Das Kursbuch Religion 2

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Herausgegeben von Heidrun Dierk, Petra Freudenberger-Lötz, Michael Landgraf und Hartmut Rupp

Das Kursbuch Religion 2 »Neuausgabe«
Schülerbuch

Erarbeitet von Heidrun Dierk, Petra Freudenberger-Lötz, Jürgen Heuschele, Ulrich Kämmerer, Michael Landgraf, Stefan Meißner, Hartmut Rupp und Andreas Wittmann

Calwer Verlag in Koproduktion mit dem Verlag Moritz Diesterweg

240 Seiten       1. Auflage 2016

ISBN 978-3-7668-4326-5           Preis: 22,95
 

 

„ … wie Apps, die euch auf euren Wegen helfen!“

Mit diesem Satz, der die heutige Lebenswelt Jugendlicher treffend anspricht, werden die Inhalte und die Zielrichtung des neuen Kursbuch Religion 2 für Schülerinnen und Schüler der 7. und 8. Jahrgänge ‚angesteuert‘. Die klare Darlegung der Struktur (3) ist mehr als eine Pflichtübung der Autorinnen und Autoren. Sie zielt auf Transparenz und offeriert die Inanspruchnahme vielfältiger Arbeitsmöglichkeiten. Eine Doppelseite mit der Überschrift „Wir haben Religion“ (6-7) stellt Wege und Ziele des Faches vor. Der Religionsunterricht thematisiert sich also selbst und nimmt die Schülerinnen und Schüler in die Erörterung mit hinein [1]. Bereits an dieser Stelle wird die besonders gestaltete Aufgabenkultur des Buches sichtbar. Hier findet man eröffnende Fragen, attraktive Impulse und weiterführende Anregungen, denen die Lehrkräfte und die Lernenden nach unterschiedlicher Interessenslage nachgehen können, nicht müssen!

Die Inhalte sind an den grundlegenden Dimensionen orientiert, wie sie im Bildungsplan von Baden-Württemberg, aber auch in kompetenzorientierten Kerncurricula für evangelische Religion anderer Bundesländer vorgesehen sind. [2]

Die Themen der Großkapitel lauten:

Nach Mensch und Welt fragen

Über Gott nachdenken

Sich mit Jesus Christus auseinandersetzen

Die Geschichte der Kirche entdecken

Verantwortlich handeln

Religionen begegnen.

Im Anschluss daran stellt ein sehr beachtenswertes Basiskapitel zu „Grundfähigkeiten entwickeln“ methodische Möglichkeiten an praktischen Beispielen vor.[3] So können Kompetenzen und Inhalte sachgemäß erprobt werden.

 

Mit diesen „Dimensionen“, ich nenne sie hier ‚Großkapitel‘, haben die Autorinnen und Autoren die Grundstruktur beibehalten, wie sie auch im Kursbuch Religion 1 vorgelegt wurde [4]. Im Sinne eines Spiralcurriculums bleiben die großen Themen gleich, jedoch ändern sich die Inhalte und die fachlichen Bezüge für den Doppeljahrgang in den Teilkapiteln. Das didaktische Wechselspiel von grundlegender Kontinuität und aktuellem Neuaufbau soll das Lernen unterstützen und weiter führen.
Diesem Ziel dient auch der strukturelle Aufbau:
(1) Jedes Teilkapitel beginnt mit einer Eröffnungs-Doppelseite. Hier findet man anregende ‚Türöffner‘, entweder als Text oder als Bild.

(2) Es folgen grundlegende Fragen, meist aus Schülerperspektive formuliert. Diese Fragen weisen auf die Möglichkeit jugendtheologischen Arbeitens hin. Sie können erweitert werden. Das Kursbuch will auf diese Weise zu Gesprächen anregen, die durchaus auch ergebnisoffen geführt werden können.

(3) „So ist das Kapitel aufgebaut“: Inhaltliche Zielperspektiven des Teilkapitels werden genannt. Auch dabei ist der Blick auf die Schülerinnen und Schüler gerichtet; es geht um das, was sie bei diesem Thema lernen können.

(4) Die Zielperspektive wird dann noch um Kompetenzen erweitert: „Ich kann am Ende dieses Kapitels …“.

(5) Eine „Navigationsseite“ zeigt in anschaulicher Grafik die Unterpunkte des Kapitels an, die im Unterricht angesteuert werden können.

(6) Zu jedem Teilkapitel werden eingangs auch Projektaufgaben vorgestellt, die in Einzel, Partner- oder Gruppenarbeit durchgeführt werden können.

(7) Farbige Info-Points und rote „Hot-Spot“-Fragen lenken die Aufmerksamkeit auf grundlegende Wissensbestände und offene Impuls-Fragen.

(7) Ein Kasten mit der Überschrift „Ziel erreicht“ benennt verschiedene Aufgaben zur Gestaltung von Ergebnissen, auch mit eigenen Einschätzungen zum unterrichtlichen Erfolg.

 

Dieser konsequent beibehaltene Aufbau des Buches in allen Teilkapiteln ist sehr hilfreich. Das planende Handeln der Lehrkräfte wird wirkungsvoll unterstützt; die Schülerinnen und Schülern lernen in vergleichbaren Strukturen in wachsender Souveränität; so ist es zumindest intendiert! Auch die Aufgaben auf den einzelnen Seiten sind unterschiedlich gewichtet und können als Angebote differenziert eingesetzt werden.

Das Bildmaterial ist sehr attraktiv. Die Bandbreite reicht von aktuellen Fotos über künstlerische Bilder moderner oder älterer Art bis hin zu mannigfachen Karikaturen. Dabei sind die Bilder nicht nur Illustration zum Inhalt, sondern unterrichtliche Elemente mit eigenem didaktischem Wert. Dies wird beispielsweise bei der Doppelseite „Bibel-Bilder“ deutlich (108-109), die ganz der bilddidaktischen Arbeit gewidmet ist. Die Verwendung von Bibelclouds [5] mit ihren zahlreichen Arbeitsmöglichkeiten, z. B. zur Erzählung vom Verlorenen Sohn (18), trägt zu dieser didaktischen Attraktivität bei. Mit ähnlicher Technik ist das „Luther-Wordle 2017“ gestaltet (138), das ermöglicht einen modernen Zugang. Die Arbeit mit kritischen Karikaturen – mehrfach: Thomas Plaßmann –  kann interessierte Nachfragen und Reaktionen auslösen, aber auch kritische Distanz zu Religion ermöglichen (z.B. 98,127 u.ö.).  Auch zu aktuellen Weltproblemen, die uns betreffen, wird ein Zugang eröffnet: Billig-T-Shirts bei uns und die katastrophalen Arbeitsbedingungen im Herstellungsland Bangladesch stehen in engem Zusammenhang und stellen Anfragen an unser ethische Verantwortung. Dieser Zugang ist für die Schülerinnen und Schüler sehr einsichtig gestaltet (35). Das Bildmaterial spielt auch im Kapitel „Über Gott nachdenken“ (60-67) eine große Rolle. So kann auf Jugendliche bezogen gut über die Themen „Gott in der Werbung“ oder „Gott in Songs“ im Unterricht gearbeitet werden. Modern und ansprechend auch die Methode, mit Hilfe eines „Blogs“ das Thema Besitz und Geld in Verbindung mit der Erzählung von reichen Jüngling zu erarbeiten (72). Dass Frauen stärker als bisher üblich im Religionsbuch eine inhaltliche Rolle spielen, darf durchaus mal lobend erwähnt werden (z.B. 73,75,78)!  Zu den weiteren inhaltlichen Besonderheiten des Buches gehört die Auseinandersetzung mit evangelischen Freikirchen, die ja oft andere Glaubens- und Gemeinschaftsformen praktizieren, als sie in der Landeskirche gebräuchlich sind (155).

Das Großkapitel „Religionen begegnen“ bietet zunächst Entdeckungsmöglichkeiten von Religion im Alltag; ein Schwerpunkt: Fußball und Religion (192). Auch Computerspiele und Magie werden thematisiert. Verbindende und trennende Anteile der abrahamitischen Religionen werden vorgestellt, ebenso die Wege, wie Kinder und Jugendliche in ihre Religion hinein geführt werden. Der Schwerpunkt „Islam“ wird über aktuelle Themen eingeleitet, die auch die kritische Konfrontation einbeziehen. Die Erfahrungen von muslimischen Frauen und Männern mit der Integration helfen bei der Erkenntnis, dass Kultur, Religion und Soziales eng verwoben sind (206-207). Es folgen ausführliche Informationen zu den Fünf Säulen des Islam, auch ein Vergleich „Koran und Bibel“. Das in Planung befindliche „House of One“ (Berlin) verweist auf die Chancen und Möglichkeiten des interreligiösen Dialogs (217). Die Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte werden auf die aktuellen Möglichkeiten der Schule und des Ortes verwiesen, um mit Muslimen in den Dialog zu treten. Dieses Kapitel zeugt eindrucksvoll davon, dass auch Jugendliche sich gründlich über andere Religionen (hier: Islam) informieren können, um gelingende Begegnungen zu ermöglichen. Dass das ‚auf Augenhöhe‘ und ohne vergleichende Wertungen möglich ist, das belegt dieses Kapitel.

An einigen Stellen stören den Rezensenten

  • Kompetenzformulierungen in gestelzt klingender Pädagogensprache [6]
  • Verkürzende oder manchmal einseitige Aussagen in den Infokästen [7]
  • Eine gewisse „Luther-Lastigkeit“ – eine Vorwirkung des Reformationsjahres 2017 [8] ?
  • Gelegentlich zu hohes theologisches Anspruchsniveau [9].

 

Kursbuch Religion 2 bietet inhaltlich und materialmäßig sehr viel für die Jahrgänge 7 und 8 des Gymnasiums. Lehrkräfte und Schülerinnen/Schüler sind jedoch in der vorteilhaften Situation, aus dieser Fülle auswählen zu können und so die individuellen Ziele der Klasse zu erreichen. Kompetenzorientierte Bildungspläne unserer Zeit haben – anders als früher – nur ein schmales inhaltliches Angebot. Gut, wenn hier das Schulbuch sowohl bei Inhalten als auch bei Kompetenzen kräftig und praxisorientiert unterstützt.

 

Dr. Manfred Spieß                         02.08.2016

Oldenburg

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Weitere Informationen zum Buch und der Reihe auf den Seiten des Calwer Verlags

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[1] Diesem offenen Gesprächsangebot stellen sich hoffentlich auch die unterrichtenden Lehrkräfte; kritische Selbstreflexion und Feedback im Unterricht haben heute einen hohen Stellenwert!

[2] Für Hessen und Niedersachsen hat der Verlag bereits curriculare Zuordnungen hier zur Verfügung gestellt.

[3] Bislang gab es in Religionsbüchern meistens nur mehr oder weniger ausführliche methodische Lexika am Buchende; hier nun liegen konkrete Gestaltungsangebote und Übungsmöglichkeiten vor! Sie dienen auch dem Transfer auf weitere Inhalte und der Erarbeitung prozessbezogener Kompetenzen.

[4] Meine Rezension hier: http://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2015/08/21/das-kursbuch-religion-1/

 

[5] Hier mehr über diesen besonderen Umgang mit Bibeltexten: http://www.bibelclouds.de/

[6] Z.B. 159: „Ich kann am Ende des Kapitels … nicht eindeutige Herausforderungen zunehmend sicherer beurteilen und einen eigenen Standpunkt begründet einnehmen“

[7] Z.B. 130; Idealisierung der frühen Kirche auf der Grundlage der Apg.; anders: die historisch älteren Paulusbriefe!

[8] Nach Jesus ist Luther die am meisten erwähnte Person im Buch! Problematisch die einseitige Darstellung: Luthers Hasstiraden auf die aufständischen Bauern und die Juden werden nicht erwähnt. S. 145 hätte dazu Gelegenheit gegeben!

[9] Sollen 13-14-Jährige wirklich diese Aufgabe erledigen können: „Beurteile, ob Mose, Jesus und Paulus an denselben Gott glauben“? (59). Das klingt doch eher nach einem Oberseminar der Universität!

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