Buch des Monats Mai 2015: Ent-Rüstung

Rz-Käßmann_Wecker-EntrüstetMargot Käßmann / Konstantin Wecker (Hg.):
Entrüstet euch ! Warum Pazifismus für uns das Gebot der Stunde bleibt.
Texte zum Frieden.
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2015, 208 S.
— ISBN: 978-3-579-07091-9 —

Dem Mitgefühl Raum
und dem Pazifismus eine Stimme geben

In diesem Buch kommt intensives persönliches Engagement für Gewaltfreiheit und Frieden mit angenehmer Bescheidenheit zum Ausdruck. Die Autoren wissen nämlich, dass sie nicht den Schlüssel zum endgültigen weltweiten Frieden haben. Sie machen aber klar, dass Kriege immer wieder neue und größere Konflikte verursacht haben. Die Gefahr angesichts der Brutalitäten weltweit ist, dass das Mitgefühl stirbt (S. 21). Aber genau aus diesem Mitgefühl heraus muss der Widerstand wachsen, Konflikte militärisch zu lösen. Man darf nicht vergessen, dass immer wieder zur sog. Sicherung von (westlichen) Werten und Interessen sinnlos viele Menschenleben vernichtet werden.
Dieses aufrüttelnde Buch wird keineswegs die mehrheitliche Zustimmung der Gesellschaft finden. Auch die Massenmedien lassen sich vermutlich nicht zu einem generellen Umdenken bewegen. Aber der Ruf, wirklich Frieden zu machen und nicht mehr „den Krieg zu lernen“ (Jesaja 2,4), muss noch viel deutlicher zur Sprache kommen. Im Grunde müssten die hier vorliegenden Texte zum Pazifismus Pflichtlektüre in der Schule und in den Bildungseinrichtungen werden.

Ausführliche Beschreibung: hier

Reinhard Kirste

Rz-Käßmann-Wecker-Entrüstet, 01.05.2015   Creative Commons-Lizenz

 

 

Hoffnung für Palästina?

Rz-Farhat-NaserSumaya Farhat-Naser: Im Schatten des Feigenbaums.
Herausgegeben von Willi Herzig und Chudi Bürgi.
Basel: Lenos 2013, 223 S.
— ISBN 978-3-85787-436-9 —

Die bekannte christlich-palästinensische Friedens- und Menschenrechtsaktivistin besuchte die Internatsschule deutscher Diakonissen nahe Bethlehem. Danach studierte sie an der Universität Hamburg Biologie, wurde vom Evangelischen Studienwerk Villigst gefördert und promovierte in Botanik. Später als Dozentin an der palästinensischen Universität Bir Zait (Bir Zeit) und Leiterin des palästinensischen Jerusalem Center for Women ist sie heute in Projekten für Frauen engagiert, um eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes herbeizuführen. Denn: »Unser Land wird uns systematisch weggenommen«.
Diese Aussage über israelischen Landraub im palästinensischen Westjordanland, die in Europa kaum wahrgenommen wird, belegt sie in ihrem neuen Buch.

Nach «Thymian und Steine» (1995), «Verwurzelt im Land der Olivenbäume» (2005) und «Disteln im Weinberg» (2007) ist dies der vierte Band ihrer persönlichen Autobiografie, die gleichzeitig eine «Autobiografie» Palästinas darstellt. Der Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 23. April 2013, ergänzt durch eine kurze Chronologie von 1896 bis 2013, wird sehr gut geschildert: Sie beschreibt, wie israelische Siedler Weinberge, Olivenhaine, Felder zerstören und Wasserquellen rauben – unter dem Schutz der israelischen Armee. Dennoch lehrt sie engagiert gewaltfreie Kommunikation und den Umgang mit Konflikten. Enttäuscht ist sie über die Neigung, berechtigte Kritik an Israel kleinzureden. Doch der Feigenbaum sei »ein Zeichen für Frieden, Sicherheit und Lebensglück« trotz Entrechtung der Palästinenser in ihrer Heimat sowie im Blick auf nachhaltige Perspektiven für Israel und Palästina.

Der Jerusalemsverein und das Berliner Missionswerk unterstützen seit drei Jahrzehnten ihre Friedensarbeit. In seiner Predigt am 15. Dezember 2013 in der Erlöserkirche, Jerusalem, sagte Nikolaus Schneider: „Auch wir leiden daran, dass trotz Jesu Ankunft, damals vor mehr als zwei Jahrtausenden, in unserer Welt noch immer so viele Tränen geweint werden müssen, noch immer so viel Blut gewaltsam vergossen wird, noch immer die Würde so vieler Menschen verletzt und geschändet wird.“ Auch nach fast zweitausend Jahren Kirchengeschichte warteten wir darauf, »dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen, dass Treue auf Erden wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue«.

                                                                                                                                            Prof. Dr. Eckhard Freyer, Bonn/Merseburg

Rz-Farhat-Naser-Freyer, 30.12.13    Creative Commons-Lizenz