Josef: Fragen, Zweifel – und Vertrauen

Josef, Detail aus der Weihnachtsikone des Hl. Rubljow, 1405Die orthodoxe Geburtsikone des Hl. Andrei Rubljow, 1405, zeigt Josef unten in der Ecke. Er starrt vor sich hin. Die Theologin Maria Duffner meditiert über die Figur des hl. Josef, die die Ikonenmaler als Randfigur abseits des zentralen Geschehens darstellen. Meistens steht eine geheimnisvolle Gestalt vor Josef, manchmal auch zwei.

 

Glauben: Fragen, Zweifel – und Vertrauen

Josef als Randfigur
Am unteren Bildrand sitzt, vom Geschehen abgewandt, der hl. Josef und starrt vor sich hin. Er ist einfach eine Randfigur. So ist er auch auf der Ikone dargestellt. Im Gegensatz zu den westlichen Krippen, wo er immerhin neben der Krippe stehen und das Kind betrachten darf, ist er hier abseits. Und im Evangelium wird ihm auch nicht allzu viel Platz eingeräumt. Er ist der, der sich um Frau und Kind sorgt.

Sein Gesichtsausdruck, seine Körperhaltung zeigen seine Ratlosigkeit, vielleicht auch den Zweifel gegenüber den Ereignissen, die sich zugetragen haben. Sicher tragen auch die Müdigkeit und die Sorge, wie es weitergehen soll zu dieser Haltung bei.

Vor ihm stehen meistens eine, manchmal zwei Gestalten,  oft werden sie als „Versucher“ interpretiert, die den Zweifel und die Mutlosigkeit schüren. Passt es aber nicht viel mehr in das Konzept der Ikone, dass es sich hier um Propheten des Ersten Testamentes handelt?

Gott bringt den Menschen die Weihnachtsbotschaft in ihrer Sprache
Denn auf der Weihnachtsikone wird dargestellt, dass Gott den Menschen in der Sprache anredet, die er zu verstehen vermag: Die Hirten hören die Botschaft von einem Engel – den Hirten als Gläubige des Gottesvolkes Israel waren die Engel vertraut.
Sterne waren für sie nur eine Orientierungshilfe, nicht mehr. Die Weisen aus dem Morgenland sehen den Stern (oder die Sternkonstellation) und erkennen die Zeichen der Zeit. Die Botschaft eines Engels hätten sie wahrscheinlich kaum verstanden.
Beide Gruppen, Hirten und Weise aber verstehen die Botschaft und machen sich auf den Weg, um den zu suchen, der ihnen verkündet/angezeigt worden ist.

Propheten vor Josef
Weil Gott aber so zu den Menschen kommen will, dass er ihn aufnehmen kann, so ist es (für mich) klar, dass es sich bei der einen oder den beiden Gestalten, die vor Josef stehen nur um Propheten handeln kann.
Josef gehörte – ebenso wie die Hirten – zum Gottesvolk Israel und er kannte mit Sicherheit die Heiligen Schriften. In seiner größten Not findet er Antworten in diesen Texten – Hinweise auf das Geschehen in dieser heiligen Nacht.

Kann es nicht immer wieder einmal geschehen, dass mich ein Wort in der Hl. Schrift anspricht, betroffen macht, als ob es zu mir persönlich gesprochen wäre? Der Heiligenschein weist darauf hin, dass er diese Antworten verstanden hat, dass er sich wieder seiner Frau und dem Kind in der Krippe zugewandt hat, um für sie zu sorgen.

Was bedeutet es für mich, dass Gott Mensch wird, dass er in die Welt kommt, um uns wieder aufzurichten, heil zu machen?

Die tiefe Freude über die Geburt dieses Kindes und die Erkenntnis, dass Gott Mensch geworden ist, das Staunen über seine Großtaten an uns, die wir nicht verdienen, sondern als Geschenk erhalten, wünsche ich Ihnen zum Fest der Geburt Christi.

Maria H. Duffner
Theologin, mit Schwerpunkt Ostkirchenkunde

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