Religionspädagogische Grundlagen für einen Islamischen Religionsunterricht in der Grundschule

Rz-Solgun-Kaps-Islam-PRGül Solgun-Kaps (Hg.): Islam. Didaktik für die Grundschule.
Berlin: Cornelsen 2014, 208 S.   — ISBN 978-3-589-16395-3

Das hier vorgestellte Buch soll angehenden und bereits praktizierenden Lehrer/innen einen Einblick in die wichtigsten Themengebiete des Islamunterrichts in der Grundschule geben. Es wirbt damit, praxisorientiert und verständlich zu sein.

Insgesamt ist das Buch sehr empfehlenswert und bestimmt nicht nur an werdende und bereits schon praktizierende Lehrer und Lehrerinnen gerichtet. Auch für Eltern und an dem Thema Interessierte ist es bestens geeignet, um sich einen Überblick über die aktuelle Situation des Islamischen Religionsunterrichts in Deutschland zu verschaffen. Wichtig hierbei ist aber, dass das Buch erst einmal nur einen Überblick und Anregungen geben möchte und nicht zur intensiven Vertiefung von Thematiken dient. Es will wohl in erster Linie informieren und Tipps zur Unterrichtsgestaltung geben und auf praxisbezogene Probleme hinweisen, was die Darstellung zugleich authentisch und erfahrungsnah erscheinen lässt.

Aufgrund des umfassenden Überblicks über den Islam und die Lehrerrolle ist das Buch letztlich nicht nur für Grundschullehrer/innen sinnvoll, sondern auch Lehrern und Lehrerinnen anderer Schultypen zu empfehlen.

Ausführliche Besprechung: hier

Ann-Christin Bultmann

TU Dortmund, WiSe 2014/15, 24.11.2014   Creative Commons-Lizenz

 

Islamischer Religionsunterricht – Miteinander 1/2 für die Grundschule

Rz-Miteinander 1-2Mouhanad Khorchide (Hg.): Miteinander auf dem Weg.
Islamischer Religionsunterricht 1/2.

Stuttgart: Klett 2012, 97 S., Abb. — ISBN 978-3-12-006030-7 —

In gewisser Parallelität zur Ev. und Kath. Religionslehre in NRW ist der Islamische Religionsunterricht an das religiöse Bekenntnis gebunden. Das wirkt sich natürlich auf didaktische Vorgaben, die Intentionen und die Darstellung aus. Hier ist hervorzuheben, dass die Verfasser wirklich SchülerInnen der beiden ersten Grundschuljahre vor Augen gehabt haben und dies auch in den 11 Kapiteln des Buches bis hin in methodische Feinheiten zum Ausdruck bringen.

Der Weg durch das Buch beginnt mit Identitätsorientierung: Ich, du und wir alle. Dann geht es um Verantwortung für die Schöpfung, Hinführung zu Gott (Allah), das Gebet und ausführlich im Kapitel 7 über den Koran als Lebenshilfe. Der Prophet Mohammed wird natürlich besonders herausgehoben, aber auch der aus der Bibel bekannte Josef (islamisch-arabisch: Yusuf) mit seinen Brüdern und seinem Vater Jakob (Yakub) wird den Kindern nahegebracht. Im Blick auf islamische Lebensstile kommen auch Äußerlichkeiten und Rituale zur Sprache („Allah liebt die Sauberkeit“, Verhaltensregeln beim Essen usw.). Zum Koran wird natürlich Wichtiges in kindgerechter Sprache gesagt. Auch die anderen monotheistischen Religionen werden werden quasi als Glauebsnverwandte behandelt.Man merkt dem Buch also die Offenheit gegenüber anderen Religionen an.

Allerdings verwundert, dass nur der arabische Gottesname Allah im Buch gebraucht wird. Denn Grundschulkinder sind durchaus in der Lage zu erkennen, dass es derselbe Gott ist, wenn ihre Eltern und Großeltern (noch) Allah sagen und selbstverständlich beim Gebet die Anrufungen arabisch sind. So liegt angesichts eines modern sich gebenden Schulbuchs doch die Vermutung nahe, dass die Autoren bei aller Pragmatik, die im Buch durchscheint, auf die vorhandene konservative Klientel zu sehr Rücksicht genommen haben. Schließlich möchte man es ja allen Muslimen recht machen. Eigentlich schade!

Dennoch – bei aller Kritik ist der bekenntnisgebundene Islamische Religionsunterricht ein Stück vorangekommen. Und vielleicht haben die Herausgeber und Autoren den Mut, den Schülern mehr offenes Glaubensverständnis zuzutrauen und Folgebände hier didaktisch konsequenter zu gestalten.

Weiter Hinweise zum Islamischen RU und zu den Schulbüchern:
http://buchvorstellungen.blogspot.de/2012/04/islamische-schulbucher-und.html

Reinhard Kirste

                                                                                                                      Rz-Miteinander 1-2, 28.01.13

Islam im Unterricht – Mein Islambuch 3

Bülent Ucar (Hg.) –
erarbeitet von Sultan Baysal-Polat, Serap Erkan, Evelin Lubig-Fohsel, Gül Solgun-Kaps, Seher Uguz
mit Beratung von Thorsten Knauth und Stephan Leimgruber:
 
  • Mein Islambuch. Grundschule 3.Berlin: Oldenbourg-bsv 2011, 72 S., Abb. — ISBN 978-3-637-00554-9
  •  Mein Islambuch, Grundschule 3, Lehrermaterialien, 2011, 132 S.  ISBN 978-3-637-00658-4

Der Oldenbourg-Verlag (aus der Cornelsen-Verlagsgruppe) will mit dem Gesamtprojekt von „Mein Islambuch“ einen didaktisch adäquaten Zugang zum Islam in deutscher Sprache vermitteln und muslimische Schüler/innen sachkundig und altersgemäß einführen.
Der von dem Islamwissenschaftler der Osnabrücker Universität, Bülent Ucar – zusammen mit islamischen Religionslehrer/innen, also Unterrichtspraktikern, herausgegebene erste Band (2009) für das
1./2. Schuljahr erfüllte bereits diese Erwartungen. Hier zeigt sich eine islamische Religionspädagogik im Blick auf die Grundschule, die den Vergleich mit ähnlichen Büchern des christlichen Religionsunterrichts nicht zu scheuen braucht.

Der nun erschienene Band für das 3. Schuljahr führt die genannten Intentionen konsequent fort. Darüberhinaus hat man sich eines katholischen und eines evangelischen Religionspädagogen versichert. Stephan Leimgruber (katholisch, Universität München) und Thorsten Knauth (evangelisch, Universität Duisburg-Essen). Die beiden sind nicht nur als kompetente Fachleute, sondern auch für ihre Dialogoffenheit bekannt.

Das Buch ist in sechs Themenkapitel gegliedert. Kap. 1 ist die konsequente Fortsetzung des Vorgängerbandes, nämlich „Ich, Familie, Gemeinschaft“, nun aber unter Einbeziehung und Aktualisierungen islamischer Gemeinschaftserfahrungen und der Fragen von Versöhnung und Vertrauen. Dies wird durch Beispiele aus dem Leben des Mohammeds sowie des Propheten Yunus (= Jona) verdeutlicht. Noch intensiver wird der existentielle Bezug zum Verstehenshorizont der Kinder bei der Darstellung der Schöpfung (Kap. 2), verstärkt durch eine islamische Davidsgeschichte.
In Kap. 3 wird das schwierige Leben des Propheten Mohammed bis zu seiner Auswanderung (Hidschra) nach Medina aufgearbeitet und ein Blick auf den Propheten Musa (= Mose) vorgenommen. Der Koran als Orientierungshilfe für das Leben des Muslims (Kap. 4) wird ergänzt durch die Betonung des Vorbildcharakters des Propheten (ebenfalls in Kap. 4), in gewisser Weise durchaus eine Fortsetzung islamischen Prophetenverständnisses und der Hinführung zum Koran, wie dies bereits der 1. Grundschulband ansatzweise vorgenommen hatte. Die Kinder sollen auch Korantexte so gut wie möglich (in Übersetzung) kennenlernen. Dies wird wieder narrativ durch eine Ergänzung aus der islamischen Noah-Geschichte. Schade!
Der islamische „Klassiker“, die fünf Säulen des Islam, brauchen natürlich auch eine ausführliche aktualisierende Darlegung (Kap. 5).Auf eine Besonderheit sei jedoch verwiesen, die sich durch den gesamten 3. Grundschulband zieht, nämlich die Annäherung an die vergleichbaren jüdisch-christliche Traditionen. Hier wird darum bewusst eine Parallele von Hadsch und christlichen Jerusalempilgern gezogen, so dass didaktisch sehr geschickt wiederum islamisch-christliche Nähe hergestellt wird. Damit ist gewissermaßen das Tor zur interreligiösen Offenheit ganz geöffnet, nämlich im Entdecken unterschiedlicher Feste und Riten in Judentum, Christentum und Islam (Laubhüttenfest – Befreiung, Opferfest – Weg zur Reinheit/Weihezustand, Abrahamstypik der drei Religionen und schließlich noch ein Blick auf den Sinn der christlichen Taufe. Dass das Sohnesopfer des Abraham in allen drei Religionen eine problematische Seite für das dahinter stehende Gottesverständnis hat, wird allerdings nicht thematisiert, auch wenn die islamische Erzählung schon ein stärkere „Entschärfung“ des Menschenopfergedankens bedeutet. Auch das Lehrermaterial geht über diese Problematik hinweg.
Die Lehrermaterialien nehmen das im Buch manchmal nur kurz dargestellte Thema ausführlich und methodisch konkretisierend auf und vertiefen damit die Arbeit durch die zusätzlich bereitgestellten Materialien und die gut handhabbaren Kopiervorlagen.
Bei aller Wertschätzung des didaktischen Ansatzes und der methodischen Ausführungen würde man in einem deutschsprachigen Religionsbuch allerdings erwarten, dass von „Gott“ geredet wird. Aber überall steht für „Gott“ „Allah“. Zwar schreiben die Bearbeiter im Vorwort für Lehrer und Eltern, dass die Begriffe „Gott und Allah synonym verwendet“ werden. Denn „Allah“ ist der arabische Ausdruck für Gott, der in den monotheistischen Religionen eben derselbe ist. Unbewusst scheint sich ein Verständnis von Allah in das Buch einzuschleichen, das nun doch Unterschiede setzt?  – zum Wohlgefallen aller Abgrenzer auf christlicher und islamischer Seite.
Insgesamt aber liegt ein islamisches Grundschulbuch vor uns, das nicht nur das Verstehen des Islam für Grundschulkinder erweitert, sondern auch in seiner Dialogoffenheit zu den monotheistischen Nachbarreligionen einen wichtigen Dienst für die interreligiöse Begegnung „auf Augenhöhe“ leistet. Die vielen Gemeinsamkeiten ermutigen dazu. Das Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen bekommt dadurch noch eine besondere Wertschätzung. Im Blick auf eine multikulturelle demokratische Gesellschaft ist dies geradezu ein Integrationsfaktor.
Reinhard Kirste
03.02.2012