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Erzählschule (6): Reflexion

Auch die „vollständige Handlung“ zum Geschichtenerzählen benötigt eine Phase „Kontrollieren“ und „Bewerten“.

Die Kontrollieren-Phase hat mehrere Teile:

Während des Erzählens

Woran merkst Du, wie Deine Geschichte auf die Kinder wirkt?

Unmittelbar nach dem Erzählen und der Vertiefung

Woran merkst Du, ob Du Dein Erzählziel erreicht hast?

Zur Erinnerung: Ziel ist nicht, dass die Kinder die Geschichte kennen, also nacherzählen/nachspielen/Fragen dazu beantworten können. Das setzen wir einfach mal voraus, wenn Du nicht völlig langweilig erzählt hast… Du hast in der Planenphase ein Ziel mit Lebensbezug formuliert – darauf solltest Du Dich hier beziehen.

Längerfristig

Manche Wirkungen von Geschichten erkennst Du erst mit zeitlichem Abstand – bei der nächsten Andacht, im Gespräch mit Eltern, in speziellen Situationen mit den Kindern… Fällt Dir zu Deiner speziellen Geschichte bzw. zu Deinem Erzählziel etwas ein, worauf Du achten könntest?

Auch das Bewerten kann verschiedene Aspekte haben:

Wenn Du in der Gruppe erzählt hast, kannst Du Teammitglieder um ein Feedback zu Deinem „Erzählstil“ bitten: Welche Kriterien für eine lebendige Erzählung setzt Du schon um, welche könntest Du beim nächsten Mal noch mehr nutzen? Wie souverän sprichst Du schon frei, wie könnte Dir das noch besser gelingen? Überleg Dir weitere solche Fragen, die Du dem Team stellen könntest!

Wie schätzt Du Deine eigenen erzählerischen Kompetenzen ein? Was an der Aufgabe ist Dir gut gelungen, was fällt Dir noch schwerer? Wie kannst Du Deine Fähigkeiten weiter schulen?

In welchen anderen Zusammenhängen profitierst Du davon, wenn Du in der Lage bist, Geschichten zu erzählen?

 

(Beitragsbild: Thommy Weiss/pixelio.de)

Erzählschule (5): Erzählen!

Für den Fall, dass Du Gelegenheit hast, die Geschichte tatsächlich vor Kindern zu erzählen, hier einige

Kriterien für einen lebendigen „Vortrag“:

  • Kurze Hauptsätze, keine Satzgefüge. Hauptsätze vergegenwärtigen das Geschehen direkt.
  • Schlichte, verständliche Wortwahl, kleine Denkschritte. Anknüpfungen mit „und“ und „und da“.
  • Wenig Adjektive und schmückende Beiworte.
  • Mit vielen Verben erzählen – sie machen eine Erzählung plastisch und entwickeln das Geschehen.
  • Viel direkte Rede.
  • Angemessene Zeitform: nicht Perfekt, sondern Präsens oder Imperfekt. In der Zeitform bleiben.
  • Den Erzählfluss nicht durch Sacherklärungen stören. Schwierige Begriffe und Sachinformationen in der Erzählung verarbeiten.
  • Kindgemäß und bildweckend erzählen – nicht kindisch, auch nicht verniedlichend.

 So bitte nicht: Den Text vorher ausformulieren und dann auswendig lernen. Genau so klingt das dann: Auswendig gelernt. Deine Aufmerksamkeit ist innen, bei Deinem Gedächtnis, nicht bei den zuhörenden Kindern. Du verlierst ganz schnell den Faden. Du kannst nicht flexibel auf Kommentare eingehen.

So bitte auch nicht: Schnell fertig werden wollen. Geschichten, die nur die Überschriften nennen und sich scheuen, Szenen auszumalen, sind sterbenslangweilig. Unterschätz die Kinder nicht: Wenn Du lebendig erzählst, hören Sie gern auch länger zu.

Stattdessen: Führ Dir die Szenenfolge Deiner Erzählung vor Augen, lass sie wie einen inneren Film ablaufen, und dann stürz Dich hinein in die Erzählung. Wenn Du Dich damit sicherer fühlst, wähle bei den ersten Versuchen eine Methode, die Dein Gedächtnis unterstützt, z. B. durch Bilder.

Noch ein Tipp: Manchmal hilft es, die Technik des Erzählens „an sich“ (wörtliche Rede etc.) erst einmal an einer alltäglichen Geschichte zu üben. Such Dir eine Partnerin und erzähle ihr, was Du heute vor dem Frühstück gemacht und erlebt hast – mindestens 20 Minuten sollte die Erzählung dauern… Und dann bitte um Feedback!

Für schriftliche Ausarbeitungen:

Bring Deine Erzählung in tabellarische Form. Leg zwei Spalten an. In die linke Spalte schreibst Du Stichworte dazu, was in der Szene passiert (ganz knapp). In die rechte Spalte notierst Du, wie Du erzählst bzw. was mit dem gewählten Medium passiert. Du kannst z. B. das gezeigte Bild beschreiben – aufschreiben, welches Instrument zu hören ist – notieren, was die Schauspieler bei der Erzählpantomime tun usw., je nach gewählter Erzählform. Skizzen sind auch erlaubt, wenn es passt. Wichtig ist vor allem die Übersichtlichkeit: Du sollst Dich mit einem Blick orientieren können..

 

(Beitragsbild: Rudolpho Duba/pixelio.de)

Erzählschule (4): Methodisches zum Erzählen

Jede Menge Entscheidungen

Erst wenn ich für mich selber über die biblische Geschichte nachgedacht habe und entschieden habe, mit welchem Ziel ich sie den Kindern erzählen will, ist die Frage „WIE erzählen?“ an der Reihe.

Phantasiearbeit

Biblische Texte beschreiben oft eher kurz und ohne Ausschmückungen Personen und Situationen. Um sich in die Geschichte hineindenken zu können, empfiehlt es sich, alle Sinne anzuspannen. Ich stelle mir also vor, was es in der Geschichte wahrzunehmen gibt:

 Was höre ich? Vielleicht die Stille der Wüste oder Musik bei einem Fest, Lärm im Vorhof des Tempels, Gespräche, das Blöken von Schafen… ;

Was sehe ich? Vielleicht das kostbare Gewand der Hauptperson, wie die Sonne aufgeht, wie das Wasser in der Mittagssonne glitzert oder wie es allmählich dunkel wird;

Was rieche ich? Vielleicht die Düfte des Basars, das wohlriechende Öl, das Essen auf dem Tisch, das schmutzige Fell der Schafe,  die feuchte Erde im Garten;

Was schmecke ich? Vielleicht den Wüstensand zwischen den Zähnen, den Wein, das Wasser;

Was fühle ich? Vielleicht sengende Hitze, Durst, schmerzende Füße, die Kälte der Nacht…

Nicht alles, was Dir hier einfällt, gehört später in die Erzählung. Mit Phantasie erzählen bedeutet nicht, eine Geschichte auszuschmücken, sondern etwas erlebbar werden zu lassen. Wenn Du frei erzählst, ist es aber sehr günstig, wenn Du Dich innerlich in die Szene versetzen kannst und dann einfach beschreibst, was Du wahrnimmst.

 Der Aufbau der Geschichte

Anfang: Der POZEK – Schlüssel

Der POZEK—Schlüssel ist eine Hilfe zum Erschließen eines Textes. Die Buchstaben stehen für die Informationen, die jede/r Zuhörer/in in einer Erzählung bekommen sollte:

POZEK-Schlüssel

Mindestens die ersten drei Fragen sollten in den ersten Sätzen der Erzählung beantwortet werden.

Den letzten Satz der Erzählung formulieren

Genauso wichtig wie der Anfang der Erzählung ist der Schluss: hier wird gebündelt und zusammengefasst, was Kern oder Ziel der Erzählung ist. Es hat sich als sehr hilfreich erwiesen, zuerst den Schluss der Erzählung zu formulieren. Das Ziel, auf das die Erzählung hinlaufen soll, bleibt so während des Mittelteils immer vor Augen.

 Der Mittelteil

Jede Geschichte hat eine Spannungskurve.  Die „ideale Kurve“ sieht so aus:

Spannungskurve

Wichtig für die Erzählung ist, dass nach dem Höhepunkt, der auch der Höhepunkt der Konzentration der Zuhörenden ist, der Schluss der Erzählung bald kommt.

Manche Geschichten haben zwei oder mehr Höhepunkte, vielleicht weil zwei ursprünglich selbständige Geschichten zusammengewachsen sind. Für die Erzählung, besonders für kleine Kinder, muss ein Höhepunkt ausgewählt, der zweite vernachlässigt werden.

Überhaupt: Du bist beim Aufbau Deiner Erzählung nicht unbedingt an den Aufbau des zugrundeliegenden Bibeltextes gebunden. Der Höhepunkt sollte passen – wo Du startest und wie Du endest, hängt aber von verschiedenen Faktoren ab, z. B. von der Wahl der Perspektive. Wichtig ist nur, dass Du Deinen Entwurf begründen kannst.

Das Ziel der Geschichte soll deutlich werden — aber nur mit erzählerischen Mitteln! Weglassen, was für die Kinder keine Bedeutung hat; betonen, was das Erzählziel verdeutlicht; Erkenntnisse in Dialoge einbauen — aber keine „Moral“ am Schluss!

 Erzählformen und Erzählhilfen

Perspektivisches Erzählen:

In biblischen Geschichten bleibt oft verborgen, aus wessen Sicht etwas erzählt wird. Eine Geschichte kann anschaulicher werden, wenn die Erzählerin in die Rolle einer handelnden oder beobachtenden Figur der Geschichte schlüpft und aus ihrer Sicht erzählt.

Geschichten zur Ursprungssituation/Sozialgeschichte:

Bei vielen Geschichten der Bibel ist es sinnvoll und notwendig, den sozialen, politischen oder religiösen Hintergrund zu beschreiben, um die Geschichte richtig zu verstehen. So kann z. B. von der Situation der Kinder, der Frauen, der Arbeiter, religiöser Gruppen usw. erzählt werden.

Möglichkeiten zur kreatiben Gestaltung der Erzählung findest Du in einem eigenen Blogbeitrag: Erzählideen (hier klicken)

Der Rahmen der Erzählung

Wenn die Erzählung nicht ohnehin in einen größeren Zusammenhang (Gottesdienst, Andacht…) eingebettet ist, braucht sie einen eigenen Rahmen.

Zum üblichen Verlauf gehören:

  1. Eine Anknüpfung an Leben und Erfahrungen der Kinder (vom Ziel her denken!)
  2. Eine Überleitung
  3. Die Erzählung selbst
  4. Eine Vertiefung mit Bezug zu Leben und Erfahrungen der Kinder (wieder vom Ziel her denken!)

Sowohl für die Anknüpfung als auch für die Vertiefung sind viele Methoden und Medien denkbar: Gespräch, Spiel, Rollenspiel, Bilder, Essen, Malen, Basteln…

Auch bei der Vertiefung ist wichtig, dass ein Zusammenhang zur Erfahrungswelt der Kinder hergestellt wird — es geht nicht um ein „Abfragen“ dessen, was Kinder von der Geschichte behalten haben!

 

 

 

 

 (Beitragsbild: Ines Seidel/Flickr.com)

 

 

 

 

Erzählschule (3): Die Kinder in den Blick nehmen

Die Planen-Phase beim Geschichtenerzählen

Zunächst ist es wichtig, dass Du unterscheidest: Was die Geschichte Dir sagt, ist nicht unbedingt das, was die Geschichte den Kindern sagen kann! Nur wenn die Botschaft der Bibel und die Situation des Kindes (des Hörers) zusammen kommen, kann Verständnis entstehen.

Biblische Texte bieten häufig mehrere Interpretationsmöglichkeiten. Für eine Erzählung (vor allem für Kinder) ist es unbedingt notwendig, sich auf eine Deutung zu beschränken und die anderen zu vernachlässigen. Welches Ziel als besonders wichtig empfunden wird, ist eine subjektive Entscheidung (auch wenn ein Text in der Gruppe bearbeitet wird, kann jede/r einen anderen Aspekt auswählen).

Die Formulierung des Ziels sollte sehr konkret und differenziert sein: „Die Kinder sollen erfahren, dass…“. Wenn die fertige Erzählung vorgestellt wird, sollen die ZuhörerInnen das ausgewählte Ziel erkennen und benennen können!

Wie immer bei der Formulierung (religions-)pädagogischer Ziele solltest Du als ErzieherIn begründen können, warum gerade dieses Ziel für gerade diese Kinder gerade jetzt wichtig ist.   Dass Kinder biblische Geschichten kennen lernen, ist kein „Ziel an sich“ – biblische Geschichten sind Medien wie andere auch, und ihre Wahl muss wie die Wahl jedes anderen Mediums begründet werden.

Je konkreter Du Deine Begründung formulieren kannst, desto besser!

Folgende Impulse können Dir bei der Begründung helfen:

  • Welches Alter haben die Kinder, denen ich die Geschichte erzählen will?
  • Gibt es im Leben der Kinder, denen ich die Geschichte erzählen will, ähnliche Erfahrungen und Erlebnisse, wie sie in der Geschichte dargestellt werden – und welche?
  • Welche Bedeutung könnte die Geschichte für die Kinder haben, denen ich sie erzählen will?
  • Welche Abschnitte der Geschichte sind für die Kinder schwer verständlich? Kann ich beim Verstehen helfen, oder soll ich etwas weglassen (weil es für die Kinder keine Bedeutung hat)?
  • Wie will ich in der Erzählung eine Verbindung zwischen der biblischen Geschichte und dem Leben der Kinder herstellen?

Was Du hier herausarbeitest, ist Grundlage für die methodischen Entscheidungen im nächsten Schritt.

 

 (Beitragsbild: Cristiano de Jesus/Flickr.com)

Erzählschule (2): Informieren

In der Informierenphase geht es darum, den Text noch intensiver zu erschließen, als Du es unter „Zur Einstimmung“  getan hast.

Dabei helfen Dir folgende Leitfragen:

  1. Wo und wann spielt die Geschichte?
  2. Welche Personen bestimmen die Handlung?
  3. Wie stellen sich die Beziehungen zwischen den Personen dar?
  4. Was geschieht im Verlauf der Geschichte?
  5. Um welchen Wert dreht sich alles?
  6. Wo und wie kommt Gott vor?
  7. Welcher Glaubenszuspruch steckt in der Geschichte?

Erläuterungen zu den einzelnen Punkten:

Zu 1. (Ort und Zeit)

Für die Vorbereitung einer Erzählung ist „vor 2000 Jahren in Israel“ keine sonderlich hilfreiche Antwort auf die Frage nach Ort und Zeit. Kinder können sich darunter sowieso nichts vorstellen, und für die Erzählung können kaum Konsequenzen abgeleitet werden. Wichtiger ist, was Du benötigst, um vor dem inneren Auge ein Bild entstehen zu lassen:

Ist es früh am Tag oder spät am Abend? Spielt die Jahreszeit eine Rolle? Wird gerade ein Fest gefeiert (dann solltest Du dazu recherchieren, um Dir möglichst viel vorstellen zu können!)? Wissen wir, was an dem Tag, an dem die Geschichte spielt, vorher schon alles passiert ist? Lies ein bisschen drumherum, die Texte vor dem Text, den sogenannten „Kontext“ – so weit es nötig ist.

Spielt die Geschichte unter freiem Himmel? In der Stadt oder auf dem Land? Oder in einem Gebäude (in welchem, was weißt Du darüber…)? Ist ein Fluß in der Nähe, oder vielleicht ein See? oder befinden wir uns in der Wüste – und was bedeutet das vermutlich? Manchmal steckt in dem Ort, wo etwas stattfindet, eine tiefere Bedeutung: Kein Zufall z. B., dass die Weihnachtsgeschichte ausgerechnet in Bethlehem spielt – wenn Du dazu recherchierst, tun sich ganze Bedeutungswelten auf…

Wenn Du möchtest, kannst Du Deine Arbeitsergebnisse kreativ darstellen: Zeichne den Schauplatz der Geschichte als grobe Skizze auf ein Plakat.

Zu 2. (Personen)

Auch bei diesem Punkt lohnt sich oft ein wenig Recherche. Je mehr Du über die beteiligten Personen herausfinden kannst, desto eher kannst Du Dich in sie hineinversetzen – das A und O einer guten Erzählung! Zum Beispiel könntest Du untersuchen, was es über den Beruf der Personen zu wissen gibt, wie ihre gesellschaftliche Stellung gewesen ist (Vorsicht bei Rückschlüssen von unserer Zeit auf frühere Verhältnisse – Kinder wurden z. B. in biblischer Zeit ganz anders eingeschätzt als heute!), wie ihr religiöser Hintergrund beschrieben werden kann, was über sie in der Bibel sonst noch erzählt wird, ob Du daraus Rückschlüsse auf den Charakter der Personen ziehen kannst etc.

Beachte: In Geschichten werden Personen häufig als „Typen“ dargestellt (der typische Pharisäer, der typische Soldat, die typische Frau…). Dabei kannst Du auf zwei Aspekte achten: Inwiefern ist die Person „typisch“ dargestellt – und inwiefern weicht sie vielleicht davon ab und verhält sich gerade nicht wie der/die „typische“…?

 Zu 3. (Verhältnis der Personen zueinander)

Um eine spannende Geschichte aufzubauen, hilft es sehr, wenn Du weißt, wie die Personen zueinander stehen. Wenn Du möchtest, kannst Du Dir dies praktisch vor Augen führen, indem Du z. B. Holzfiguren oder für die Personen typische Gegenstände (zur Not auch einfach Namensschilder)  auf dem Tisch vor Dir anordnest. Wer steht sich feindlich gegenüber? Wer versteckt sich hinter wem? Wer steht über wem? … Stell Dir bitte zuerst die Ausgangslage zu Beginn der Geschichte vor – während der Geschichte geraten diese Positionen in Bewegung, aber darum geht es erst beim nächsten Schritt.

zu 4. (Verlauf der Geschichte)

Teil nun die Geschichte in Szenen ein. Wenn möglich, mach Dir eine einfache Skizze zu jeder Szene (wie ein Comic) oder bau die Szenen mit den Materialien aus Punkt 3 auf und fotografiere sie. Im Verlauf dieses Schrittes sollte Dir unter anderem klar werden, wie die Stellung der Figuren zueinander sich verändert, wo die Geschichte ihren Spannungshöhepunkt hat und durch welche Worte/welche Geste diese Spannung aufgelöst wird.

Zu 5. (Werte)

In jeder Geschichte geht es (meist unausgesprochen) um einen oder mehrere Werte – etwas, um das die Personen sich streiten, weil jeder es haben möchte – etwas, das einer wichtig findet, der andere aber nicht – etwas, das im Lauf der Geschichte in Gefahr gerät und verteidigt wird. Kannst Du erkennen, welcher Wert in Deiner Geschichte im Zentrum steht?

Oft geht es auch um zwei Werte, die gegeneinander stehen: Liebe gegen Geld, Wissen gegen Macht, Klugheit gegen Kraft… daraus gewinnt die Geschichte ihre Dynamik, denn eins von beidem wird sich durchsetzen.

Manchmal lebt einen biblische Geschichte auch davon, dass Werte anders eingeschätzt werden als es uns „normal“ vorkommt (Geld z. B. doch nicht sooo wichtig ist).

Die Frage nach den Werten, um die es in der Geschichte geht, ist ein wichtiger Schlüssel für die Frage, was die Geschichte uns in unserer Zeit zu sagen haben könnte. Es lohnt sich, genau hinzuschauen.

Zu 6. (Gott)

Falls Du in einem früheren Schritt die Geschichte „aufgebaut“ hast, kannst Du dies jetzt nutzen, um Gott „einzubauen“, indem Du z. B. ein Teelicht an der passenden Stelle dazustellst. Am aussagekräftigsten ist das meistens, wenn Du dazu die Höhepunkt-Szene wählst. Du kannst den Gedanken ein wenig ausspielen: Wo vermuten die einzelnen Personen in der Geschichte, dass Gott sei? Erlebt jemand eine Überraschung, was das betrifft?

Zu 7. (Zuspruch)

Dies ist nach aller gedanklicher Vorarbeit so etwas wie ein Fazit. Du kannst versuchen, die positive (!) Aussage, die Du  aus dem Text ziehst, in einem Satz zu formulieren: „Die Geschichte sagt mir, dass…“

Beachte bitte: Zwar kann man vielleicht die eine oder andere Formulierung hier ausschließen, weil sie sich bei näherer Betrachtung mit dem Text nicht vereinbaren lässt – es gibt aber nicht die eine „richtige“ Kernaussage. Was jemand aus einer Geschichte als Zuspruch hört ist von vielen Faktoren abhängig. Es kann sich im Lauf der Zeit auch ändern, z. B. aufgrund veränderter Umstände oder größerer Erfahrung. Der Satz, den Du formulierst, gilt also für Dich und für heute.

 (Beitragsbild: Willi Heidelbach/Flickr.com)

Erzählschule (1): Mein Zugang zum Text

Zur Einstimmung

Wenn wir Kindern eine biblische Geschichte erzählen möchten, ist es notwendig, dass wir uns zunächst selber intensiv mit dem zugrundeliegenden Text beschäftigen. Dabei können die folgenden Vorschläge helfen:

Den Text (allein, reihum, im Chor) aufmerksam lesen, evtl. verschiedene Übersetzungen vergleichen

Erste Sachfragen klären: Bei der Arbeit mit biblischen Texten ergeben sich oft kleinere und größere Fragen, die für das Verständnis wichtig sind und geklärt werden müssen (z. B.: „Wer waren die Pharisäer?“, „Welchen Wert hat eine Drachme?“, „Was wissen wir über Kaiser Augustus?“). Viele dieser Fragen kannst Du mit Hilfe von Sachbüchern, Kommentaren, Lexika usw. klären. Manchmal ist es auch sinnvoll, den Fachmann/die Fachfrau zu fragen. Hier geht es zunächst nur darum, dass Dein Verständnis des Textes nicht behindert wird – in der Informierenphase kommen noch vertiefende Informationen hinzu.

Vertieftes Verständnis suchen

  •  z. B. brain storming (alles aufschreiben, was Dir zum Text einfällt; evtl. in der Gruppe austauschen; anschließend wählen, womit Du weiterarbeiten willst)
  • z. B. Västeraas – Methode anwenden (in Gruppen; jeder markiert am Rand des Textes Unverstandenes mit ?, wichtige Einsichten und gute Einfälle mit !, persönliche Betroffenheit mit =>; anschließend Rundgespräch zuerst über die Fragezeichen, dann über den Rest)
  • z. B. nach der Entstehung des Textes fragen (Gattung des Textes, „Sitz im Leben“, Erzählziel u. ä.)

Leitfragen zum vertieften Verständnis

Welches war meine erste gefühlsmäßige Reaktion beim Lesen dieser biblischen Geschichte (z. B. Zustimmung, Verärgerung, Zweifel…) – und warum?

Mit welchen Personen in dieser biblischen Geschichte kann ich mich am meisten identifizieren, mit welchen nicht — und warum?

Habe ich selbst schon einmal ähnliche Erfahrungen gemacht wie die, die in dieser biblischen Geschichte dargestellt sind — und welche?

Wo bleiben für mich bei dieser biblischen Geschichte noch Fragen offen und welche?

Was sagt mir diese biblische Geschichte für mich selbst, für meinen Glauben und für mein Verhältnis zu anderen Menschen — und warum?

 

Hinweis für Ausarbeitungen, ALF u. ä.: Du musst nicht alles aufschreiben, was Du Dir hier überlegst. Wenn Du deinen Zugang zur Geschichte gefunden hast, kannst Du einen kurzen Text unter der Überschrift „Mein Zugang zum Text“ verfassen, in dem Du die wichtigsten Aspekte darstellst.

Wenn Du Zeit und Lust hast, kannst Du Dir zusätzlich eine der kreativen Methoden zum Umgang mit erzählenden Texten aussuchen. Deren Bearbeitung kann Dir noch einmal überraschende Zugänge eröffnen. In der ALF gehören ggf. entstehende Produkte in den Anhang.

 (Beitragsbild: Karlundfoto/Flickr.com)