Lieder von Hingabe und Staunen. Gedichte der frühen tamilischen Bhakti.
Hrsg., übersetzt und kommentiert von Eva Wilden.
Berlin: Verlag der Weltreligionen 2013.
[480 S. 33 schwarz-weiß Abbildungen, teils amateurhaft. Paperback. ISBN 978-3-458-72020-1.]
Diener und Geliebte Gottes: tamilische Bhakti-Gedichte
Kurz: Eva Wilden präsentiert die süd-indische Tradition des Hinduismus der Hingabe (Bhakti) an Śiva und Viśņu in Form von Hymnen und erklärt sie umfassend.
Im Einzelnen: Eva Wilden[1] hat für die Vorstellung von Quellentexten großer religiöser Traditionen für ein deutsches Publikum im Verlag der Weltreligionen eine Auswahl von Gedichten getroffen, die – endlich einmal auch – die südindische Tradition repräsentiert.
Die Texte selber hat EW zunächst in Tamil, also im Urtext gedruckt, dann eine Umschrift in lateinischen Lettern, darauf eine Übersetzung und direkt daran anschließend Erklärungen. Das ist in diesem Fall sinnvoll,[2] weil die Gedichte in kurzen Strophen aufgebaut sind und die Übersetzerin relativ viele Begriffe hat stehen lassen, die man ohne Erklärung nicht verstehen kann. Die Texte bietet sie aus den kanonischen Werken, Tirumurai und Tivyappirapantam in die Epochen früher Bhakti (201-231), Hochphase (232-391) und Spätphase (392-440), jeweils in die Haupt-Zweige unterschieden Śivaismus und Viśņuismus. (Wobei die Endung –ismus heute nicht mehr verwendet werden, weil sie ein System einer Lehre anzeigt, das es in den wenigsten Religionen gibt). Die Texte stammen aus dem 7. bis 9. Jh. (christlicher Ära). Dem voraus schickt sie „Vorstufen“ aus Cankam und Epos sowie Anrufungen (127-199). In Abgrenzung gegenüber Buddhisten und Jains erscheint Śiva als Verrückter (S. 240f) – Da führt beispielsweise die Liebe zu seinem neuen Gott einen Minister in die verzweifelte Situation, dass er Gelder für den Bau eines Tempels verwendet, aber sie damit gegenüber ihrem eigentlichen Zweck veruntreut, nämlich Pferde für den König zu kaufen. Doch Gott rettet ihn durch ein Wunder, indem er Schakale in edle Rösser verwandelt. Das Lied singen junge Frauen, wenn sie sich morgens baden und wie Papagaien plaudern. So reizend geweckt zu werden, mit Bewunderung für[3] die Schönheit der Haare, Zähne, des Körpers: Liebeslieder! EW macht das in ihrer ausführlichen Einleitung (S. 11-125) deutlich, was unter Bhakti gemeint ist: Hingebungsvolle, liebenswürdige Liebe gegenüber den Göttern (und umgekehrt), ein inniges Verhältnis zu den Göttern. Diese ‚Hingabe‘ kann als das Verhältnis des Dieners zu seinem Herrn ausgestaltet sein, in diesem Texten aber weit häufiger als Geliebter und Geliebte, bewunderndes Staunen.
Ein erfreulich frisches Buch mit einer gut kommentierten Textauswahl, die umfassenden Einblick gibt in eine sonst kaum bekannte Tradition unter den indischen Religionen.
- April 2015 Christoph Auffarth,
Religionswissenschaft
Universität Bremen
[1] Im Folgenden mit den Initialen EW abgekürzt.
[2] Der Verlag hat sonst erst die vollständigen (Übersetzungs-) Texte gedruckt und in einem gesonderten Teil die Kommentierung geboten. Warum diese Text-Auswahl allerdings in der Taschenbuchreihe eingeordnet ist, während sonst die Texte in Leinen gebunden sind, erklärt sich mir nicht. Zudem war mein Exemplar zu früh eingeschweißt, so dass es wellig wurde.