Buch des Monats Oktober 2010 – Jacques Gaillot – Der Bischof mit dem virtuellen Bistum

“Es gibt wenige Bischöfe, die nicht nur die Not und den Reformstau ihrer Kirche sehen, sondern mit positiver Kritik zu mutigen Schritten mahnen, sie trotz des großen Risikos selber entschlossen gehen”. So heißt es im Klappentext des Buches, das dem ehemaligen vom Papst 1995 abgesetzten Bischof von Evreux, Jacques Gaillot, gewidmet ist, der am 11. September 2010 seinen 75. Geburtstag in Paris feierte.

Roland Breitenbach (Hg.)
Jacques Gaillot.
Die Freiheit wird euch wahr machen.
Würzburg: Reimund Maier Verlag 2010
— Rezension hier —

Der kirchlich und politisch engagierte Bischof wurde in ein nicht mehr vorhandenes Bistum in der algerischen Wüste versetzt: Partenia. Daraus wurde das einzige virtuelle Bistum der Welt, dem sich Menschen aller Nationen udn aller Schichten verbunden wissen. Sie hoffen und sie engagieren sich für eine freie Kirche der Wahrhaftigkeit, die sich mit den Ausgegrenzten, Armen udn Verlassenen verbunden weiß.

Mehr zu Jacques Gaillot auch im INTR°A-Blog

Bedeutung und Funktion von Religion in der Mediengesellschaft

Die älteren und neueren Medien wie Theater, Film, Fernsehen, Internet spielen in einer Gesellschaft, in der das Bild mehr und mehr die Schrift überlagert eine herausragende und machtvoll beeinflussende Rolle. Wie kommt Religion nun in einer Gesellschaft vor, die so stark durch die (Massen-)Medien geprägt ist? Im Rahmen einer Vorlesungsreihe an der Universität Graz sind TheologInnen, ReligionswissenschaftlerInnen, aber auch Medienschaffende und Mediziner dieser Frage nachgegangen. Herausgekommen ist ein facettenreiches Buch:

Christian Wessely / Alexander D. Ornella (Hg.):
Religion und Mediengesellschaft.

Beiträge zu einem Paradoxon.
Theologie im kulturellen Dialog Bd. 20
Innsbruck / Wien: Tyrolia 2010
— Rezension hier —

Ein Resümee der von Widersprüchlichkeiten geprägten gesellschaftlichen Wirklichkeit und der in ihr wirkenden und benutzen Varianten von Religiosität konnten Herausgeber und Autoren sicher nicht leisten. Anstöße und Anregungen finden sich jedoch reichlich in diesem Buch.

Respekt als interkulturelle Tugend

Der Psychologe und Verhaltensforscher Josef Schönberger hat ein Praxisbuch geschrieben, dass angesichts unserer multikulturellen und religiösen Gesellschaften eine Art Leitfaden bildet, um Menschen unterschiedlicher Herkünfte so einander näher zu bringen, dass sie einander respektvoll wahrnehmen und sich in ihren Unterschieden besser verstehen lernen:

Josef Schönberger:
Die Wiederentdeckung des Respekts.
Wie interkulturelle Begegnungen
gelingen.
Ein Lesebuch.
Nachwort des Dalai Lama
München: Kösel 2010 
— Rezension hier —

Menschliche Vielfalt als Reichtum in unserer Welt, nicht die eigenen Rechtsstandpunkte absolut setzen und im Respekt und Selbstachtung Menschlichkeit pflegen und Menschenwürde hochhalten, das sind die Kernthesen des Buches, exemplifiziert durch eine große Anzahl von heiter und nachdenklich machenden Erfahrungserichten.

Vielfalt des Orients – Festschrift für Peter Heine

Einblicke in die Vielfalt des Orients und den vom Mittelmeer bis Indien bietet die von fachkompetenten FreundInnen, SchülerInnen und KollegInnen herausgegebene Festschrift für den renommierten Islamwissenschaftler Peter Heine zu dessen 65. Geburtstag. 

Anke Bentzin / Henner Fürtig / Thomas Krüppner / Riem Spielhaus (Hg.):
Zwischen Orient und Okzident.

Studien zu Mobilität von Wissen, Konzepten und Praktiken.
Festschrift für Peter Heine
Freiburg u.a.: Herder 2010,368 S. 

In Anspielung an das Goethe-Zitat aus dem West-östlichen Divan: "Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen" bedeutet die Lektüre dieser Artikelvielzahl zugleich eine geografisch und geschichtlich orientierte Reise in die Vielfalt des Orients zwischen Antike und Gegenwart. Grundsätzliches zur (islamischen) Religionsauslegung ("Aushandlungen"!) bis in die Praxis von Scharia und Kopftuchfragen, Wissentransfer und Identitätsprobleme sowie Globalisierung damals und heute eröffenen auch viele bisher nicht gesehene und ungewöhnliche Perspektiven (etwa bei der Kulinarik).  

Evangelium und Inkulturation – Brücken und Brüche

Zum 65. Geburtstag des bekannten jesuitischen Pastoraltheologen Michael Sievernich ist eine umfangreiche Festschrift erschienen, die die unterschiedlichen Facetten des spannenden Themenfeldes von Inkulturation, Mission, Evangelisierung und interreligiöser Begegnung umschreibt. Die Herausgeber, Mariano Delgado von der Universität Fribourg (Schweiz) und der emeritierte Bonner Fundamentaltheologie und Religionsphilosoph Hans Waldenfels haben eine beachtliche Zahl von kompetenten und international anerkannten Beiträgern zusammengebracht.

Mariano Delgado / Hans Waldenfels (Hg.):
Evangelium und Kultur. Begegnungen und Brüche
Festschrift für Michael Sievernich.

Studien zur christlichen Religions- und Kulturgeschichte 12
Fribourg (CH): Academic Press / Stuttgart: Kohlhammer 2010
— Rezension hier —

Dieses Buch stellt sich wie eine Reise dar, und zwar "chronografisch" und geografisch: ein spannender interkultureller Weg vom Mittelalter in die Neuzeit und fast durch alle Kontinente dieser Erde.

 

Buch des Monats August 2010 – Jacques Dupuis und der religiöse Pluralismus

Der belgische Jesuit Jacques Dupuis (1923-2004) ist durch sein theologisches Engagement bei der Begegnung der Religionen bekannt geworden. Der Vatikan versuchte mit einer Notifikation (2001) diese interreligiöse Offenheit auszubremsen. Das bereits 1997 in Englisch und Französisch erschienene Buch (Rezension hier), inzwischen Standardwerk einer christlichen Theologie der Religionen in Fortführung des 2. Vatikanischen Konzils, ist nun endlich in Deutsch verfügbar:

Jacques Dupuis
Unterwegs zu einer christlichen Theologie des religiösen Pluralismus.
Hg.: Ulrich Winkler, Vorwort Hans Waldenfels
mit dem Text der Notifikation und weiteren Stellungnahmen
Innsbruck / Wien: Tyrolia 2010
— Ausführliche Rezension hier —

Jacques Dupuis gelingt es mit diesem Werk, Geschichte und Systematik interreligiöser Begegnung so aufzuarbeiten, dass die  Unterschiede und Konvergenzen aus einer trinitarisch-christologischen Sicht heraus deutlich werden. Religiöser Pluralismus wird damit zur Chance vertiefter Begegnung religiöser Traditionen und ihrer Heilsangebote.

Tod und Jenseitsvorstellungen im Glauben der Völker

Es ist schon über 20 Jahre her, dass der Bonner Religionswissenschaftler Hans-Joachim Klimkeit zusammen mit seinen Fachkollegen eine Ringvorlesung hielt, in der es um Sterben und sowie das "Jenseits" in den verschiedenen religiösen Traditionen ging. Das 1983 in 2. Auflage herausgekommene Buch ist immer noch ein beeindruckendes Zeugnis für eine religiös geprägte Lebensgestaltung, die mit dem Tod nicht alles an ihr Ende gekommen sieht. So werden Jenseitsvorstellungen von der Vorgeschichte über das Zweistromland, den Alten Orient bis zu heutigen großen Religionen – auch mit ihren Kunstwerken – vorgestellt:

Hans-Joachim Klimkeit (Hg.):
Tod und Jenseits im Glauben der Völker.

Wiesbaden: Harrassowitz 1083, 2. Aufl.
Mit Beispielen belegte
Besprechung (hier)
im Rahmen eines Seminars an der TU Dortmund, Sommersemster 2010

 

Buch des Monats Juli 2010 – Religiöse Grundlagen der Menschenrechte

An der Achtung für der Würde des “Anderen” entscheidet sich serh deutlich, wie es die Religionen grundsätzlich und praktisch mit den Menschenrechten und der Menschenwürde handeln. Die religiöse Geschichte der Menschenrechte ist für alle Religionen nicht unbedingt ein Ruhmesblatt. Die katholische Theologin Katharina Ceming versucht nun, den “Ernstfall” Menschenrechte (auch im Blick auf Frauenrechte) durch die verschiedenen Religionen durchzudenken. Dabei ist ihr ein beeindruckendes Werk gelungen:

Katharina Ceming:
Ernstfall Menschenrechte.
Die Würde des Menschen und die Weltreligionen
München: Kösel 2010
— Rezension hier —

Katharina Ceming hat die Zusammenhänge von Spiritualität und Ethik schon mehrfach aufgenommen und dabei Gemeinsamkeiten der Religionen immer wieder herausgehoben.
Hier sei an das Buch erinnert:
Sorge dich nicht um morgen –

Die Bergpredigt buddhistisch gelesen.

München: Kösel 2009
Rezension hier —

Besonders durch das von von ihr gegründete Institut: Quelle des guten Lebens nimmt diese Überlegungen kontinierlich und lebenspraktisch auf.
Die INTR°A-Bibliothek hat dieses Buch wegen seiner religiös-aktuellen Bedeutung zum Buch des Monats Juli 2010 gewählt.

 

Tiziano Terzani – in der Spannung von Frieden und Krieg, Krankheit und Sterben

Im Rahmen eines Seminars zum Thema "Jenseitsvorstellungen in den Religionen" wurden Bücher des italienischen Schriftstellers und Journalisten Tiziano Terzani (1938-2004) vorgestellt, dessen Begegnungen mit asiatischer Spiritualität und Religiosität auch sein persönliches Leben bis zu seinem bewussten Sterben beeinflusst haben. Drei Bücher seien besonders hervorgehoben:

Tiziano Terzani:

  • Das Ende ist mein Anfanng. Ein Vater, ein Sohn und die große Reise des Lebens (2008)
  • Noch eine Runde auf dem Karussell. Vom Leben und vom Sterben (2004)
  • Briefe gegen den Krieg 2003

In der Vielfalt von Terzanis Veröffentlichungen kommt ein starkes Engagegent für Gerechtigkeit und Frieden ebenso zum Ausdruck wie eine religiös-wachsende Weisheit und innere Gelassenheit durch die Begegnung mit asiatischen Religionen.  

Die Jenseitsmythen der Menschheit

Unter diesem Titel haben zwei erfahrene Pädagogen udn Theologen Jenseitsmythen aus verschiedenen religiösen Traditionen zusammengestellt, große Religionen, traditionale Glaubensweisen – bereits vergangene, aber auch heute noch sehr lebendige, und zwar:

Aus dem Mittelmeerraum und dem Mittleren Osten in der Antike, Nordgermanen, Judentum, Christentum, Zoroastrismus, Islam, Indien, Tibet, Ostasien, Indonesien, Australien, Neuseeland und Ozeanien, Schwarzarfika, Sibirien, die beiden Amerikas.

Im Rahmen eines Seminars an der TU Dortmund über Jenseitsvorstellungen in den Religionen wurde das Buch ausführlich besprochen:

Dietrich Steinwede / Dietmar Först:
Die Jenseitsmythen der Menschheit.

Düsseldorf: Patmos 2005
— Rezension und Beispiele hier —