Buch des Monats November 2010 – Seelsorge interreligiös

Pastoralpsychologisch erfahrene AutorInnen verschiedener Religionen haben im Blick auf unsere faktisch multikulturellen und multireligiösen Gesellschaften in Europa ein Handbuch erarbeitet, das nicht nur bisherige Defizite spiritueller Begleitung von Menschen aufzeigt, sondern gangbare Orientierung eröffnet. Wo Menschen mit ganz unterschiedlichen biografischen und kulturellen Hintergründen zusammenkommen, sind die Vertreter der Religionen besonders gefragt, gemeinsam auf solche Herausforderungen zu reagieren. Dies geschieht beeindruckend in:

Helmut Weiß / Karl Federschmidt / Klaus Temme (Hg.):
Handbuch Interreligiöse Seelsorge

Neukirchener Verlagshaus 2010
— Rezension hier —

Das Buch zeichnet sich also nicht nur durch sorgfältige Analysen aus, die zur Einordnung von „spiritual care“ in die jeweilige religiöse Tradition dienen, sondern die AutorInenn entwickeln aus diesen religiösen Bezugspunkten Perspektiven für Kindergarten, Diakonie, Krankenhaus, Gefängnis., Schule, Jugend- und Stadtteilarbeit sowie im Blick auf die Notfallseelsorge. Bereits vorliegende Erfahrungen können zur weiteren Projekten ermutigen.

Bedeutung und Funktion von Religion in der Mediengesellschaft

Die älteren und neueren Medien wie Theater, Film, Fernsehen, Internet spielen in einer Gesellschaft, in der das Bild mehr und mehr die Schrift überlagert eine herausragende und machtvoll beeinflussende Rolle. Wie kommt Religion nun in einer Gesellschaft vor, die so stark durch die (Massen-)Medien geprägt ist? Im Rahmen einer Vorlesungsreihe an der Universität Graz sind TheologInnen, ReligionswissenschaftlerInnen, aber auch Medienschaffende und Mediziner dieser Frage nachgegangen. Herausgekommen ist ein facettenreiches Buch:

Christian Wessely / Alexander D. Ornella (Hg.):
Religion und Mediengesellschaft.

Beiträge zu einem Paradoxon.
Theologie im kulturellen Dialog Bd. 20
Innsbruck / Wien: Tyrolia 2010
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Ein Resümee der von Widersprüchlichkeiten geprägten gesellschaftlichen Wirklichkeit und der in ihr wirkenden und benutzen Varianten von Religiosität konnten Herausgeber und Autoren sicher nicht leisten. Anstöße und Anregungen finden sich jedoch reichlich in diesem Buch.

Tod und Jenseitsvorstellungen im Glauben der Völker

Es ist schon über 20 Jahre her, dass der Bonner Religionswissenschaftler Hans-Joachim Klimkeit zusammen mit seinen Fachkollegen eine Ringvorlesung hielt, in der es um Sterben und sowie das "Jenseits" in den verschiedenen religiösen Traditionen ging. Das 1983 in 2. Auflage herausgekommene Buch ist immer noch ein beeindruckendes Zeugnis für eine religiös geprägte Lebensgestaltung, die mit dem Tod nicht alles an ihr Ende gekommen sieht. So werden Jenseitsvorstellungen von der Vorgeschichte über das Zweistromland, den Alten Orient bis zu heutigen großen Religionen – auch mit ihren Kunstwerken – vorgestellt:

Hans-Joachim Klimkeit (Hg.):
Tod und Jenseits im Glauben der Völker.

Wiesbaden: Harrassowitz 1083, 2. Aufl.
Mit Beispielen belegte
Besprechung (hier)
im Rahmen eines Seminars an der TU Dortmund, Sommersemster 2010

 

Woran glaubt die Welt? Auswertung des Religionsmonitors und Ergänzendes zur religiösen Mediennutzung

Die von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebene und internationale ausgeweitete Untersuchung unter dem Stichwort "Religionsmonitor" hat eine Fülle wichtiger Ergebnisse zu Religiosität, Spiritualität und Religionenverständnis gebracht. Noch im Jahre 2007 kam die erste vorläufige Übersicht heraus
(hier die Kommentierung zum Religionsmonitor 2008).

Im Herbst 2009 ist nun die gesamte auswertende
 

mit Analysen und Kommentaren erschienen. Imgrunde wird erst jetzt  deutlich, wie differenziert weitreichend zugleich die Veränderungen der religiösen Landschaften – mit Schwerpunkten ausgewählter Länder auf allen Kontinenten (mit Australien nur am Rand erwähnt) – die jeweiligen Gesellschaften prägen.

Dies gilt im Blick auf die großen christlichen Konfessionen, aber auch für den Islam und es gilt noch mehr im Blick auf die Typen von Religiosität, wo signifikante Unterschiede zwischen den Generationen deutlich werden, allerdings nicht selten dort, wo man sie ursprünglich nicht vermutet hätte.

In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) fragt nun der Religionsmonitor auch nach religiöser Mediennutzung Jugendlicher. Vermutlich wird die Auswertung Ende 2010 erfolgen.

Zusammenstellung und Detailergebnisse auf der beigefügten CD-ROM
Grundauswertung und Methodenberichte zu den einzelnen Ländern

Australien Indonesien Russland
Brasilien Israel Schweiz
Deutschland Italien Spanien
Frankreich Marokko Südkorea
Großbritannien Nigeria Thailand
Guatemala Österreich Türkei
Indien Polen USA

Protokolle der qualitativen Erhebung (Deutschland)

Protokolle der Tiefen- und
Experteninterviews


 

Buch des Monats April 2010: Reformkräfte im Buddhismus und Christentum

Dieses Buch des Privatdozenten Yukio Matsudo verdient deshalb besondere Beachtung, weil es Konvergenzen innerhalb religiöser Reformbewegungen deutlich macht, hier bezogen auf den japanischen Buddhismus des Mittelalters und die europäische Reformation des 16. Jahrhunderts:

Yukio Matsudo: Hairetischer Protest.
Reformatorische Bewegungen im Buddhismus und Christentum.
Norderstadt: Books on Demand 2009
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Auch wenn der Haupttitel  zuerst etwas befremdlich klingt, so gibt doch der Untertitel bereits den Hinweis auf einen ausgeführten Vergleich von Reformschüben, die den Buddhismus in Japan und das Christentum in Europa wesentlich veränderten. Beide Entwicklungen spielen bis in die Gegenwart eine entscheidende Rolle. Überdies wird hier ein wichtiger Beitrag zur theologischen Fundamentierung des buddhistisch-christlichen Dialogs geleistet.

 

Religiosität in der Stadt – das Beispiel Graz

Die Städte und Regionen verändern sich. Migration und Globalisierung haben weitreichende Wirkungen auf die traditionellen Religionen und Konfessionen in der westliche Hemisphäre. In verschiedenen Städten und Landkreise Europas und Nordamerikas hat man darum untersucht, wie sich die Religiosität der Menschen verändert hat und welche religiösen Gruppierungen das kulturelle Spektrum verändern und bereichern.

Ein besonders aufschlussreiches Beispiel ist eine österreichische Untersuchung:

Anna Strobl: Was Graz glaubt.
Religion und Spiritualität in der Stadt.
Theologie im kulturellen Dialog Bd. 19.
Innsbruck / Wien: Tyrolia 2010
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 Die Kirchen und christlicehn Gemeisnahften sind angesichts der neuer religiöser Bewegungen und der einwanderndenReligionen in besonderer Weise herausgefordert. Der interreligiöse Dialog wird dabei zu einem Teil der gesellschaftlichen Verantwortung.

Christentum, Weltreligionen und religiöse Bewegungen – elementare Lernwege

ReligionspädagogInnen und Fachleute aus Theologie und Religionswissenschaft haben für die Schule nicht eine neues Kompendium der Religionen geschrieben, sondern elementare Zugänge zu den verschiedenen Glaubensformen heute eröffnet, und zwar grundsätzlich, pädagogisch orientiert und im Blickauf die heutige Situation:

Rainer Lachmann / Martin Rothgangel /

Bernd Schröder (Hg.): Christentum und Religionen elementar


Lebensweltlich – theologisch – didaktisch



                             
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2010


                   
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Gleichzeitig wird mit diesem 5. Band die Reihe "Theologie für L
ehrerinnen und Lehrer" abgeschlossen. Neben den Themen "Theologische Schlüsselbegriffe" (Bd. 1, 2004, 2. Aufl.), "Elementare Bibeltexte" (Bd. 2, 2008, 3. Aufl.), "Kirchengeschichtliche Grundthemen" (Bd. 3, 2008, 2. Aufl.) und "Ethische Schlüsselprobleme" (Bd. 4, 2006) liegt damit ein didaktisches Kompendium vor, das den Unterrichtenden im Blick auf die Begegnung mit Religionen und religiösen Strömungen manches leichter machen dürfte.

Wozu Gott? Gottesbilder und Religion(en) auf dem Prüfstand

Im Rahmen des Funkkollegs "Religion und Gesellschaft" beim Hessischen Rundfunk ist ein Begleitband erschienen, der in vielen Facetten deutlich macht, dass Religion in der Moderne nicht verschwunden ist, vielmehr die "Rückkehr von Religion" auffällt. In dem Buch:

Wozu Gott? Religionen zwischen Fundamentalismus und Fortschritt (Verlag der Weltreligionen 2009)

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bedenken prominente AutorInnen aus Religionswissenschaft, Theologie, Philosophie, Soziologie und Journalismus nicht nur die veränderte Situation, sondern versuchen auch im Blick auf die vielen unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereiche von der Politik bis zur Kunst Konsequenzen zu ziehen. Die Abschaffung der Gottesbilder und das Gewaltpotential von Religionen wird ebenso diskutiert wie ihre humanisierenden Einflüsse.

Friedensfähigkeit und Gewaltpotential der Religionen

Unter diesem Untertitel steht das Buch des bekannten Münchner Soziologen
Ulrich Beck: der eigene Gott (Frankfurt/M. 2009 – Rezension hier).

In seinem eher essayistisch strukturierten Buch bringt der Autor in scharfsinnigen Analysen zum Ausdruck, dass mit der zunehmenden Säkularisierung die Religion keineswegs aufgehört habe zu existieren. Vielmehr entwickeln sich eine von den religiösen Organisationen unabhängige und oft synkretistische neue religiöse Bewegungen im Sinne von Suchbewegungen hin zu neuen Transzendenerfahrungen. Da gleichzeitig auch religiöse Schübe der Individualisierung zu beobachten, hat der „eigene Gott“ zwei Gesichter ein postmodernes, universalistisch offenes un dein fundamentalistisches. Nur eine „kosmopolitische Realität der Zweiten Moderne“ wird Medthoden und Modelle zur Zivilisierung religiöser Konflikte entwickeln können.