Mit Kindern Psalmen entdecken
Ausflug in eine andere Welt
Durch Zufall habe ich einen privaten Bibel- bzw. Glaubensgarten besuchen dürfen. Edith hat ihn über Jahre gestaltet und nur das verwendet, was sie geschenkt bekommen oder in ihrem alten Bauernhaus gefunden hat. Ich habe gespürt, wie eng verknüpft die Natur, Ediths Schicksalsschläge und ihre Hoffnungen hier miteinander sind. Jede Station hat einen eigenen Namen und ist einem Psalm zugeordnet, der so wesentlich für Ediths Auseinandersetzung mit ihrem Leben ist. Man spürt förmlich den Trost hinter den Worten. Irgendwo habe ich mal die Aussage gelesen: „In alten Worten aufgehoben“. Da frage ich mich:
Können Kinder diese Kraft der Psalmen spüren – anzapfen???
Darum geht es in diesem Beitrag!
Psalmen klagen, bitten, loben und danken
Die Psalmen sind uralte Worte, die die ganze Gefühlswelt durch bildreiche Sätze abbilden. Somit sind sie wie geschaffen für die GrundschülerInnen. Außerdem sind sie eine Schule des Betens. Für Kinder ist es tröstlich zu erfahren: Alles hat seinen Platz vor Gott – auch die Wut und die abgrundtiefsten Gefühle!
Psalmworte
Für eine Einheit in der Schule wähle ich einzelne Psalmworte aus. Am Ende können die Kinder einen ganzen Psalm kennenlernen, aber für den ersten Kontakt sind einzelne Sätze gut geeignet. Wer mag, kann sich an Oberthür und seine Psalmwortkartei halten. Dort sind Sätze aus den Psalmen ausgewählt und in Kategorien eingeteilt worden. Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Kindern sowie ein Methodenpool runden diese ab. Die Kartei ist schon etwas in die Jahre gekommen. Aus diesem Grund habe ich eine eigene Interpretation für meine Kinder gestaltet:
Einteilung der Psalme
Die Einteilung der Psalmen kann ganz grob in eine positive und eine negative Grundstimmung unterteilt werden. Für eine feinere Untergliederung gibt es einige – leicht unterschiedliche – Kombinationen:
Bitte, Lob und Klage
Klage, Lob und Hoffnung
Bitte, Dank, Lob und Klage
Ich habe mich für die letzte Variante entschieden, die jeweils zwei Paare bilden:
Bitten und Klagen
Die Klage und das Bitten sind miteinander verbunden. Wenn man sie aber kurzzeitig getrennt betrachtet, kann das Augenmerk auf das Klagen befreiend sein. Denn das „Schimpfen“ (auch mit Gott) sollte nicht zu kurz kommen! Die Wut darf rausgelassen werden. Wir sagen, was uns belastet, alleine das Formulieren kann schon heilsam sein und Möglichkeiten aufzeigen. Auch wenn Gott kein Wunscherfüller ist, hilft es zu wissen: Er hört mich. Wir stellen klar: Nicht jede Bitte wird erhört. Trotzdem ist es tröstlich, seine Sorgen vor Gott zu bringen. Es gibt viele Theorien, warum das so ist. In dem Beitrag „Wo ist Gott?“ versuche ich mich an einer Antwort zu dieser Frage.
Schön finde ich den Satz: Durch mein Beten halte ich die Sehnsucht nach einem guten Leben wach. Ich bleibe mit Gott und mir in Kontakt. Und ich rechne mit ihm – trotz allem! Das Zitat von Stefan Jürgens ist ein schöner Denkanstoß für dieses Paar:
„Sage nicht deinem Gott, dass du ein Problem hast, sondern sage deinem Problem, dass du einen Gott hast!“
Loben und Danken
Der Dank stellt nochmals heraus, dass wir nicht alles für selbstverständlich halten, wir danken für das, was ist. Danken hellt unser Leben auf und ändert die Blickrichtung. Wir achten weniger auf das was uns noch fehlt, sondern mehr auf das, was wir schon bekommen haben.
Das Lob kommt gleich danach und gilt Gott allein. Loben und Danken treten oft als Paar auf.
Vier Psalmarten mit einer Zusammenfassung
Verlauf der Einheit
Geschichte „Herr Müller reißt die Arme hoch“
Um in das Thema einzusteigen, nutze ich die folgende Geschichte:
Die Geschichte lese ich mit den Kindern in Abschnitten. Die einzelnen Psalmworte werden auf Plakate notiert. Wir überlegen: Welche Situationen gibt es im Leben, in denen man einen Psalm „braucht“?
Rainer Oberthür unterteilt seine Psalmenworte in 7 Bereiche. Diese Unterteilung ist sehr fein.
I Traurig und allein sein
II Angst haben und erschrocken sein
III Schmerzen haben und tot sein wollen
IV Mutlos sein und sich nichts zutrauen
V Wütend sein und sich beklagen
VI Angenommen sein und vertrauen
VII Sich freuen und glücklich sein
Ich habe folgende Psalmworte ausgesucht:
Die fettgedruckten Psalmen kommen in der Geschichte von Herrn Müller vor und wären meine erste Wahl.
Bitte
•Zieh mich aus dem Schlamm, lass mich nicht versinken. (Ps 69,15) oder
•Höre mein Schreien, mein Herz ist in Angst. (Ps 61,2)
Klage
•Das Wasser geht mir bis an die Kehle. (Ps 69,2) oder
•Ich bin wie ein zerbrochenes Gefäß (Ps 31,13)
•Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heiser (Ps 69,33)
Lob
•Du bist mein Fels, meine Burg, mein Retter. (Ps 18,3) oder
•Lobe den Herrn, meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. (Psalm 103,2)
Danke
•Mit dir kann ich Hindernisse überwinden. Mit dir springe ich über Mauern. (Ps 18,30) oder
•Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt. (Ps 30,12)
In der Erzählung wird deutlich, dass Herr Müller beim Beten nicht in der Klage stehen bleibt. Das findet später nochmals Raum.
Ein Dankpsalm kommt in der Geschichte nicht vor, kann aber zum Abschluss der Geschichte gut thematisiert werden (Stichwort Brombeerkuchen & Freundschaft). Dafür kann ein passender Psalm aus der Bibel ausgewählt werden.
Psalmworte mit allen Sinnen kennen lernen
Wir wählen nun vier Psalmworte für Klage, Bitten, Loben und Danken aus. Diese werden näher betrachtet und ihre Bildsprache wird thematisiert. Wir versuchen die Worte nachzuempfinden: ein zerbrochenes Gefäß wird angeschaut, die Scherben berührt. Welche Gefühle gehen dir dabei durch den Kopf? Wenn die Scherben sprechen könnten, was würden sie sagen? usw. Dazu können eigene Bilder gemalt werden. Jetzt kommen auch die vier oben gezeigten Fotos der Kinder zur Sprache. Besprochen wird hier: Körperhaltung und Mimik.
Finden wir in der Natur Gegenstände, die zu den vier Arten der Psalmen passen? (Federn, Steine, Erde, Blumen …). Diese können in einem viergeteilten Bodenbild „einsortiert“ werden. Dafür verwende ich ein jeweils passend farbiges Tuch und die Fotos der Kinder (s. o). Auch die selbst gemalten Bilder der SchülerInnen können hier ihren Platz finden. Eine weitere Ergänzung wäre eine Bildkartei, die in das Bodenbild einsortiert werden kann.
Ist ein Psalm ein Monolog?
Psalmen scheinen monologisch zu sein. In Wahrheit zeigen sie ein Gespräch zwischen Gott und Mensch. Meist wird ein Monolog des Beters abgebildet. Das zeigt sich daran, dass sich die Stimmung des Beters im Laufe des Psalms wandelt. Auffällig ist, dass kaum ein Psalm in der Trauer bleibt. Am Ende vollzieht sich oft ein Wandel des Betenden. Warum wohl?
Zünftig, zünftig …
In den Psalmen geht es oft genug sprachlich zünftig zu! Starke Gefühle werden hier wortreich ausgedrückt. Und das darf auch sein! Alles hat seinen Platz bei Gott. Ich finde das sehr entlastend …
Psalmworte kreativ gestalten
- Der Deckel eines Schuhkartons wird in 4 Bereiche unterteilt und angemalt (natürlich geht auch ein einfaches DIN-A3 Blatt – macht aber nicht so viel Spaß). Der Deckel ist der Rahmen für unsere Psalmen. Die Kinder ordnen den Psalmtypen ganz frei eine der vier Farben zu.
- Es werden 4 Symbole für Klagen, Danken, Bitten, Loben ausgesucht und aus Transparentpapier oder Tonpapier ausgeschnitten. Darauf können die Kinder ihre eigenen Gebete schreiben oder Psalmworte aus der Bibel. Jetzt werden diese auf das jeweilige Feld geklebt.
Trost finden
Als Abschluss bitte ich jedes Kind, sich einen Trostvers auszusuchen, der ihm in traurigen Zeiten eine Hilfe sein kann. Dieser wird wunderschön gestaltet (z. B. mit Ölkreide) und am Ende von der Lehrkraft laminiert – sozusagen als ewig haltbarer Hosentaschentrost.
Die Psalmen – ein Überblick
Einen wunderschönen Überblick über die Psalmen hat das Bibelprojekt angefertigt:
BibleProject hat es sich zur Aufgabe gemacht, biblische Erzählungen und Themen in kurzen, kreativen Videos anschaulich zu vermitteln.
Einen passenden Kurzfilm zu dieser Illustration (mit Erklärungen dazu) findet ihr hier!