Lieder der Gottesliebe – die Gitagovinda

Rz-GitagovindaJayadeva: Gitagovinda. Lieder zum Lob Govindas.
Aus dem Sanskrit übersetzt und herausgegeben von Erwin Steinbach.
Frankfurt/M. und Leipzig: Verlag der Weltreligionen (im Insel-verlag) 2008, 194 S., Glossar,
Kommentar und Register — ISBN 978-3-458-70012-8 — 

Ausführliche Beschreibung: hier

Kurzrezension
Es gibt zwar eine Faszination für indische Kulturen, dennoch bleiben wichtige literarische Werke aus dem indischen Subkontinent einem relativ kleinen Leserkreis in Deutschland vorbehalten. Darum erscheint es wichtig, auf poetisch geprägte heilige Texte aufmerksam zu machen, die durchaus der berühmten Bhagavad Gita nahekommen. Mit der Gitagovinda liegt vor uns gewissermaßen ein indisches „Hoheslied“, das Sinnlichkeit und mystische Gottesschau gleichermaßen verbindet.

Der Autor der Gita Govinda ist Jayadeva. Er lebte im 12. Jahrhundert in Orissa bzw. West-Bengalen und gehörte zu den Anhängen des Gottes Vishnu.  Jayadevas asketisches Leben, verbunden mit grenzenloser Liebe und Hingabe (Bhakti), seine Poesie und seine Qualitäten als Guru machen ihn bis heute in Indien zu einer spirituellen Berühmtheit.

Für den nicht indologisch kundigen Leser ist es nicht ganz leicht, diese Krishna-Lieder in sich aufzunehmen, zumal uns Heutigen die Sprache oft extrem blumig und damit fremd vorkommt. Und dennoch eröffnet sich in dem Überschwang solch mystisch-poetischen Erzählens ein Geheimnis, das die Menschlichkeit des Göttlichen zum Ausdruck zu bringen versucht und damit spirituell-interreligiöse und nicht nur religionswissenschaftliche oder literarische Beachtung verdient. Denn trotz der anders kulturell eingefärbten Bilder scheint eine Nähe zu den Mystikern der Nachbarreligionen Islam und Christentum durch. Manche Textpassagen erinnern an Worte berühmter Sufi-Poeten wie Attar, Rumi und Ibn Arabi oder schlagen gar die Brücke zur christlichen Mystik in Europa (des Mittelalters) mit ihren Themen von Liebe, Leiden und Gottversenkung. Der relativ kurze Text der Gita Govinda wird damit zu einer poetisch-ästhetischen Erweiterung eigenen spirituellen Selbstverständnisses.

Reinhard Kirste

15.02.2013

 

Perry Schmidt-Leukel: Grundlegendes zum Buddhismus und zu religiöser Pluralität

Der interkulturelle Theologe und Religionswissenschaftler  

Perry Schmidt-Leukel (Universität Münster) hat sich  als Vertreter der religionspluralistischen Theologe international einen Namen gemacht.
Das folgende Buch steht dafür als herausragendes Beispiel:
Gott ohne Grenzen.
Eine christliche und pluralistische Theologie der Religionen
.
Gütersloher Verlagshaus 2005
(Rezension von Gerd Neuhaus in „Stimmen der Zeit, Nr. 05/2006)
Schmidt-Leukel ist jedoch auch ein bekannter Buddhismusforscher. Das Ergebnis seiner intensiven jahrelangen Arbeit zusammen mit weltweit renommierten Forscherinnen und Forschern hat er jetzt als vierbändiges Werk herausgegeben.  

Perry Schmidt-Leukel (ed.): Buddhism and Religious Diversity
Reihe: Critical Concepts in Religious Studies.
London: Routledge 2012, insgesamt 5112 S.!


Der Verlag stellt ausführlich vor, wie die Autoren die „Buddhismen“ im Kontext ihrer Geschichte, Gegenwart, geografischen Ausbreitung und gesellschaftlicher Stellung untersucht haben und dabei konsequent den die religiöse Vielfalt Asiens berücksichtigten (in englischer Sprache): 

Die Hinweise des Verlags lassen auf ein neues Standardwerk zum Buddhismus im (inter)religiösen Kontext (Asiens) schließen.

Auf der INTR°A-Rezensionsseite „Ein-Sichten“ wurden bereits vorgestellt:

Christliche Themen in der indischen Kunst – Von der Mogul-Zeit bis heute

Anand Amaladass, SJ / Gudrun Löwner: Christian Themes in Indian Art. From the Mogul Times till Today.
New Delhi: Manohar 2012, 428 S., Abb., Index,
Namen der vorgestellten Künstler
— ISBN 978-81-7304-945-3
— Preis: 60 € + 20 € Versandkosten
    bei Bestellung über die Autorin: E-Mail: g.loewner@hotmail.de

Die evangelische Pfarrerin und Dozentin am Theologischen College in Bangalore, UTC, Dr. Gudrun Löwner (auch INTR°A-Mitglied) hat mit diesem fast 3kg schweren Werk, das sie zusammen mit dem Jesuiten und Sanskrit-Spezialisten Anand Amaladass aus Madras/Chennai veröffentlichte, eine bahnbrechende Arbeit geleistet. Hier wird mit vielen gut reproduzierten Bildern ein grundlegender Einblick in die komplementäre Beeinflussung christlicher Künstler aus dem indischen Raum gegeben. Allein das Durchblättern des umfangreichen Bandes lässt die LeserInnen in eine besondere Variante des Orients eintauchen, nämlich in die Verbindung von indischer Tradition und christlicher Beheimatung im Kontext des Subkontinents.
Vgl. dazu auch den Bericht in Gudrun Löwners Weihnachtsbrief 2011.
Die Themenvielfalt und bildnerische Verdichtung nimmt alte Tempelskulpturen in den Blick, zeichnet die Bedeutung der (Miniatur-)Malerei in der Zeit der Mogul-Kaiser nach und stellt offensichtlich alle wichtigen Künstler der Moderne vor. Zwischen Pakistan, Bengalen und Südindienmit Goa tut sich ein Universum der malerischen Gestaltung auf, das auch vielen Indien-Freunden kaum bekannt sein dürfte. Dass die Heiligen und Maria dabei eine besondere Rolle spielen, verwundert angesichts der Vielfalt hinduistischer Glaubenstraditionen, Göttinnen, Götter und Avatare kaum, zeigt aber auch bis in die Architektur, dass die Architektur der Kirchen aus der heutigen Zeit nicht als Europa-Import verstanden werden will, sondern sich auf die Muster genuin indischer Baumeister und ihrer Traditionen bezieht.
Die beiden Autoren haben ihr Werk in 8 Kapitel gegliedert. Sie beginnen mit den ersten interkulturellen Begegnungen in Indien, beschäftigen sich dann mit der Mogul-Zeit, um sich dann bengalischen Künstlern seit dem 16. Jh. zu widmen (Kap. 1–3).
Aus dem 19./20. Jahrhundert werden zuerst nicht-christliche und dann christliche Künstler vorgestellt (Kap. 4 + 5) Ein besonderen Schwerpunkt bekommt das Buch dann speziell mit südindischen Künstlern (Kap. 6). Ein ausführlicher Abschnitt (Kapitel 7) gehört der populären christlichen Kunst generell. Die Autoren konzentrieren sich dabei auf die sog. Warli-Malerei, benannt nach einem Stamm in Maharashtra (der Staat mit der Hauptstadt Mumbai/Bombay), der Darstellung der Jesusmutter Maria, hinduistischen Einflüssen und sogar mit Darstellungen auf indischen Briefmarken. Das letzte Kapitel (Kap. 8) geht dann auf die indische Kirchenarchitektur ein, und zwar in der portugiesischen und britischen Kolonialzeit sowie in der Moderne.
Das Buch ist in gut lesbarem Englisch geschrieben und bietet eine starke Motivation, über die Flexibilität christlichen Glaubens in diesem asiatischen Kulturkreis nachzudenken.
Gudrun Löwner hatte seit Jahren viele Recherchen vor Ort durchgeführt und oft komplizierte Vorarbeiten für dieses umfassende Werk geleistet. Dazu gehört übrigens auch ihr in Deutsch erschienenes Buch:
Christliche Themen in der indischen Kunst. Ein Überblick über die Mogulzeit bis heute.
Frankfurt/M.: Lembeck 2009 (übernommen von der Evangelischen Verlagsanstalt [EVA] Leipzig).

Reinhard Kirste