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Individuelle Aufgaben fair bewerten

Wie bewerte ich die vielen verschiedenen Ergebnisse?

Gibt es gemeinsame Maßstäbe?

Oft sind wir es sooo sehr gewöhnt:  Alle Schülerinnen und Schüler bearbeiten die gleichen Aufgaben. Wir bewerten anschließend die Ergebnisse nach identischen Kriterien.

Mit individuellen Produkten umzugehen, die noch dazu gezielt auf Originalität und Individualität angelegt sind, ist daher vielleicht befremdlich für dich. Wie kann das zu fairen Noten führen?!

So etwas wie ein „Erwartungshorizont“ lässt  sich im Vorfeld kaum bestimmen. Zum einen, weil das je nach Menge der Aufgaben zu viel Arbeit wäre. Vor allem aber, weil es sehr unwahrscheinlich ist, dass eine Schülerin oder ein Schüler bei einer der Aufgaben auf die gleichen Ideen kommt wie wir als Lehrerin oder Lehrer. Das ist ja gerade der Charme der kreativen Impulse: hier wird wirklich eine persönliche Lösung entwickelt, nicht ein „richtiges“ Ergebnis wiedergegeben.

Dennoch darf die Einschätzung der Ergebnisse natürlich nicht willkürlich oder nach Kriterien des (Lehrer-) Geschmacks  erfolgen.

Eine Zeitlang haben wir im Unterricht mit einem Sternchen-System experimentiert: für aufwändigere Aufgaben konnte man mehr Sternchen bekommen als für weniger aufwändige Aufgaben. Allerdings hat sich gezeigt, dass man jede der Aufgaben mit mehr oder weniger Einsatz, Fleiß und Herzblut erledigen kann. Die Sternchen auf den Aufgabenkarten haben sich also nicht bewährt.

Mehr Erfolg verspricht ein System, das von den Schritten der „vollständigen Handlung“ ausgeht. Diese Schritte stecken implizit in jeder der  Aufgaben:

  • Informieren: Die SchülerInnen wählen passende Informationen aus dem Text oder aufgrund von Recherchen
  • Planen: Die Aufgaben stellen bestimmte Anforderungen, aus denen sich Bearbeitungsschritte sowie Kriterien für eine gute Lösung ergeben.
  • Entscheiden: Die Schüler*innen wählen eine Lösungsmöglichkeit aus.
  • Durchführen: Die Schüler*innen erstellen das Produkt – alleine oder in Gruppen, je nachdem.
  • Kontrollieren: Die Schüler*innen stellen ihr Produkt vor und bekommen dafür Feedback.
  • Bewerten: Die Schülerinnen reflektieren ihren Lernweg und schätzen ihren Forschritt ein.

Egal wie die Aufgabe lautet, diese Schritte sind  (in unterschiedlicher Ausprägung) immer erforderlich.

Wir haben daraus einen Einschätzungsbogen entwickelt, der auf jede Aufgabe passt:

Sternchen zur vollständigen Handlung für Portfolio

Mit dieser Übersicht kannst du die Abfolge  für die Schülerinnen und Schüler transparent machen und die Bewertung strukturieren.

Beim Bewerten kannst Du die passende Zahl an Sternchen ankrezen und die Punkte addieren. Du kannst eine Gewichtung vornehmen, indem du einen Faktor hinzufügst (die Sternchen zu 1. – 3. zählen einfach, die zu 4. dreifach… o. ä.).

In der mittleren Spalte ist   Platz für eine kurze Verbalbeurteilung. So viel Zeit muss sein, damit klar ist, wie die Einschätzung zustande kommt und was die Schülerin oder der Schüler  beim nächsten Mal verbessern kann.  Passe den Bogen einfach deinen Bedürfnissen an.

Eine andere Variante, mit der ich zur Zeit experimentiere, ist anders aufgebaut: Hier notiere ich in der mittleren von 3 Spalten meine Erwartung. recht und links ist Platz für Kommentare. Wenn die Erwartungen erfüllt sind, kann ich das mittlere Kästchen einfach ankreuzen. Wenn mir etwas fehlt, kommentiere ich kurz links. Wenn ich geflasht bin, kommentiere ich rechts. Anschließend Punkte zusammenzählen, und schwupp: die Punkte sind berechnet.

So sieht´s aus:

Rubric zur vollständigen Handlung Textarbeit

Schüler*innen können im Lauf der Zeit lernen, die eigenen Leistungen selber einzuschätzen und Punktevorschläge zu begründen – auch dafür ist die Übersicht zur vollständigen Handlung bzw. ein Bewertungsbogen eine gute Hilfe. Auch beim Feedback können die Beteiligten lernen, sich an diesen Kriterien zu orientieren.

 

Es ist angerichtet! Viele, viele Produkte – und nun?

Die Schüler*innen haben mit viel Spaß und Mühe gearbeitet.

Viele Ergebnisse sind entstanden.

Wie geht es nun weiter?

Ein Beispiel aus meinem Unterricht:

Wir haben gemeinsam „Oskar und die Dame in Rosa“ von Eric-Emmanuel Schmitt abschnittweise gelesen und gemeinsam ausgewählte Aspekte besprochen.

Nachdem das Buch gelesen war, habe ich die Aufgabenkarten für Ganzschriften in der Klasse „verlost“ – je drei Aufgaben mit verschiedenen Aktivitäten (Schreiben, Gestalten, Glühbirne etc.) pro Person, mit der Option zum Tauschen und ggf. zur Wahl weiterer Aufgaben. Einzige Bedingung: jede Aufgabe wurde pro Klasse nur einmal vergeben.

In einer Lerngruppe hatten wir nach drei Doppelstunden (+ freiwilligen (!) Hausaufgaben) 60 verschiedene Produkte verschiedenen Umfangs gesammelt.

60 „klassische“ Präsentationen? Uff…

Da musste eine Alternative her!

Fast die Hälfte der Produkte eignete sich für eine Ausstellung im Klassenraum, die wir gemeinsam aufgebaut und besichtigt haben. Präsentationswände, – tische und – kisten bildeten eine lebendige Lernlandschaft. Einige Produkte ließen sich aktiv ausprobieren: Ein Brettspiel zum Buch, ein Tabu, ein Kreuzworträtsel…

Die übrigen Produkte wurden zum großen Teil mündlich vorgetragen. Wir haben dazu eine Bühne und einen Zuschauerraum errichtet,  die Beiträge zu Päckchen gebündelt („Alles über den Autor“ – „Zeitungsartikel u. ä.“ – „Verfilmung“…) und die zusammengehörenden Ergebnisse in Blöcken präsentiert. Die ZuhörerInnen hatten dabei „Feedbackaufträge“, die vor jedem Block erwürfelt wurden– siehe die Anleitung zum Würfel-Feedback im nächsten Blogbeitrag 😉

Durch die Abwechslung von Präsentationen und Feedbackrunden blieb diese Unterrichtsphase… nun ja: abwechslungsreich. Jedenfalls nicht langweilig, sondern unterhaltsam und lehrreich.

Wir waren trotz der Fülle der Produkte mit dieser Form sehr zufrieden: alle waren die ganze Zeit beteiligt,  die Produkte waren vielfältig, kreativ und überraschend, und die vielen verschiedenen Perspektiven auf das Buch waren für alle anregend.

Vorstellbar wäre auch ein Klassen-Portfolio, also eine Zusammenstellung aller Arbeitsergebnisse zu einem gemeinsamen Buch (mit Fotos der Objekte aus der Ausstellung) gewesen. Meine SchülerInnen haben diesen Vorschlag leider abgelehnt, weil Ihre Produkte dafür „zu persönlich“ waren. Schade! Andererseits:  „persönliche“ Unterrichtsprodukte –  was will man mehr?

Selbstversuche

Im Studienseminar haben einige Referendarinnen und Referendare zu den Aufgabensammlungen für kreative Textarbeit einen Selbstversuch gestartet:

Wir haben Texte, die wir entweder für uns selbst (z. B. für Seminarveranstaltungen) oder für unsere Lerngruppen (also für den Unterricht) brauchen, mithilfe einer der Aufgaben – selbst gewählt, selbtverständlich –  „aufgeknackt“.

Hier unsere Erkenntnisse:

Erkenntnisse klein

Welche Erkenntnisse habt Ihr beim Ausprobieren gewonnen?

Wir freuen uns auf Eure Kommentare!