Widerstand im Unrechtsregime

Als Russland die Ukraine angegriffen hat, sagte man mir: „Nächsten Herbst stehen die Russen am Rhein“. Naja… Nun ist es seltsam ruhiger geworden um die Frage nach dem christlichen Pazifismus.

Mit Freunden haben ich viel überlegt, was würden wir in einem Unrechtsregime tun? Wie sähe unser gewaltfreier Widerstand aus? „Harry Potter“ weist einen Weg:

Mit meinen Söhnen höre ich gerne die Hörbücher zu Harry Potter. Momentan: „… und der Orden des Phönix“. Gegen Ende übernimmt die diktatorische, gegen SchülerInnen Gewalt anwendende „Inquisitorin“ Dolores Umbridge die Schulleitung. Dumbledore musste fliehen. Wie lebt man in Hogwarts (Mikrokosmos) mit den Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten von Umbridge?

Schweigend erleiden? Oder: Aufbegehren! Die Zwillinge Fred und George Weasley gehen in den aktiven Widerstand. Kreativ boykottieren sie, streuen Sand ins Getriebe, nehmen Umbridge in Beschlag mit den verrücktesten Ideen, bringen sie an den Rand der Verzweiflung. Es braucht dazu nur zwei kluge Schüler von 1000.

Wie war dies bei realen Aufständen in den letzten 100 Jahren. E.Chenoweth und M.J.Stephan haben das analysiert („Why civil resitance works, ISBN 978-0-231-15683-7): Ergebnis: Gewaltfreie Aufstände sind beinahe doppelt so erfolgreich, wie bewaffnete Revolutionen. Und es braucht nur einen geringen Prozentsatz der Bevölkerung, um ein Unrechtssystem ins Wanken zu bringen.

Im Widerstand gegen das Apartheitsregime in Südafrika kippte der gewaltfreie Kampf irgendwann: Gewalt gegen Dinge wurde normal (Fensterscheiben wurden zerschlagen uam.). So auch bei Fred und George. Ich denke aber auch an D. Bonhoeffers Aufruf zum Pfarrerstreik – später bis hin zum Tyrannenmord.

In Hogwarts heißt es, dass sich die anderen LehrerInnen an den Aktionen passiv beteiligen, indem sie Umgridge nicht halfen, die Unordnung in der Schule zu beseitigen. Harry Potter gründet eine geheime Selbstverteidigungsgruppe (DA = „Dumbledores Armee“).

Was würden wir tun? Mit einem „Verantwortungspazifismus“ erkennen, dass Gewaltlosigkeit nicht das einzige ethisch bindende Prinzip ist. In bestimmten Situationen akuter Not kann Gewalt nicht ausgeschlossen werden. Auch wenn rechtserhaltende Gewalt notwendig wird, Gewaltanwendung ist dennoch nicht gerecht und stets mit Schuld verbunden. Und wie sähe ein Schul-Training mit Friedensübungen aus? Bonhoeffer gründete in Pommern seine DA, in der Nähe von Stettin, ein geheimes Seminar und ein Bruderhaus, um dort Menschen (geistlich) zu prägen.

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