Augen und Gesichter schauen mir entgegen, wenn ich den Raum von Jhang Lamborelle in der rpi ! Artothek betrete. Seit der Vernissage vor ein paar Wochen stehe ich diesen Menschen und ihren Lebenssituationen von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
Ein durchsichtiger Schleier schützt ihre Intimität und bewahrt so die Menschen hinter den Kunstwerken vor jedem Ansatz von Voyeurismus. Gleichzeitig wirkt der Blick durch den Schleier ins Angesicht noch herausfordernder. Diesem Blick zwischen mir und meinem Gegenüber kann ich mich nur schwer entziehen.
Mit dem Künstler Jhang Lamborelle im Gespräch:
JLG: Was bewegt einen zeitgenössischen Künstler, heute Porträts zu malen, die den Betrachter an Jesus erinnern?
Jh L: Die radikale Botschaft Jesu begeistert mich. Seit meiner Kindheit bin ich von diesem Menschen fasziniert und entdecke ihn immer wieder neu. Haben wir Menschen Jesus vielleicht nie so ganz richtig verstanden? Damals wurde er wie ein Verbrecher brutal hingerichtet, weil seine Botschaft uns unbequem war. Durch die Jahrhunderte hindurch und bis heute wird er oft, zu oft missbraucht, unter anderem auch in den Kirchen. Das menschliche Leiden in all seinen Formen und Facetten lässt sich an Jesus visualisieren. Ich denke, dieser Mann wollte uns verständlich machen, dass wir nicht von Gott getrennt sind. Seine Botschaft der absoluten Liebe, welche die „Goldene Regel“ so einfach in den Alltag trägt, verdeutlicht uns, dass wir keine Verlorenen sind.
JLG: Sie sind Krankenpfleger und Künstler. Inwiefern motiviert die eine Tätigkeit die andere?
Jh L: Als Krankenpfleger erlebt man das Leiden der Menschen mit und ist sensibel für diese Dimension des Menschseins.
JLG: Sie haben lange in Südamerika gelebt und die Freuden und Leiden der indigenen Bevölkerung miterlebt. Was können wir Europäer von diesen Menschen lernen?
Jh L: Die Gastfreundlichkeit, das Lachen und Lächeln dieser Menschen bewegt mich. Sie tragen die Sonne im Herzen, sind unkompliziert und offenherzig. Mich fasziniert ihre Zufriedenheit, ihre Nächstenliebe und den gelebten gegenseitigen Respekt. Von ihnen können wir teilen lernen sowie einfacher und bewusster leben.
JLG: In Ihrer Kunst zeigt sich, dass Sie ein spiritueller Mensch sind. Was lässt Sie hoffen, angesichts der Tatsache, dass Menschen, Tiere, gar die Erde selbst geschunden werden.
JH L: Ich glaube an das Gute im Menschen. Wir sind nicht von Gott getrennt. Alle negativen Aspekte bergen auch immer positive. Nach dem Regen kommt immer die Sonne. Nach jedem Krieg kommt immer der Frieden. Und dennoch muss man fragen, ob es überhaupt zum Krieg kommen darf. Letztlich hoffe ich auf eine höhere Quelle.
JLG: Ich bedanke mich für dieses eindrucksvolle Gespräch und wünsche Ihnen dass Ihre Werke viele Menschen ansprechen.
Jean-Louis Gindt
Zur Ausstellung: Raum Jhang Lamborelle