Rönnberg Peloponnes

Maximilian Rönnberg: Die Peloponnes. Ein archäologischer Reiseführer.

Regensburg: Schnell + Steiner 2023.
383 Seiten: Illustrationen, Karten, Pläne
ISBN 978-3-7954-3825-8.

 

Die Herzregion Griechenlands präsentiert in ihren archäologischen Sehenswürdigkeiten

Eine Rezension von Christoph Auffarth

 

Kurz: Ein sehr gut illustrierter und auf dem neuesten Stand der Forschung informierender Führer zu den (ausschließlich) archäologischen Stätten der Peloponnes in Griechenland.

Ausführlich:
Der Archäologe Maximilian Rönnberg wurde nach seiner ausgezeichneten Dissertation über Athen in der frühen Eisenzeit (11.-6. Jh.)[1] ausgewählt für das Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts. Die Corona-Pandemie machte einen Strich durch den Plan, die archäologischen Stätten rund ums Mittelmeer zu bereisen, er musste in Griechenland bleiben. Aus dieser Begrenzung erwuchs das Projekt eines archäologischen Führers durch die Peloponnes. Ziemlich genau 80 Jahre nach den „Führungsblättern“ für die deutschen Soldaten während der Besatzung Griechenlands 1941 bis Ende 1944 und der daraus ent­standenen Griechenlandkunde von Kirsten/Kraiker[2] führt MR zu den großen antiken Stätten wie Korinth, Mykene, Olympia, aber macht auch bekannt mit den vielen neu ausgegrabenen, oft wenig bekannten Orten und den neu aufgestellten Museen. Übersichtliche Karten, die GPS-Daten der Fundorte, Grundrisse und Farb-Fotografien ermöglichen Besuchern der Stätten die Orientierung und Erklärungen auf dem neuen Stand der Forschung. Diese wird im Anhang knapp bibliographisch erschlossen (daneben die aufwändigen Bildnachweise). Der Führer eignet sich aber auch als Nachschlagewerk, umfassender, genauer, aktueller als die bisher zur Verfügung stehenden Handbücher, wobei die Artikel im Neuen Pauly unübertroffen bleiben, was Geschichte und Religion angeht. Die Zusammenstellung der Architektur-Reste, die man vor Ort sieht, mit den Funden, die in die Museen gesondert aufgestellt sind oder in den Archiven verborgen sind, ist ein Problem. Die gekonnte Präsentation einiger Museen nahebei, die in den letzten Jahren entstanden und Stück um Stück modernisiert werden (Mykene, Tegea, Patras; Argos ist seit langem in Restauration), kommen den heutigen Seh- und Informations-Bedürfnissen entgegen. Aber bei älteren Ausgrabungen wurden die Funde ins Nationalmuseum in Athen gebracht und sind dort in Auswahl ausgestellt. MR nennt manche der Funde, die in den Museen stehen, aber keine Abbildungen. Die archäologischen Fachbegriffe sind in einem Glossar 366-370 erklärt. Eine knappe Bibliographie zu den wichtigsten Publikationen ermöglicht die Vertiefung. Ein Ortsregister erleichtert das Auffinden von Orten des ansonsten nach Regionen mit Über­sichtskarten aufgebauten Führers.

Die Beschreibung der Peloponnes ist explizit ein archäologischer Reiseführer; so sensatio­nelle Orte wie das mittelalterliche Mistra, in der Nähe von Sparta am Abhang des Taýgetos gelegen, oder Monemvasia kommen nicht vor. Dafür führt MR sowohl zu den großen Ausgrabungen als auch zu vielen kleinen, vielfach erst in jüngerer Zeit ausgegrabenen Orten.

Die Einleitung (9-61) gibt eine Darstellung nach Epochen. MR versucht eine Darstellung, die die vielen in den Disziplinen Alte Geschichte und Archäologie kontrovers diskutierten Fragen sichtbar werden lassen (wie schon in seiner Dissertation), besser als einen geglätteten Überblick. Die frühen Epochen, besonders der Bronzezeit und der „Zeit der Experimente“ nach dem Ende der Palastkulturen mit den Neufunden der letzten Jahren (so etwa das letzte Jahrhundert des Palastes von Tiryns und die anschließende völlig andere Siedlungstätigkeit in der Ebene drumherum [S. 140f ist da wenig aussagekräftig]) und die intensive Diskussion zu ihrer Deutung werden ausführlicher vorgestellt und dokumentieren den Fortschritt der Disziplinen, hier das allmähliche Zusammenwachsen der prähistorischen mit der klassischen Archäologie.

Wer immer die Peloponnes bereist, besonders Individualreisende mit einem Interesse an der Antike, sollten diesen Reiseführer in den Rucksack stecken, die dort beschriebenen Stätten erfahren, erwandern, erklettern und dabei Neues entdecken mit den Wegweisern und Erklärungen von Maximilian Rönnberg: ohne diese sehr gut investierte Reisebegleitung wird man vieles verpassen.

 

Bremen/Wellerscheid, November 2023                                                   Christoph Auffarth

Religionswissenschaft,
Universität Bremen

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[1] Maximilian Rönnberg hat in Tübingen promoviert mit der Arbeit Athen und Attika vom 11. bis zum frühen 6. Jh. v.Chr. Siedlungsgeschichte, politische Institutionalisierungs- und gesellschaftliche Formierungs­prozesse. Rahden/ Westf.: Verlag Marie Leidorf 2021. Dazu meine Rezension in: Frankfurter elektronische Rundschau zur Altertumskunde 50(2023), 152 -155 (open access). Rönnberg arbeitet jetzt als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Archäologie und Kulturanthropologie der Universität Bonn. Den Namen des Verfassers kürze ich ab mit den Initialen MR.

[2] Ernst Kirsten; Wilhelm Kraiker: Griechenlandkunde. Ein Führer zu klassischen Stätten. Heidelberg: Winter 51967. Band 2: Die griechischen Randlandschaften und die Inseln. Die Peloponnes ist behandelt auf 127 Seiten in den Kapiteln 12 Korinth und Sikyon, 13 die Argolis, 14 Die südliche Pelopnnes. Die erste Auflage 1955 entstand aus den Führungsblätter[n] des deutschen Kunstschutzes für Soldaten. Beide Autoren waren während des Zweiten Weltkriegs in Griechenland und arbeiteten im ‚Kunstschutz‘ der Wehrmacht. Vgl. Volker Losemann: Nationalsozialismus und Antike. Hamburg: Hoffmann und Campe 1977, 155f, 159f, 248, Anm. 101. Ernst Kirsten (1911-1987) war Schüler von Helmut Berve. Seine Habilitationsschrift behandelte Die dorische Landnahme in Lakonien und Messenien, Heidelberg 1942 ungedruckt, vgl. Losemann 222. EK beteiligte sich an den Ausgrabungen in Kreta nach der Eroberung der Insel 1941 (Genaue Nachweise im Wikipedia-Artikel). Seine Kompetenzen in der Historischen Geographie der Antike berührten die Geographie, die Alte Geschichte und die Archäologie, aber keine zentral. Er wurde Dozent zunächst in Göttingen, dann in Bonn. Erst 1962 wurde an der Universität Bonn ein Lehrstuhl ad personam eingerichtet. In Bonn hatte Alfred Philippson das große Werk Die griechischen Landschaften. Frankfurt am Main: Klostermann 1950–1959 (4 Bände in 8 Teil­bänden) begonnen, dessen letzte Bände EK aus dem Manuskript herausgab und vollendete. 1967 wurde EK Prof. für Alte Geschichte in Wien, Nachfolger seines Lehrers Fritz Schachermayr. – Wilhelm Kraiker (1899-1987) war Klassischer Archäologe. 1943 wurde er Professor in Innsbruck, nach der Katastrophe 1945 erst 1948 Vertreter, dann Ordentlicher Professor in Kiel bis 1968.

 

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