Buch des Monats Juni 2014: Religionspädagogik in der Spannung von Schule und Religion

Rz-Graßal-ReligionenLucas Graßal: Wie Religion(en) lehren? Religiöse Bildung in deutschen religionspädagogischen Konzeptionen im Licht der Pluralistischen Religionstheologie von John Hick.
Pädagogische Beiträge zur Kulturbegegnung Band 30.
Berlin: EB-Verlag 2013, 426 S. (zugleich Diss. Universität Erlangen)
— ISBN 978-3-86893-078-8 —

Dies ist ein Buch zur Grundlegung des Religionsunterrichts in Deutschland im Horizont religionstheologischer Veränderungen. Darum müssen sowohl hermeneutische wie auch religionspädagogische Entscheidungen getroffen werden, die allerdings im öffentlichen Raum der Schule auf widerstreitende Interessen stoßen: Der von der EKD favorisierte konfessionell-kooperative Religionsunterricht, das Hamburger Modell „Religionsunterricht für alle“ und LER – „Lebensgestaltung – Ethik – Religionskunde“ in Brandenburg.

Graßal führt die verschiedenen Religionsunterrichtsmodelle mit John Hicks Religionstheorie zusammen. Mit seiner kritischen Aufarbeitung zielt Graßal letztlich auf eine Alternative zu den bisherigen Religionsunterrichtstypen, belässt es jedoch zumindest in dieser Arbeit bei der Fragestellung. M.E. ergibt sich dennoch, dass sich aus dem Argumentationsmuster des Verfassers ein interreligiöser Religionsunterricht begründen lässt, dem das Hamburger Modell am nächsten kommt.
Insgesamt hat Graßal mit diesen Klärungen eine Basis für die weitere pädagogische Kulturbedeutung des Religionsunterrichts gelegt.

Ausführliche Beschreibung: hier

Reinhard Kirste

Rz-Graßal-Religionen, 31.05.14

 

 

Offenbarungsansprüche der Religionen

Rz-Zager-OffenbarungWerner Zager (Hg.): Universale Offenbarung?
Der eine Gott und die vielen Religionen.
Leipzig: EVA 2013, 193 S., Personenregister — ISBN 978-3-374-03298-3 —

Die Texte in diesem Band gehen auf eine Tagung des Bundes für Freies Christentum vom Herbst 2012 in Hofgeismar zurück. Die Referenten spielten unter verschiedenen Gesichtspunkten den mehr oder minder starken Wahrheitsanspruch verschiedener Religionen durch, zugespitzt in der Frage, ob und ggf. wie sich Gott außer in Jesus Christus auch in anderen Religionen offenbarend mitteilt. Das ist nicht nur eine speziell theologische oder religionswissenschaftliche Frage, sondern in heutigen multikulturellen und multireligiösen Kontexten entscheidend für das Zusammenleben. Wenn nämlich durch sog. göttliche Absolutheitsansprüche – in welch verklausulierter Form auch immer – die Begegnung der Religionen erschwert oder gar blockiert wird, muss das jeweilige Offenbarungsverständnis dringend hinterfragt werden.

Die Referenten beziehen sich in ihren gut zu lesenden Beiträgen auf philosophie- und theologiegeschichtlich Zusammenhänge, insbesondere auf Kant, Nietzsche, Schopenhauer, Goethe, Schweitzer, Troeltsch, und Tillich. Offensichtlich eignen sich die Genannten nicht nur für einen kritischen Umgang mit problematischen Offenbarungsansprüchen, sondern eröffnen auch Wege für einen Religionen übergreifenden Dialog.

Reinhard Kirste

 Rz-Zager-Offenbarung, 20.08.13        Creative Commons-Lizenz

Leitmotive des Politischen zwischen theologischer Absolutheit und philosophischer Freiheit

Rz-Meier-Schmitt-StraussHeinrich Meier: Carl Schmitt, Leo Strauss und „Der Begriff des Politischen“. Zu einem Dialog unter Abwesenden.
Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler [1988], 2013, 3. erw. Aufl., 200 S., Namenverzeichnis
— ISBN: 978-3-476-02467-1—
Ausführliche Beschreibung: hier

 Als Editor und Kommentator stellt der Münchner Philosoph Heinrich Meier zwei Konservative vor: den Katholiken Carl Schmitt aus dem sauerländischen Plettenberg (1888-1985) und Leo Strauss (1899–1973), deutsch-amerikanischer Philosoph jüdischer Herkunft, dessen elitär geprägte Anthropologie auch zu einer philosophischen Schulbildung führte. Nun hat der eine, Carl Schmitt als deutscher Staats- und Völkerrechtler wie auch als politischer Philosoph, einen weltbekannten, allerdings umstrittenen Ruf, gehörte er doch zu den juristischen „Chefideologen“ des Nationalsozialismus.

Aber auch Leo Strauss übt heftigste Kritik an der Moderne und einem säkular offenen Kulturverständnis, ja macht gar die Aufklärung, den Relativismus und den Liberalismus für die Zerstörung der (bisherigen) Philosophie verantwortlich. Er besinnt sich dabei auf das wahre Philosophieren bei Sokrates und Platon. M.a.W. die von ihm so titulierten destruktiven modernen Hauptströmungen verhindern Philosophie und damit das, worauf Philosophie seiner Meinung nach abzielt – auf die Tugend.

Strauss‘ Anmerkungen zum Begriff des Politischen bei Carl Schmitt (S. 97ff) sowie seine im Buch abgedruckten Drei Briefe an Carl Schmitt (S. 129ff)  zeigen u.a., dass Schmitt es nur  „unternimmt“ seine radikale Kritik am Liberalismus zu präzisieren und auch zu verschärfen.  Dessen Politische Theologie, die auf die Absolutheit der Offenbarung gegründet ist, lebt (noch) aus dem Dualismus des Freund-Feind-Denkens lebt, während Strauss eine Position jenseits des Liberalismus sucht.

Was ist das letztlich für ein Streit, den der politische Theologe Carl Schmitt mit dem Begriff des Politischen entfacht und den Philosophen als Feind charakterisiert? Ihm hält Strauss die eigene Politische Philosophie entgegen. Im Epilog (S. 153ff) führt Meier Jacques Derrida an, der sich in „Politiques de l’amitíe“ auch auf Schmitt bezieht. Hier scheint sich eine hoffnungsvolle Antwort zu zeigen, weil sich Derridas moralisches Interesse mit den Politiken der Freundschaft verbindet (S. 171f). Politische Philosophie zielt auf eine dialogische Polis, in der nicht eine unhinterfragbare Offenbarung das Leitmotiv sein darf. Es ist keineswegs gleichgültig, welche philosophischen Traditionen das politische Denken bestimmen. Imgrunde müsste hier auch ein Diskurs über eine „Politische Theologie“ einsetzen, wie sie zum einen der Systematiker Trutz Rendtorff (im Zusammenhang der Ernst-Troeltsch-Studien) führt und zum anderen intensiv und dramatisch in den (lateinamerikanischen) Theologien der Befreiung zum Ausdruck kommt.

                                                                                                                                                            Reinhard Kirste

Rz-Meier-Schmitt-Strauss, 04.08.13      Creative Commons-Lizenz

Religionen – Wahrheitsansprüche – Konflikte

Unter diesem Titel steht das Ergebnis eines religionstheologischen Symposiums in Bern aus dem Jahre 2008, das zum einen die Attraktivität bestimmter Religionen bedenkt und andererseits das Konfliktpotential beschreibt, das gerade durch das Aufeinanderprallen verschiedener religiöser Traditionen entsteht:

Walter Dietrich / Wolfgang Lienemann (Hg.):
Religionen, Wahrheitsansprüche, Konflikte
Theologische Perspektiven

Beiträge zu einer Theologie der Religionen (BThR), Bd. 10
Zürich: TVZ 2010
— Rezension hier —

Mit dieser Thematik werden Ansätze und Orientierungen der bisherigen  9 Bände aufgenommen, geht es doch immer wieder darum, der interreligiösen Begegnung glaubwürdigen Raum zu schaffen, ohne die eigene religiöse Identität aufzugeben.

Beiträge zu einer Theologie der Religionen, BThR, Band 1-10
mit ausführlichen Besprechungen