Buch des Monats Dezember 2013: Konfuzianismus als Humanismus

Rz-Lee-KonfuzianismusMing-huei Lee: Konfuzianischer Humanismus. Transkulturelle Kontexte.
Reihe: Der Mensch im Netz der Kulturen.
Humanismus in der Epoche der Globalisierung Band 19.
Bielefeld: Transcript 2013, Personen- und Begriffsregister
 — ISBN 978-3-8376-2515-8 —

Ausführliche Beschreibung: hier

Bereits der Untertitel des Buches verrät, dass es hier nicht um die nationalen Zusammenhänge etwa der Volksrepublik China geht, sondern um ein Humanitätsverständnis, das chinesische Geistes- und Lebenshaltungen prägt.

Der Autor Ming-huei Lee, Forscher an der Academia Sinica in Taipeh (Taiwan), macht von vornherein deutlich, dass man den Konfuzianismus nicht vorschnell als Philosophie oder Religion klassifizieren sollte. Vielmehr zeigt sich, dass gerade der Konfuzianismus seit den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit dem Begriff Humanismus in enge Verbindung gebracht wird. Der Verfasser lässt sich allerdings nicht auf eine komplizierte entwicklungsgeschichtlich zu differenzierende Humanismusdebatte ein, sondern hebt die folgende Grundbedeutung heraus: „Der Humanismus ist keine Schule, sondern eine geistige Richtung, die ausgehend von menschlicher Selbstbesinnung, dem Rang des Menschen neuerlich Anerkennung verschafft“ (S. 10). Die folgenden Kapitel und Textinterpretationen sind auch keine geschlossene systematische Darstellung, sondern eine Art Zusammenschau weitgehend früher schon veröffentlichter Texte.
Nun machen schon eine erste Durchsicht der hier vorgestellten klassischen Texte und die Diskussion um die Bedeutung Kants im Kontext des Konfuzianismus deutlich, wie facettenreich und keineswegs einlinig die Geistesgeschichte Chinas ist. Bedeutung humanistischer traditioneller Werte und Rückkehr zu einem Kulturkonservatismus sind Signale für eine Neuverortung des Humanismus, wie ihn der chinesische Konfuzianismus geradezu vorbildhaft repräsentiert . Dem Autor gelingt es im Sinne einer transkulturellen Analaye udn Einschätzung, Religion als Orientierung hin zu einer umfassenderen Wirklichkeit zu verstehen. Der west-östliche Religionsdialog bekommt ganz erstaunliche, auch widersprüchliche Konturen trotz und gerade wegen der weiterhin geltenden „Orthodoxie“ des Marxismus in China. Dennoch scheinen im Zusammenhang eines umfassenden Humanismus ermutigende Konvergenzen zwischen dem Westen und dem Fernen Osten möglich zu werden. Dass Ming-huei Lee westliche LeserInnen darauf aufmerksam gemacht hat, ist der große Vorzug dieses Buches.

Reinhard Kirste

Rz-Lee-Konfuzianismus, 30.11.2013     Creative Commons-Lizenz

Auf dem Wege der Verständigung: Das besondere Lexikon Christentum – Islam

Rz-Islam-Lexikon-DialogRichard Heinzmann in Zusammenarbeit mit Peter Antes, Martin Thurner, Mualla Selçuk und Halis Albayrak
(Hg.: im Auftrag der Eugen-Biser-Stiftung): Lexikon des Dialogs.
Grundbegriffe aus Christentum und Islam.

— Band 1: Abendmahl – Kult
— Band 2: Kultur – Zwölferschiiten.

Freiburg u.a.: Herder 2013, 851 S., Indices
(türkische und englische Ausgaben in Vorbereitung). — ISBN 978-3-451-30684-6 —

Ausführliche Besprechung: hier

In siebenjähriger Arbeit haben über 100 kompetente Wissenschaftler aus Christentum und Islam zusammen mit der Eugen-Biser-Stiftung in München und der  Islamisch-Theologischen Fakultät der Universität Ankara gemeinsam dieses Lexikon erarbeitet und zugleich die jeweilige Begrifflichkeit auch noch in türkischer Sprache erläutert. Mit über 300 Artikeln ist hier tatsächlich ein Mammutwerk entstanden, das es so bisher auf dem deutschsprachigen Markt nicht gibt.

Den Leitgedanken des Lexikons hat der Vorsitzende der Eugen-Biser-Stiftung, der christliche Philosoph Richard Heinzmann, klar auf den Punkt gebracht: „Es [das Lexikon] ist von dem Leitgedanken geprägt, Christen und Muslimen vertiefte Kenntnisse über die jeweils andere Religion zu vermitteln, ebenso allen an der Begegnung dieser Kulturen beteiligten Menschen Grundlagen für das Gespräch und damit für das friedliche Zusammenleben und das gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenwirken eine Voraussetzung zu bieten“ (S. 7).

Dieses Lexikon hat nicht den Anspruch, für alle theologischen, gesellschaftlichen und kulturellen Probleme im Horizont von Islam und Christentum Lösungswege zu bieten, aber es ist ein beeindruckender „Etappensieg“ kompetenter und nachhaltiger Verständigung über gemeisanme, differierende und gegensätzliche Begrifflichkeiten der beiden Religionen.

Unabhängig davon, wie diese Grundlagenarbeit weitergehen wird, für Forscher/innen und Interessierte ist hier bereits eine wissenschaftlich definitorische Standortbestimmung zwischen Christentum und Islam erreicht worden, hinter die niemand mehr ehrlichen Gewissens zurück kann! Insofern sei den Förderern, Herausgebern, dem großen Autorenteam und auch dem Herder-Verlag ausdrücklich gedankt.

                                                                                                                                                                                     Reinhard Kirste 

 

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                                                                                                                         Rz-Islam-Lexikon-Dialog, 16.11.13

PANORAMA – ein interkulturelles, interreligiöses und internationales Jahrbuch für Erziehung und Ethik

Rz-PanoramaObwohl nur einem kleineren Kreis bekannt und seit 1989 existierend, hat PANORAMA von Anfang an eine internationale Reichweite. Darum ist auch ein großer Teil der Beiträge in Englisch abgefasst. Beeindruckend ist die Liste der Mitarbeitenden, die seitdem für diese Jahrbuch-Zeitschrift geschrieben haben. 
Drei Herausgeber zeichnen verantwortlich: 

  • Prof. Dr.Dr.Dr.Lit. Manfred Kwiran (zugleich Hauptredakteur),Theologische Fakultät der Universität Bern 

Im Beirat des Jahrbuchs wirken bekannte Erziehungswissenschaftler, Theologen, Ethiker und Religionspädagogen aus Europa, den USA, Australien und Südafrika mit.

Der Untertitel von „Panorama“ gibt dann sehr deutlich die Zielrichtung an: 
Intercultural of Interdisciplinary Ethical
and Religions Studies for Responsibel Research.

Diesem Anspruch wird auch der neueste Band Nr. 25 (2013, 204 S.) gerecht.
Weitere Informationen: hier

PANORAMA lädt nachdrücklich dazu ein, über den deutschen religionspädagogischen und theologischen Tellerrand zu blicken, wichtige Entwicklungen der religiösen Erziehung weltweit wahrzunehmen und sowohl in die eigene Forschung wie in die Praxis von Kindergarten, Schule, Universität und Religionsgemeinschaft einzubeziehen. 

 

 

Im Überschneidungsfeld von Theologie und Literatur: Die Bachl-Lectures

Gregor Rz-Hoff-Winkler_PoesieMaria Hoff / Ulrich Winkler (Hg.):
Poesie der Theologie:
Versuchsanordnungen zwischen Literatur und Theologie.
Bachl-Lectures 2007-2011 

Salzburger Theologische Studien Bd. 45. Innsbruck-Wien: Tyrolia 2012. 179 S.
— ISBN 978-3-7022-3192-7—

Ausführliche Beschreibung: hier

Der katholische Dogmatiker und Ökumeniker Gottfried Bachl (geb. 1932 in Linz) gehört zu den weniger bekannten, aber doch wichtigen Theologen im deutschsprachigen Raum, weil er praktische Erfahrung und wissenschaftliche Theologie in vielfältiger Weise miteinander verbindet. So hat er sich nicht nur mit seinen theologiegeschichtlichen Veröffentlichungen einen Namen gemacht, sondern auch mit seinem engen Bezug zur Literatur. Die Salzburger Universität hat es unternommen, die Mehrzahl der sog. Bachl-Lectures zum 80. Geburtstag von Gottfried Bachl zu dokumentieren. Herausgekommen ist ein Kaleidoskop zwischen Theologie, Liturgie und Poesie. Damit wird zugleich ein Signal gesetzt, dass der religiöse Bereich ständige Veränderungen braucht, um durch unterschiedliche Sichtweisen, auch bewusste Irritationen, Glauben heute überzeugend zu leben.

Dieses Buch macht überzeugend deutlich, wie notwendig das Gespräch zwischen Theologe und Literatur ist und unbedingt bleiben muss. Theologie lebt von der Sprache, darum braucht sie die Literatur. Dorothee Sölle hätte sicher – wie immer eigenständig – mit eingestimmt.

Reinhard Kirste

 

                                                                                                                       Rz-Hoff-Winkler_Poesie, 06.10.13    Creative Commons-Lizenz

 

Religiöser Pluralismus und befreiende Theologie – neue Wege interreligiösen Lernens

Rz-Vigil-deutschDas Zentrum Theologie interkulturell und Studium der Religionen der Universität Salzburg hat die Herausgabe eines Buches des lateinmerikanischen  Claretinerpaters José María Vigil ermöglicht.  Es verbindet die Theologie der Befreiung mit religionsplualistischen Intentionen in erstaunlich klarer Weise und leicht verständlicher Sprache:

José Mariá Vigil: Theologie des religiösen Pluralismus.
Eine lateinamerikanische Perspektive.
Herausgegeben von Ulrich Winkler, übersetzt von Helene Büchel
unter Mitarbeit von Reinhard Kirste.
Salzburger Theologische Studien 48    interkulturell 12
Innsbruck-Wien: Tyrolia 2013, 492 S. — ISBN 978-3-7022-3193-4 —

Das spanischsprachige Original, das bereits 2005 erschien, sorgte für erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit und restriktive Reaktionen im Vatikan:

 Teología del pluralismo religioso. Curso sistemático de teología popular .
Quito , Ecuador: Abya Yala 2005, 389 S.
Rezension: hier

Die deutsche Ausgabe hält sich einerseits recht sorgfältig an den spanischen Text, berücksichtigt aber andererseits auch den deutschsprachigen Kon-Text, in dem das Buch nun bekannt werden soll.  Lateinamerika wird in seiner Aufbruchs- und Veränderungssituation insgesamt zu wenig wahrgenommen. Das hat  den Dogmatiker Ulrich Winkler dazu bewogen, dieses Thema einem breiteren deutschsprachigen Leserkreis nahezubringen. Es ist ein  Versuch, den eigenen Glauben neu zu bedenken. Fragen und Anregungen eröffnen viele didaktische Möglichkeiten. Sie sind unter Rücksprache mit dem Autor zum Teil entsprechend angepasst worden.

Vigil betreibt also eine Theologie des Volkes unter den Kennzeichen der Gerechtigkeit, der Option für die Armen und der Gleichwertigkeit unterschiedlicher religiöser Glaubensweisen. Hier ist wahrhaft noch einiges im religiösen Verständnis nachzuarbeiten, und zwar weltweit! Vigils Buch gibt wichtige Anstöße für theologische Revisionen im Sinne hermeneutischer Neuzugänge. Lateinamerikanische Sichtweisen können gerade den deutschsprachigen Theologien und Kirchen Zukunftsimpulse vermitteln …

Mehr zu José María Vigil : hier

Rz-Vigil-deutsch, 09.08.2013

 

 

 

 

Religionsmonitor 2013 – Studie: „Religiosität im internationalen Vergleich“

Rz-Religionsmonitor-internationalDer Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung 2013 hat im Frühjahr erhebliche Beachtung und Diskussionen ausgelöst. 
Das gilt für den Bereich: „Religiosität und Zusammenhalt in Deutschland„.
(vgl. Besprechung in den „Ein-Sichten“ vom  25.06.2013).

Der kürzlich vorgelegte Teil über Religiosität im internationalen Vergleich“ dürfte eine ähnliche Wirkung zeigen.
Der Leipziger Religionssoziologe Gert Pickel hat die Auswertung vorgenommen.

Hier der gesamte Text zum Download

Das MIGAZIN, Fachmagazin für Migration und Integration in Deutschland (25.06.2013) hat eine übersichtliche Beschreibung und differenzierte Bewertung vorgelegt. Sie zeigt, dass bei den Länderuntersuchungen Religiosität in Europa kontinuierlich abnimmt (mit einigen typischen Länderabweichungen), aber außerhalb Europas eine gesellschaftlich entscheidende Rolle spielt. Dabei ist in Europa insgesamt ein recht entspanntes Verhältnis zu Religion(en) zu beobachten. Eine Ausnahme bildet der Islam. Er wird weiterhin überwiegend  negativ eingeschätzt und gilt für viele nicht mit der Demokratie vereinbar. Nachdenklich machende und zum Teil beunruhigende Bilanzen, auf die Religionsgemeinschaften und politisch Verantwortliche unbedingt angemessen reagieren müssten!

Man darf auf die weiteren Auswertungen gespannt sein! 

Buch des Monats Juli 2013: Reformer im Islam

Rz-Amirpur-Islam-neuKatajun Amirpur: Den Islam neu denken. 
Der Dschihad für Demokratie, Freiheit und Frauenrechte
Beck`sche Reihe: bsr 6075. München: C.H. Beck 2013. 256 S. Abb.
— ISBN 978-3-406-64445-0

Ausführliche Besprechung: hier

Die Autorin, inzwischen Professorin für Islamische Studien in der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg, hat sich schon längst einen Namen gemacht, nicht nur als Journalistin zum Thema Islam, sondern auch als kompetente Islamwissenschaftlerin. So nimmt man mit Spannung ihre neue Publikation zur Hand, weil schon der Titel ahnen lässt, dass es hier um ein dem Islam gemäßes und zugleich modernes Verständnis dieser oft diskreditierten Religion geht. Das Vorurteil eines nicht der Moderne fähigen und unaufgeklärten Islams möchte Katajun Amirpur nicht nur allgemein begegnen, sondern dies auch konkret an ReformerInnen des Islams nachweisen.

Für ihre beeindruckende Vorstellung  islamischer Neudenker  hat die Autorin aus der großen und allgemein wenig beachteten Vielzahl von Reformern die folgenden ausgewählt: Nasr Hamid Abu Zaid, Fazlur Rahman, Amina Wadud, Asma Barlas, Abdolkarim Soroush und Mohammed Mojtahed Shabestari.

Bilanz
Die hier zusammen gestellte Auswahl progressiver islamischer Denkerinnen und Denker bestätigt, dass es „den Islam“ nicht gibt, sondern auch innerislamisch intensiv um ein angemessenes heutiges Verständnis des Korans und islamischer Lebensgestaltung gerungen wird. Gerade angesichts der vielen Vorurteile gegenüber der geistigen Unbeweglichkeit des Islam ist dieses Buch eine notwendige Klarstellung. Auch weil es gut recherchiert und übersichtlich zu lesen ist, wäre zu wünschen, dass diese hier vorgestellten Muslime einer breiten Öffentlichkeit bewusst werden.

Dieses Buch gibt damit wertvolle Impulse, die Reformgedanken muslimischer Theologen gesellschaftlich und praktisch umzusetzen.

Reinhard Kirste

 Rz-Amirpur-Islam-neu, 30.06.12   

Moderne jüdische und islamische Literatur als interreligiöse Horizonterweiterung

Rz-Gellner-Langenhorst-BlickwinkelChristoph Gellner / Georg Langenhorst:
Blickwinkel öffnen. Interreligiöses Lernen mit literarischen Texten.

  Ostfildern: Patmos 2013, 375 S.  — ISBN 978-3-8436-0343-0 —

Im Rahmen des Seminars „Interreligiöses Lernen und dessen theologische Grundlagen“ im Sommersemester 2013 an der TU Dortmund wurde auch das folgende Buch ausführlich vorgestellt . Die Bedeutung hier ausgwählter literarischer Texte der Gegenwart, und zwar von deutschsprachigen jüdischen und muslimischen Autoren liegt in deren Grenzen überschreitenden Religiosität. Religiöse und kulturelle Pluralität wird zum pädagogischen Gewinn.

Die beiden Autoren, Christoph Gellner und Georg Langenhorst, haben beide Katholische Theologie studiert und sich darüber hinaus intensiv mit Literaturwissenschaft  beschäftigt.

Ziel des Buches „Blickwinkel öffnen“ ist also interreligiöses Lernen zu ermöglichen mit Hilfe von literarischen  deutschsprachigen Texten aus Schlüsselwerken unserer Zeit. Wahrheiten außerhalb des eigenen Blickfeldes sollen damit sichtbar gemacht werden. Es geht also darum, den eigenen Denkhorizont zu erweitern durch das Öffnen von neuen Blickwinkeln.

Die Autoren versuchen darum eine möglichst umfassende Erschließung der für interreligiöse Lernprozesse aus ihrer Sicht relevanten Schlüsselwerke zeitgenössischer deutschsprachiger Literatu aus Judentum und Islam.

Das Buch gliedert sich im Wesentlichen in zwei Hauptteile:

  • Spiegelungen jüdisch-religiösen Lebens heute
  • Islam-Wahrnehmungen  im Orient und vor der eigenen Haustür.

Als Ertrag werden dann am Ende des Buches Grundzüge einer literarisch sensiblen Didaktik der Weltreligionen gezeichnet.

Ausführliche Besprechung: hier

 Sybille Schulz-Kaymer

 Rz-Gellner-Langenhorst-Blickwinkel, 24.06.13     Creative Commons-Lizenz

 

 

 

 

Buch des Monats Mai 2013: Macht und Ohnmacht der Religionen

Rz-Boberski-WeltmachtHeiner Boberski / Josef Bruckmoser: Weltmacht oder Auslaufmodell.
Religionen im 21.Jahrhundert
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Innsbruck-Wien: Tyrolia 2013, 222 S.
— ISBN 978-7022-3239-9 — auch als E-Book erhältlich

Ausführliche Beschreibung: hier

 Die beiden Journalisten und zugleich theologisch kompetenten Sachbuchautoren Heiner Boberski (Wiener Zeitung) und Josef Bruckmoser (Salzburger Nachrichten) nehmen sich in leicht lesbarer, aber keineswegs populistischer Form den Schwankungsfeldern von Religion an. Sie konstatieren für die Gegenwart Ablehnung von (organisierter) Religion einerseits und neue religiöse, oft seltsame Phänomene andererseits. Ihre Einschätzungen sichern sie immer wieder mit statistischen Belegen ab. Hinzu kommen medienwirksame Auftritte religiöser Persönlichkeiten wie die des Dalai Lama und der Päpste. Darum lohnt sich ein genaueres Nachschauen, denn: „Die religiöse Weltkarte ist … im Lauf der Geschichte nie über längere Zeit stabil geblieben … “ (S. 20).

Letztlich wirken Religionen am intensivsten und überzeugendsten mit ihrer dialogischen Friedensmacht, immer wieder geprägt durch Vorbilder des engagiert gelebten Glaubens. So gesehen sind sie keineswegs ein Auslaufmodell. Wichtig aber bleibt, dass nicht immer wieder religiös motivierte Brutalität, diese Versöhnungskräfte diskreditiert. Das vorliegende Buch stellt angenehmerweise nicht nur Fragen oder referiert Gesellschaftsanalysen, sondern zeigt, wie Religionen als Brücken einer gerechten und solidarischen Zukunft der Menschheit dienen können – eine schöne Verbindung und ein wichtiger Aufruf zu respektvoller Verbindlichkeit gegenüber allen Andersglaubenden. Es ist ein Buch, dem man viele Leser wünschen möchte.

Reinhard Kirste 

Rz-Boberski-Weltmacht, 27.04.13

 

 

Religionsmonitor 2013: Religiöse Vielfalt in Deutschland

Rz-Religionsmonitor 2013Die jüngst erschienene Studie der Bertelsmann-Stiftung hat ein lebhaftes Medien-Echo hervorgerufen:  

Religionsmonitor – verstehen, was verbindet.
Religiosität und Zusammenhalt in Deutschland

Die 73 Seiten starke Vorab-Studie haben die Religionssoziologen Detlef Pollack und Olaf Müller (beide Universität Münster) erarbeitet. Sie ziehen aufgrund des statistisch erhobenen Materials und entsprechender Auswertungen eine erste vorläufige Bilanz in vier Themenfeldern:

 

  1. Abnehmende Kirchlichkeit, Marginalisierung von Religion und Interesse an alternativer Religiosität.
  2. Die Bedeutung von Werten für die menschliche Gesellschaft, die weithin nicht mehr religiös begründet werden.
  3. Die erstaunliche religiöse Vielfalt in Deutschland, die zum Teil als Bereicherung empfunden wird, ohne dass sehr starke Tendenzen nach praktischer religiöser Begegnung bestehen. Zugleich hat die Islamfeindlichkeit in Deutschland beunruhigende Ausmaße angenommen.
  4. Im Fazit betonen die Autoren, dass angesichts der wachsenden religiösen Vielfalt Menschen in Ost und West die religiöse Pluralisierung als kulturelle Bereicherung, aber auch als Ursache für Konflikte ansehen (S.55). Insgesamt haben trotz der Entkirchlichungs- und Säkularisierungsprozesse Religiosität und religiöse Zugehörigkeit immer noch grundlegende Bedeutung (S. 56).

Die gesamte Studie „Religionsmonitor“: hier zum Download

Eine Reihe von Medien haben aus dieser weitreichenden Analyse den Schwerpunkt ihrer Kommentierung auf die Islamfeindlichkeit gelegt, wie ein Überblick der Pressemeldungen bei Google-News deutlich macht. Damit wird ein lange schon bekanntes gesellschaftliches vourteilsbehaftetes Konfliktfeld auch soziologisch untermauert, das angesichts zahlreicher positiver Einschätzungen von religiöser Vielfalt zu Besorgnis Anlass gibt und dringend auch politisches Gegensteuern erfordert.

Für die vertiefende LektüreBücher mit Besprechungen zum Thema: