Breckenfelder: Homosexualität und Schule

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Breckenfelder, Michaela (Hg.):
Homosexualität und Schule.
Handlungsfelder-Zugänge-Perspektiven
Verlag Barbara Budrich, Opladen u.a. 2015

 

Eine Rezension von Annebelle Pithan

Dieses Buch ist überfällig! Sexuelle Vielfalt ist – spätestens seit den vehementen Auseinandersetzungen um den baden-württembergischen Bildungsplan – auf der Tagesordnung. Für diejenigen, die schwul*, lesbisch*, bisexuell*, trans* oder inter* leben, ist es ohnehin Alltag, der in der Schule häufig zu wenig berücksichtigt wird. Die zentralen Werte Respekt und Toleranz brauchen im Schulleben und auch im Religionsunterricht nicht nur eine thematische, sondern auch strukturelle Verankerung, wenn sie Wirksamkeit entfalten sollen.
Bisher gab es nur vereinzelte Artikel zum Thema sexuelle Orientierung und Religionsunterricht [1] . Nun liegt erstmals eine zusammenfassende Veröffentlichung vor, die das wichtige Thema LSBTI* und Schule kompetent und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Die Beiträge von Vertreter_innen der Schule, Fortbildung und Hochschule fächern ein breites Spektrum auch im Kontext von Religionsunterricht und den Aufgaben von Religionslehrer_innen auf.

Hier nur einige – hoffentlich die Neugier anregende – Einblicke: Zunächst erläutert Imke Leicht die Konzepte sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität (SOGI) und zeigt inwiefern diese zentrale Dimensionen von Menschenrechten sind. In einem umfassenden Artikel reflektiert die Herausgeberin Michaela Breckenfelder ihre Erfahrungen als Religionslehrerin und zeigt u.a. an einer Checkliste von Fragen, wie die Lehrperson die Lerngruppe, sich selbst und die Rahmenbedingungen reflektieren kann. So kann sich die Lehrperson beispielsweise fragen „Wie tiefgründig ist mein Fachwissen mit Blick auf LSBTI*, um auf Nachfragen der Heranwachsenden profund zu antworten? Warum ist es mir wichtig, das Thema LSBTI* in meinem Unterricht anzusprechen? Möchte ich mich vor meinen Schüler_innen zu diesem Thema positionieren?“

Der homophoben Verbalaggression in Grundschulen, die trotz häufig behaupteter Normalität von Homosexualität in der Gesellschaft, alltäglich ist, widmet sich Martha Römer. Sie zeigt verschiedene Interventionsmöglichkeiten, die die Aussagen als Provokationsversuch ernst nehmen und gleichzeitig nachfragt oder sachlich informiert. In zahlreichen Artikeln wird auch auf die Bedeutung der direkten Begegnung mit LSBTI*-Menschen hingewiesen, um Unsicherheit und Unwissenheit zu überwinden. In diesem Zusammenhang wird das Projekt SchLAu vorgestellt, dass sich Aufklärung in Schulen zum Ziel gesetzt hat. Ebenso können Comics das Leben von Menschen, die sich nicht einem bestimmten Geschlecht zuordnen. Weitere Beiträge fundieren das Thema aus sozialethischer und religionspädagogischer Sicht oder fokussieren auf gendersensible Sprache. Andere zeigen über die bisher genannten Anregungen hinaus, Möglichkeiten der Umsetzung in der Schulpraxis oder untersuchen Einstellungen von Lehrkräften. Eine exemplarische Analyse von Lehrplänen und Schulbüchern des RU an der Realschule wird ebenso thematisiert wie die Situation in der Berufsschule und im Übergang zum Beruf.
Die „betroffenen“ Jugendlichen, die für sich Orientierung suchen, unsicher sind, ob sie ein Coming-out wagen sollen, können gerade in der Schulseelsorge (so Kerstin Söderblom) Schutz und professionelle Begleitung finden. Für Toleranz und Respekt, für die Wahrung persönlicher Grenzen einzustehen, wird auch immer wieder als die Hauptaufgabe des Religionsunterrichts deutlich gemacht.

Wer die Artikel liest (oder auch nur Auszüge schafft), wird wesentliche Informationen und viele Anregungen für die Schulpraxis und die Selbstreflexion erhalten. Im Blick auf die immer noch vorhandene Diskriminierung von Menschen, die andere sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten leben als die als normal geltende Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit, ist es ein wichtiges Ziel von Bildung Vorurteile abzubauen und ein Klima der Akzeptanz zu schaffen. Dass die Religionen häufig zum Gegenteil beigetragen haben und mit ihren Sündenvorstellungen dies zum Teil bis heute noch tun, ist schmerzlich. Umso wichtiger, dass hier ein gegenteiliges Zeichen aus christlicher Perspektive gesetzt wird. Ein notwendiges und sehr empfehlenswertes Buch!

Annebelle Pithan
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[1]  Z.B. Söderblom, Kerstin, Religionspädagogik der Vielfalt. Herausforderungen jenseits der Heteronormativität, in: Pithan, Annebelle u.a. (Hg.), Gender – Religion – Bildung. Beiträge zu einer Religionspädagogik der Vielfalt, Gütersloh 2009, 371-38

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Dr. Annebelle Pithan: Comenius-Institut, Schreiberstraße 12, 48149 Münster, pithan@comenius.de, 0049(0)251/98101-24
http://www.comenius.de/Comenius-Institut/mitarbeiter/pithan.php

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