Buch des Monats Juli 2010 – Religiöse Grundlagen der Menschenrechte

An der Achtung für der Würde des „Anderen“ entscheidet sich serh deutlich, wie es die Religionen grundsätzlich und praktisch mit den Menschenrechten und der Menschenwürde handeln. Die religiöse Geschichte der Menschenrechte ist für alle Religionen nicht unbedingt ein Ruhmesblatt. Die katholische Theologin Katharina Ceming versucht nun, den „Ernstfall“ Menschenrechte (auch im Blick auf Frauenrechte) durch die verschiedenen Religionen durchzudenken. Dabei ist ihr ein beeindruckendes Werk gelungen:

Katharina Ceming:
Ernstfall Menschenrechte.
Die Würde des Menschen und die Weltreligionen
München: Kösel 2010
— Rezension hier —

Katharina Ceming hat die Zusammenhänge von Spiritualität und Ethik schon mehrfach aufgenommen und dabei Gemeinsamkeiten der Religionen immer wieder herausgehoben.
Hier sei an das Buch erinnert:
Sorge dich nicht um morgen –

Die Bergpredigt buddhistisch gelesen.

München: Kösel 2009
Rezension hier —

Besonders durch das von von ihr gegründete Institut: Quelle des guten Lebens nimmt diese Überlegungen kontinierlich und lebenspraktisch auf.
Die INTR°A-Bibliothek hat dieses Buch wegen seiner religiös-aktuellen Bedeutung zum Buch des Monats Juli 2010 gewählt.

 

Eric-Emmanuel Schmitt – Lebensfragen im Spiegel der Weltreligionen

Der französische Erfolgsautor Eric-Emmanuel Schmitt hat mit vier Büchern eine religiöse Tetralogie so entwickelt, dass interreligiöse Begegnung existentiell erlebt und für die Protagonisten Hoffnung entsteht. In Deutsch erschienen:

  • Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran (2003) – Islam
  • Oskar und die Dame in Rosa (2003) – Christentum
  • Das Kind von Noah (2004) – Judentum
  • Milarepa (2006) – Buddhismus

Im Rahmen eines Seminars zum Thema "Jenseitsvorstellungen in den Religionen" wurde auch die Erzählung  gab es auch eine

 

Dies ist eine beeindruckende Auseinandersetzung mit dem Sterben, dem der zehnjähriger Junge Oskar durch neu gewonnenes Vertrauen in Gott bewusst entgegen gehen kann. Die Christin Oma Rosa wird ihm dabei zur hilfreichen Begleiterin.

 
 

Buch des Monats Juni 2010: Versöhnung zwischen Ost und West – Henri Le Saux

In einer überarbeiteten und erweiterten Auflage ist das schon 1979 erschienene „biografische Tagebuch“ von
Henri Le Saux (1910-1973) über die Begegnung mit seinem Guru Sri Gnanananda herausgekommen: Ein beeindruckendes Zeugnis des Benediktinermönches mit dem indischen Namen Swami Abhishiktananda.
Dieser Brückenbauer zwischen christlicher und indischer Spiritualität gehört zu denjenigen, die das Feuer der göttlichen Weisheit über die Grenzen der eigenen Religion hinaustrug und damit auch eine Bereicherung des eigenen christlichen Glaubens verdeutlichte.

Swami Abhishiktananda (Henri Le Saux):
Das Feuer der Weisheit.
Die verbindung von christlicher Mystik und östlicher Weisheit
Hg.: Bettina Bäumer und Christian Hackbarth-Johnson
Grafing: Aquamarin 2009, 188 S.
— Rezension hier —

Durch die erneute Herausgabe dieser Texte durch zwei kompetente Kenner und Freunde von Henri Le Saux wird diesem großen Wegbereitern des Dialogs mit Asien ein beeindruckendes und weiterwirkendes Gedächtnis gesetzt.

Vision einer interreligiösen Welt-Theologie

Die lateinamerikanische Buchreihe „Por los muchos caminos de Dios“ = „Auf den vielfältigen Wegen Gottes“ endet mit ihrem 5. Band bei der Vision einer planetarischen Theologie:
Theologie nicht mehr gefangen im Ghetto der eigenen dogmatischen Aussagen, sondern orientiert an einer versöhnenden, auf Gerechtigkeit basierenden Weltverantwortung. Die Internationale Theologische Kommission der Ökumenischen Assoziation der Dritte-Welt-Theologen (EATWOT) hat dieses visionäre Experiment gewagt und ihr Vorsitzender hat dieses englischsprachige Buch herausgegeben:

José María Vigil (ed.): Toward a Planetary Theology.
Along the Many Paths of God, Vol V.

Montreal (Canada): Dunamis Publ. 2010
— Ausführliche Rezension hier —

Es lohnt sich, den Gedanken der größeren Ökumene mit den Autoren im einzelnen zu verfolgen und sich von diesem Weg zur Anerkennung der Gleich-Wertigkeit der Religionen herausfordern zu lassen.

Der in Panama lebende Claretinerpater José María Vigil hat übrigens mit seinen bisherigen Veröffentlichungen bereits erstaunliche religionsplualistische Schritte im Kontext der Theologie der Befreiung getan
(Mehr zu Vigils Arbeiten hier).

Der zuvor in Glasgow und inzwischen in Münster lehrende Professor für Religiöse Studien und Interkulturelle Theologie, Perry Schmidt-Leukel, hatte mit seinem Buch Transformation by Integration. How interfaith encounter changes Christianitiy (SCM-Canterbury Press 2009) in eine ähnliche Richtung gewiesen
(Näheres, siehe Rezension).

Einer der bedeutendsten Vordenker einer asiatisch geprägten interreligiösen Theologie der Befreiung ist der singhalesische Theologe Tissa Balasuriya, den der Vatikan zeitweise exkommunizierte. Er hat seit kurzem ein eigenes Blog: Blog Balasuriya

Moral ohne Gott? Zur Bedeutung der Vernunft im Mittelalter

Der Atheismus gilt als ein Phänomen der Neuzeit. Dass aber schon mittelalterliche Theologen versucht haben, ethisches Handeln vernunftgemäß zu begründen – ohne Gott dabei direkt ins Spiel zu bringen –  logische Folgerungen dieser Art finden sich in dem Buch:

Gregor von Rimini (ca. 1300-1358):
Moralisches Handeln und rechte Vernunft.

Kommentar zu den Distinktionen des 2. Sentenzenbuches.
HBPh[MA] Bd. 22. Freiburg u.a.: Herder 2010
— Rezension hier —

Natürlich ist nicht die Leugnung Gottes bei diesem scholastischen Theologen ernsthaft in Erwägung  gezogen, aber als Hypothese kann es hilfreich sein, Gott einmal außer acht zu lassen und festzuhalten, dass ethische Debatten sehr wohl ohne eine Rückbindung an Gott auskommen – dank einer Vernunft, die in der Lage ist, „schlechtes Handeln“ (theologisch: Sünde) als solches aus sich heraus zu erkennen.

In der beeindruckenden Reihe Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters (HBPh[MA]) werden übrigens eine Reihe von mittelalterlichen Denkern vorgestellt, deren geistesgeschichtliche Bedeutung oft unterschätzt wurde und wird.

Die INTR°A-Bibliothek hat übrigens im Kontext  mittelalterlicher (Religions)-Dialoge u.a. bereits vorgestellt:

  • Averroes: Über den Intellekt (HBPh[MA]) Bd. 15.
    Freiburg u.a.: Herder 2008
    — in Verbindung mit Annemarie Mayer: Drei-Religionen – ein Gott?  Ramon Llulls interreligiöser Diskussion über die Eigenschaften Gottes.
    Freiburg u.a.: Herder 2008 (Rezension hier)
  • Gilbert Crispin: Religionsgespräche mit einem Juden und einem Heiden. HBPh[MA] Bd. 1. Freiburg u.a.: Herder 2005
    (Rezension hier)

Buch des Monats Mai 2010 – Willigis Jäger und die Essenz aller Religionen

Der Benediktinermönch Willigis Jäger gehört zu den Vordenkern und großen spirituellen Brückenbauern im Zusammenklang von östlichen und westlichen Traditionen.
Zu seinem 85. Geburtstag ist eine Zusammenstellung von Texten unter dem Stichwort der Sophia perennis erschienen, eine Entdeckungsreise über die traditionellen Religionen hinaus:

Willigis Jäger: Ewige Weisheit.

Das Geheimnis hinter allen spirituellen Wegen.

Redaktion: Christa Spannbauer und Ursula Richard
München: Kösel 2010


— Rezension hier —
— mit Besprechung weiterer Bücher von Willigis Jäger —

Dieses durch Erfahrung gesättigte Buch macht  Mut, sich auf den Pilgerweg in die Tiefe des Seins zu begeben und damit zum eigentlichen Menschsein zu finden, das von vorurteilsfreier Liebe geprägt ist. 

Herausforderung für interreligiöse Bildung – gerade in der Schule

Kompetenz Religion ist in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft nach der Meinung einer größer werdenden Zahl von TheologInnen und PädagogInnen unterschiedlicher Konfessionen und Religionen eine unandingbare Notwendigkeit.


In dem gleichnamigen Buch haben AutorInnen aus dem "Forum für religiöse Bildung", kurz: "interreligion(e)s eine Zwischenbilanz gezogen und visionäre Impulse gesetzt:

Aaron Schart / Andreas Obermann (Hg.):
Kompetenz Religion.
Religiöse Bildung im Spannungsfeld von Konfessionalität und Pluralität.

Nordhausen: Bautz 2010, 292 S.
— Rezension hier —

So wird deutlich, dass Dialog und Begegnung der Religionen  nicht nur das Hobby von einigen wenigen "Multikulturellen" sein kann, sondern "Schlüsselkompetenz Religion" als pädagogische Notwendigkeit für die Schule und einen veränderten Religionsunterricht umgesetzt werden muss.

Berlin – sakrale Entdeckungen

Spiritualität sucht auch architektonischen Ausdruck. Große Städte verbreiten hier ein eigenes, sehr unterschiedliches Flair. Von Berlin vermutet man eher, dass die religiösen Gebäude eine Randfunktion haben oder höchstens Repräsentationsbauten sind. Ein durchaus anderes und zudem facettenreiches Bild bietet der Band

            
Thomas Götz / Peter Eichhorn:
                
Berlin. Sakrale Orte.

             
Berlin: Grebennikov 2010, 160 S.,
             
500 Farbfotos und Abbildungen
— Rezension hier —

Aber nicht nur die Kirchen aus den verschiedenen Jahrhunderten bis in die Gegenwart kommen ins Bild, sondern auch die Synagogen, Tempel und Moscheen der "Anderen".

Buch des Monats April 2010: Reformkräfte im Buddhismus und Christentum

Dieses Buch des Privatdozenten Yukio Matsudo verdient deshalb besondere Beachtung, weil es Konvergenzen innerhalb religiöser Reformbewegungen deutlich macht, hier bezogen auf den japanischen Buddhismus des Mittelalters und die europäische Reformation des 16. Jahrhunderts:

Yukio Matsudo: Hairetischer Protest.
Reformatorische Bewegungen im Buddhismus und Christentum.
Norderstadt: Books on Demand 2009
— Rezension hier —

Auch wenn der Haupttitel  zuerst etwas befremdlich klingt, so gibt doch der Untertitel bereits den Hinweis auf einen ausgeführten Vergleich von Reformschüben, die den Buddhismus in Japan und das Christentum in Europa wesentlich veränderten. Beide Entwicklungen spielen bis in die Gegenwart eine entscheidende Rolle. Überdies wird hier ein wichtiger Beitrag zur theologischen Fundamentierung des buddhistisch-christlichen Dialogs geleistet.

 

Menschlichkeit entdecken – im Christentum und im Islam

Viele sehen in den biblischen und koranischen Texten Ausbrüche und scheinbare Legitimierung von Gewalt. Daher lohnt es, die heiligen Texte von Christentum und Islam unter unter dem Gesichtpunkt der Menschlichkeit gemeinsam zu durchdenken. Dies hat eine christlich-islamische Arbeitsgruppe im religionsökumenischen Teamgeist getan:

Hans Grewel / Luise Becker / Peter Schreiner (Hg.):
Quellen der Menschlichkeit.
Bibel und Koran von Christen und Muslimen gedeutet.
München: Kösel 2010, 320 S., Abb., Glossar

— Rezension hier—

Die hier vorliegende didaktische Auswahl aus Bibel und Koran mit den entsprechenden Hinführungen und Kommentaren dürfte gerade für die Vorbereitung und Durchführung von religiösen Themen im Unterricht (nicht nur im Religionsunterricht) eine praktische interreligiöse Hilfe sein.

Wie wichtig solche christlich-islamische Verhältnisbestimmungen sind hatte der Jesuit Christian Troll sehr präzise beschrieben:

Christian W. Troll: Unterscheiden, um zu klären.
Orientierung im christlich-islamischen Dialog
Freiburg u.a.: Herder 2008

— Besprechungen hier —