Herzog: Eugenische Phantasmen

Dagmar Herzog: Eugenische Phantasmen. Eine deutsche Geschichte.

Suhrkamp Verlag, 1. Auflage 2024.
(Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2021)
Aus dem Amerikanischen von Ulrike Bischoff. Mit zahlreichen Abbildungen.
390 Seiten. Gebunden mit Schutzumschlag. € 36.
ISBN 978-3-518-58814-7.

 

Geschichte der Behinderten:
Verachtung, Mord, Bemäntelung, dann aber Wege zur Inklusion.
Ein elend langes 20. Jahrhundert.

Eine Rezension von Christoph Auffarth

Kurz: Ein eindrücklicher, sehr behutsamer Bericht über die Herabsetzung von Behinderten von 1890 an, der Zwischenkriegs- und NS-Zeit, und wie erst eine ganze Generation später die Euthanasie und Sterilisation genau erforscht wurde und gegen viele Widerstände wenige Vorkämpfer eine neue Biopolitik anstießen: die Auflösung der Massenanstalten und die Inklusion der Behinderten als vollwertige Menschen.

Ausführlich:

Ein aufwühlendes Buch über Behinderte und ihre Verachtung und Wertschätzung vor, während und nach dem „Dritten Reich“, das den Nationalsozialismus in den historischen Kontext stellt: Die Morde im NS waren vorbereitet und hatten eine lange Nachgeschichte, keine Ausnahme! Ausnahme nur in der Hinsicht in ihrer Umsetzung in die Praxis, die Euthanasie, staatlich verordneter und willentlich vollstreckter Massenmord und massen­weise Zwangssterilisation.[1] Das war Staatsziel des Nationalsozialismus: die Ausmerzung schlechter Gene aus dem Volkskörper, der vermeintlich eugenischen Rasse. Obwohl die eigentlichen Ursachen bekannt waren, vor allem Armut, Mangelernährung, mangelnde medizinische Versorgung, wurde seit den 1890er Jahren fast nur noch über die Vererbung innerhalb der Familie diskutiert: veröffentlichte Meinung. „Rassenhygiene“ und Biopolitik waren zwar auch inter­national ein Thema (48-51), wie man durch Gesetze die Rasse rein halten könnte, aber Dagmar Herzog[2] erzählt „eine deutsche Geschichte“.[3]

Behinderte stellen seit dem Wendepunkt des Ersten Weltkriegs ein offen diskutiertes Thema dar: Sollte man Behinderte, auch angesichts der ökonomischen Katastrophe der Folgen des Weltkriegs, nicht besser töten? Veröffentlicht wurde die Behauptung der Unheilbarkeit (Kapitel 1, S. 27-59) etwa 20 Jahre nach dem Boom an Neugründungen von Anstalten für die Behinderten in den 1870er Jahren, durchwegs konfessionelle Einrichtungen, die aus christlicher Nächstenliebe die Fürsorge für die Behinderten sich zum Ziel setzten, unterstützt vom Staat mit einer kleinen Summe. Die Anstalten trugen sich durch Spenden und die Arbeit der Behinderten im Haus, Garten, Landwirtschaft, Pflege weitgehend selbst, dazu die unbezahlte Arbeit der Diakonissen oder katholisch der Ordensmitglieder. Dennoch rechneten die Gegner hohe volkswirtschaftlichen Kosten vor – fiktive Hochrechnungen.

Das Vorbild aus der Bibel ist eine Szene aus dem Johannesevangelium (Joh 9,1-3; bei DH in einer Anmerkung 293, Anm. 1 und S. 222 erwähnt): Als Jesus einen Behinderten trifft (seit seiner Geburt blind), wird er gefragt: „Wer hat gesündigt? Dieser Mensch oder seine Eltern“ Das heißt, als Ursache für die Behinderung wird eine Strafe Gottes angenommen für eine ‚Sünde‘, die auch vererbt sein könnte. Jesu Antwort ist entwaffnend gegenüber dieser Unterstellung: Keiner hat gesündigt. Er ist blind, damit die Werke Gottes an ihm offenbar werden. „Unsere Pflicht ist es, die Werke dessen zu erarbeiten, der mich geschickt hat. (ἡμᾶς δεῖ ἐργάζεσθαι τὰ ἔργα)“ Und heilte ihn. (Den Satz „Unsere Pflicht …“ erwähnt DH nicht). – In der von Friedrich von Bodelschwingh kreativ aufgebauten und immer erweiterten Stadt für Behinderte, dem Vorort von Bielefeld bekamen alle Häuser biblische Namen einschließlich der Stadt selber: Bethel nach Bet-El „Haus Gottes“.

Der Erste Weltkrieg bedeutete eine Wende. Wie viele andere Bücher nach dem Krieg, die die bisherigen Konsense radikal aufkündigten und ‚entlarvten‘, forderte das Buch von Binding und Hoche Die Freigabe der Tötung lebensunwerten Lebens 1920. Das schmale Buch bediente die alten (schon widerlegten) Argumente, auf die der Diktator Hitler ein Gesetz aufbauen konn­te (Kapitel 2, S. 61-97). So unverhohlen die Tötung von Behinderten zu fordern, rief nicht etwa einen Sturm der Entrüstung hervor. Die protestantischen Theologen (also die Betreiber der Anstalten) sahen sich gezwungen, das malthusianische Gesetz der Biopolitik aufzugrei­fen.[4] Mehrheit­lich kamen sie zu dem Kompromiss, dass Christen nicht töten dürfen, aber Sterilisation das Mittel sei, die Eugenik zu fördern[5] (was dann später in der NS-Zeit massen­weise umgesetzt wurde, während die Tötungen versucht wurden zu verheimlichen).[6] DH nennt das Theo-Biopolitik. Nur wenige widersetzten sich dem mainstream, DH hebt aber hervor, dass Katholiken klar widersprachen und ‚der Natur‘ ihren Lauf ließen bzw., dass Gott der Herr über Leben und Tod sei (85f, 125). – Die Einzelheiten der Mordaktion werden gar nicht ausführlich dargestellt, weil, so DH, die genauen Vorgänge erst in den 1980er Jahren erforscht und ans Licht der Öffentlichkeit kamen, lange verheimlicht und sogar gerechtfertigt wurden, Thema des dritten Kapitels: Wie erkennt man ein Verbrechen? (99-134). Statt die Euthanasie als Mord mit Tätern zur Anklage zu bringen, (wie etwa der Ober­staatsanwalt Fritz Bauer die Beweise für einen Prozess vorbereitete, der dann aber nicht verhandelt werden konnte, weil die Organisatoren der Euthanasie sich selbst getötet hatten, geflüchtet oder verhandlungs­unfähig waren: DH 108-110. Bauer wies nach, dass die Täter weit mehr Menschen um­brachten, als auch nach damaligen Kriterien „lebensunwert“ bewertet wurden) wurde die Meinung veröffentlicht, man müsse Mitleid mit den Tätern haben. Das Entschädigungs­gesetz von 1956 gestand allen Opfern des Nationalsozialismus eine staatliche Entschädigung zu, die aufgrund ihres Widerstandes gegen den NS, aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung Nachteile erlitten hatten. Galt das auch für Behinderte? Fast alle Gutachter – viele davon hatten in der NS-Zeit Menschen für die Sterilisation ausgesucht – sprachen sich dagegen aus, das habe mit Rasse nichts zu tun. Erst die Habilitationsschrift von Gisela Bock von 1984 erbrachte den Nachweis, dass der ‚anthropologische‘ (gegen Juden und Sinti u.a.) mit dem ‚hygienischen‘ (gegen Behinderte, ‚Asoziale‘ u.a.) Rassismus verbunden waren. Nur die unermüdliche Arbeit für die Behinderten des Psychiaters Klaus Döring und das detektivische Lebenswerk von Ernst Klee (1942-2013) brachten die Verbrechen und ihre verheimlichte Gegenwart ans Licht.[7] Ganz spannend ist dann das Kapitel 4, wie man die NS-Ideologie gegenüber den Behinderten aus dem Köpfen bekam und die Inklusion zum Ziel wurde (135-186). Behinderte wurden seit den 1890er Jahre abgesondert in Anstalten fürsorglich behandelt; in den heruntergekom­menen Häusern herrschten Disziplin, Strafen, schlechte Ernährung. Zwei Professoren für Behindertenpädagogik suchten neue Wege, die Behinderten nicht als Objekt, sondern als „Du“ zu begegnen, das eigene Wünsche hat (Martin Bubers Ich-Du-Beziehung und Karl Marx‘ Ziel, die Entfremdung der Menschen aufzulösen, standen dafür Pate: DH 150-160). Wolfgang Jantzen und Georg Feuser (beide Jahrgang 1941, Professoren an der ‚roten‘ Universität Bremen) betraten neue Wege, mit dem Ziel, die Absonderung und die Massen-Anstalt zu ersetzen durch Wohngruppen in Familiengröße („um einen Tisch“) möglichst in der Stadt. Das bedeutete Inklusion in den Schulen, kleine Häuser in Wohnvierteln, oder völlige Umgestaltung der großen Einrichtun­gen. Der Weg dorthin war steinig, aber veränderte grundlegend die Lebenssituation von der Betreuung zur unterstützten Selbständigkeit. Vorbild war Italien, wo das 1978 gesetzlich umgestellt wurde, dank der Initiative von Franco Basaglio. Die problematische Rolle des „Lebenshilfe“-Vereins wird deutlich. – Das fünfte Kapitel untersucht, wie die Wirklichkeit der Behinderten in der DDR war mit ihrem Versprechen eines sozialistischen Humanismus. Da die Gleichberechtigung von Frauen und Männern bedeutete, dass beide arbeiten mussten, war die Kinderbetreuung von klein auf die Regel. Behinderte Kinder mit erhöhter Fürsorge sollten, ja mussten in Heime eingewiesen werden, die sich in schlechtestem Zustand befanden. DH berichtet aber von drei Prozessen in der DDR, die Behinderte als Menschen sahen und ihre Situation verbesserten: Noch bevor Ernst Klees Euthanasie-Buch die Morde dokumentierte, schrieben zwei Professoren der DDR „Die Verantwortung der sozialistischen Gesellschaft für ihre geistig sehr schwer behinderten Mitglieder“ 1981, in dem sie geschickt die Verbrechen der NS-Zeit, Praxis-Vorschläge und DDR-Ideologie verbanden. Zu einem Fotoband zu Behinderten schrieb der anerkannte Schriftsteller Franz Fühmann einen eindrucksvollen Essay, wie berührt (auch im wörtlichen Sinne) er von den Behinderten war, denen er eine Zeitlang immer wieder begegnete. Eine dritte Geschichte ist die Reformierung des Katharinenhofs (im entlegenen Dreiländereck Polen/ Tschechien/ Sachsen) durch das Kinderärzte-Paar Uta und Jürgen Trogisch. Statt der Abgeschlossenheit der Anstalt besuchten die beiden und ihre Mitarbeiter (es gab in der DDR keine staatliche Ausbildung für Heilerziehungspfleger) mit Behinderten benachbarte Dörfer, Feste, ermög­lichten Urlaubsreisen, teils mit den Eltern. Für die Stasi war die Einrichtung ein Dorn im Auge, weil sie dissidente Jugendliche anzog. Was der Staat nicht wollte, konnten diese drei Eigeninitiativen erreichen: das Thema öffentlich machen und praktische Verbesserungen anstoßen. Die Entinstitutionalisierung und Inklusion, wie sie im zweiten Teil des vierten Kapitels beschrieben ist, war dann der Weg, den die ganze BRD beschritt, nachdem die neuen Bundesländer dem Grundgesetz beigetreten waren.

Was ich vermisse, ist ein Wort zu zwei Entwicklungen: Die neuen Verhütungsmethoden ermöglichen sicheren Sex, statt in den Anstalten zu überwachen, dass es nicht dazu kommt. Das andere ist die regelhafte, fast aufgezwungene Untersuchung des Fruchtwassers bei Schwangeren, die schon pränatal (statt postnatal) Behinderungen vermeidet. Grundlegend aber ist die Entlarvung des Mythos der Vererbung: Behinderungen entstehen meist durch Chromosomen-Anomalien, durch Probleme bei der Geburt oder in der frühen Kindheit.

Die umfangreiche Debatte zu dem Thema ist sowohl in den zeitgenössischen Stimmen, von der Fachzeitschrift, den juristischen und medizinischen Maßnahmen bis zur populistischen Veröffentlichung, als auch in den aktuellen Forschungen aus den Akten mustergültig aufgearbeitet, in Deutsch und Englisch, und ist in den sehr wertvollen Anmerkungen (S. 257-386, also rund ein Drittel des Buches) ausführlich und detailliert dokumentiert. Dort sind auch die genauen Zahlen und die Forschungsliteratur angegeben.

Dagmar Herzog hat ein großartiges Buch geschrieben, hervorragend informiert sowohl zu den Epochen des späten Kaiserreichs, den Debatten der Zwischenkriegszeit, den Verbrechen der NS-Zeit, dem Schutz der Täter und deren Entlarvung weitgehend erst in den Achtziger Jahren, den Prozessen der Auflösung der Massenversorgung und Absonderung der Behinderten und ihrer Inklusion. Das alles beschreibt sie mit Sympathie, aber auch sorgsam abwägend, wie es zu der Wende in der Biopolitik kam. Das Vorwort macht noch einmal eindringlich darauf aufmerksam, dass es der gleiche Rassismus war, der die Juden zu vernichten plante als auch die Behinderten und dass es oft die gleichen Personen waren, die beide Morde planten, organisierten, realisierten. Das Nachwort reflektiert, was die erzählte Geschichte methodisch bedeutet, wenn neue Erfahrungen die Erinnerungen verändern.[8] Das Buch ist Pflichtlektüre in die Abgründe, die nicht plötzlich von den Nationalsozialisten erzwungen wurden, sondern die Geschichte eines Jahrhunderts und mehr, das die Behinderten entwürdigte, verachtete, und schließlich zur Tötung aussonderte. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, im Grundgesetz vor 75 Jahren an der Spitze aller Menschen­rechte formuliert, konnte die Geltung für alles menschliche Leben erst dank einzelner Aktivisten und Wahrheitsforscher und dann politischer Entscheider erlangen. Das menschliche Leben ist unvollkommen. Wie dies bestritten, dann aber in inklusive Lebensrealitäten umgesetzt wurde, beschriebt dieses hervorragende Buch. Das sollte jede und jeder lesen.

 

Bremen/Wellerscheid, August 2024                                                                     Christoph Auffarth

Religionswissenschaft,
Universität Bremen

E-Mail: auffarth@uni-bremen.de

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[1] Ermordet wurden unter hohem finanziellem und personalem Aufwand fast 300 000 Menschen, davon 210 000 im Reich, 80 000 im besetzten Osteuropa.

[2] Dagmar Herzog, *1961, ist Professorin für Geschichte am Graduate Center der City University of New York. Der Wikipedia-Artikel enthält auch den Link zu ihrer Homepage sowie ihre weiteren Bücher einschließlich der deutschen Übersetzungen. Ihren Namen kürze ich im Folgenden ab mit den Initialen DH.

[3] „In keinem anderen Land entwickelte diese Idee [sc. die Tötung von Behinderten] eine solche Zugkraft wie in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg.“ (295, Anm. 8). – Die NS-Gesetze oder geheimen Verordnungen für die „Euthanasie“-Aktion konnten US-amerikanische Vorbilder übernehmen. DH macht auf die Inkonsequenz aufmerksam: Die Alliierten annullierten die Nürnberger Gesetze, obwohl sie ziemlich genau das Jim-Crow Gesetz zur Rassentrennung in den USA übernahmen, ließen das Sterilisierungs-Gesetz von 1933 aber bestehen, weil es entsprechende Gesetze in den Teilstaaten der USA gab, insbesondere in Vermont. Zu der entsprechenden Debatte über den vermeintlichen Untergang der weißen Rasse s. Charles King: Gods of the Upper air. New York: Doubleday 2019 (dt. Schule der Rebellen. Wie ein Kreis verwegener Anthropologen Race, Sex und Gender erfand. München: Hanser 2020. DH meldet bei der internationalen Eugenik Forschungsbedarf an und nennt einige Studien 252 + 371f Anm. 19. – 324 Anm. 52 verweist sie auf das Buch von Omer Bartov, dazu meine Rezension: Der Völkermord an den Juden – konkret mit Menschen in einer Stadt in der Provinz. Omer Bartov: Anatomie eines Genozids. Vom Leben und Sterben einer Stadt namens Buczacz. Berlin: Jüdischer Verlag (im Suhrkamp Verlag) 2021. https://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2021/10/13/anatomie-eines-genozids/(13.10.2021).

[4] Das Argument behauptete – ohne das statistisch belegen zu können –, dass von Jahr zu Jahr mehr Behinderte geboren würden. Der Engländer Thomas Malthus hatte das Gesetz in seinem Essay on the Principle of Population 1798 aufgestellt, dass die Bevölkerung exponentiell ansteige, während die Ernährung nur arithmetisch zunehmen könne, und so eines Tages die Lebensmittel nicht mehr ausreichten. Das Gesetz wurde soziologisch so ausgelegt, gerade die ärmeren Familien immer mehr Kinder zeugten, so dass sie die Aristokratie bzw. Elite verdrängten, das Volk also keine Führer mehr hervorbringe.

[5] In Treysa 1931, DH S. 77 und 304-306 Anm. 38-40.  Eine Minderheitenmeinung plädierte dafür, dass Christen nicht töten dürfen, der Staat aber schon.

[6] Die Predigt des Münsteraner Bischofs von Galen gilt als der Wendepunkt (DH 23). Einen sehr genauen Nachweis, dass die Sterblichkeitsrate in den Anstalten sprunghaft in die Höhe schnellte, erstellte der Pastor Paul-Gerhard Braune (DH in einer Anm. 305) und übersandte die ‚Denkschrift‘ an Hitler. In Württemberg protestierten Eltern, unterstützt von Landesbischof Theophil Wurm, gegen die Todesnachrichten ihrer behinderten Kinder, die alle aus der Tötungsanstalt Grafeneck und meist mit der gleichen Todesursache mitgeteilt wurden. Die These, dass die Euthanasie der Probelauf für die Durchführbarkeit von Massenmorden war, der dann an Jüdinnen und Juden vollzogen wurde, hat sich erhärtet. Die Euthanasie wurde in den einzelnen Anstalten weitergeführt, man schätzt (DH 89), dass nach dem offiziellen Ende von „T4“ noch einmal doppelt so viele Behinderte ermordet wurden. Trotzdem darf man auch den ausgeübten Zwang nicht vergessen: Welche Anstaltsdirektoren sich weigerten, an der Aktion teilzunehmen, drohten die NS mit Schließung der Anstalt DH 122f.

[7] Ernst Klee: Euthanasie 1983 nennt DH ein Meisterwerk und würdigt die Lebensarbeit Klees 116-124, weiter S. 202f; 323-325, Anm. 47-64. Die Forschungen des Leipziger Professors für Kirchengeschichte, Kurt Nowak, der 1978 ein Buch zur Euthanasie schrieb, ist erst 372f Anm. 23 nur erwähnt.

[8] DH verweist auf die Psychoanalyse. Der Historiker Otto Gerhard Oexle beschrieb das als „Problemgeschichte“, dass jede Generation mit ihren Erfahrungen andere Fragen an die Geschichte stellen muss.