Eigentlich heulen doch nur Mädchen?!!

Weinen ist doch uncool! Wirklich? Schwäche zeigen kann auch manchmal stark machen. Das sieht man bei Petrus und seinem bitterlichen Heulkrampf …

Warum auch gestandene Männer weinen

… Und was hat das mit Petrus zu tun?

Wer weint wieviel?

Dank einem informativen Artikel der Süddeutschen „Zehn Dinge über das Weinen“ weiß ich, dass Frauen 30 bis 64 Mal im Jahr weinen. Männer zwischen 6 und 17 Mal. Frauen weinen auch länger und schluchzen öfter.

Bis etwa zum 11. – 13. Lebensjahr weinen Jungs und Mädchen gleich viel. Und dann macht es PENG! und Jungs sind einfach nicht mehr traurig genug um zu weinen … Nee, ne?

Weinen ist uncool

Natürlich wissen wir, woher das rührt. Die alte Annahme, die immer noch existiert: Männer weinen nicht! Frauen sollen gefällig reizend weinen, das rührt an, das ist erlaubt. Aber Jungs??? Sofort macht sich das Bild des bei Mama wohnenden Softies breit, der seine Taschentücher zückt (ich übertreibe jetzt maßlos). Ich frage mich: Sind Tränen das Markenzeichen der Feiglinge?

Je nach Kultur und Erziehung kann Weinen als Charakterschwäche ausgelegt werden. Deshalb weinen wir auch oft genug hinter der heimischen Tür – und am besten abends, wenn es keiner sieht, unter der Bettdecke.

Warum weinen wir?

Weinen ist eine ganz eigene Art des menschlichen Gefühlsausdrucks. Nur wir können emotionale Tränen vergießen. O.K., Elefanten weinen, wenn sie unter Stress kommen. Ob es mit uns vergleichbar ist, ist umstritten. Jedenfalls ist es eine urmenschliche Eigenschaft von uns, genau wie das Lachen.

Wir weinen, wenn eine emotionale Situation (z.B. Verluste) eintritt oder ein Fall, für den wir keine Lösung haben (z.B. Hilflosigkeit), natürlich kann auch Freude der Grund sein. Körperliche Schmerzen, Stress und Erschöpfung, rührende Filmszenen, Wut oder Streit sind ebenfalls mögliche Auslöser. Auffällig ist, dass Weinen viele emotionale Auslöser haben kann, nicht nur einen! Wir finden keine genaue Zuordnung: Trauer ODER Freude. Das ist besonders.

Evolutionstechnisch sichert einem das Weinen den Rückhalt und die Unterstützung der Gruppe. Es erzeugt Mitgefühl. Zusätzlich unterstreicht das Weinen den Gefühlsausdruck. Jedem wird durch die Kombination von Mimik und Tränen klar, was der andere gerade fühlt.

Weinen führt auch zu einer besseren Verarbeitung emotionaler Eindrücke.

Wie nimmt das Umfeld mich als Weinenden wahr?

Reagiert mein Umfeld mit Trost auf die Tränen, kann es befreiend und entlastend wirken. Sind meine Mitmenschen irritiert und halten den Weinenden für emotional instabil, sieht das schon wieder anders aus. Weinen führt bei Außenstehenden oft zu Hilflosigkeit. Manchmal wird das Weinen regelrecht erwartet (Beerdigung), aber an vielen Stellen gilt es als unangebracht.

Jungs und Mädchen

Im Kleinkindalter wird den Jungs oft genug vermittelt, ihre Gefühle anders auszudrücken als durch Weinen. Somit zieht sich diese Abwertung von Tränen und Traurigkeit bis ins Erwachsenenalter. Bei Mädchen wird das Weinen eher akzepiert und ist für Frauen damit auch positiver besetzt als für Männer.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Frauen häufiger „Schnulzenfilme“ (Sie wissen, was ich meine) sehen oder vermehrt in sozialen Berufen arbeiten, bei denen Tränen nicht verpönt sind?

Liegt es am Testosteron der Männer, das dafür sorgt, dass Männer nicht so schnell in Tränen ausbrechen?

Meiden Männer vielleicht Situationen, in denen es zu Tränen kommen könnte?

Sie sehen, es gibt noch viele ungeklärte Fragen zum Thema Weinen. Interessant ist es aber allemal, die verschiedenen Möglichkeiten zu durchdenken.

Tränen sind Verräter!

Sie offenbaren viel über den Weinenden. Die Emotion wird deutlich sichtbar. Das kann nicht jeder leiden. So wird gegen die Traurigkeit (wenn sie der Grund für die Tränen ist) angekämpft, um ihr nicht das Feld zu überlassen. Besonders dann, wenn die Umgebung fremd ist und die Menschen Unbekannte sind. Man möchte sich nicht preisgeben, womöglich ausgelacht werden. Wenn wir weinen, haben wir unser Gesicht nicht mehr unter Kontrolle. Die Umstehenden werden gezwungen, zu reagieren. Sind sie dazu bereit? Oder sind sie peinlich berührt und wissen nicht, wie man reagieren soll? Solch eine Situation kann auch eine bis dahin nicht gekannte Nähe zwischen Personen erzeugen. Ist das Weinen in einer Situation „erlaubt“ (z.B. im Kino), wird es oft als erleichternd empfunden.

Psalm 137 -Tränenpsalm und: „Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.“ Ps 126

Petrus und seine Tränen

Petrus will ein starker Typ sein. Stark für andere und für Jesus. Er ist der Fels, auf den alles gebaut werden soll und doch scheint er so schwach zu sein, ein Mensch eben. Aber dass gerade ER Jesus im Stich lässt! Er verleumdet Jesus und als ihm bewusst wird, was er getan hat, „weinte er bitterlich“. Das finde ich bemerkenswert. Petrus schiebt die Schuld nicht auf die Umstände oder auf andere, er fällt in sich zusammen und weint, weil es ihm ehrlich leidtut. Der Weinende wird sich seiner eigenen Schwachheit bewusst. Wir öffnen uns und zeigen: Wir sind nicht perfekt und erkennen, dass wir nicht alles in unserer Hand haben. Durch Tränen können wir Ängste oder Verzagtheit im wahrsten Sinne des Wortes weg- und aus uns herausspülen.

Petrus versteht nun, dass nicht er sein Leben gibt, um Jesus zu retten, sondern es ist genau umgekehrt! Hätte er das auch verstanden, wenn er nicht schwach gewesen wäre? Vielleicht ist Petrus der Fels, weil er weiß, dass er keiner ist?

Im besten Falle fühlen wir im Weinen beides: Die tiefste Traurigkeit und die Hoffnung auf bessere Zeiten.

Schwäche als Stärke?

Am Ende, trotz seines Versagens, gibt Jesus ihm den Auftrag: „Sorge für meine Lämmer!“ (Joh. 21ff.) Welch ein Vertrauen! Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Schwächen glaubt Jesus an Petrus. Ich finde das ein starkes Bild.Versagen und Verzagen ist keine Schande. Sie gehört zum Menschsein dazu. Das dürfen wir uns eingestehen. Deshalb finde ich unseren Glauben auch so wundervoll, denn er stellt keine Superhelden ins Rampenlicht, sondern einfache Menschen.

Praktisches für den Unterricht

Petrus in den Vordergrund rücken

Wenn wir in der Schule die Passionszeit durchleben, ist es ein guter Ansatz, die Perspektive zu wechseln. Petrus bietet sich hierfür hervorragend an. Besonders für Schüler*innen, die die Geschichte schon sehr gut kennen, ist ein anderer Blickwinkel bereichernd – besonders, wenn man auch die Schwächen beleuchtet …
Warum nicht mal die Angst in den Vordergrund stellen? Wer hat Angst in der Geschichte und warum? Die Menschen bleiben aber nicht in ihrer Furcht. Was kann man tun? Auch hier sind Bilderbücher hilfreich.

Buchtipps

Für Kinder: Wozu sind Tränen da?

Podcast vom KAKADU (Deutschlandfunk Kultur)