Achim Hubel; Manfred Schuller:
Der Dom zu Regensburg.
(Kunstdenkmäler von Bayern NF 7)
5 Bände. Regensburg: Pustet 2010 – [2015].
ISBN 978-3-7917-2337-2
Band 2. 2014
[VIII], 624 S.
Kathedralen des Mittelalters: Der Regensburger Dom und die ‚klassische‘ Gotik von außen und von innen
Zusammenfassend:
Weit über Regensburg hinaus ist diese umfassende Beschreibung aller Einzelheiten eines Domes einzigartige Forschung. – Hier Band 2 zu den Figuren, den Glasfenstern, dem Domschatz.
Im Einzelnen der Band 2: Textband 2.
Nach dem wunderbaren Riesenband 5, wo man mit Katarina Papajanni den Dom wachsen sehen konnte, und der umfassenden Fotodokumentation Band 4, 2012, dem Textband 1, 2013, folgt hier der Textband 2. [1]
Eine Monographie, die alle Aspekte behandeln soll, aber nicht von einem Autor, sondern mehreren geschrieben wird, kann nicht ganz einheitlich sein, aber dafür tragen Spezialisten ihre Kenntnisse bei, über die ein Einzelautor nicht verfügen kann. Der erste Teil der Monographie umfasst die Stilgeschichte, heißt den Vergleich mit anderen Kathedralen, um das Besondere des Regensburger Doms zu erkennen. Der romanische Dom (Karl Schnieringer, 1-18). Manfred Schuller behandelt die Bauent¬wicklung bis 1500 (19-92), indem er seine Beobachtung der Baufugen und Bauänderungen mit Fotos und Pfeilen so vor Augen führt, wie sie zu der Rekonstruktion der Bauentwicklung führte, die im 5. Band grafisch dargestellt ist. Sehr bedeutend für die Methodik der Architekturgeschichte! Aus einer umfassenden Kenntnis der Gotik heraus bestimmt Peter Kurmann den Ort des Regensburger Doms (93-132): Das ist ein grandioser Entwurf! Gibt es für Regensburg ein Vorbild? Kurmann kann überzeugend darstellen, dass der Baumeister des Regensburger Doms sich an der neuen französischen Gotik, dem style royannant orientiert: die Wände in schmalsten „Strahlen“ der Fenster, Rosen und Wandelemente. Als Vorbild identifiziert PK in der burgundischen Gotik die Kathedrale von Troyes. Der erste Baumeister legte mit dem Grundriss und der Idee des Glashauses mit hauchdünnen Wänden nach dem Vorbild von Saint-Urbain in Troyes ein höchst innovatives Konzept fest. (113) Allerdings verändert der Planwechsel 1290 den Gesamteindruck wieder. Keine klassische Gotik wie im Kölner Dom, sondern etwas gänzlich Neues. Man hätte gerne noch mehr darüber. – Die Stilgeschichte ab 1340 stellt dann Markus T. Huber dar (133-204). Mit der Architektur eng verbunden ist die Ausstattung mit Figuren, das Wechselspiel stellt Achim Hubel auf 180 Seiten dar (205-386): die jeweiligen Dom-Baumeister brachten je neue Ideen und Stile mit, bemerkenswert schon der erste (Erminold¬meister genannt), dessen Bartgestaltung derart der gleichzeitigen Basler Plastik ähnelt (218, Abb. 16), dass man dort seine Herkunft annehmen muss. So kann AH von 1280-1514 etwa 10 stilistische Gruppen von unterscheiden und mit gleichzeitigen Plastiken an anderen Orten vergleichen (Liste der Baumeister 386). Hubel erklärt die frühe Orientierung nach Frankreich hin damit, dass Bischof Johann von Moosburg der Bruder der französischen Königin Isabeau war und 1395 in Paris weilte (319-325). Ein eigenes Kapitel stellen die acht Altäre dar, die AH 425-455 erklärt, dazu einige Grabmäler, den Ziehbrunnen u.a. Ähnlich ergebnis¬reich stellt AH die Glasfenster in den Zusammenhang des Dombaus (456-517; Grundplan auf S. 456). Mit dem Nachweis, dass manche Fenster ursprünglich für einen anderen Ort vorgesehen waren, kommt er zu durchaus anderen Ergebnissen als das CVMA-Handbuch zu Regensburg von Gabriele Fritzsche, 1987). Glänzend die Identifizierung des Stifters Philippus (von Spanheim, Erzbischof von Salzburg, aber nicht geweiht). Ebenfalls voller interessanter Details ist das Kapitel über den Domschatz, wieder von AH geschrieben (518-584,). Einen eigenen Teil bilden die Kapitel zum Hauptportal von Peter Knoch, Friedrich Fuchs und AH 387-424, das als Triangel (Dreieckig im Grundriss, woraus sich zwei Portale ergeben) über siebzig Jahre hinweg gestaltet wurde. Dem „Patchwork“ (PK 387) versucht AH einen Sinn als Marienportal im Grundplan entgegenzustellen, zu dem die 12 Apostel hinzugefügt wurden. Am Schluss stehen Überlegungen zur Farbigkeit des Doms (585-622), eine Frage, die gerade an vielen Bauwerken geprüft wird.
Die Monographie des Regensburger Doms rundet sich allmählich. Es fehlt noch Band 3; er ist für 2015 angekündigt. Der hier besprochene Band 2 ist nicht zuletzt dank der großen Leistung und jahrzehntelangen Beschäftigung Achim Hubels (der weit als die Hälfte des Bandes erarbeitet und geschrieben hat) mit dem Dom und seinen Zeitgenossen zu einer überragenden Monographie und zum Bezugswerk für alle geworden, die etwas über Gotik und das Spätmittelalter forschen. Der Band ist so ex¬zellent bebildert direkt im Text, vieles in Farbe, dass alle Beschreibungen und Vergleiche direkt nachgeprüft werden können. Das ist und wird lange bleiben das Spitzenwerk zur Gotik als materielle Gestalt der Religion des Spätmittelalters.
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[1] Meine Rezension http://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2011/03/06/der-dom-zu-regensburg-von-achim-hubel-und-manfred-schuller/ für Band 5; http://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2014/03/23/der-dom-zu-regensburg/ für Band 1.
13. Februar 2015
Christoph Auffarth
Religionswissenschaft,
Universität Bremen
1 Gedanke zu „Der Dom zu Regensburg“