Gunther vom Stein / Franziska Rautenberg
„Voll ist die Erde von deinen Geschöpfen“.
Neue Schöpfungsfragen für Klasse 1-6
Illustrationen von Elisabeth Lottermoser
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2021
64 Seiten
ISBN 978-3-525-70310-6
„Schöpfung“ ist nach wie vor d a s Thema im Religionsunterricht.[1] In den unterschiedlichen Schulstufen auf verschiedene Weise. Das zeigt seit Jahrzehnten ein Blick in die gängigen Schulbücher, auch die Bildungspläne des Faches orientieren sich entsprechend.
Die vorliegende Arbeitshilfe von Gunther vom Stein und Franziska Rautenberg widmet sich dem Thema auf 64 Seiten und bietet dabei Arbeitsanregungen, Kopiervorlagen und Methodenmaterial in großer Fülle.
Eine wesentliche Grundlage sind die biblischen Schöpfungserzählungen und die Schöpfungslieder der Psalmen. Hier geht es nicht um einfaches „Dran-Glauben“. Das Ziel ist vielmehr: zum Staunen bringen, Rückfragen anregen, eigene Vorstellungen entwickeln. Die Autorin und der Autor trauen auch den alten Quellen offenkundig zu, daran didaktisch mitzuwirken.
Methoden
Auf zwei Doppelseiten werden viele Methoden vorgestellt, die generell eingesetzt werden können. Einige sind schon geläufig, andere neu. Dazu gehören auch Anregungen zum digitalen Arbeiten mit Apps wie „Book-Creator“ oder „Padlet“. Das Spektrum wird noch durch etliche Youtube-Links zum Thema „Schöpfung“ erweitert.
„Wo komme ich her?“
Kapitel A bietet inhaltliche Einstiege mit der offenen Frage: „Wo komme ich her?“ Die Schülerinnen und Schüler (SuS) können philosophisch und kosmologisch auf die Reise nach den Ursprüngen gehen. Dabei steht die eigene Person zentral im Mittelpunkt.
Die Assoziationsfelder reichen von der ‚Familie‘ bis ins ‚Universum‘. Die Aufgaben sind nach Anforderungsbereichen differenziert. Es gibt keine Einteilungen nach Schuljahren.[2] Die Lehrerinnen und Lehrer (LuL) können die Aufgaben individuell und gruppenbezogen stellen bzw. von den SuS aussuchen lassen. Zwei Kinder namens „Vicky“ und „Flo“ sind auf vielen Seiten als Identifikationsfiguren anzutreffen. Sie stellen Fragen, erzählen aus den Familien und forschen interessiert nach Neuigkeiten.
„Wie ist alles entstanden?“
Im Kapitel B mit der Frage „Wie ist alles entstanden?“ stehen prominent der Urknall und der Naturforscher Charles Darwin im Mittelpunkt. Die Kinder erfahren, was die Wissenschaft bisher über den Kosmos und die Lebewesen herausgefunden hat. In einfacher Form wird der Prozess der Evolution am fiktiven Beispiel von Tieren, die hier „Insulaner“[3] genannt werden (23) erläutert. Mit diesem Fokus wird ein klarer Weg beschritten: schulischer Unterricht in Religion findet auf wissenschaftlicher Basis statt!
Evolution wird nicht grundlegend strittig diskutiert, sondern gehört zum Wissenskanon in der modernen Schule. Es hat immer noch Seltenheitswert, dass Arbeitsmaterialien für Religion dies in aller Deutlichkeit anerkennen. Allzu lange hat der fruchtlose Streit zwischen Naturwissenschaft und Theologie den Unterricht beeinträchtigt.
„Was erzählt die Bibel über die Schöpfung?“
Kapitel C stellt einige religionsgeschichtliche Hintergründe der Schöpfungserzählungen[4] vor; deutlich werden für die Lehrkräfte im vorangestellten didaktischen Kommentar die jüdischen Wurzeln benannt, sowohl für Gen 1 und für Gen 2: Jahwe als Schöpfer, Babylonisches Exil, Hymnus, Sabbat, Adam und Chawa (Eva). Hinzu kommen die einschlägigen Psalmen 104 sowie Ps 8, Ps 19, Ps 23.
Anregende Arbeitsblätter als Kopiervorlagen helfen bei der unterrichtlichen Erarbeitung auch dieser Erzählungen. Neben Bildmaterialien bietet die Arbeitshilfe auch Lieder und attraktive Anregungen zur Gestaltung eigener Schöpfungserzählungen. Wie bei jedem Kapitel, so findet man auch hier viele differenzierte Aufgaben, die für eine heterogene Schülerschaft ausgesucht sind.
Dass es Fragen sowohl an die biblischen Erzählungen als auch an die Evolutionslehre gibt, wird nicht verschwiegen.
„Offene Fragen“
Deshalb widmet sich das Schlusskapitel ausdrücklich den Offenen Fragen. Die Devise „Es gibt kein Richtig oder Falsch“ bei unserem Thema soll Hemmschwellen beseitigen, eigene Antworten zu suchen. Hier kommen die „ungelösten Probleme“ (46) zur Sprache. Diese betreffen beispielsweise „Tierrechte“, „Vegetarisch essen“ oder „Klimakatastrophe“. Der abschließende Impuls „Was ist mit dem Sonntag?“ knüpft an das Thema „Sabbat“ an, das schon in der Schöpfungserzählung als 7. Tag vorkommt. So endet das Unterrichtsthema nicht im Katastrophenszenario, sondern ermutigt die Kinder, mit Hoffnung nach vorne zu schauen. Damit für a l l e in der Welt künftig ein Stück weit „Sonntag“ wirklich werden kann.
Denn ‚Schöpfung‘ ist keineswegs nur der Blick zurück zum Anfang von allem, sondern hat auch den Blick zur Gegenwart und zur Zukunft. Darum ist es gut, dass das Thema immer noch ein „Dauerbrenner“ im Religionsunterricht ist!
Dr. Manfred Spieß
Oldenburg
15.11.2021
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Vom Autor Gunther vom Stein ist von mir schon rezensiert worden:
[1] Die Material-Datenbank von RPI-Virtuell verzeichnet eine kontinuierliche starke Nachfrage zu diesen Stichwort.
[2] Die Praxis wird zeigen, ob die Auswahl der Inhalte und der Arbeitswege der Bandbreite gerecht werden kann. Angesichts der Zunahme jahrgangs-übergreifender Klassen in Grundschulen ist der Versuch gerechtfertigt. Außerden kann damit der Heterogenität in der Schülerschaft besser entsprochen werden. Den Lehrkräften bietet dieses Angebot Auswahlprobleme und –chancen zugleich.
[3] Ob dieser Ausdruck glücklich gewählt ist, kann bezweifelt werden. Er ist doch stark menschlich konnotiert. Hier geht um Tiere.
[4] Das ist wichtig zu betonen: Schöpfungs-e r z ä h l u n g e n ! Auch im Jahre 2021 ist die fehlerhafte Ausdrucksweise noch nicht ausgeräumt, in welcher von Schöpfungs-b e r i c h t e n gesprochen wird. Berichte werden ja in der Regel von Menschen geschrieben, die dabei waren …