Tatort Bibel

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Patrick Grasser: Tatort Bibel

Religionsunterricht mit Kriminalfällen
aus dem Alten und Neuen Testament

1. Auflage 2012
140 Seiten mit 67 Abb. kartoniert
ISBN 978-3-525-77007-8
Vandenhoeck & Ruprecht  19,95 Euro

 

Dass es sich bei der Bibel um ein Buch handelt, das sich mit den
großen Fragen des Lebens und des Glaubens beschäftigt ist sicherlich unbestritten.  Dass biblische Geschichten aber spannend wie Kriminalromane sein könnte, ist nur wenigen Erwachsenen und noch viel weniger Jugendlichen bekannt.

Handelt es sich bei dem neuen Buch von Patrick Grasser nur um eine sensationsheischende Masche, oder ist religionsdidaktisch „etwas dran“, wenn man im Religionsunterricht biblische Kriminalfälle untersuchen lassen möchte?

Im ersten Teil (S. 7 – 15) legt der Autor seine bibeldidaktischen Prämissen dar: Die biblischen Erzählungen sprechen vielfach von Ungerechtigkeit und Gewalt, stellen die Frage nach Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit und bringen diese in den Zusammenhang von Gottesbild und Menschenbild. Dabei wird weder Gott, schon gar nicht der Mensch idealisiert. Dies ermöglicht einen subjektorientierten und erfahrungsbezogenen Zugang für Jugendliche. „Die Bibel zeigt sich darin von ihrer spannendsten Seite: Geschichten von Neid und Eifersucht, Streit und Mobbing, Feigheit und Hinterlist, Angst und Hass, Mord und Massenvernichtung rücken in den Blickpunkt der Schülerinnen und Schüler, die selbst zu Detektiven werden und in den biblischen Kriminalfällen ermitteln“ (S. 13).

Den Hauptteil des Buches macht das Kapitel „Juniordetektive im RU“ aus. Hier werden sieben biblische Erzählungen – vier aus dem AT, drei aus dem NT – für die Erarbeitung im Unterricht vorgestellt.  Die Themen sind `krimimäßig` ansprechend formuliert: „Blutige Erde“ für Kain und Abel, „Haariger Betrug“ für Jakobs Eskapaden; auch die Erotik spielt eine Rolle wie bei der Geschichte von Joseph und der Frau des Potiphar („Einseitges Verlangen“) und dem harmlos klingenden Titel „Frühlingsgefühle“, der sich auf Davids Liebesaffäre mit Bathseba und auf den Mord an Uria bezieht. Die neutestamentlichen „Krimis“ lauten „Massaker in Jerusalem“, „Falsche Schulden“ (Gleichnis Lk 16,1-9) und „Mord im Weinberg“ (Gleichnis Mk 12,1-12).

Jeder „Fall“ wird mit kompakten Theologisch-Didaktischen Vorüberlegungen eingeleitet, an die sich konkrete Kompetenzen und Ziele anschließen. Es folgt eine Verlaufsplanung, die einen möglichen Unterricht vorstellt. Das Konzept Grassers bezieht sich auf eine weitgehend entdeckerische und selbsttätige Arbeit der Jugendlichen. Diese sollen in verschiedenen Teams den „Fall“ erkunden, Absprachen mit den anderen Teams treffen und gemeinsam die Lösung analysieren und präsentieren. Als Arbeitsmittel werden zu jedem Fall viele anregende und unterschiedliche Materialien zur Verfügung gestellt. Das Spektrum reicht von einer Krimi-Einstiegsseite über Ermittlungsfragen, Tatortspuren, zerrissene Notiz- und Beweiszettel, alte Briefe, Zeitungsberichte bis hin zu Geheimschriften und Worträtseln. Die Materialien sind qualitativ sehr sorgfältig erarbeitet und enthalten eine hohe Motivationskraft. Sie fördern durch ihre kreative Anlage die eigenständige Arbeitsweise sehr. Die Rolle der Lehrerin bzw. des Lehrers ist in diesem Arbeitsprozess eher als Organisator und Moderator zu sehen.

Das Konzept der Juniordetektive, wie Grasser es in diesen sieben Beispielen vorlegt, kann m. E.  ab dem 7. Schuljahr durchgeführt werden. Jedoch können einzelne Materialien auch schon im Unterricht der 5. und 6. Klassen zur Erschließung biblischer Inhalte eingesetzt werden.
Das Projekt der „Geocaching-Detektive ( S. 93 – 128) ist eher für die Jahrgänge 9 und 10 geeignet und erfordert von der Lehrkraft gute Kenntnisse im Umgang mit den neuen Medien, hier speziell GPS. Das Projekt kann auch gut von außerschulischen Gruppen der Jugendarbeit durchgeführt werden. Die Anregung zum Mitmach-Krimi (S. 129 – 137) zur Erzählung von Nabots Weinberg (1 Kö 21) bedarf noch der weiteren Vertiefung.
Mit diesem Buch liegt ein profilierter bibeldidaktischer Ansatz vor, der nicht eng führt, sondern der Jugendlichen hilft, eigene Zugänge zu biblischen Geschichten spannend und kreativ zu erschließen.

 

Dr. Manfred Spieß
Universität Bremen
Religionspädagogik
24.08.2012
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Weitere Veröffentlichung von Patrick Grasser siehe hier:  Trickfilmstudio RU

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