Buch des Monats Oktober 2015: Dialogische Begegnungen mit christlicher Kunst

Rz-Kermani-StaunenNavid Kermani: Ungläubiges Staunen. Über das Christentum.
München: C.H. Beck, bereits 2. Auflage 2015, 303 S., mit 49 farbigen Abbildungen
— ISBN 978-3-406-68337-4 —
Insgesamt lässt der Autor 40 Szenen-Erlebnisse des christlichen Glaubens in diesem neuen Buch Revue passieren. Malerei, Architektur und Begegnungen mit besonderen Christenmenschen lassen Religion und Ethik in unerwartetem Licht erscheinen und zeigen zugleich eine Leidensmystik, Sinnlichkeit und religiöses Aufbegehren an, die bei einer mehr oberflächlichen Betrachtung des Christentums leicht verloren gehen können. Der Begriff des „ungläubigen Staunens“, wird nun fast zur Metapher über die Annäherung an göttlich Geheimnisvolles.
Es ist nicht möglich, die Vielfalt von Kermanis Betrachtungen hier zu würdigen. Aber sie zeigen alle eine Besonderheit: Wer das kindliche Staunen nicht verlernt hat, dem eröffnet die Begegnung mit alter und moderner Kunst des Christentums neue Sichtweisen. Mit diesen meditativen Besinnungen zeigt der Verfasser zugleich an, wie sehr Kunst verschiedene Glaubensweisen versöhnen kann. Es lohnt sich für Glaubende und Nicht-Glaubende, nach dem “Lesen” der Bilder, diese noch einmal ganz in Ruhe auf sich wirken zu lassen.  Hier ist ein Buch entstanden, das mit Hilfe der Kunst den interreligiösen Dialog auf besondere Weise beflügelt.

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Reinhard Kirste

Rz-Kermani-Staunen, 30.09.15  Creative Commons-Lizenz

 

 

Buch des Monats August 2015: Diskussion um “das Heilige”

Rz-Gantke-Das HeiligeWolfgang Gantke, Vladislav Serikov (Hg.):
Das Heilige als Problem der gegenwärtigen Religionswissenschaft
Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang 2015. 143 S.
Reihe: Theion.
Studien zur Religionskultur – Studies in Religious Culture. Bd. XXX
— Print: ISBN 978-3-631-65400-2
— E-Book: ISBN 978-3-653-04429-4

Im Horizont des strittigen Begriffs “das Heilige”versuchen die Herausgeber sowie die anderen Beitragenden aus Religionswissenschaft, Philosophie, Pädagogik, Kulturwissenschaft und Theologie Schneisen des Verständnisses nicht nur für unterschiedlich denkende Religionswissenschaftler, sondern für alle Interessierten zu legen. Der Religionwissenschaftler Rudolf Otto und sein Verständnis des Heiligen spielt in dieser andauernden Dabatte weiterhin eine Schlüsselrolle.

Das Buch hat drei Schwerpunkte:

  1. Die Auseinandersetzung mit Rudolf Otto und seiner Erlebnistheorie des Heiligen
  2. Die Möglichkeiten angewandter Religionswissenschaft
    im Kontext kulturhistorischer, empirischer und religions-phänomenologischer Untersuchungen
  3. Begründungen, Entwürfe und Absicherungen
    von Theorien des Heiligen auf phänomenologischer Basis.

Die Autoren vermitteln wichtige Anstöße, um „das Heilige“ in verschiedenen Kontexten wahr-zunehmen und sich zu verdeutlichen: Objektivierbare Zugriffe auf Numinoses insgesamt führen offensichtlich in eine Sackgasse. Rudolf Ottos Position spielt für gegenwärtige Verstehens-Annäherungen darum eine nicht zu unterschätzende Rolle.

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Reinhard Kirste

Rz-Gantke-Das Heilige, 31.07.15     Creative Commons-Lizenz

Das 2. Vatikanische Konzil und seine Reform-Wirkungen

Rz-Ebenbauer-Vaticanum IIPeter Ebenbauer / Rainer Bucher / Bernhard Körner (Hg.):
Zerbrechlich und kraftvoll.
Christliche Existenz 50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanum.

Innsbruck-Wien: Tyrolia 2014, 232 S. — ISBN 978-3-7022-3350-1 —

Dieser Band – aus einer Vorlesungsreihe an der Universität Graz entstanden – erinnert an die durch das 2. Vatikanische Konzil vor 50 Jahren in Gang gekommenen Veränderungen in der katholischen Kirche. Eine intensivierte Wahrnehmung richtet sich sowohl auf kirchliches „Binnenverhalten“ als auch auf eine veränderte Sichtweise nach „Draußen“.  Damit setzen Herausgeber und AutorInnen Signale für kirchliche Veränderungen. Die Wirkungsgeschichte des Vaticanum II zeigt allerdings, einerseits Zerbrechlichkeit von Reformimpulsen und andererseits Ermutigung zu neuen Wegen . Das prägt auch die Auswahl der Schwerpunkte mit den vier Konzilskonstitutionen Lumen gentium, Gaudium et spes, Sacrosanctum Concilium, Dei Verbum sowie mit dem Ökumenismusdekret: Unitatis reintegratio inter universos Christianos. Betont sei auch die klare Dialogöffnung der Kirche hin zu den anderen Religionen: Nostra Aetate.

Man kann einem der Autroren des Bandes,  Siegfried Wiedenhofer (Universität Frankfurt/M.), durchaus zustimmen, wenn er sich eine Revision des Konzils im Sinne „einer veränderten Weiterführung in einer neuen geschichtlichen Situation“ erhofft (S. 215). Es sieht so aus, als habe Papst Franziskus hier bereits die ersten Schritte eingeleitet.

Was insgesamt an kirchenreformerischer Fortsetzung des Vaticanum II wieder aufblühen könnte, ist nicht nur für die katholische Kirche von Bedeutung, sondern überhaupt für die Glaubwürdigkeit christlicher Existenz im 21. Jahrhundert.

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Reinhard Kirste

Creative Commons-Lizenz

Rz-Ebenbauer-Vaticanum II, 21.07.15

Heilige Schriften der Abrahamsreligionen kennen lernen

Rz-Sajak-Hl_SchriftenClauß Peter Sajak (Hg.): Heilige Schriften.
Texte – Themen – Traditionen. Sekundarstufe I und II.

Lernen im Trialog Heft 3. Ein Projekt der Herbert Quandt-Stiftung.
Paderborn: Schöningh 2015, 96 Seiten, Abb.
– mit Materialiensammlung und Glossar
— ISBN 978-3-14-053652-3 —

Im vorliegenden Heft  geht es darum, die Heiligen Schriften der abrahamischen Religionen im Sinne von kompetentem Basiswissen zu erschließen.  Es geht dann konkret exegetisch, rituell und didaktisch zuerst um die hebräische Bibel, TeNaK, christlich gesprochen um das Alte Testament mit: Tora = Gesetz, Nebi’im = Propheten, Ketubim = Schriften. Es folgen die christliche Bibel und der Koran Aufgrund der didaktischen Zielorientierung lassen sich von hier aus Themen entwickeln, die eine Auseinandersetzung mit zentralen Personen der drei monotheistischen Religionen ermöglichen.

Die thematischen Bausteine dazu sind:

  • Orientierungswissen erwerben
  • Vergleich von Tenach, Bibel und Koran
  • Begegnungen mit Personen aus den Heiligen Schriften ermöglichen (z.B. mit Ruth, Noah).

Die Arbeitsblätter im Schlussteil zeigen sehr schön. wie bei aller auch immer vorhandenen Distanz zu den biblischen und koranischen Texten dennoch ein jugendgemäßer Zugang mit einer gezielten Sachorientierung möglich ist. Damit wird interreligiöse Kompetenz nicht nur kognitiv erarbeitet, sondern auch affektiv und meditativ zugänglich gemacht und kann „ganzheitlich“ verarbeitet werden.

Das vorliegende Trialogheft leistet für alle interreligiös Interessierten einen hilfreichen und weiterführenden Beitrag.

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Reinhard Kirste

Rz-Sajak-Heilige Schriften, 06.06.2015    Creative Commons-Lizenz

Buch des Monats April 2015: Raum-Begegnungen der Religionen

Rz-Beinhauer-religiöser-RaumBärbel Beinhauer-Köhler, Mirko Roth, Bernadette Schwarz-Boenneke (Hg.):               
Viele Religionen – ein Raum?! Analysen, Diskussionen und Konzepte.          
Berlin: Frank & Timme 2015, 240 S., zahlreiche Abb. —ISBN 978-3-7329-0065-7

Die kulturellen Veränderungen in unserer Gesellschaft haben in den letzten Jahren nicht nur immer stärker werdende Säkularisierungseffekte gebracht, sondern auch neue religiöse Sicht- und Zugangsweisen. Dazu gehört ganz konkret inzwischen eine beachtliche Zahl von Räumen der Stille, des Gebets und der Andacht, die nicht nur für eine Kirche oder Konfession, sondern für alle Religionen offen sind. Die Gestaltungsformen sind vielfältig und spiegeln wie in einem Brennglas multireligiöse Markierungspunkte unserer Gesellschaft. Das vorliegende Buch reflektiert eine Tagung vom Juli 2013 an der Universität Marburg. Sie behandelte Fragen zu Chancen und Problemen (inter-)religiöser Räume. Es werden folgende Themenbereiche angesprochen

1. Reflexionen: Machtstrukturen, Konfliktfelder, Nutzungskonzepte

2. Raumtypen: Institutionen auf der Suche nach religiösen Gemeinschaftsräumen

3. Einblicke: Räume zwischen den Religionen in Deutschland und der Schweiz

4. Ausblick: Weg-Orientierungen für religiös plurale Räume

Die Tagung in Marburg selbst brachte durch die Darstellung und Diskussion vieler (inter-)religiöser Initiativen und Besinnungsorte in den Workshops neben den zentralen Veranstaltungen noch ein weit umfassenderes Bild ein, wie der Rezensent selbst erleben konnte. Die Fragestellung „Viele Religionen – ein Raum?! wird also weiterhin zu intensiver Beschäftigung anregen und nötigen.

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Reinhard Kirste

Creative Commons-LizenzRz-Beinhauer-religiöser-Raum, 31.03.15

Die Azhar-Universität in der Begegnung mit dem Christentum

Rz-Hamdan-AzharHussein Hamdan: Der christlich-islamische Dialog der Azhar-Universität.
Schriftenreihe der Georges Anawati-Stiftung, Nr. 13. Freiburg u.a.: Herder 2014, 345 S.
Leicht überarbeitete Dissertation, Universität Tübingen 2013/14
— ISBN 978-3-451-33564-8 —

In den aktuellen Debatten um die Dialogfähigkeit und die sachgemäße Auseinandersetzung mit islamisch begründeter Gewalt kommt auch immer wieder die berühmte Al-Azhar-Universität Kairo in den Blick. Auch wenn es im Islam keine übergeordnete Lehrautorität gibt, so findet diese sunnitischen Einrichtung doch weltweit große Beachtung. Die vorliegende Arbeit macht nun deshalb besonders neugierig, weil die Haltung der Al-Azhar nicht nur auf andere Religionen, sondern auch im Zusammenhang des christlich-islamischen Dialogs Wertmaßstäbe setzt. Noch konkreter wird die Frage, welche Haltung die Al-Azhar selbst im christlich-islamischen Dialog eingenommen hat und noch einnimmt.

Hussein Hamdan (geb. 1979), Tübinger Islam- und Religionswissenschaftler, engagiert im interreligiösen Dialog, geht in seiner Dissertation den Dialogbemühungen der Azhar seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts nach und verfolgt die Debatten noch bis ins Jahr 2011. Nun scheint sich seine Bilanz weiterhin zu bestätigen, die er nach seiner Beschreibung von 80 Jahren Dialog-Geschichte der Azhar in vorsichtiger Hoffnung formuliert: „In den kommenden Jahren wird, was das internationale Ansehen der Azhar betrifft, viel davon abhängen, welche Rolle die Azhar im innerägyptischen Diskurs einnimmt … Die momentan zu beobachtenden Ansätze einer stärkeren Selbstreflexion geben Anlass zur Hoffnung, dass Al-Azhar auch künftig ein wichtiger islamischer Dialogpartner für die anderen monotheistischen Religionen bleibt“ (S. 329).
Diesem Votum geht eine sorgsame Untersuchung voraus.
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Reinhard Kirste


Rz-Hamdan-Azhar, 14.03.15    Creative Commons-Lizenz

Buch des Monats März 2015: Spirituelle Zusammenhänge von Gesundheit und Pflege im Krankenhaus

Rz-Schaupp-KrankenhausWalter Schaupp / Wolfgang Kröll  / Johann Platzer (Hg.):
Gesundheitssorge und Spiritualität im Krankenhaus.
Theologie im kulturellen Dialog, Band 26.
Innsbruck-Wien: Tyrolia 2014, 196 S. — ISBN 978-3-7022-3290-0 —

In diesem Band dreier Herausgeber von der Universität Graz kommt bereits das interdisziplinäre Interesse an diesem Thema zur Sprache. Im Vorwort begründen sie diese Dokumentation, die eine Tagung aus dem Jahr 2013 über „Gesundheitssorge und Spiritualität im Krankenhaus“ zusammenfasst: „Zunehmend wird … sichtbar, dass Religiosität/Spiritualität nicht nur am Lebensende ein wichtiges Thema ist, sondern auch in bestimmten Krankheitssituationen davor. Eine weitere Herausforderung liegt darin, nicht nur die Bedeutung von Religiosität/Spiritualität in den Blick zu nehmen, sondern auch für Angehörige der Gesundheitsberufe“(S. 7).

Die hier vorliegenden Beiträge sprechen die unterschiedlichen Facetten einer sich wandelnden Gesundheitssorge an. Die angesprochenen Lösungsmöglichkeiten erinnern überdeutlich, dass interkulturelle und interreligiös-spirituelle Zusammenhänge einen erheblichen Einfluss auf das „Klima“ eines Krankenhauses, aber auch auf die Heilungschancen von Patienten haben. Alle mit der Pflege und Therapie Beschäftigten sollten hier um der Patienten willen noch intensiver vorbereitet und geschult werden. Herausgeber und Autoren haben dazu kompetente Hilfestellung geleistet.

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Reinhard Kirste

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Chancen für den Polytheismus?

Rz-Dillon-PolytheismSteven Dillon: The Case for Polytheism    
Winchester (UK) / Washington (USA): iff Books 2015 (John Hunt Publishing) 2015, IX, 86 S.         
— ISBN: 978 1 78279 735 7 —

Steven Dillon, der eine Zeit lang sogar in einem Römisch-katholischen Seminar überwiegend Philosophie studierte, schreibt seit mehreren Jahren philosophische Essays. Er arbeitet als Krankenpfleger in einem Altersheim in South Dakota.

Im vorliegenden Buch versucht er, den entscheidenden Sinn- und Lebensfragen dadurch nachzugehen, dass er sich mit monotheistischen und polytheistischen Gottesverständnissen auseinandersetzt. Er versucht eine Art natürlicher Theologie zu entwickeln, die er aus den monotheistischen Beurteilungsmustern herausholen will.  Er bekennt von Anfang an, dass er im Grunde ein „Heide“ sei, der nicht den Glauben der großen Religionen diskreditieren, sondern philosophisch die Möglichkeit der vielen Götter als Denkmuster für die eigene Lebensorientierung verdeutlichen will. Er tut dies nun in vier Schritten, in denen besonders nach der “Wahrheit” und den positiven wie negativen Eigenschaften der Götter gefragt wird.

1. What is a God?
2. Is there a God? 
3.  How many Gods are there?
4. Are the Gods Good?

5. Unanswered Questions. 

Der Autor umgeht eine entscheidende Frage: Können die vielen vom Autor geschätzten Götter nicht auch als Wesenseigenschaften eines Gottes gesehen werden können bzw. eines Göttlichen oder einer letzten Realität (im Sinne von „the Real“ von John Hick)? Darum erscheint es mir überhaupt nicht sinnvoll, den Polytheismus in den Gegensatz zum Monotheismus zu stellen. Dennoch regt sein „polytheistisches“ Plädoyer an, dogmatische Festsetzungen und Spekulationen angesichts des Gottesgeheimnisses und letzter Wirklichkeitserfahrung zu überprüfen und auch die Zuordnungen von Theismus, Monotheismus, Polytheismus und Atheismus im besten Sinne frag-würdig erscheinen zu lassen.

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Reinhard Kirste

Rz-Dillon-Polytheism, 26.02.15    Creative Commons-Lizenz

Vertiefter Dialog – für (inter-)kulturelle Transformation

LeRz-Swidler-Dialogueonard Swidler: Dialogue for Interreligious Understanding.
Strategies for the Transformation of Culture-Shaping Institutions.
New York /London: Palgrave: Macmillan 2014, 212 S., Index — ISBN 978-1-137-47119-2 —

Mit diesem Band verdeutlicht Leonard Swidler (geb. 1929), welche Ziele er von Anfang an verfolgte, als er den interreligiösen Dialog zu seinem Forschungs- und Lebensschwerpunkt machte. Der katholische Theologe lehrt seit 1966 an der Temple University in Philadelphia (USA) „Catholic Thought and Interreligious Dialogue). Er hat nicht nur die renommierte Zeitschrift Journal of Ecumenical Studies (zusammen mit seiner Frau Arlene) gegründet, sondern auch das Dialogue Institute, dessen Präsident er seitdem ist, und das er derzeit in ein internationales Netzwerk von Dialog-Instituten einbindet. Len Swidler hat viele Bücher geschrieben bzw. mit anderen Theologen und Religionswissenschaftlern herausgegeben. Als Gastprofessor hat er an vielen Universitäten weltweit Vorlesungen gehalten und tut dies immer noch.

Dieses Buch verbindet vieles von dem Bisherigen im Sinne einer „hilfreichen Kombination“ von theoretischen Ideen und praktischen Projekten (S. 3). Es ist ein Dialog über den Dialog. Das macht zugleich den Reiz der hier vorliegenden Texte aus. Einige hatte Swidler schon früher veröffentlicht. Sie sind nun teilweise überarbeitet und sollten als Einladung für einen vertieften Dialog verstanden werden. Diesen beschreibt Swidler zugleich als einen Weg, in dem kritisches Denken, emotionale Intelligenz und sich gegenseitig anspornende Kooperation zusammenkommen. Die Texte aus diesem Buch spiegeln darum die verschiedenen Aspekte von „deep dialogue“ und können als dialogisch-biografische Bilanz verstanden werden, die sich aus 60 Jahren Arbeit interreligiöser Begegnung ergeben haben. In seiner „Conclusion“ wünscht sich Swidler, dass die von ihm hier bilanzierten Gedanken nicht nur visionär wirken mögen, sondern dazu führen, dass viele Menschen diese miteinander im Sinne einer Global Business-Ethik teilen. Angesichts all der brutalen Konflikte und des unsäglichen Leids vieler Menschen wäre zu wünschen, dass sich viele Einzelne, aber auch Städte und Staaten bewusst auf diesen “Deep Dialogue” einließen. Von daher erscheint es geradezu dringend, dass dieses Buch auch in anderen Sprachen und bald in Deutsch erscheinen könnte.

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Reinhard Kirste

Rz-Swidler-Dialogue, 30.12.14    Creative Commons-Lizenz

 

Buch des Monats Dezember 2014: Wie Göttinnen sich wandeln

David T. Sugimoto (ed.): Transformation of a Goddess. Ishtar – Astarte – Aphrodite.
Orbis Biblicus et Orientalis 263. Fribourg (CH): Academic Press / Göttingen: V & R 2014, XIII, 234 S., Abb, Indices
—ISBN: 978-3-7278-1748-9 (Academic Press Fribourg) und 978-3-525-54388-7 (V & R)

Rz-Sugimoto-GoddessDer Archäologe und Ethnologe D.T. Sugimoto von der Keio-Universität in Tokyo gehört zu den führenden Spezialisten mittelöstlicher antiker Archäologie. Er hat intensiv über die herrschenden Mutterkulte und über den sich ausbildenden Monotheismus im östlichen Mittelmeerraum geforscht.  Man kann übrigens darüber diskutieren, ob es sich bei den im Buch angesprochenen Transformationen wirklich nur um eine Göttin handelt oder angesichts der verschiedenen Kulturräume und Epochen um mehrere Göttinnen. Die unter demselben Thema wie das Buch firmierende Konferenz aus dem Jahre 2011 an der Keio-Universität Tokyo hatte die Frage offen gelassen. Die vier Teile des Buches heben nun bestimmte Schwerpunkte hervor:

  1. Die Natur der Ishtar/Ischtar  (Innana) in Mesopatomien während der(post-)sumerischen Zeit (2. Jts v. Chr.)
  2. Astarte im östlichen Mittelmeerraum während der 2. Hälfte des 2. Jts v. Chr.
  3. Astarte/Aschera in der Bibel (zwischen 1000 und 800): Archäologische Entdeckungen
    und ergänzende Funde in der südlichen Levante.
  4. Astarte-Tempel der Phönizier bis hin zur Geburt der Aphrodite auf Zypern –
    Erkenntnisse aus archäologischen Fundstätten vom 3. Jahrtausend bis in die vorchristlich-hellenistische Zeit.

Das hier ausgebreitete Material ist sicher Fachleute aus dem Forschungsgebiet des Alten Orients im Bloick. Dennoch ist die Lektüre deshalb teilweise Atem beraubend, weil hier gewissermaßen die „Biografie“ der Göttin Astarte vom 3. Jahrtausend bis ins 8. Jahrhundert v. Chr. nachvollzogen wird. Es ist zugleich für alle Bibel-Interessierten ein faszinierender Einblick in die Entwicklung einer Göttin bzw. die Zusammenführung mehrere Göttinnen zu einer. Nah- und mittelöstliche Göttinnen-Attribute werden teilweise von den Israeliten übernommen und in die Jahwe-Religion integriert. Angesichts der Götter/Göttinnen-Transformation spiegelt sich auch der spätere jüdische Monotheismus in religiös-polytheistischer Vielfalt.

Das Buch wurde von der Interreligiösen Bibliothek zum Buch des Monats Dezember 2014 ausgewählt.

Ausführliche Beschreibung: hier

Reinhard Kirste

Rz-Sugimoto-Goddess, 30.11.14  Creative Commons-Lizenz