Buch des Monats April 2010: Reformkräfte im Buddhismus und Christentum

Dieses Buch des Privatdozenten Yukio Matsudo verdient deshalb besondere Beachtung, weil es Konvergenzen innerhalb religiöser Reformbewegungen deutlich macht, hier bezogen auf den japanischen Buddhismus des Mittelalters und die europäische Reformation des 16. Jahrhunderts:

Yukio Matsudo: Hairetischer Protest.
Reformatorische Bewegungen im Buddhismus und Christentum.
Norderstadt: Books on Demand 2009
— Rezension hier —

Auch wenn der Haupttitel  zuerst etwas befremdlich klingt, so gibt doch der Untertitel bereits den Hinweis auf einen ausgeführten Vergleich von Reformschüben, die den Buddhismus in Japan und das Christentum in Europa wesentlich veränderten. Beide Entwicklungen spielen bis in die Gegenwart eine entscheidende Rolle. Überdies wird hier ein wichtiger Beitrag zur theologischen Fundamentierung des buddhistisch-christlichen Dialogs geleistet.

 

Religiosität in der Stadt – das Beispiel Graz

Die Städte und Regionen verändern sich. Migration und Globalisierung haben weitreichende Wirkungen auf die traditionellen Religionen und Konfessionen in der westliche Hemisphäre. In verschiedenen Städten und Landkreise Europas und Nordamerikas hat man darum untersucht, wie sich die Religiosität der Menschen verändert hat und welche religiösen Gruppierungen das kulturelle Spektrum verändern und bereichern.

Ein besonders aufschlussreiches Beispiel ist eine österreichische Untersuchung:

Anna Strobl: Was Graz glaubt.
Religion und Spiritualität in der Stadt.
Theologie im kulturellen Dialog Bd. 19.
Innsbruck / Wien: Tyrolia 2010
— Rezension hier —

 Die Kirchen und christlicehn Gemeisnahften sind angesichts der neuer religiöser Bewegungen und der einwanderndenReligionen in besonderer Weise herausgefordert. Der interreligiöse Dialog wird dabei zu einem Teil der gesellschaftlichen Verantwortung.

Menschlichkeit entdecken – im Christentum und im Islam

Viele sehen in den biblischen und koranischen Texten Ausbrüche und scheinbare Legitimierung von Gewalt. Daher lohnt es, die heiligen Texte von Christentum und Islam unter unter dem Gesichtpunkt der Menschlichkeit gemeinsam zu durchdenken. Dies hat eine christlich-islamische Arbeitsgruppe im religionsökumenischen Teamgeist getan:

Hans Grewel / Luise Becker / Peter Schreiner (Hg.):
Quellen der Menschlichkeit.
Bibel und Koran von Christen und Muslimen gedeutet.
München: Kösel 2010, 320 S., Abb., Glossar

— Rezension hier—

Die hier vorliegende didaktische Auswahl aus Bibel und Koran mit den entsprechenden Hinführungen und Kommentaren dürfte gerade für die Vorbereitung und Durchführung von religiösen Themen im Unterricht (nicht nur im Religionsunterricht) eine praktische interreligiöse Hilfe sein.

Wie wichtig solche christlich-islamische Verhältnisbestimmungen sind hatte der Jesuit Christian Troll sehr präzise beschrieben:

Christian W. Troll: Unterscheiden, um zu klären.
Orientierung im christlich-islamischen Dialog
Freiburg u.a.: Herder 2008

— Besprechungen hier — 

 

Begegnungen mit dem Orient – “Books Ex Oriente”

Der Orient gehört wesensmäßig zu unserem eigenen Kulturverständnis. Die drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam stammen alle aus dem "Osten". Goethes Dichtung des West-östlichen Divan erinnert in besonderer Weise an die Zusammengehörigkeit von Ost und West.

Während der zu Suhrkamp gehörende
Verlag der Weltreligionen
ein großes Buchreihenprojekt inszeniert hat, versucht dies nun unter bescheideneren Bedingungen der Übersetzer und Verleger Axel Monte mit den "Books ex Oriente". Texte im Heftformat, die sich in eine Reihe "Ex Oriente" und in eine andere "Ex Occidente" gliedern. So wird deutlich, dass die Kulturbrücken zwischen Oriente und Okzident nicht nur sinnvoll sind, sondern der Verstärkung bedürfen.

Übersicht und Besprechungen hier

zu den bisherigen Heften. Renommierte Autoren aus Vergangenheit und Gegenwart behandeln
— jüdische und islamische Mystik
in der Entwicklungslinie
     von den Anfängen im Osten hin zu "jüdischen Pietisten" in Ägypten
     sowie die späteren Kabbalisten und Sabbatianer
— die "immerwährende Philosophie"
— indoeuropäische Märchen und Mythen
— die sog. Kriegermönche in Tibet und Bedeutungsgehalte der Apokalyptik

Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Böhme-Studien Bd. 1:
— Günther Bonheim und Petra Kattner im Auftrag des Internationalen Jacob-Böhme-Instituts (Hg.):
Mystik und Schriftkommentierung. Berlin: Weißensee-Verlag 2007.
Darin auch ein Beitrag von Axel Monte (S. 165-181): Die dritte Schrift – Islamische Mystik und ihr Verhältnis zur Schriftlichkeit.

Buch des Monats Februar 2010 – Jesus asiatisch sehen lernen

Der durch seine indisch-biografischen Hintergrund und durch das 2. Vatikanische Konzil gleichermaßen geprägte Jesuit Michael Amaladoss öffnet angesichts westlicher Einseitigkeiten neue Horizonte eines interreligiös möglichen Jesusverständnisses:

Michael Amaladoss: Jesus neu sehen. Indische Denkanstöße
(Herder 2010) – Rezension hier –

Dieses erweiterte Verständnis wird durch die Aufdeckung der asiatischen Gesichter Jesu möglich. Sie werden in diesem Buch mit bewundernswerter Deutlichkeit in der Zusammengehörigkeit von westlichen und östlichen Jesusbildern angesprochen. Auf dem Pilgerweg der Religionen hin zum "Reich Gottes" werden Brücken gebaut und wird Versöhnung mit den "anderen" gestiftet.

Vgl auch seinen Aufsatz (2006):
Im Dienst des interreligiösen Dialogs in Indien 

 

Strukturen polemischer Begegnung zwischen Christentum und Islam

Der hier vorzustellende Band aus der Reihe des CORPUS ISLAMO-CHRISTIANUM (CISC) führt die LeserInnen wie all die anderen Titel zurück in die Antike.

Schriften zum Islam von Arethas und Euthymios Zigabenos und Fragmente der griechischen Koranübersetzung (Harrassowitz 2009)


— Rezension hier —

Auch wenn uns hier ein wissenschaftlich sorgfältig edierte und orientierend kommenteirte Textsammlung vorgestellt wird, lohnt der Bliock hinein nicht nur für Fachwissenschaftler. Denn die frühe Begegnung von Christentum und Islam zeigt (leider auch), dass sich die alten Auseinandersetzungsmuster offensichtlich bis in die Gegenwart erhalten haben.

 

Wozu Gott? Gottesbilder und Religion(en) auf dem Prüfstand

Im Rahmen des Funkkollegs "Religion und Gesellschaft" beim Hessischen Rundfunk ist ein Begleitband erschienen, der in vielen Facetten deutlich macht, dass Religion in der Moderne nicht verschwunden ist, vielmehr die "Rückkehr von Religion" auffällt. In dem Buch:

Wozu Gott? Religionen zwischen Fundamentalismus und Fortschritt (Verlag der Weltreligionen 2009)

— Rezension hier —

bedenken prominente AutorInnen aus Religionswissenschaft, Theologie, Philosophie, Soziologie und Journalismus nicht nur die veränderte Situation, sondern versuchen auch im Blick auf die vielen unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereiche von der Politik bis zur Kunst Konsequenzen zu ziehen. Die Abschaffung der Gottesbilder und das Gewaltpotential von Religionen wird ebenso diskutiert wie ihre humanisierenden Einflüsse.

Die Bibel interreligiös lesen – Ungewöhnlicher Umgang mit “heiligen” Texten

Es gibt unterschiedliche Versuche, die Texte der Bibel zu aktualisieren, ohne die exegetische Sorgfalt zu vernachlässigen. Ein Beispiel für den interreligiösen Zugang zu Texten des Alten und Neuen Testaments bietet das Bändchen von Reinhard Kirste: Die Bibel interreligiös gelesen, das unter religionspluralistischen Überlegungen grundsätzliche und praktische Elemente bietet (vgl. Inhaltsverzeichnis und Hinweise im Vorwort). 

Als Bd. 7 der Interkulturellen Bibliothek (Bautz-Verlag) wird durch die Verbindung mit den andern Titeln der Zusammenhang von Interkulturalität und Interreligiosität deutlich.

Inzwischen ist auch eine niederländische Übersetzung unter dem Titel "De tolerante Bijbel" auf dem Markt. Sie ist ergänzt durch einen Beitrag über wunderbare Geburten: Krishna – Buddha – Jesus sowie einem Vorwort von Drs. Ari van Buuren – mit Vorstellung des Buches (in Englisch).

In der Rezension von Gerhard Kracht werden besonders die erweiterten Verstehensmöglichkeiten betont, die solche interreligiöse Zugänge eröffnen.

Thomas Würtz dagegen betont in seiner Besprechung stärker die Herausforderung auch für eine koranische Re-Lektüre, die durch eine interreligöse Hermeneutik der Bibel angestoßen wird.

Das stärker unterrichtspraktisch ausgerichtete Heft der Iserlohner Con-Texte (ICT 18):  Gespiegelte Wahrheit. Biblische Geschichten und Kontexte anderer Religionen (Download PDF) lädt ein, diesen interreligiösen Ansatz weiter zu verfolgen und unterrichtspraktische Umsetzungen zu versuchen.

Gandhi – Verantwortung der Religionen für Gewaltlosigkeit

Die Literatur zu Gandhi ist kaum zu übersehen. Das hier angezeigte Buch bietet durch den Vergleich von Gandhi und Jesus die Möglichkeit, Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Leben der beiden Protagonisten des friedens zu sehen. Besonders interessant ist, wie gerade die Bergpedigt und das gewaltfreie Handeln Jesu Gandhi beeinflusst hat. Hinzu kommt, dass dieser Vergleich die dialogische Offenheit beider Vorbilder den Weg zur Gleichwertigkeit bei der Begegnung der Religionen betont:

Wolfgang Sternstein: Gandhi und Jesus.
Das Ende des Fundamentalismus.
Gütersloher Verlagshaus 2009
— Rezension hier —

Unterstützend sollen zwei ältere Titel ins Spiel gebracht werden, die besonders den systematischen Zusammenhang des gewaltfreien Widerstehens aus Gandhis religiösem Denken (Margaret Chatterjee) offenkundig machen, zusammen mit der Herausforderung: Gandhi für Christen (A. Ronald Sequeira):
Hier die Besprechungen

Daneben sei nicht die Langzeitwirkung des berühmt gewordenen Filmes von Richard Attenborough vergessen:
Gandhi. Der Film (1982)

Vgl. auch die Materialsammlung zu  Gandhi bei rpi-virtuell 

Siehe auch: Brückenbauer des interreligiösen Dialogs

 

Nicht nur die eigene Religion – globale Spiritualität als Hoffnungszeichen

Nicht nur die eigene Glaubenstradition bietet oft unerkannte Kraftquellen, vielmehr ist durch die Begegnung der Religionen nicht nur ein allgemeiner Austausch möglich geworden, sondern die Friedenskräfte innerhalb verschiedener religiöser Traditionen führen ganz unterschiedliche Menschen auf der Suche nach der Wahrheit des Transzendenten zueinander und ermöglichen, Weggefährten einer globalen Spiritualität zu werden.

Dies beschreiben auf ganz unterschiedliche Weise und doch mit ähnlicher Zielsetzung zwei Bücher aus dem Herder-Verlag:

 

— Christoph Quarch (Hg.): Unsere Welt ist heilig.
     
Auf dem Weg zu einer globalen Spiritualität
— Joan Chittister: Weisheitsgeschichten aus den
      Weltreligionen.
     
Antworten auf die Fragen des Lebens
                          Hier die Besprechung beider Bücher

Das eine lässt viele religiös verschiedene Menschen zu Wort kommen, das andere ist aus dem Erfahrungsfeld spiritueller Begleitung entstanden, das herkömmliche dogmatische oder katechetische Grenzen überschreitet.
Veränderung und neues Bewusstsein – gespeist aus den Wurzeln gelebten Glaubens – unterschiedlich und doch ganz in der Verantwortung für unsere Welt- zwei zum Nachdenken und zur Orientierung anregende Bücher.