Buch des Monats Juni 2015: Konfuzianismus verstehen

Rz-Zotz-KonfuzianismusVolker Zotz: Der Konfuzianismus.
Wiesbaden: Marix 2015, 224 S. — ISBN 978-3-7374-0975-9 —

Der Philosoph und Kulturwissenschaftler Volker Zotz (geb. 1956) gehört zu den Spezialisten für Buddhismus und Konfuzianismus . Er lehrt seit 1999 an der Universität Luxemburg.

In dieser Einführung  unternimmt der Autor  in 9 Kapiteln  eine Reise zum Leben einer ungewöhnlichen Persönlichkeit und dessen Wirkungsgeschichte bis in die Gegenwart.

Zotz zeichnet das Leben des Konfuzius mit seinen Höhen und Tiefen: Der Weg vom Beamten zum Lehrer und Politiker. Seine Wert und Normvorstellungen und die damit zusammenhängende Staatstruktur sind wegweisend und im besten Sinne frag-würdig besonders im asiatischen Raum geworden. Die philosophisch-ethischen Wirkungen insgesamt sind unübersehbar bis in die Moderne hinein und zugleich eine Herausforderung und Anfrage an den Westen. Die Gründe liegen im Gedanken der Selbstüberwindung und der „Bezogenheit aller aufeinander, des Menschlichseins im Rückkehren zu den Gepflogenheiten eines keinem Zweck unterworfenen Daseins in sozialer Geborgenheit …“ (S. 219).
Mit dieser leicht geschriebenen und doch sorgsam recherchierten Einführung in den Konfuzianismus gibt Volker Zotz wichtige Einblicke in östliche Lebensweisen mit ihren lebensanschaulichen Wurzeln.

Ausführliche Besprechung: hier

Reinhard Kirste

Rz-Zotz-Konfuzianismus, 26.05.15

Buch des Monats Dezember 2013: Konfuzianismus als Humanismus

Rz-Lee-KonfuzianismusMing-huei Lee: Konfuzianischer Humanismus. Transkulturelle Kontexte.
Reihe: Der Mensch im Netz der Kulturen.
Humanismus in der Epoche der Globalisierung Band 19.
Bielefeld: Transcript 2013, Personen- und Begriffsregister
 — ISBN 978-3-8376-2515-8 —

Ausführliche Beschreibung: hier

Bereits der Untertitel des Buches verrät, dass es hier nicht um die nationalen Zusammenhänge etwa der Volksrepublik China geht, sondern um ein Humanitätsverständnis, das chinesische Geistes- und Lebenshaltungen prägt.

Der Autor Ming-huei Lee, Forscher an der Academia Sinica in Taipeh (Taiwan), macht von vornherein deutlich, dass man den Konfuzianismus nicht vorschnell als Philosophie oder Religion klassifizieren sollte. Vielmehr zeigt sich, dass gerade der Konfuzianismus seit den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit dem Begriff Humanismus in enge Verbindung gebracht wird. Der Verfasser lässt sich allerdings nicht auf eine komplizierte entwicklungsgeschichtlich zu differenzierende Humanismusdebatte ein, sondern hebt die folgende Grundbedeutung heraus: „Der Humanismus ist keine Schule, sondern eine geistige Richtung, die ausgehend von menschlicher Selbstbesinnung, dem Rang des Menschen neuerlich Anerkennung verschafft“ (S. 10). Die folgenden Kapitel und Textinterpretationen sind auch keine geschlossene systematische Darstellung, sondern eine Art Zusammenschau weitgehend früher schon veröffentlichter Texte.
Nun machen schon eine erste Durchsicht der hier vorgestellten klassischen Texte und die Diskussion um die Bedeutung Kants im Kontext des Konfuzianismus deutlich, wie facettenreich und keineswegs einlinig die Geistesgeschichte Chinas ist. Bedeutung humanistischer traditioneller Werte und Rückkehr zu einem Kulturkonservatismus sind Signale für eine Neuverortung des Humanismus, wie ihn der chinesische Konfuzianismus geradezu vorbildhaft repräsentiert . Dem Autor gelingt es im Sinne einer transkulturellen Analaye udn Einschätzung, Religion als Orientierung hin zu einer umfassenderen Wirklichkeit zu verstehen. Der west-östliche Religionsdialog bekommt ganz erstaunliche, auch widersprüchliche Konturen trotz und gerade wegen der weiterhin geltenden „Orthodoxie“ des Marxismus in China. Dennoch scheinen im Zusammenhang eines umfassenden Humanismus ermutigende Konvergenzen zwischen dem Westen und dem Fernen Osten möglich zu werden. Dass Ming-huei Lee westliche LeserInnen darauf aufmerksam gemacht hat, ist der große Vorzug dieses Buches.

Reinhard Kirste

Rz-Lee-Konfuzianismus, 30.11.2013     Creative Commons-Lizenz

Buch des Monats August 2013: Religion in den Spannungsfeldern der Moderne

Rz-Willems-Pollack-ModerneUlrich Willems, Detlef Pollack, Helene Basu,
Thomas Gutmann, Ulrike Spohn (Hg.):

Moderne und Religion. Kontroversen um Modernität und Säkularisierung.
Reihe Sozialtheorie. Bielefeld: Transcript 2013, 540 S. — ISBN 978-3-8376-1966-9

Ausführliche Bechreibung: hier

Der vorliegende voluminöse Band entstand aus dem Exzellenzcluster „Moderne – Religion – Politik. Konzepte, Befunde und Perspektiven“ an der Universität Münster. Neben der Ringvorlesung von 2009 werden weitere Beiträge dokumentiert. So entsteht unter der weiten Thematik von Tradition und Moderne eine Art Epochenanalyse, in der die Einordnung und Bedeutung der Säkularisierung in Relation zur Religion immer wieder in den Fokus rückt. Einheitlichkeit der Bewertungen kann hier nicht erwartet werden, und so bildet dieser Band die Umstrittenheit der Sachverhalte ab, ohne sich auf einen Standpunkt festzulegen (S. 19). Neben den kompetenten Herausgebern steht ein ganzes Team von Sozial- und Kulturwissenschaftlern sowie Philosophen, die in diesen kontroversen Debatten im gegenüber zur Säkularisierung die Veränderungen von Religion und Religionen in der Gegenwart untersuchen.

Angesichts der zahlreichen so unterscheidlichen Beiträge ist es extrem schwer festzuschreiben, wie Religion und Religionen in ihren geschichtlichen und gegenwärtigen Wandlungsprozessen weiter wirken oder neu ins Blickfeld treten. So bleibt auch unklar, welche Rolle Religion in ihrer Vielfalt in säkularen-pluralen Gesellschaften spielen soll und wie sie selbst in ihrem moralischen Impetus Außenwirkungen zeigt. Es bleibt zu hoffen, dass die aufgezeigten (Verstehens-)Konflikte unter den Standards von Demokratie und Menschenrechten ausgetragen werden und dass säkular und religiös geprägte moralische Verantwortung sich durchsetzt. Darum sollten die hier aufgezeigten Diskurse auch zu Handlungsempfehlungen führen. Angesichts religiös motivierter Konflikte weltweit, müssen auch Analysen gesellschaftlich umgesetzt werden.
Der Mitverfasser der UNO-Menschenrechtserklärung, Stéphane Hessel, mahnte zu Recht: Engagiert Euch!

Reinhard Kirste

Rz-Willems-Pollack-Moderne, 29.07.13     Creative Commons-Lizenz

 

Ökonomie und Moral

1013-Sedlacek_U1_RZ.inddTomás Sedláček: Die Ökonomie von Gut und Böse.

Aus dem Englischen von Ingrid Proß-Gill. München:  Carl Hanser Verlag 2012. 448 S.
ISBN 978-3-446-42823-2, auch als E-Book erhältlich-

Das Buch ist eine Geschichte des ökonomischen Denkens und fordert angesichts der modernen Ökonomie mit ihrer Mathematisierung eine (Rück-)Besinnung auf die Ethik und Moral der Ökonomie. Der Autor demonstriert, dass die Ökonomie als eine ethisch begründete, d.h. als eine moralische Wissenschaft lesenswert ist, und zwar durch 5000 Jahre Wirtschaftsgeschichte. Als Lehrer an einer der ältesten europäischen Universitäten in Prag (die Ökonomie war damals Teildisziplin der Theologie) präsentiert er effektiv altes Wissen:              

„In der Ökonomie geht es um Gut und Böse. Es geht um Menschen, die Menschen Geschichten über andere Menschen erzählen. Selbst das ausgefeilteste mathematische Modell ist eine Parabel, eine Geschichte, mit der wir die Welt um uns herum zu begreifen versuchen.“               

Im Buch werden beachtliche Denkanstöße zur Geschichte gegeben. Es ist verständlich geschrieben sowie ohne ökonomisches Vorwissen gut lesbar. Die Gliederung besteht aus zwei Teilen:

  • Teil I:  Ökonomie in früheren Zeiten
  • Teil II: Blasphemische Gedanken

Weitere Besprechung: hier
                                                                                 Eckhard Freyer

Creative Commons-Lizenz

 

Stéphane Hessel: Empörung – Engagement – Friedensaufruf

Der 93jährige Stéphane Hessel hatte 2010 mit seinem Essay “Empört Euch!” in Frankreich eine machtvolle Diskussion entfacht, weil er mit intellektueller Schärfe den Verrat von demokratisch-freiheitlichen Grundwerten und gesellschaftliche Ausgrenzung einzelner Gruppen als zunehmend skandalös empfindet:

Stéphane Hessel: Empört Euch!
Aus dem Französischen von Michael Kogon.
Berlin: Ullstein 2011, 2. Aufl.

— Rezension hier —

 

Man hat zu Stéphane Hessel gesagt: “Empörung reicht nicht, wo bleibt das Engagement?” Der Mitverfasser der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte” von 1948 legte nach. Im März erschien in Frankreich: “Engagez-vous!”

Die  deutsche Ausgabe erschien im Juli 2011:
                  Engagiert Euch! 

Die Berliner Zeitung hatte nach dem Erscheinen in Frankreich am 17.03.2011 anerkennend geschrieben, wie eindrucksvoll der Autor Empörung in Engagement umzuwandeln vermag: 
Rezension hier

In der schon erwähnten knappen, aber nicht minder präzisen Art erschien im Frühjahr 2012 ein weiteres Bändchen, das ein Gespräch von Stéphane Hessel mit dem Dalai Lama über die Notwendigkeit des friedlichen Zusammenlebens bringt. In einer „Kartografie des Geistes“ entsteht, wie das menschliche Bewusstsein voranschreiten kann und sich dadurch gleichermaßen säkular und religiös der Frieden voranbringen lässt.

Es wäre gut auf diese gestandenen „Friedensarbeiter“ zu hören, wie sie um der Menschenrechte willen rufen: 


Declarons la paix! Wir erklären den Frieden!

 Dalai-Lama / Stéphane Hessel: Déclarons la paix!
Pour un progrès de l’esprit.
Barcelone: Indigène 2012, 46 S.

Eine deutsche Übersetzung ist in Vorbereitung.

 

 

Die alten Werte für das neue Europa?

Der belgische Politiker, Europa-Befürworter und aktive Katholik Herman van Rompuy sieht in den christlichen Werten einen wichtigen Beitrag für die Zukunft eines gemeinsamen Europas. So möchte er den „christlichen Intellektuellen“ wiederbeleben, damit die Visionen solcher Denker in den sich verändernden, säkularisierten Gesellschaften  aufs Neue Wert-Gestalt gewinnen: Verantwortung für den Einzelnen und die Welt über das rein Humanistische hinaus: Lebensweisheit und aktives Handeln von Gott her .

Herman van Rompuy:
Christentum und Moderne.
Werte für für die Zukunft Europas
Aus dem Niederländischen von Karl Georg Cadenbach
Kevelaer: Butzon & Bercker 2010
— Rezension hier —

Buch des Monats März 2011 – Teile dein Glück

Mit dem Aufruf, das eigene Glück zu teilen und auf diese Weise die Welt zu verändern, ermutigt der bekannte Jurist und ehemalige Politiker Jürgen Todenhöfer Leserinnen und Leser. Er empfielt ein „ethisches Navigationssystem“ aktiver Toleranz, damit die Ungerechtigkeiten in der Welt und das Leiden vieler Menschen weniger werden:

Jürgen Todenhöfer:
Teile dein Glück … und du veränderst die Welt

Fundstücke einer abenteuerlichen Reise
München: C. Bertelsmann /Random House) 2010, 5. Aufl.
— Rezension hier —

Universale Moral ? Die Goldene Regel

Durch Hans Küngs Projekt Weltethos hat sich auch die Debatte um die Universalität der sog. Goldenen Regel wieder verstärkt. Martin Bauschke, Mitarbeiter der „Stifung Weltethos,“ hat es nun unternommen, den religiösen, politischen, philosophischen und alltäglichen Facetten dieser Grundorientierung nachzugehen:

Martin Bauschke:
Die Goldene Regel. Staunen – Verstehen – Handeln.

Berlin: EB-Verlag 2010
— Rezension hier —