Lektion 6 – Das Geheimnis der Wartburg

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Luther auf der Wartburg (1521/22)

Luther als Junker Jörg auf der Wartburg

Am 4. Mai 1521 lässt Kurfürst Friedrich der Weise Luther auf die Wartburg bei Eisenach bringen. Der mächtige Kurfürst hofft, dadurch Luther kurzzeitig aus dem Rampenlicht zu nehmen und die ständigen Angriffe auf die reformatorische Bewegung etwas abzuschwächen.

Luther lebt nun inkognito auf der Wartburg: er nennt sich Junker Jörg und „pflegt Haupthaar und Bart“.

Luther jedoch leidet unter der Verbannung: „im Reich der Vögel“, wie er sagt, hat er an allerlei körperlichen Gebrechen zu leiden. Auch die vielen teils von ihm selbst, teils durch andere berichteten Kämpfe mit dem Satan, wie der sprichwörtliche Wurf mit dem Tintenfass, mögen ihm in dieser Zeit arg zu schaffen gemacht haben…

Die Übersetzung des Neuen Testamentes

So widmet sich Luther einer neuen Aufgabe: er übersetzt in nur elf Wochen das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche. Das später noch von Melanchthon und anderen Spezialisten bearbeitete Werk erscheint 1522 im Druck. Dieses sogenannte „Septembertestament“ findet in den evangelischen Gebieten einen reißenden Absatz und wird dort zum Volksbuch, somit stellt es einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer einheitlichen deutschen Schriftsprache dar.

Es folgen später erst Teile des Alten Testamentes, 1534 erscheint die Gesamtausgabe der Bibel in deutscher Sprache, die ebenfalls große Verbreitung findet.

Die Ereignisse in Wittenberg während der Abwesenheit Luthers

Die reformatorischen Ideen wurden nun in Wittenberg, das zum Zentrum der Reformation geworden ist, auch praktisch umgesetzt. Demonstrativ heiraten 1521 drei Priester, auch der Gottesdienst wird reformiert. Luther sieht diese Veränderungen aus der Ferne mit Wohlwollen, er hält engen Briefkontakt zu seinen Mitstreitern in Wittenberg.

Besonders hervorzuheben ist auch noch das Wirken Philipp Melanchthons, der 1521 mit seinem Werk „Loci communes“ die erste Formulierung der lutherischen Lehre schafft und somit das Wirken der Reformation auch theologisch exakt begründet.

Luther jedoch kehrt, als 1522 die radikaleren Kräfte der Reformation (wie die „Bilderstürmer“ unter Andreas Bodenstein, gen. Karlstadt) die Überhand gewinnen zu scheinen, nach Wittenberg zurück.

Streit und Gewalt – aber es gibt auch Freunde

Aber er täuscht sich. Der Entführer ist ein sehr mächtiger Freund: Kurfürst Friedrich der Weise. Er will Martin in Sicherheit bringen. Sie fahren auf eine Burg. Sie heißt Wartburg. Alles muss heimlich geschehen. Martin erhält neue Kleidung, er lässt sich einen Bart wachsen und ändert seinen Namen. Jetzt heiß er Junker Jörg. Niemand soll ihn erkennen.

Martin bleibt fast ein ganzes Jahr auf der Burg. Er hat viel Zeit und beginnt, die Bibel ins Deutsche zu übersetzen. Bisher gibt es sie nämlich nur auf Latein oder in schlechten Übersetzungen, die niemand versteht. Martin findet: Jeder soll die Bibel verstehen.

In den Städten geht es drunter und drüber. Martins Anhänger streiten mit den Anhängern des Papstes. Manche reißen in den Kirchen die Bilder von den Wänden. „Wir beten allein Gott an“, schreien sie. Als Martin davon hört, erschrickt er. Sie haben zwar Recht, aber ihre Gewalt ist falsch. Es wird viel zerstört. Sogar Tote gibt es.

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Luthers Rückkehr nach Wittenberg (1522-25)

Luther kehrt nach Wittenberg zurück und übernimmt das „Zepter der Reformation“

Nach dem ersten „Bildersturm“ in Wittenberg kehrt Luther aus der Verbannung zurück. Er macht sogar einige Reformen rückgängig, da er die Gefahr sieht, dass die Menschen zum neuen Glauben gezwungen werden. Dies will er jedoch verhindern.

Luther kommt am 6. März 1522 nach Wittenberg und bringt mit seinen „Fastenpredigten“ die reformatorische Bewegung, die er ins Radikale abgleiten sah, wieder zurück auf seine gemäßigte Linie.

Zwar ist die Rückkehr des Geächteten gefährlich, jedoch erreichen die Reformatoren im Hinblick auf Luthers Sicherheit weitere Teilerfolge: der 2. Nürnberger Reichstag erklärt den Bann gegen Luther für undurchführbar. Zwar wird 1524 auf dem 3. Nürnberger Reichstag dieser Bann erneuert, doch hat sich die Reformation bis dahin so gefestigt, dass eine Verhaftung Luthers nun wenig wahrscheinlich ist.

In den folgenden Jahren geht Luther daran, durch Schriften und Predigten seine Lehren praktisch umzusetzen.

In der Schrift „Von der weltlichen Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig ist“ formuliert Luther die Grundlagen seiner politischen Ethik, in diesem Werk kommt wiederum die gemäßigte Einstellung Luthers zum Tragen.

In den Jahren 1522 bis 1524 ist vor allem Luthers Predigttätigkeit hervorzuheben. Er führt Predigtreisen in ganz Mitteldeutschland durch, so im Herbst 1522 sogar in Erfurt und Weimar. Er sieht es als sehr wichtige Aufgabe an, den Menschen das Evangelium zu verkünden und zu erläutern.
Auch führt Luther mit den Schriften „Von der Ordnung des Gottesdiensts in der Gemeinde“ und „Formula missae“ (Form der Messe) die schon vorher angedachte Reform des Gottesdienstes durch.

Die Neuordnung des Sozialwesens wird mit der Einführung des „gemeinen Kastens“ erreicht. Die kommunalen Sozial- und Bildungsaufgaben werden durch Einzug des Vermögens der alten Kirche finanziert.

Die Neuordnung des Schulwesens stellt eine der dringendsten Aufgaben Luthers dar. Hatten doch vor seiner Rückkehr manche Professoren und Schüler mit ihrer Interpretation von Luthers Lehren den Schulbetrieb fast völlig lahm gelegt. Die Reformation benötigt aber gut ausgebildete Pfarrer, Lehrer und Beamte. In der Schrift „An die Ratsherrn aller Städte deutschen Landes, dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen“ verpflichtet er die Obrigkeiten, eine gute Ausbildung der Jugend zu garantieren.

Luther und der Bauernkrieg

Nun erwächst der Reformation neue Gegnerschaft. Diesmal sind es die radikalen Kräfte aus den eigenen Reihen, von Luther Schwärmer und Rottengeister genannt.

Thomas Münzer, Priester und ehemaliger Anhänger Luthers, wird 1525 zum Führer der Bauernerhebungen in Mitteldeutschland, die bereits 1524 im Südwesten aufgeflammt waren. Diese, sich auf die lutherischen Lehren berufenden Kräfte, fordern gerechtere (wirtschaftliche) Verhältnisse, auch durch den Sturz der Obrigkeiten.

In seinen Predigten, die er auch im Aufstandsgebiet selbst hielt, wendet sich Luther gegen jede gewaltsame Handlung. Er erntet jedoch nur Ablehnung seitens der Bauern, die auf seine Unterstützung gehofft hatten.
Luther aber fordert die Menschen dazu auf, sich von geistiger Willkür der Obrigkeit zu befreien, nicht von wirtschaftlicher und politischer.

So entsteht die wüste Schrift „Wider die Mordischen und Reuberischen Rotten der Bawren“, die bis heute eine der umstrittensten Schriften des Reformators darstellt. Die Bauern aber erfahren am 15. Mai in der Schlacht bei Frankenhausen eine vernichtende Niederlage.