Spektrum Iran – Interkulturelle und interreligiöse Begegnungen zwischen Orient und Okzident

Rz-Spektrum-IranSPEKTRUM IRAN. Zeitschrift für islamisch-iranische Kultur (vierteljährlich).
27. Jahrgang 2014, etwa 100 Seiten pro Heft, hrsg. v. der Kulturabteilung der Botschaft der Islamischen Republik Iran in Berlin, erscheint im Verlag Traugott Bautz Nordhausen, ISSN 0934-358X.

Trotz vieler Informationen, die über den Iran inzwischen in den deutschen Medien erscheinen, sind doch kulturelle und religiöse Hintergrundinformationen über die Tagesaktualität hinaus keineswegs selbstverständlich geworden. So herrscht immer noch ein Persienbild vor, das durch die Spannung von Orient-Mythos und Post-Khomeini-Revolution geprägt ist. Hier ein Stück Differenzierung hineinzubringen, bemüht sich die Islamische Republik Iran mit ihrer Kulturabteilung seit 27 Jahren.

Die in ›Spektrum Iran‹ veröffentlichten Beiträge kommen aus den Bereichen Iranistik, Orientalistik, Islamwissenschaft, Archäologie, Ethnologie, Geschichte, Literatur, Philosophie, Kunst, Soziologie sowie Religion und Theologie. Berühmte IslamwissenschaftlerInnen wie z.B. Annemarie Schimmel haben hier geschrieben. In früheren Jahren driftete die Zeitschrift jedoch manchmal in sehr spezielle Themen ab, die höchstens Iranistik-Spezialisten interessieren konnten.

Seit dem Jahr 2014 hat die Zeitschrift nun einen neuen Schriftleiter, den Privatdozenten Hamid Reza Yousefi von der Universität Koblenz-Landau. Er hat sich als Religionswissenschaftler und Philosoph im Bereich der interkulturellen Philosophie .Er hat bereits die bisherige Themenvielfalt und manchmal auch redaktionelle Beliebigkeit zugunsten einer strengeren Thematisierung und inhaltlichen Neuausrichtung verdeutlicht. Das zeigen bereits die nun vier vorliegenden Hefte des Jahres 2014. Die vier Hauptthemen des letzten Jahrgangs werden unter west-östlichen bzw. östlich-westlichen Fragerichtungen aufgenommen: Was ist Kultur? Was ist Philosophie? Was ist Religion? Was ist Tradition? Hinzu kommen jeweils ergänzend und weiterführend einige Buchbesprechungen. Die Webseite: ›www.spektrum-iran.de‹ bietet eine erste Orientierung.

Diese vier geschichtlichen, systematischen und aktualisierenden Anfragen an Kultur, Philosophie, Religion und Tradition in dieser Heftreihe setzen zwar keine endgültigen Antworten frei, aber immerhin eröffnet sich ein ›weites Feld‹, auf dem die verschiedenen Ansätze gerade zwischen Orient und Okzident eine pluralitätsfähige ›Bebauung‹ ermöglichen. Damit fallen scheinbar unüberbrück­bare Gegensätze in sich zusammen und eröffnen gemeinsam erweiterbare ›Gehwege‹. Denn alle verengenden Beschreibungen von Kultur, Philosophie, Religion und Tradition vergessen die universale und zugleich relativierbare Ausrichtung aller Kommunikationsmuster in Geschichte und Gegenwart. ›Spektrum Iran‹ kann dazu sicher noch weitere wichtige interkulturelle und interreligiöse Beiträge leisten.

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Reinhard Kirste

Rz-Spektrum-Iran1, 20.02.15  Creative Commons-Lizenz

Buch des Monats Mai 2014: Interkulturelle Theorie und Praxis – eine dialogische Pädagogik

Rz-Yousefi-InterkultHamid Reza Yousefi: Interkulturelle Kommunikation.
Eine praxisorientierte Einführung.

Darmstadt: WBG 2014, 204 S., Grafiken, Glossar
— ISBN 978-3-534-26260-1 — auch als E-Book erhältlich —

In seinem neuesten Buch benennt, Hamid Reza Yousefi, Privatdozent für interkulturelle Philosophie, die Zielrichtung einer „tragfähigen Kommunikation in interkultureller Absicht“  (S. 7).  Nur die dialogische Vermittlung ermöglicht überhaupt den Erfolg für eine zukünftige auf Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit ausgerichtete Gesellschaft. Dazu bedarf es zum einen, die verschiedenen Kulturbegriffe auf eine solch tragfähige Brückenfunktion zu untersuchen und daraus eine dialogische Pädagogik der Interkulturalität zu entwickeln. Dazu müssen zum anderen aber auch die Konfliktpotentiale gezeigt sowie kulturelle Grenzziehungen hinterfragt und überwunden werden.

Seinen Erfahrungshintergrund nimmt der Autor aus sog. deutsch-iranischen Tauschfamilien, also Familien und Gruppen, in denen zwei Kulturen in einer kürzeren oder längeren Zeitphase aufeinandertreffen oder wo eine solche interkulturelle Partnerschaft mit ihren Chancen und Schwierigkeiten durchgängig gelebt wird. Das können auch deutsch-türkische, deutsch-afrikanische, deutsch-arabische Familien sein.

Hier ist auch didaktisch aufgearbeitet ein Handbuch entstanden, das erlaubt, von erfahrener Praxis auf die Grundkonzepte menschlichen Miteinanders im Sinne interkultureller Kommunikation zurückzuschließen und Modelle der Verständigung bewusst weiter bis in den Alltag hinein zu realisieren.

Ausführliche Besprechung: hier

Reinhard Kirste

 Rz-Yousefi-Interkult, 30.04.14   Creative Commons-Lizenz

Kultur verstehen – das Handbuch Kulturphilosophie

Rz-Konersmann-KulturphilRalf Konersmann (Hg.): Handbuch Kulturphilosophie.
Stuttgart / Weimar: Metzler 2012, 468 S., mehrere ausführliche Register
— ISBN 978-3-476-022369-8 —

Ausführliche Beschreibung: hier

Konersmann gehört zu den Vorreitern einer Disziplin, die Zusammenhänge der „von Menschen gemachten Welt“ durchdenkt und damit Kultur und Philosophie ständig miteinander ins Spiel bringt.

Kulturphilosophie taucht darum in vielen Disziplinen auf. Und so fokussiert das Handbuch die Antwort vorläufig so: „Kultur ist die Welt des freigestellten Menschen“ (S. VII). Was dies bedeutet, müssen die thematischen Schwerpunkte (Kap. II), die Systematik der Übergänge (Kap. IV) und eine Begriffsauswahl (Kap. V) näher erläutern. Als Definitionsstützen dienen dabei auch die Metaphern für Kultur (Kap. VI). All dies sichern die AutorInnen an „Leitfiguren“ einigermaßen ab, indem sie der Vorgeschichte der Kulturphilosophie (bis 1900), diejenigen der entscheidenden Gründungsphase (1900-1945) und schließlich ihren Aktualisierungen bis in die Gegenwart nachgehen (Kap. III).

Nach den stärker an Personen orientierten Darstellungen werden nun Beziehungsfelder angesprochen, die sich – den eigenen Bereich übergreifend – als Übergänge (Kap. IV) manifestieren, und zwar in der Architektur, im Design, in der Geschichte, der Gesellschaft, der Kunst, der Moral, der Natur, der Politik, der Religion, der Rhetorik, der Sprache, der Technik, der Wirtschaft und Wissenschaft. 

Wie unterschiedlich die jeweiligen Zugänge und Definitionsvoraussetzungen von Kulturphilosophen auch sein mögen, dieses Buch schafft es, in der Auseinandersetzung mit einer Fülle von Kulturverständnissen Kultur als einen lebendigen Prozess zu sehen, der nie zu Ende ist. Man kann es als eine Art systematisierendes Lexikon bezeichnen, das neben einem ordnenden geschichtlichen Rückblick und einer thematischen Aufbereitung für eine Zukunftsoffenheit von Kultur plädiert. 

So ist hier ein Standardwerk nicht nur zur Kulturphilosophie, sondern zum Kulturverständnis überhaupt entstanden, auf das man nicht mehr verzichten sollte.

Reinhard Kirste

Creative Commons-Lizenz

                                                                                                Rz-Konersmann, kulturphil, 09.02.13