… auf dass sie alle eins seien

cover-alle-eins

 

PITHAN, Annebelle/WUCKELT, Agnes/BEUERS, Christoph (Hgg.):

„… dass alle eins seien“ im Spannungsfeld von Exklusion und Inklusion.

Forum für Heil-und Religionspädagogik, Bd. 7. Comenius-Institut, Münster 2013, ISBN 978-3-943470-037, 260 Seiten, 11,00 EUR.

 

 

 

 

Thema

Auf dem Klappentext ist rückseitig zu lesen, dass der zu besprechende Band die Dynamik von Inklusion und Exklusion im Kontext kirchlicher Bildungsverantwortung thematisiert.

Die HerausgeberInnen

Dr. Annebelle PITHAN, Jahrgang 1958, ist wissenschaftliche Referentin am Comenius-Institut, Evangelischen Arbeitsstätte für Erziehungswissenschaft e. V., in Münster.

Dr. Agnes WUCKELT, Jahrgang 1949, ist Professorin für Religionspädagogik im Fachbereich Theologie an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Paderborn.

Diakon Dr. Christoph BEUERS ist Leiter der Fachschule für Sozialwirtschaft, Fachrichtung Heilerziehungspflege, im St. Vincenzstift Aulhausen. Zusätzlich doziert er an den Universitäten in Frankfurt am Main und Köln.

Entstehungshintergrund

Die zu besprechende Publikation enthält größtenteils die Beiträge, welche im Rahmen des 7. Forums für Heil- und Religionspädagogik in der Zeit vom 18. bis 20. April 2012 in Bad Honnef vorgetrgen wurden.

Aufbau

1.      Irmtraud FISCHER: Inklusion und Exklusion – Biblische Perspektiven

2.      Gerhard WEGENER: Inklusion braucht tragende Beziehungen – Kirchen als Inklusionsagenten in der Gesellschaft

3.      Christiane GRABE: Kirche und Diakonie als Impulsgeber und Träger inklusiver Quartiersentwiccklung

4.      Elzbieta GRÖLZ: Menschen mit schwerer Behinderung und Inklusion – Ein Werkstattbericht

5.      Sabine AHRENS/Katrin WÜST: Inklusion in Kirche entwickeln – Ein offener Bildungsprozess

6.      Christhard EBERT: Inklusion durch Kooperation?

7.      Rita KLEMMAYER: Ich mache mir Stress – Hypnosystemisches Wissen zur Stressbewältigung

8.      Sabine LUCKE: Inklusion als Kunst der weichen Blicke und Formen

9.      Andreas NICHT: Schule aufräumen? – Vom Reiz der Vielfalt

10.  Christine LABUSCH: Inklusion im Lehrerzimmer – Ansätze für die Fortbildung

11.  Anita MÜLLER-FRIESE/Wolfhard SCHWEIKER: Inklusives Lernen im Religionsunterricht.

12.  Erna ZONNE: Inklusion und Exklusion im Religionsunterricht bei emozionalem und sozialem Förderbedarf

13.  Daniela HAAS: „Roter Kopf … gesenkter Blick.“ Impulse für eine schamsensible Schul- und Unterrichtskultur

14.  Almut DIETRICH/Raphael BAK/Frank G. POHL: Schule ohne Homophobie – Schule der Vielfalt. Ansätze, Aktivitäten und Ziele.

15.  Wilfried W. STEINERT: Sozialraumorientierung als wichtiger Faktor in der Entwicklung inklusiver Bildungsstrukturen

16.  ders.: Vom Einzelfallhelfer zum Klassenassistenten – Pädagogische, rechtliche und strukturelle Herausforderungen in der inklusiven Bildung

17.  Dagmar BICKMANN/Barbara KEIPER/Veronika SCHMIDT/Jochen STRAUB: Partnerschaftliche Exerzitien – Tage zum Aufatmen für Jugendliche. Werkstattbericht eines inklusiven Projekts

18.  Martin MERKENS/Bernhard OSSEGE: Inklusive Vorbereitung auf die Sakramente am Beispiel Erstkommunion und Firmung. Grundlagen und Bausteine

19.  Roland WEIß: „Du gefällst mir“ – Inklusive Firmvorbereitung

Inhalt

Irmtraud FISCHER nimmt die Bibel hinsichtlich ihrer Inklusions- und Exklusionsbestandteile in den Blick. Und hier beginnt sie in ihren einleitenden Worten auch mit dem ersten Buch der Bibel, als da wären Gen 1, 26f. Und Gen 2. Die Autorin benennt die Kriterien für Inklusion und Exklusion. Hier legt FISCHER den Fokus auf die Kriterien zur Definition von gesellschaftlichen Differenzen und der gesellschaftlichen Differenzierung im Alten Orient.

Die im vorhergehenden Abschnitt vorgetragenen theoretischen Grundlagen werden sodann auf die biblischen Texte angewendet. Es wird untersucht welche Kriterien in der Bibel zur Anwendung kommen, um die Verschiedenheit der Menschen festzustellen, als da beispielsweise wären:

  • die Genealogie;
  • das Geschlecht und die sexuelle Orientierung;
  • psychische Erkrankungen und Behinderungen;
  • das Alter;
  • der ökonomische Status;

oder

  • Mehrfachdiskriminierungen.

Inklusion, so Gerhard WEGNER „wird gesellschaftlich erst in einer gerechten Verteilung der Ressourcen und Möglichkeiten Wirklichkeit. Die Rechtsgrundlage allein reicht nicht aus. Es braucht tragende Beziehungen“ (S. 25).

So widmet sich der Autor dem Grundproblem liberaler Rechte. „Die Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit liegt […] im Charakter liberaler Rechte begründet; sie macht ihre Stärke (Universalität), aber zugleich auch ihre Schwäche (Irrealität) aus. Und eben dies gilt auch für das Recht auf Inklusion“ (S. 27).

In einem weiteren Abschnitt betrachtet der Verfasser die Inklusion als Dispositiv, um anschließend inklusive Widersprüche und Martha Nussbaus Liberalismus herauszustellen.

Um dann den Kreis zu schließen wird der Bogen zu der der Kirche innewohnenden Inklusionsagentur geschlossen. Zu fragen ist, wer für die Inklusion verantwortlich zeichnet. Von herausragender Bedeutung ist hier die Kirche samt ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn:

  • „Real: Konfessionell gebundene Menschen stellen das größte Engagementpotential (für andere) in Deutschland dar […]. Es sind diese Menschen, die in besonderer Weise motiviert sein könnten, sich für andere einzusetzen. Inklusion ist in unserem Land auf die Bereitschaft dieser Menschen angewiesen. Christlicher Glaube motiviert zu einer proaktiven Haltung der/ dem Anderen gegenüber, die wir herkömmlich mit Nächstenliebe bezeichnen.
  • Symbolisch: Religion und Spiritualität sind prinzipiell äußerst inklusionsfreundlich […]. Der Glaube an Gott ist ‚umsonst‘ und überall zu haben und die mit ihm verbundenen religiösen Ressourcen, die zur Stabilisierung der eigenen Identität führen können, ebenso“ (S. 42).

 

Christiane GRABE stellt fest, dass inklusive Lebensweltbedingungen und die Wertschätzung von Vielfalt und Anderssein, eine inklusive Gesellschaft begründen. Hier widmet sich die Verfasserin den Faktoren:

  • Wohnen, Wohnumfeld und Arbeit;
  • -Gesundheit, Service, Pflege;
  • Partizipation und Kommunikation;
  • Bildung, Kunst und Kultur.

Elzbieta GRÖLZ widmet sich in ihrem Beitrag den Menschen mit speziellen Bedürfnissen, welche in einer stationären Einrichtung oder, mit Erving GOFFMAN (1973) gesprochen, Totalen Institution leben. Die Autorin zeigt die Dezentralisierung am Beispiel des St. Vinzenzstifts auf.

Fazit

Anhand der vier besprochenen Beiträgen soll der Geist dieses Herausgeberbandes dargestellt werden. Es geht um Inklusion. Es geht um Inklusion in Schule und Kirchengemeinde. Leserinnen und Leser, die sich diesen Institutionen verbunden fühlen und sich notwendigerweise auf dem Weg hin zur Inklusion befinden, sei die Lektüre der bis hierhin besprochenen Publikation dringend empfohlen.

Literatur:

GOFFMAN, Erving: Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Frankfurt/Main 1973.
_______________________

Dr. phil. Carsten Rensinghoff

 

Dr. Carsten Rensinghoff Institut – Institut für Praxisforschung, Beratung

und Training bei Hirnschädigung

www.rensinghoff.org

 

Schreibe einen Kommentar