat alles zum Besten gelenkt.“
Aber nun, nach diesem Wiedersehen, wollte er sich nicht mehr von seinem jüngsten Bruder trennen, und auch den alten Vater wollte er so bald wie möglich wiedersehen. Während er also die Brüder zum Essen in seinen Palast einlud, befahl er den Dienern, nicht nur wie das erstemal Geld wieder in die Kornsäcke zu stecken, sondern seinen eigenen wertvollen Becher, den er vom Pharao als Ehrengeschenk erhalten hatte, dem Jüngsten in die Satteltasche zu legen.
Zufrieden reisten bald darauf die Brüder ab. Aber sie kamen nicht weit, bis sie von Reitern eingeholt wurden. „Halt! Stehenbleiben!“ riefen diese. Ihr seid vielleicht Diebe.“
Erstaunt wandten sich die Brüder um. „Was fehlt euch denn?“ fragten sie die Verfolger, die ägyptische Soldaten waren.
„Wir vermissen den Becher des Königs. Wer ihn zurückbringt, erhält eine Belohnung“, erwiderten die Soldaten.
Die Brüder sprachen: „Gott ist unser Zeuge, ihr wisst, dass wir nicht in das Land gekommen sind, um Verbrechen zu begehen, und wir sind keine Diebe.“
„Und wenn ihr nun lügt?“ fragten die Soldaten. „Was sollen wir tun, wenn wir beweisen, dass einer von euch der Schuldige ist?“
Die Brüder sagten: „Ihr könnt unser Gepäck durchsuchen, und wenn ihr bei einem von uns den Becher findet, könnt ihr ihn zurückhalten und bestrafen.“
So fingen die ägyptischen Soldaten an, das Gepäck der Brüder zu durchsuchen, bis sie schließlich bei den Satteltaschen des jüngsten Bruders ankamen. Und hier fanden sie den Becher.
Entsetzt dachten die Brüder an das Versprechen, das sie ihrem alten Vater gegeben hatten. Gleichzeitig waren sie froh, auch ihn loszuwerden, denn noch immer waren sie neidisch und eifersüchtig.
Alle kehrten sie mit den Soldaten zusammen in die Stadt zurück, und als sie Josef wieder gegenüberstanden, sprachen sie zu ihm: „Wenn er gestohlen hat, dann ist das nicht merkwürdig. Er hatte einen Bruder, der auch gestohlen hat.“
Damit meinten sie Josef, denn sie wollten sagen, er hätte die Liebe ihres Vaters gestohlen. Ist das nicht eine dumme Idee?
Josef verstand wohl, was sie in Wirklichkeit meinten, aber er liess sich nichts anmerken und dachte nur im Stillen: „Ihr seid in einer schlimmeren Lage als er, und Gott weiß am besten, was in Wirklichkeit geschehen ist.“
Die Brüder dachten aber auch daran, dass der Vater zornig auf sie werden könnte, wenn sie ihr Versprechen nicht hielten, darum versuchten sie scheinheilig, für den Jüngsten ein gutes Wort einzulegen: „Denk doch, er hat einen alten, ehrwürdigen Vater, der um ihn trauern wird, wenn er nicht zurückkommt. Darum nimm doch einen von uns an seiner Stelle. Wir sehen, dass du ein großzügiger Mann bist.“
Aber Josef erwiderte: „Das verhüte Gott, dass wir einen anderen bestrafen als den, bei dem wir den gestohlenen Becher gefunden haben. Denn das wäre ja wirklich eine Ungerechtigkeit!“
Als die Brüder sahen, dass Josef nicht nachgeben wollte, sprach der Älteste zu den anderen: „Nun stehen wir hier mit dem Versprechen an unseren Vater, das wir nicht halten können. Und zuvor haben wir uns an Josef vergangen, nur wegen eurer Eifersucht. Darum will ich dieses Land nicht verlassen, bis mein Vater es mir erlaubt oder Gott es mir befiehlt. Kehrt zu unserem Vater zurück und berichtet wahrheitsgemäß, was geschehen ist.“ Selbst blieb er in Ägypten zurück, um den jüngsten Bruder nicht im Stich zu lassen.
Mit schlechtem Gewissen reisten die Brüder heim, und als sie ihrem Vater gegenüberstanden, sprachen sie: „Vater, dein jüngster Sohn hat in Ägypten einen Diebstahl begangen, heimlich ohne unser Wissen. Wir haben nur gesehen, dass der gestohlene Becher bei ihm gefunden wurde. Wenn du uns nicht glaubst, kannst du in der Stadt nachfragen, wo wir gewesen sind, oder bei den Reisegefährten in unserer Karawane, denn diesmal sagen wir wirklich die Wahrheit.“
Aber Jakob erwiderte: „Nein, diese Geschichte könnt ihr nicht einmal selbst glauben. Ich weiß nicht, was wirklich geschehen ist, darum bleibt mir nichts anderes übrig als Geduld zu üben und mich auf Gott zu verlassen. Vielleicht bringt Er am Ende alles wieder zu mir zurück.“ Dann wandte er sich von ihnen ab und weinte, bis er das Augenlicht verlor. Seine Söhne machten ihm Vorwürfe: „Du stirbst“, aber er erwiderte: „Ich klage nur vor Gott meinen Schmerz, und ich weiß von Gott, was ihr nicht wißt.“ Denn tief in seinem Herzen wusste er, dass irgendwo in der Welt Josef noch am Leben war, und dass sein jüngster Sohn kein Dieb sein konnte.
Schließlich schickte Jakob seine Söhne wieder nach Ägypten. Diesmal hatten sie nicht einmal genug Geld übrig, aber Jakob sprach: „Geht und sucht nach Josef und seinem Bruder, und gebt die Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit nicht auf, denn niemand kann Gottes Barmherzigkeit ableugnen außer denen, die keinen Glauben haben.“
In Ägypten traten die Brüder wieder vor den Verwalter der Kornspeicher. Verschämt sagten sie zu ihm: „Hoher Herr, Verzweiflung hat uns und unsere Familie ergriffen. Wir haben nicht genug Geld. Gib uns doch bitte ein volles Maß an Korn, und gib uns als Almosen was wir nicht bezahlen können, denn Gott belohnt die Freigiebigen.“
Josef schaute sie streng an. „Nun kommt ihr und bittet um Almosen und sprecht von Gottes Belohnung. Habt ihr bei allem, was ihr Josef und seinem Bruder angetan habt, auch einmal an Gottes Gerechtigkeit gedacht?“
Erschrocken schauten die Brüder einander an. Wie konnte der fremde Verwalter wissen, wie sie sich ihren Brüdern gegenüber verhalten hatten? Sie erinnerten sich, wie sie Josef an die fremden Reisenden verkauft hatten, die auf dem Weg nach Ägypten waren, und endlich fragten sie zaghaft: „Bist du etwa Josef?“
„Ich bin Josef“, bestätigte der Verwalter, „und dieser Junge ist mein Bruder. Gott war uns allen gnädig, und Er lässt nicht zu, dass sich das Unrecht vermehrt.“
Da riefen die Brüder: „Wahrhaftig hat Gott dich unter uns ausgewählt, und wir haben ein großes Unrecht begangen.“ Sie bereuten ihre neidischen Gedanken und ihre bösen Taten und erwarteten, dass Josef sie bestrafen und mit Schande beladen heimschicken würde.
Josef aber sprach: „Ich will euch heute keine Vorwürfe machen, Gott wird euch vergeben, denn Er ist der Barmherzige. Kehrt heim zu unserem alten Vater und nehmt mein Hemd mit. Das sollt ihr auf sein Gesicht legen, und er wird sein Augenlicht wiederbekommen. Dann kommt alle zusammen hierher zu mir.“
Voll Freude machten sich die Brüder auf den Heimweg. Noch während sie unterwegs waren, sprach Jakob zu Hause: „Mir ist, als wenn ich Josefs Geruch spüren würde.“ Seine Hausgenossen sagten: „Ach was, du bist alt geworden, und nun bist du zerstreut.“ Aber dann kam einer seiner Söhne, der in Eile der Karawane vorausgeritten war, um die frohe Nachricht zu überbringen. Er legte Josefs Hemd auf das Gesicht seines Vaters, und schon konnte dieser wieder sehen. Und Jakob sprach: „Habe ich euch nicht gesagt, dass ich von Gott weiß, was ihr nicht wißt?“
Als die anderen Brüder nach Hause kamen, sprachen sie zu ihrem Vater: „Wir haben wahrhaftig großes Unrecht begangen. Bitte doch Gott um Vergebung für uns.“
Jakob erwiderte: „Sicher will ich trotz allem Gott um Vergebung für euch bitten, denn Er ist der Verzeihende und Barmherzige.“
Unverzüglich machte sich die ganze Familie auf den Weg nach Ägypten.
Josef empfing seine Eltern mit großer Freude. Er ließ Gnade über sie walten, so dass sie sich in Frieden in Ägypten niederlassen konnten. Da verbeugten sich seine Eltern und Brüder alle vor Josef, und dieser sprach: „So hat dann Gott den Traum in Erfüllung gehen lassen. Wahrhaftig kennt Gott alle Geheimnisse.“
Als Jakob spürte, dass er bald sterben musste, rief er seine zwölf Söhne zu sich. Er machte sich Sorgen, dass sie vielleicht in diesem fremden Land Gott vergessen und die göztendienerischen Gewohnheiten der meisten Bewohner annehmen könnten, sobald er nicht mehr da war, um sie zu ermahnen. Er fragte sie: „Wen werdet ihr anbeten, wenn ich nicht mehr am Leben bin?“ Sie antworteten: „Wir werden Gott anbeten, den du und deine Väter angebetet haben, der Ibrahims, Ismails und Ishaks Gott ist. Er ist der einzige und wahre Gott. Ihm wollen wir uns hingeben. Und dieses Versprechen haben alle zwölf Söhne ihr Leben lang gehalten.
Gottes Friede sei mit Jakob und Josef.
Quelle: Geschichten der Propheten aus dem Qur’an; Islamisches Zentrum Hamburg e.V. DIE MOSCHEE
Lektion 6 – Die erste Reise / 1. Mose 42,1-26
In der Unterrichtsstunde werden wir uns mit der Geschichte nach 1. Mose 42,1-26 befassen. Wir werden die Ereignisse prägnant erzählen.
Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf der Situation, in der die Brüder von Josef nach Ägypten geschickt werden, um Getreide zu kaufen. Wir werden über ihre Unsicherheit und Angst während der Reise sprechen und wie sie sich fühlen könnten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Begegnung zwischen Josef und seinen Brüdern in Ägypten. Wir werden die Spannung und die Gefühle, die in dieser Begegnung entstehen, betonen. Es kann sehr emotional und aufregend sein, wenn die Brüder ihren lange verloren geglaubten Bruder wiedersehen, ohne zu wissen, dass er Josef ist.
Wir werden auch über die Prüfungen sprechen, die Josef seinen Brüdern auferlegt, um ihre Ehrlichkeit und Reue zu testen. Die Brüder müssen Verantwortung für ihre vergangenen Taten übernehmen und zeigen, dass sie bereuen.
Es ist wichtig, die Bedeutung von Verantwortung und Reue in zwischenmenschlichen Beziehungen zu reflektieren. Wir werden darüber sprechen, wie Verantwortung und Reue helfen können, Beziehungen zu stärken und Konflikte zu lösen.
Lektion 5 – Sieben Kühe / Mose 41,1-57
In der Unterrichtsstunde werden wir uns mit der Geschichte nach Mose 41,1-57 befassen. Wir werden die Ereignisse prägnant erzählen.
Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf dem Traum des Pharaos von den sieben fetten und sieben mageren Kühen. Wir werden den Traum des Pharaos erklären und darüber diskutieren, welche Bedeutung er haben könnte und wie er mit bevorstehenden Ereignissen in Verbindung steht.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rolle von Josef in dieser Geschichte. Wir werden die Ratschläge betrachten, die Josef dem Pharao gibt, um mit der bevorstehenden Hungersnot umzugehen. Dabei werden wir betonen, wie wichtig es ist, vorausschauend zu handeln und Ressourcen für schwierige Zeiten zu bewahren.
Wir werden auch über die positive Entwicklung für Josef sprechen, als er zum Verwalter über Ägypten ernannt wird. Es wird betont, dass dies eine verantwortungsvolle Position ist und dass Josef eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Hungersnot spielt.
Lektion 4 – Im Gefängnis / 1. Mose 39,21-40,23
In der Unterrichtsstunde werden wir uns mit der Geschichte von Josef im Gefängnis befassen, insbesondere mit den Ereignissen, die in der Bibelstelle 1. Mose 39,21-40,23 beschrieben werden. Wir werden die Geschichte prägnant erzählen.
Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf der Situation, in der Josef im Gefängnis landet, und seinen Erfahrungen dort. Wir werden über sein Leben und seine Aufgaben im Gefängnis sprechen, wie zum Beispiel seine Arbeit und wie er mit anderen Gefangenen interagiert.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Begegnung von Josef mit dem Mundschenk und dem Bäcker, die ebenfalls im Gefängnis sind. Wir werden über ihre Träume sprechen und wie Josef diese Träume interpretiert. Dabei werden wir betonen, dass Josef die Gabe hat, Träume zu deuten und zu erklären.
Lektion 3 – Der Sklave – Mose 39,1-23
In der Unterrichtsstunde werden wir uns mit der Geschichte von Josef als Sklave in Ägypten befassen, insbesondere mit den Ereignissen, die in der Bibelstelle Mose 39,1-23 beschrieben werden. Wir werden die Geschichte prägnant erzählen.
Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf der Arbeit und dem Leben von Josef als Sklave im Haus von Potiphar. Wir werden über Josefs Fleiß, Verantwortungsbewusstsein und Treue sprechen und betonen, wie diese Eigenschaften zu seiner positiven Entwicklung in dieser Situation beitragen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die falsche Beschuldigung von Josef durch Frau Potifar. Wir werden erklären, wie Frau Potifar versucht, Josef zu verführen und wie er standhaft bleibt und ihre Annäherungsversuche ablehnt. Wir werden über die Konsequenzen sprechen, die Josef aufgrund dieser falschen Beschuldigung erleidet und wie ungerecht dies ist.
Lektion 2 – Im Brunnen – Mose 37,12-36
In der Unterrichtsstunde werden wir uns mit der Geschichte von Josef und seinen Brüdern befassen, insbesondere mit der Szene, in der Josef von seinen Brüdern in einen Brunnen geworfen wird. Wir werden die Ereignisse, die in der Bibelstelle Mose 37,12-36 beschrieben werden, erzählen.
Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf der Szene im Brunnen, in der Josef von seinen Brüdern aus Eifersucht und Konflikten heraus in den Brunnen geworfen wird. Wir werden über die Gefühle und Konflikte zwischen den Geschwistern sprechen, wie Angst, Eifersucht und Wut.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Reflexion über die möglichen Konsequenzen des Handelns der Brüder. Wir werden darüber nachdenken, wie sich ihre Entscheidung, Josef in den Brunnen zu werfen, auf die Familie und auf ihre Beziehungen zueinander auswirken könnte. Insbesondere werden wir die Rolle von Ruben ansprechen, der versucht, Josef zu retten.
Hinweis: Die Zeitangaben sind nur grobe Richtwerte und können je nach Unterrichtssituation variieren. Passen Sie das Schema an die spezifischen Bedürfnisse und das Alter der Schüler an.
Lektion 1 – Das bunte Kleid / Mose 37,1-11
Zunächst werden wir die Geschichte von Josef und seinem bunten Kleid vorstellen. Wir besprechen, warum Josef ein besonderes Kleid trug und welche Bedeutung es hatte. Wir werden auch betonen, dass Josef der Liebling seines Vaters Jakob ist. Anschließend werden wir uns mit den Träumen befassen, die Josef in der Bibelstelle hatte. Wir werden darüber diskutieren, wie diese Träume beschrieben werden und welche mögliche Bedeutung sie haben.
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt der Erarbeitung ist die Eifersucht der Brüder auf Josef. Wir werden die Gründe für ihre Eifersucht erklären und betonen, wie sich Eifersucht auf Beziehungen auswirken kann. Wir werden auch über die Bedeutung von Eifersucht als Gefühl der Unzufriedenheit und des Neids sprechen und diskutieren, wie sich Eifersucht auf die Beziehungen zwischen Geschwistern auswirken kann.
Hinweis: Die Zeitangaben sind nur grobe Richtwerte und können je nach Unterrichtssituation variieren. Passen Sie das Schema an die spezifischen Bedürfnisse und das Alter der Schüler an.