In Krisen begleiten (4): Tipps zur Gesprächsführung

In der Planen-Phase geht es darum, Möglichkeiten der Begleitung kennen zu lernen, aus denen in der konkreten Situation das Passende ausgewählt werden kann (=> „Entscheiden“).

Die folgenden Anregungen helfen möglicherweise bei Gesprächen, in denen es um die heftigen Gefühle geht, die von Krisen ausgelöst werden können.

Gesprächsführung in Krisen

 Die Grundhaltung

Bei professionellen Gesprächen steht der Gesprächspartner im Mittelpunkt des Gespräches. Nicht eigene Erfahrungen und eigene Tipps sind die Lösung, sondern das aktive Zuhören und das Erzählen lassen. Im Idealfall findet so der Gesprächspartner seinen eigenen Lösungsweg oder zumindest eine Erleichterung.

Das Setting

Setting steht für Gestaltung.

  • Gespräche in einem freundlichen Raum, der Ruhe ausstrahlt sind leichter zu führen, als Gespräche die auf einem Flur stattfinden. Ein paar Blumen, Tischdecke und Getränke runden das Bild ab. Natürlich sind nicht alle Gespräche planbar, aber vielleicht ist es möglich das Handy abzustellen und weitere Störquellen zu vermeiden.
  • Gespräche benötigen Zeit. Zeit die nicht immer zur Verfügung steht. Ein Zeitdruck macht sich auch in Gesprächen bemerkbar. Es ist günstig offen das Zeitfenster anzusprechen. Beispiel: „Ich habe jetzt 10 Minuten Zeit. Wir können uns aber auch um 15:00h treffen, dann können wir 45 Minuten miteinander reden.“ Manche Gesprächsanlässe lassen sich nicht verschieben. Dann ist es wichtig dies zu akzeptieren und nicht ständig auf die Uhr zu schauen.
  • Es gelten grundsätzlich die allgemeinen Gesprächsregeln, wie zugewandt sein, zuhören, aussprechen lassen und weitere.
  • Häufig kommt es zu Missverständnissen in Gesprächen, wenn das Thema nicht eindeutig ist. Insbesondere kommt es zu Missverständnissen, wenn zwei Gesprächspartner unterschiedliche Erwartungen an das Gespräch haben.

 Grundsätze der Gesprächsführung

Folgende Grundhaltungen sind förderlich für ein hilfreiches Gespräch in einer emotional belastenden Situation:

Akzeptanz: Jeder Mensch agiert und reagiert mit seinen Möglichkeiten. Diese Verhaltensweisen müssen für außenstehende Personen nicht immer nachvollziehbar sein. Aber es wichtig zu akzeptieren, wie sich der Gesprächspartner verhält.

 Kongruenz:Eigene Gefühle lassen sich kaum beeinflussen. Diese werden unbewusst verbal oder nonverbal geäußert. Es ist wichtig kongruent, also sich mit seinen Gefühlen übereinstimmend zu verhalten. Der Gesprächspartner wird es merken, wenn Gefühle überspielt werden. Die Offenheit im Gespräch leidet und das Gespräch nimmt einen anderen Verlauf.

Identisch sein:  Ehrlich sein sich selbst gegenüber. Wenn Du etwas nicht aushalten möchtest, sagst Du es besser.

 Sich selbst zurücknehmen:Nicht Deine Erfahrungen, nicht Deine Lösungen sind wichtig, sondern die Gedanken und die Wege des Gesprächspartners. Deshalb werden eigene Äußerungen spärlich eingebracht und besser zurückgehalten. Die Aufgabe ist es zuzuhören, so dass der Gesprächspartner seinen Weg im Gespräch gehen kann. Dieser ist manchmal sehr stark durch Umwege geprägt. Aber es ist der Weg des Gesprächspartners.

 Weinen ist erlaubt: Warum nicht? Manchmal ist es für beide leichter und für die Gesprächssituation allemal.

Keine Tipps:  Nicht die eigenen Lösungswege müssen für den Gesprächspartner ideal sein. Insofern ist es auch nicht notwendig die eigenen Lösungswege aufzuzeigen. Der Gesprächspartner kennt seine Wege meistens selber. Also, warum soll er einen anderen – Deinen – Weg gehen?

Verständnisfragen:  Stell Verständnisfragen, wenn Dir etwas unklar ist. Vermeide aber unechte Fragen oder Suggestivfragen.

 Nicht vertrösten: Störungen haben Vorrang, so Ruth Cohn. Gefühle lassen sich nicht vertagen. Gib starken/schlimmen Gefühlen Raum, damit sie geäußert werden können.

 Empathie: Der Begriff Empathie bezeichnet zum einen die Fähigkeit, Gedanken, Emotionen, Absichten und Persönlichkeitsmerkmale eines anderen Menschen oder eines Tieres nachempfindend zu erkennen und zum anderen die eigene Reaktion auf die Gefühle Anderer wie zum Beispiel Mitleid, Trauer, Schmerz oder Hilfsimpuls zu reagieren.

 Nicht stark sein: Nicht die Rollenerwartung „Führungsperson“ steht im Vordergrund. Insbesondere nicht mit der Intention „er wird es für mich regeln“. Es gilt aktiv zuzuhören und gemeinsam den Weg im Gespräch zu gehen. Nicht Ideengeber oder Ratgeber zu sein, sondern eine Person, die zuhört, der Vertrauen geschenkt werden kann, ist hilfreich.

„Techniken“ im Gespräch

Aktives Zuhören: In Gesprächen gehört das aktive Zuhören zur allgemeinen Selbstverständlichkeit. Meistens geschieht dies durch zustimmendes Zunicken oder durch Zuhörgeräusche (mm, oh). Dieses Verhalten kann schnell zu einem stereotypen Verhalten führen. Warum nicht weitere Techniken anwenden, die zudem den Gesprächspartner weiterbringen?

Drastifizieren: Aussagen werden verstärkt zurückgegeben. Beispiel: „Mit geht es heute schlecht.“ Drastifiziert: „Am liebsten würden Sie sich übergeben.“

Paraphrasieren: Aussagen werden sinnbildlich zurückgegeben. Beispiel: „Mir geht es heute schlecht.“ Paraphrasiert: „So dass Sie am liebsten gar nicht aufgestanden wären.“

Spiegeln: Beim Spiegeln wird die Aussage zurückgegeben. Beispiel: „Mir ist heute schlecht.“ Spiegeln: „Heute geht es ihnen gar nicht gut.“ Durch den Zusatz eines Adverbs kann eine ungenaue Aussage konkretisiert werden.

Thomas Kratz und Marion Holzhüter

 

 

 

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