Zur aktuellen Debatte: Islam wohin?

Rz-Herder-Korr-IslamReligion unter Verdacht.
Wohin entwickelt sich der Islam?

Herder-Korrespondenz – Spezial – Nr. 02 (2015), 84 S., Abb.
— ISBN 978-3-451-02719-2 —

Der Herder-Verlag hat mit der neuesten Nummer seiner renommierten Herder-Korrespondenz ein brisantes Thema in den Fokus gerückt. Anregung und Aufregung zugleich sind garantiert, weil unterschiedliche Gesprächspartner zu Worte kommen. Sie diskutieren aktuelle Entwicklungen generell und im Blick auf verschiedene „islamische“ Länder, hinterfragen Entwicklungen in Deutschland und geben auch theologischen Überlegungen Raum. Dies alles geschieht in gedrängter und dennoch übersichtlicher Kürze.
Im Mittelpunkt dürfte die Auseinandersetzung zwischen dem bekannten Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide (Universität Münster) und dem Wissenschaftsjournalisten Hamed Abdel-Samad stehen, der durch seine polenischen Äußerungen bekannt geworden ist. Aber die die anderen Beiträge zu den vielfältigen Strömungen und Facetten des heutigen Islam zwischen Friedensethik und Terrorismus sollten ebenso intensiv beachtet werden.

Bilanz: Wer sich kompakt und präzise zugleich mit vielfältigen geschichtlichen und aktuellen Strömungen „des“ Islam beschäftigen will, wird nach dieser Lektüre nicht nur einen erheblichen Erkenntnisgewinn haben, sondern auch wesentliche Zusammenhänge in den derzeitigen oft polemisch gefärbten Debatten besser verstehen.

Ausführliche Besprechung: hier

Reinhard Kirste

Rz-Herder-Korr-Islam, 05.11.15  Creative Commons-Lizenz

Buch des Monats Februar 2015: Madeleine Delbrêl – Liebe leben

Rz-Schleinzer-DelbrelAnnette Schleinzer: Die Liebe ist unsere einzige Aufgabe.
Das Lebenszeugnis von Madeleine Delbrêl.

Ostfildern: Patmos (Schwabenverlag) 2014, 312 S., Abb., Zeittafel  — ISBN 978-3-8436-0544-1 —

Die Theologin und Exerzitienbegleiterin Annette Schleinzer hat die 1994 erschienene Biografie über Madeleine Delbrêl (1904 – 1964) überarbeitet und aktualisiert. Was die Autorin an dieser Poetin und Sozialarbeiterin, dieser „Mystikerin der Straße“ fasziniert, ist eine „tragfähige Alltagsspiritualität“, die in jüngster Zeit eine „weitere aktuelle Spur eröffnet, nämlich die tiefe Verwandtschaft Madeleine Delbrêls mit Papst Franziskus.

Die Autorin erörtert das kontemplativ-aktive Leben von Madeleine Delbrêl unter den Gesichtspunkten ihrer konsequenten Jesus-Nachfolge, gerade im Blick auf intensive Sozialarbeit angesichts industriellen Herausforderungen.   Es gilt in einer a-religiösen Situation der europäischen Kirchen  Mission zu betreiben, und zwar in dem Sinne, dass die Kirche zu den Menschen gehen muss, d.h. das Evangelium vorlebend predigen. Die Motivation, dies zu praktizieren, liegt in einer Liebe, die gleichermaßen von Demut und Achtung geprägt ist (S. 257). Das konsequente Glaubensleben von Madeleine Delbrêl macht Mut, gesellschaftliches Engagement und persönliche Frömmigkeit im Alltag glaubwürdig umzusetzen und so ein authentisches Zeugnis göttlicher Liebe zu geben. Unsere Zeit braucht wahrhaftig viele Menschen, die diese liebende Achtsamkeit leben.

Ausführliche Beschreibung: hier 

Reinhard Kirste

 Rz-Schleinzer-Delbrel, 31.01.15  Creative Commons-Lizenz

Eine andere Theologie ist möglich – Juan José Tamayo

Der  Theologe J.J. Tamayo (geb. 1946) ist eine der bekanntesten katholischen Intellektuellen, die sich im Rahmen gesellschaftlicher Veränderungsforderungen für die Versöhnung der Religionen stark machen und für eine grundlegende Reform der katholischen Kirche eintreten.
Er hat den Lehrstuhl für Theologie und Religionswissenschaft an der (staatlichen) Universität Carlos III in Madrid inne und lehrt ebenfalls am Lehrstuhl der Drei Religionen (Cátedra de Tres Religiones) an der Universität Valencia.

Tamayos Vortrag „Abenteuer eines Gewissens“ im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zum 100. Geburtstag des kirchenkritischen Theologen José María Díez-Alegría SJ (22.10.1911 – 25.06.2010)  wirft ein bezeichnendes Licht auf das jüngste Buch von Tamayo: Otra teología es posible – eine andere Theologie ist möglich (Barcelona: Herder 2011):
Das gilt für die Religionen insgesamt sowie ihre Lehren, ihre Spiritualität, Ethik und Politik. Die christliche Theologie muss angesichts der neuen Entwicklungen, eines neuen Paradigmas,  ihre dogmatischen Engstirnigkeiten beseitigen, indem die Theologie der Befreiung, die feministische Theologie und die Theologie des religiösen Pluralismus für das 21. Jahrhundert fortgeschrieben werden.
Eine künftige Theologie kann sich nicht mehr nur auf eine Religion und eine Kultur beziehen. das hat Folgen für die eigene religiöse Identität, aber auch für die religiösen Institutionen. Die Vielfalt der einen Welt nötigt zur Erneuerung, zu der folgende „Schlüssel“ gehören:  „Interidentität, Interspiritualität, Inter-Befreiung und feministische Spiritualität.“ Diese sind antiimperial,  die Marginalisierten werden in solches Denken udn Handeln bewusst mit einbezoge, und es gibt eine unmittelbare Verbindung mit den Nicht-Glaubenden
Vgl. die Rezension in WebIslam.com (15.10.11, in spanischer Sprache)

Wie dezidiert und präzise J.J. Tamayo seine Religionskritik ansetzt, macht bereits das kleine Büchlein deutlich:
Desde la heterodoxía. Reflexiones sobre laicismo, política y religión
(Ediciones del Laberinto 2006). Die Verbindung von Gesellshaftskritik und Kirchenkritik zeigt sich in einer Reihe von Beiträgen, die Tamayo u.a. in der liberalen Tageszeitung
El País
veröffentlicht. Sie sind mit anderen Artikeln nachzulesen unter:
 J.J. Tamayo im Portal ATRIO (in spanischer Sprache)