Wochenaufgabe 4 (Anschluss ermöglichen)

Hallo openreli,

weiter geht´s mit dem „Reisebericht“ durch meine Lernlandschaft…

Nach dem Ausflug auf die Metaebene, wo wir Vorerfahrungen, Rollen, Erwartungen, grundsätzliche Bedürfnisse und Bedenken für den Moment geklärt haben, waren die Weichen gestellt, um gemeinsam die ersten konkreten Schritte zu planen und sie Landkarte für die Lernlandschaft anzulegen.

Der Wunsch für den zentralen Kompetenzbereich des Schuljahres kam schon in der allerersten Stunde aus der Lerngruppe: Die Schülerinnen und Schüler möchten gern die Aufgabe der Sterbebegleitung im Altenheim bzw. in der ambulanten Pflege so kompetent wie möglich bewältigen und sehen „Religion“ dabei als wichtige Ressource an. Damit war die übergreifende Lernsituation bereits ausgehandelt.

So sind wir anschließend praktisch vorgegangen:

Ich habe die Kompetenz-Frage formuliert – „Sie werden in Ihrem Beruf in die Situation kommen, dass ein Mensch stirbt. Was möchten Sie dafür gern können?“ – mündlich in den Raum gestellt, und dann schriftlich in die Mitte einer Pinnwand gepinnt.

Die Schülerinnen hatten 5 Minuten allein mit Zettel und Stift, um sich Gedanken zu machen, dann gab es 10 Minuten Gelegenheit zum Gespräch mit der Nachbarin/dem Nachbarn, und anschließend haben wir die verschiedene „Wunschkompetenzen“ an der Pinnwand gesammelt, geclustert und mit Überschriften versehen. Hier das Ergebnis:

Pinnwand Kompetenzencluster

Was hier so harmlos (und im Moment noch unlesbar, ich weiß – Moment bitte!) aussieht, ist Ergebnis eines engagierten Austauschs: Erste selbst erlebte Szenen wurden erzählt (wichtiger Stoff für die späteren Aufgaben, vor allem aber unschätzbar wichtig für die Motivation), Projektideen angerissen, strukturierende Vorschläge gemacht („Das brauchen wir alle noch mal“ – „das sind speziellere Interessen“ – „hier kenne ich einen Experten“ – „das könnte eine von uns  bearbeiten und uns dann alle darüber informieren“ – „hierzu hab ich schon mal eine Fortbildung gemacht und kann berichten“ –  …). Die ganze Zeit über waren die SchülerInnen ganz bei sich und den eigenen Kompetenzzielen – zumal sie wussten, dass es nicht zu einer Abstimmung oder dergleichen kommen würde, sondern dass sie tatsächlich die freie Wahl haben würden,  welche mögliche Situation Ihnen besonders auf den Nägeln brennt, woran sie also arbeiten möchten. Die Aufmerksamkeit lag bei ca. 95%, die Beteiligung bei über 50 % – bei 31 SchülerInnen nicht selbstverständlich…

Wenn Sie nun denken: „Na ja, Altenpflege, da ist das ja einfach…!“ – stimmt, wohl wahr! So glatt geht es nicht überall, aber prinzipiell und etwas methodisch angereichert hab ich das auch schon im BVJ, in der BF 1 und 2, im Beruflichen Gymnasium, in der HBFS und bei den Erzieherinnen ähnlich gemacht. Knackpunkt gleich zu Beginn ist nach meiner Erfahrung die Eröffnungsfrage: Wenn ich die Gruppe frage „Was interessiert Sie?“, „Worüber möchten Sie sprechen?“, bekomme ich Themenstichworte genannt. Von da aus ist der Weg zu Kompetenzen recht weit, auch für mich. Wenn ich (sinngemäß, in der Klasse angepasster Variante) hingegen frage „Was möchten Sie gern können?“, „Was möchten Sie im Reliunterricht für Ihr Leben lernen?“, „Was sollte hier passieren, damit Sie sagen, dass es sich gelohnt hat?“ oder auch „In welchen Situationen begegnet Ihnen Religion in Ihrem Leben?“ entsteht ein ganz anderes Gespräch. Das darf auch zutiefst kritisch sein, auch damit kann man ja arbeiten…. Wenn jemand an entsprechenden Methoden interessiert ist, kann ich übrigens  (später!) gern Ideen beisteuern, da hätten auch meine Refs was von…

Ich werbe jedenfalls ausdrücklich dafür, nicht mit einer (noch so gut durchdachten) fertigen Einheit in die Klasse zu gehen, sondern von Anfang an die Verantwortung für Ziele und Vorhaben mit der Klasse mindestens zu teilen, nach und nach auch weitgehend zu delegieren. Das gilt für die Ausgangssituation, aber auch für jeden Schritt danach – die Schülerinnen sollen lernen, in Situationen mit religiösem Kontext kompetent zu agieren, und das lernen sie nicht, wenn sie meinen Plänen und Entscheidungen folgen, sondern wenn sie selber planen und entscheiden lernen. Dies ist m. E. bei manchen der diversen Kriterienkatalogen noch nicht zu Ende gedacht. Ich kann nicht beides haben: Orientierung an individuellen Entwicklungsprozessen der Schülerinnen einerseits, Selbstverantwortung, Offenheit für verschiedene Lernwege, Kompetenzzuwachs auf der Metaebene –  und eine Lehrerrolle, bei der ich dafür die Ideen mitbringen, die Prozesse kontrollieren, jederzeit die Zügel in der Hand haben muss. Das muss ja zwangsläufig zu Überforderung führen…

Dass sich bei mir im Lauf der Zeit dann doch eine Sammlung „guter“ Aufgaben entwickelt, die ich der Gruppe (und den KollegInnen) zur Auswahl stellen oder als Anregung eigener Ideen zeigen kann, steht auf einem anderen Blatt, dazu später mehr – aber eine Flut von differenzierten „Arbeitsblättern“ ist keine Voraussetzung für guten kompetenzorientierten Unterricht. Ich kann auch nur mit der Eröffnungsfrage in die Klasse gehen und aufmerksam begleiten, was dann passiert. Das kostet Mut, ganz sicher, aber vielleicht nur beim ersten Mal… Den Wechsel des Klimas, das Aufblitzen der Motivation sollte man jedenfalls mal erlebt haben.

Regelmäßig erlebe ich übrigens, dass SchülerInnen im Lauf des Schuljahres beginnen, mir ihre Anforderungssituationen  von sich aus anzutragen und um die Beratung der Klasse bei der Lösung des Problems dahinter zu bitten – sehr schön war im letzten Jahr z. B. der Impuls „Ich möchte meiner Tochter zu Nikolaus ein Buch mit der Weihnachtsgeschichte drin schenken – welches empfehlen sie mir?“ Zwei Doppelstunden später hatte die Schülerin 22 Bucheinschätzungen aus der Klasse vorliegen, die Highlights wurden heftig „beworben“ – und wieder zwei Stunden später gab es dann den Bericht, wie dem Kind das Buch gefallen hat.  Meine Rolle: Die Bücher anschleppen (auch nur, weil ich sie zufällig besitze – sonst hätte der Weg zur Bücherei zur Aufgabenstellung gehört) und den Buchempfehlungsbogen, eine meiner Universalaufgaben, ausdrucken. Moderieren. Zeit geben. Am Ende fragen: Und was können wir jetzt besser? – Wo können wir das noch gebrauchen? Für´s Gewissen: Verortung im Lehrplan (passt!). Fertig! Und das ist nur ein Beispiel von vielen, vielen, vielen.

Nun aber zurück in die Altenpflege! Die Pinnwand mit dem Kompetenzencluster war also unser gestriges Handlungsprodukt nach dem ersten Schritt. Wir sind pünktlich fertig geworden, alle Bedürfnisse sind aufgenommen, die Gehirne sind eingeschaltet auf der Suche nach Ideen, Produkten, Materialien… Für mich folgt jetzt ein wesentlicher Vorbereitungschritt – bevor ich davon erzähle, werde ich aber erst mal die Hilfsmittel auf den konkreten Fall anpassen, damit die Anschauungsmaterialien stimmen. Bis später also!

 

Wochenaufgabe 4 (Start)

Hallo openreli,

also gut, ich versuch´s mal. Inzwischen hab ich genug Kommentare, Twitterbeiträge usw. gelesen, um so ungefähr ein Bild davon zu haben, was vielleicht nützlich sein könnte. Mir schwebt vor,

  • Euch exemplarisch von unserem Unterrichts-Gedankengang in einer Klasse zu erzählen,
  • meine Vorüberlegungen, konzeptionelle Kommentare und Reflexionen einzustreuen
  • auch in Auseinandersetzung mit dem, was mir hier an Kriterien, Beispielen und Entwürfen begegnet
  • und Beispiele für hilfreiche Materialien an passender Stelle einzufügen
  • sowie ggf. auf Eure Kommentare, Rückfragen, Kritik zu reagieren. Ich hoffe, Ihr gebt mir Anlässe dazu 😉

Ich hab die Klasse heute gefragt, ob ich (in aller Vorsicht)  über unseren Unterricht bloggen darf ;-). Ich darf. Unterdessen lerne ich vermutlich, wie das mit Dateien, Fotos etc. geht.  Also los…

Zunächst das Nötigste zur Klasse: Ich erzähle aus einer Altenpflege-Mittelstufe, die ich im ersten Ausbildungsjahr nach drei Wochen abgeben musste und nun für 2 Jahre wieder übernommen habe. Der Unterricht ist geblockt, d. h. wenn die Klasse im Haus ist, haben wir 4 Wochenstunden (rechnerisch 1 Doppelstunde) , dann aber wochenlang wieder gar keinen Unterricht. Bitte nicht gleich aussteigen – was ich hier „erzählen“ werde, ging letztes Jahr vergleichbar auch in rechnerisch nur einer Wochenstunde, mit der Hälfte an „Outcome“, aber nach den gleichen Prinzipien. Die Gruppe besteht aus 31 Personen im Alter zwischen 18 und 50+ Jahren, ist religiös und konfessionell bunt gemischt und bringt vielfältige Vorerfahrungen, frühere Ausbildungen, familiäre Kontexte etc. mit … aber das kennt Ihr ja vermutlich auch, sofern Ihr an einer BBS/am Berufskolleg eingesetzt seid.

Am Dienstag hatten wir die (neu-)konstituierende Stunde (eine Einzelstunde, donnerstags haben wir einen Dreistundenblock, was ich als ungewohnten Luxus empfinde). Vorsichtig formuliert war der Empfang wenig überschwänglich, die Klasse hatte im ersten Jahr Unterricht unter verschäften Bedingungen erlebt (eine Einzelstunde je Woche an ausfallfreundlichen Tagen – da kann man kaum sinnvoll arbeiten, aber wem sag ich´s…) und brachte mir entsprechende Skepsis entgegen. Das Gefühl von „4 Stunden Reli pro Woche- was für ein Luxus!“ war also recht einseitig ;-).

Wir haben uns deshalb verhältnismäßig viel Zeit genommen, um vor allen Ausbildungsinhalten miteinander zu klären, was denn – Hilbert Meyer hin oder her – für die Schülerinnen und Schüler eigentlich „guter Unterricht“ ist.  Also ein Einstieg auf der Metaebene: Welche Bedingungen helfen uns beim Lernen, wie sollte Unterricht arrangiert sein, was erwarten, wünschen, fürchten wir, wie wünschen wir uns die Person der Lehrerin und unsere Beziehung zu ihr?

Methodisch sind wir zwei Schritte gegangen:

Nach einer ersten Kennenlernrunde haben wir für einen Rückblick auf das erste Jahr zunächst mit einem Material der Firma Metalog (kann man googeln) gearbeitet: „Moderationsbälle“. Das sind handliche bunte  Schaumgummiteile mit Symbolcharakter, mit denen man alle möglichen Einstiegs- und Reflexionssituationen gestalten kann. Ich finde sie auch deshalb toll, weil man sie werfen kann, ohne dass jemand verletzt wird – so funktionieren sie wie „Sprechsteine für Erwachsene“. Praktisch ging das so: Eine Freiwillige zieht einen Moderationsball auch einem Beutel – ich verlese den passenden Impuls – die Freiwillige äußert sich zuerst dazu, dann darf jeder, der will – der Ball wird zugeworfen, und wer ihn hat, hat das Wort. Unsere Beispiele: Der Schlüssel für „Eine Schlüsselerkenntnis war…“, das Herz für „Das habe ich erlebt/gefühlt…“, die Glühbirne für „Welcher Geistesblitz war wichtig?“ – und dann der Eisbrecher für diese Gruppe: Der Schraubenschlüssel für „Welches Handwerkszeug möchte ich mitnehmen?“ es gibt noch etliche andere Bälle, aber der hier hat uns zum Kern gebracht, und danach waren wir heftig im Gespräch über „Was bringt Religion an der BBS/ in der Altenpflegeausbildung?“. Wunderbar… wenn auch immer noch verhaltener, als ich es gewöhnt bin.

Am Donnerstag haben die Schülerinnen und Schüler in Gruppen Plakate unter der Überschrift „Guter Unterricht“ vervollständigt. Diese Phase haben einzelne Gruppen bereits genutzt, um mir etwas konkreter ihre Einstellung zum Reliunterricht zu erläutern. Die Ergebnisse haben wir anschließend verglichen, erklärt, mündlich mit Beispielen angereichert usw. und so nach und nach einen Klassen-Konsens hergestellt. Für mich war das gleichzeitig eine Gelegenheit, eine Unzahl an Fragen zu meinem „Stil“ zu beantworten (O-Ton am Dienstag: „Was haben Sie denn für Unterrichtslaster?“ – gemeint waren die typischen Lieblings-Methoden…) und viele kleine Verabredungen auszuhandeln.

Falls jemand mal gucken will (und falls ich es technisch gebacken kriege) hier unsere Plakate … nö, klappt nicht, da hab ich jetzt keine Geduld für – schade!!!Ha, jetzt doch… am Ende dieses Beitrags solltet Ihr das anklicken können, und es öffnet sich ein Dokument. Hoffentlich. Die Bilder an sich wollten nicht eingefügt werden.

Also, für alle Fälle: Das stand drauf:

Guter Unterricht…

  • ist informativ
  • ist gut strukturiert
  • ist verständlich
  • macht Spaß
  • ist abwechslungsreich  – aber ohne Rollenspiele, ohne Plakate,  ohne Einzelreferate, mit wenig Gruppenarbeit
  • bedeutet faire Benotung
  • ist von respektvollem, angemessenem Umgang miteinander sowie Meinungsfreiheit geprägt
  • bezieht alle mit ein
  • lebt von passendem Zeitmanagement (keine überlangen Präsentationsphasen, genug Zeit zum Verstehen und zur Reflexion, Klarheit bei Abgabeterminen)

Ausdrücklich gewünscht werden…

  • Gelegenheit zu selbstständigem Arbeiten
  • Möglichkeit der Mediennutzung im Unterricht
  • vielfältige, auch kreative Arbeitsanregungen
  • Aufgaben mit Ausbildungs- bzw. Praxisbezug, wenn möglich mit praktisch einsetzbaren Handlungsprodukten
  • Wahl von Präsentationsmöglichkeiten
  • gemeinsame Feiern
  • Exkursionen

Die Gesprächsschwerpunkte und Verabredungen:

Zur Aufgabenkultur: Hier haben wir die Wünsche aus der Klasse eher noch erweitert. Es wird vielfältige Aufgabenstellungen und Angebote geben, aber immer auch den „Joker“ („Stellen Sie sich selbst eine Aufgabe“). Wir entscheiden gemeinsam, welche Aufgaben alle aus der Gruppe lösen sollten und wo Spezialisierungen möglich sind. Der Arbeitsplan wird gemeinsam entwickelt. Berufsbezug ist selbstverständlich, es darf aber auch um eigene Fragestellungen gehen. Hauptsache (O-Ton): „Echte Probleme, realistische Situationen“ – keine künstlich konstruierten Beispiele, sondern entweder wirklich erlebte Situationen oder solche, in die wir vermutlich tatsächlich kommen werden. Die Klasse ist außerdem bereit, auch schrägere Ideen, Methoden und Vorgehensweisen zu erproben und mir dazu Rückmeldungen zu geben. Blog inklusive.

Zu den Sozialformen: Auch hier wird in aller Regel eine freie Wahl möglich sein – wenn die Aufgabe nicht aus sich heraus Kooperation erfordert, ist Einzelarbeit okay, Partner- und Gruppenarbeit ebenfalls. Plenumsphasen wird es geben, wenn sie passen, aber nicht als Regelfall. Wichtig sind uns Phasen wechselseitigen Lehrens und Lernens (sie ersetzen oft die üblichen „Präsentationen“ und Referate).

Zu den Noten: Die Klasse lässt sich auf mein pädagogisches „Experiment des Jahres“ ein und erprobt mit mir statt der klassischen Noten ein Punktesystem. Dies bietet viele Vorteile (wie mir die Schülerinnen übrigens von sich aus erläutert haben, ohne dass ich großartig werben musste) und erweitert die kreativen Möglichkeiten enorm. Dazu blogge ich sicher später mehr, aber besser erst, wenn ich die Anschauungsmaterialien für diese Gruppe fertig habe 😉

Zur Stimmung/Umgang/Beziehungen: Da war ich verblüfft – hinter dem häufig genannten „Respekt!!!“ verbarg sich weniger der Wunsch, respektiert zu werden, als der dringende Wunsch, es mit einer „Respektsperson“ zu tun zu haben. Aaaah ja… ??? Das Bedürfnis dahinter hat mir dann völlig eingeleuchtet: Man erwartet von mir, einen Rahmen für konzentrierte Arbeit schaffen und aufrechterhalten zu können – vor allem aber authentisches Auftreten: keine unechte Strenge, aber auch kein unechter Humor, keine künstlichen Versuche, mich beliebt zu machen (oder unbeliebt), kein Versuch, die Tagesform zu verbergen oder sonst irgendwie eine Rolle zu spielen. Überblick, Fairness, Klarheit. Viel Verständnis, aber nicht „weichgespült“. Dazu möglichst ein Gefühl dafür, wann strukturierendes Eingreifen passend ist und wann Freiraum für eigene Wege gelassen werden sollte (möglichst oft, aber nicht so, dass man sich verliert).

Zur Metakognition: Das alles werden wir erproben und regelmäßig miteinander abgleichen, was wirkt, was nicht wirkt und was unerwünschte Wirkungen hat – ob das mit den Punkten funktioniert – welches Maß an Struktur für uns passt – wer wem mit welchem Verhalten auf den Keks geht etc. pp. Und wir werden darüber sprechen (Wunsch aus der Gruppe, ich schwöre!), wer welche Bedingungen zum Lernen braucht, wer sich selber was vornimmt, welche Lernwege und Aufgaben zu wem passen, wer welches Expertenwissen oder welche Kontakte zu Experten einbringen kann und wer welche gezielte Unterstützung benötigt.

Insgesamt hat es drei Unterrichtsstunden gekostet, diesen Punkt zu erreichen. Die Stimmung hat sich im Lauf des Gespräches nach meiner Wahrnehmung völlig gedreht, die Beteiligung ist sprunghaft angestiegen, der Grad der Konkretheit hat zugenommen. Und aufwändig war das nicht: Es hat vier Impulse auf der Symbolebene gekostet (die Moderationsbälle, die man auch durch Bilder oder sonstwas ersetzen könnte) und fünf vorstrukturierte Plakate (die ich nachher bestimmt noch als Foto eingebaut kriege…) – die zu malen war eigentlich die einzige echte „Vorbereitung“. In der Stunde hab ich nur moderiert und Fragen beantwortet – das war überhaupt nicht anstrengend, sondern sehr anregend.

„Kompetenzorientiert“ – ja, klar: Sich selber überlegen, was am Ende herauskommen soll, was wir können wollen und wie wir da am besten hinkommen ist ja quasi Kompetenzorientierung in Reinkultur… Solche Phasen auf der Metaebene sind mir sehr wichtig, in vieler Hinsicht.

Ich erzähle das alles so ausführlich, weil ich gedanklich immer noch an der Aufgabe hänge, das Drübecker Modell „einzuschätzen“ und Hilbert Meyers Kriterien zu bedenken. Manches deckt sich mit dem, was meine Schülerinnen sich für „guten Unterricht“ wünschen, zumindest als Ausschlusskriterien: Wenn der Lehrer wirres Zeug redet, die Hälfte der Stunde für Organisatorisches draufgeht oder gleich ganz im Chaos versinkt, kann das kein „guter Unterricht“ sein.  An einigen Stellen sind die Schülerinnen meiner Ansicht nach aber einen Schritt weiter (und damit zu meiner großen Freude näher an meinem eigenen Konzept als an den Kriterien, die mir zur Einschätzung aufgetragen sind…).  Ich persönlich glaube, dass der Unterschied, dieser eine Schritt weiter,  den Knackpunkt ausmacht, an dem sich entscheidet: Ist Kompetenzorientierung ein weiterer Anspruch, den ich zu den 10 Kriterien hier und 12 Kriterien dort nun auch noch zusätzlich erfüllen soll – oder kann die neue Orientierung mich und die Lerngruppen entlasten und die Dinge in einen natürlichen Fluss bringen.

Aber dazu später mehr, ich will jetzt noch was anderes arbeiten…

Guter Unterricht Plakate

Für alle, die auch solche Plakate wollen: Hier die Vorlage zum Abzeichnen. Schrift und Rahmen leben davon, dass man gar nicht erst versucht, das gerade und ordentlich hinzukriegen – locker aus dem Handgelenk reicht völlig. Die Farbe (mit 2 Grundfarben + Akzentfarbe für jeden Buchstaben) hält dann alles zusammen… Viel Spaß!

Plakatvorlage

… ach ja: Hier noch ein erstes Muster einer Aufgabe, die die Klasse als „ganz nett“ in Erinnerung hatte – wenn nicht die 31 Präsentationen gewesen wären (das kann man alles auch in 45 Minuten „Ausstellung“ zur Kenntnis nehmen, und sogar noch andere Klassen dazu einladen, damit es Sinn macht!). So sahen meine Arbeitsblätter vor ca. 2 Jahren aus. Später mehr…

Lernsituation B 1 Herrn Schulzes Schatzkiste

 

Kommentar zu Wochenaufgabe 4

Liebes Openreli-Team,

im Newsletter finde ich keinen Knopf, mit dem ich die neue Wochenaufgabe kommentieren kann, deshalb versuche ich es auf diesem Weg – vielleicht liest ja jemand mit?

Also: In meinem PC schlummert sehr viel Zeug, das ich zur Bearbeitung der Wochenaufgabe einbringen könnte. Was mich derzeit hindert: Ich müsste Stunden investieren, um das alles in für dieses Projekt hier passende Formen zu bringen (und z. T. erst mal zu lernen, wie das geht) – ohne zu ahnen, was davon „die Welt“ da draußen überhaupt gebrauchen kann…  Das werde ich sicher nicht ohne Weiteres tun. Auch wenn es mich längst sehr, sehr reizt, mir selber und meinen diversen Bezugsgruppen – zu denen neuerdings auch Leute hier gehören, zumindest möglicherweise – den aktuellen Stand der Dinge endlich mal strukturiert und kommentiert zur Verfügung zu stellen. Gern  zum Ausprobieren und/oder Kommentieren, das schätze ich sehr. Schöne Idee, wirklich – aber nicht in einer Woche nebenbei zu bewältigen. Und es wäre wohl weder sinnvoll noch freundlich, Euch einfach mit Mailanhängen zu überschütten und zu sehen, was Ihr draus macht…

Zwei Möglichkeiten lägen mir näher:

1.) Ich könnte als „Hausaufgabe“ kurze Beschreibungen von Materialien/Projekten/Lernsituationen im Kursblog einstellen – und wenn jemand per Kommentar Interesse zeigt, die konkreten Elemente nachschieben.   Würde ich machen, weil ich nett bin ;-), aber so richtig effizient  und anschaulich-einladend ist das nicht (und was lerne ich dabei?). Eigentlich müsste ich dazu sowieso eine längere „Navigationshilfe“ erstellen, denn inwiefern sich das Material erschließt, ohne dass ich die Chance zum Erläutern habe, weiß ich nicht. Das könnte jedenfalls  ggf. ein halbwegs sinnvoller Blogbeitrag sein, stelle ich mir vor.

2.)Es wäre wohl auch möglich, an einem Beispiel exemplarisch zu zeigen, wie wir arbeiten. Aber zum einen gehen dabei all die Varianten verloren, und zum anderen kann ich dann immer noch nicht, was ich eigentlich gern können würde (siehe 3.).

3.) Am liebsten wäre mir, ich könnte für ausgewählte Schwerpunkte gezielt z. B. weitere Blogs erstellen (z. B. für Religionspädagogik bei den Erzieherinnen, für Material zum Rheinland-Pfälzer Lernbausteinelehrplan…) . Dafür wüsste ich auch bereits Zielgruppen, die auf jeden Fall davon profitieren würden, wenn die Sachen frei zugänglich wären. Wenn so etwas – bzw. das Grundgerüst + meinetwegen exemplarisch Weihnachtsbeispiele, das könnte ja anschließend weiterwachsen – bei dieser Fortbildung hier herauskäme, wäre das wunderbar. Aber dafür fehlen mir noch immer die technischen Kompetenzen. Trotz meiner persönlichen Lernziele, die ja zur ersten Wochenaufgabe gehörten, bin ich von „souverän“ noch weit, weit weg. Ich bin ja froh, dass ich inzwischen den direkten Weg gefunden habe, wie ich einfache Beiträge tippe… Für ein größeres Projekt bräuchte ich aber andere Strukturen, vieles geht nicht als Fließtext. Auf der Suche nach Möglichkeiten, Word-Dokumente, pdfs, ganz zu schweigen von Publisher-Dokumenten einzufügen, scheitere ich aber manchmal schon an der Spezialsprache. Ich kann mich da sicher hineinwühlen (und werde es wohl auch versuchen, der Reiz ist groß), aber das dauert mit dem ganzen Versuch und Irrtum ganz sicher viiiel länger als die eine Woche, die ich dafür Zeit hätte. Schade, aber ich glaube, hier bin ich „raus“.

Ich mag jetzt aber auch nicht „um Hilfe schreien“ (so nett das Angebot ist), denn ich habe schon jetzt ein ganz schlechtes Gewissen wegen der unendlichen Arbeit, die Ihr in all das hier steckt, und werde euch ganz sicher nicht mit meinen Einzelfragen belämmern. Außerdem scheinen mir die Dinge, für die Ihr Euch begeistert und die Ihr uns eröffnen möchtet („Hangouts“ – ?) nicht recht zu dem passen, was ich für meine Ideen benötige.

Versteht mich bitte richtig: Das ist ganz sicher keine grundsätzliche Kritik, ganz im Gegenteil, ich bin sehr begeistert von all den Angeboten (ich schwärme schon die ganze Zeit meinen Leuten in der realen Welt etwas vor…), beeindruckt von Euren Kompetenzen und Eurem Engagement,  zutiefst dankbar und ein wenig neidisch, und ich lerne täglich spannende neue Möglichkeiten kennen, nur halt nicht schnell genug  – das hier ist also nur mein persönlicher, sehr subjektiver Vorbehalt gegenüber der Aufgabenstellung der Woche. Das Anliegen teile ich, aber mein möglicher Beitrag ist mir unklar. Mache ich mich verständlich?

Ob es Sinn macht, das hier in den Beitragsmixer zu schmeißen? Wer weiß… Dümmer werde ich davon vermutlich nicht, es ist bloß etwas peinlich – also los!

 

Wochenaufgabe: Den Blick schärfen – Rückgriff auf vorhandene Erfahrungen

Diese Wochenaufgabe werde ich vermutlich nicht in einem Rutsch lösen… aber es wird Zeit, einfach mal anzufangen.

Erster Kommentar zum Online-Modul: Herzlichen Dank! Schon die Aufmachung bietet mir Anreize, hier „dranzubleiben“ – toll, wie die Visualisierung und technische Aufbereitung einen Beitrag aufwertet. Beneidenswert, das zu können…

Zu den Aufgaben

1. Meine letzte „Sternstunde“

Eine Stunde in einer ErzieherInnenklasse zur religiösen Entwicklung im Kindesalter, kurz vor den Herbstferien (letzte Stunde vor dem Praktikum). Mein „Arbeitsplan“  sah eigentlich vor, gemeinsam zwei sehr unterschiedliche Kinderzeichnungen mit „Gottesbildern“ zu betrachten und dann theoriegeleitet die Kompetenzen

Religiöse Entwicklung begleiten – „Kinder, Jugendliche und zu betreuende Erwachsene als entscheidungs- und handlungsfähige Subjekte wahrnehmen und in ihrer Entwicklung fördern“ und „Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, Ich-Stärke und Vertrauen zu entwickeln.“   (FSS – Lehrplan Rheinland-Pfalz, Modul 9 a)

weiterzuentwickeln.

Allerdings hatten einige Schülerinnen am Vorabend eine Dokumentation über eine religiöse Gemeinschaft (die „12 Stämme“)  im Fernsehen gesehen, die die Gemüter sehr erregt hat, weil dort Kinder unter religiösen Vorwänden so misshandelt wurden, dass sie vom Jugendamt „gerettet“ werden mussten. Dies erwies sich als ausgesprochen lohnender Anschluss an die angestrebten Kompetenzen, denn im Gespräch kristallisierte sich mehrere komplexe mögliche Praxissituationen heraus:

„Es kann jedem von uns auch passieren, dass wir beruflich mit Kindern zu tun bekommen, die eine lebensfeindliche, angstmachende religiöse Sozialisation erfahren haben – wie begleiten wir solche Kinder angemessen?“

… abgelöst von „Ich möchte eigentlich selber erst mal vermeiden lernen, Kindern von mir aus versehentlich Angst zu machen, ein negatives Gottesbild zu verbreiten, durch Unkenntnis oder Ungeschick religionspädagogischen Schaden anzurichten – wie rede ich angemessen von Gott, wenn ein Kind mich fragt?“

Wir haben dann gemeinsam versucht herauszufinden, welche Fragen da denn gestellt werden könnten, an welchen Stellen es also schwierig wird – und im Lauf des Zusammentragens  haben die Schülerinnen ihre eigenen Fragen auf den Tisch gebracht. Zum Teil solche, die sie „immer schon“ mit sich herumgetragen haben, zum Teil solche, die sich aus dem Gespräch ergaben – und zwar (für mich absolut spannend zu beobachten) vor allem an Stellen, wo zwei Annahmen „richtig“ zu sein schienen, die aber nicht zusammenpassten: Wenn Gott die Menschen liebt – wie kann es die Hölle geben? Wenn es die Hölle nicht gibt – wie kann es „Gerechtigkeit“ geben? Liebt Gott jeden? – was wird dann aus den Opfern, z. B. den Kindern aus der Dokumentation, hat er dazu keine Meinung? Warum greift er nicht ein – oder greift er ein, und alles ist vorherbetimmt? Wie kann er aber dann jemanden bestrafen, denn der hatte doch gar keine Wahl? Komme ich in die Hölle, weil ich nciht religiös sozialisiert bin, und wenn, was soll daran „gerecht sein“?! usw.

Theorien wurden mit höchstem Engagement aufgestellt, diskutiert, verworfen, neu kombiniert – unglaublich lebendig.   Die Vielfalt in der Klasse (diverse Religionen und Untergruppen + etliche dezidiert religiös distanzierte Schülerinnen) wurde wunderbar fruchtbar gemacht. Dafür liebe ich die Gruppe sowieso – wie sie damit zurechtkommen, neugierig aufeinander sind und einander schätzen ist eine ganz große Stärke … Kurzum: Jede (mit 3 Ausnahmen)  hat ihre Konstruktionen zur Debatte gestellt – die 3 hatten gute Gründe, das war völlig okay für uns alle. Und dann haben meine an „Selbststeuerung“ gewöhnten Schülerinnen von sich aus gemeinsam überlegt, wie wir denn mit diesem Wust an Fragestellungen weiterarbeiten können, zumal sich die Stunde dem Ende neigte. Zunächst haben sie dafür gesorgt, dass alle Fragen pointiert schriftlich festgehalten wurden und auch wirklich jede ihr Anliegen in der Sammlung wiederfinden konnte. Dann haben sich mich beauftragt, den Fragenkatalog auf jeden Fall noch am nächsten Tag schriftlich in die Klasse zu geben, damit nichts verloren geht.  Und anschließend hat sich jede selber einen Auftrag erteilt (Wen könnte ich fragen, wo könnte ich nachlesen, wie kann ich meine Gedanken in Worte fassen, wie kann ich während des Praktikums Beobachtungen sammeln…?).

Ich hab eigentlich nur moderiert, dann und wann zusammengefasst und zugespitzt, positiv verstärkt, später mitgeschrieben und mich ansonsten sehr zurückgehalten.

Leider ist die Stimmung schwer zu beschreiben. Meine hospitierende Praktikantin fasste sie zusammen mit dem Stichwort „Zauberei!“.  Die Schülerinnen haben den Gong bedauert und hätten gern so weitermachen können. Den vorbereiteten Aufsatz mit den differenzierenden Aufgabenstellungen hab ich übrigens in der Tasche behalten, dafür wird später noch Gelegenheit sein… und die Kurve zu den beruflichen Anforderungen kriegen wir auch locker wieder.

Auf den ersten Blick scheint die Stunde vielleicht eher wenig zur Förderung der angestrebten Kompetenzen beigetragen zu haben. Aber nach meinem Verständnis beginnt die Kompetenzorientierung mit der realitätsnahen, problemhaltigen, aktivierenden Lernsituation – wenn diese von den Schülerinnen selbst formuliert wird, um so besser. Und der nächste Schritt ist die „Anschlussbildung“, also die Klärung der eigenen Haltung zum Problem – und mehr „Anschluss“ als in dieser Stunde kann ich mir kaum vorstellen. Zum „Informieren“ kommen wir schon noch, denn die Frage („Wie unterstütze ich Kinder?“) geht uns auf keinen Fall verloren – wir sind gerade bei „Wie vermeide ich, ihnen „falsch“ zu antworten, wenn sich mich etwas Religiöses fragen?“. Das passt, finde ich.

Hilbert Meyers Grundstrukturen:

Demokratischer geht es eigentlich kaum, denke ich, das Gesprächsklima war völlig angemessen, meine Rolle auf Augenhöhe (oder darunter).

Die Schülerinnen haben eigene Fragen und ihr eigenes Interesse an Professionalisierung eingebracht und schon damit Verantwortung für ihren Lernprozess übernommen.  Durch die individuelle Planung der nächsten Schritte wird dies ebenfalls verwirklicht.

Zusammenarbeit? In der Bereitschaft, jede Frage eines Mitschülerin intensiv mit zu bedenken – in der Bereitschaft, jede Antwort ernst zu nehmen und zu prüfen – in der Bereitschaft, eigene Positionen ins Spiel zu bringen – in zahlreichen kleinen Gesten und Ermutigungen untereinander. In meiner Haltung. Eindeutig: Ja.

Sinnstiftende Orientierung? Aber ja! In der Stunde davor hatten die Schülerinnen einander ausführlich von der je eigenen religiösen Biografie erzählt – das war der Nährboden für zahlreiche Überlegungen: „Wie war das eigentlich bei mir? wie komme ich zu meiner heutigen Überzeugung, wer/was hat mich geprägt, und was bewegt sich gerade noch einmal ganz neu?“ … und die inhaltlichen Aspekte: wie viel in meinem Leben ist vorherbestimmt? Welche Konsequenzen haben meine Entscheidungen? Wie vel Angst habe ich eigentlich, und was macht mich zuversichtlich? Wie sehe ich meine Rolle in der Weitergabe religiöser Tradition, wie sinnstiftend ist das etc. pp.

Struktur hat das Ganze eher langfristig, im großen Bogen der „vollständigen Handlung“ und in der Struktur der Ausbildung an sich, die wir mithilfe eines Referenzrahmens, eines Advance Organizers und der Portfolios bei Bedarf jederzeit vor Augen haben (können). In der Stunde selbst ging es zeitweise hoch her – aber das halten wir gut aus, und wir waren immer beim Problem. Die Kunst wird sein, in den nächsten Stunden eine Struktur in die Fülle der Fragen zu bringen – das ist primär meine Aufgabe, denke ich, zumindest will das gut moderiert und methodisch unterstützt sein.

Der Unterricht tut uns gut – ja, unbedingt! Das Feedback ist eindeutig, und mein Gefühl dabei ebenfalls.

… und jetzt soll ich noch die 10 Merkmale kommentieren, um Aufgabe 1 abschließen zu können? Liebe Leute… Könnt Ihr das irgenwie kürzer als ich, und trotzdem für Menschen verständlich, die nicht dabei waren? Respekt!

Den Drübecker Ansatz würde ich auch noch gern kommentieren, da sehe ich spannende Knackpunkte – aber das alles heute nicht mehr! Schluss für heute.

 

 

 

 

 

 

 

Wochenaufgabe: Kompetenzorientierter Unterricht

Hallo Openreli,

nun brüte ich schon seit Tagen über der Frage, wie ich meine Überlegungen zum kompetenzorientierten RU in knappe Worte fasse (knappe Worte sind nicht meine Stärke, fürchte ich)… und weil mich das inzwischen bei den anderen Dingen aufhält, die es hier auch noch zu entdecken gäbe, habe ich mich zu einer „schnellen“ Lösung entschieden. Mit dem  folgenden Text  zitiere ich mich quasi selbst, es handelt sich um einen leicht überarbeiteten Auszug aus einem Beitrag für das BRU-Magazin 55/2011 („Geht nicht“ gibt´s nicht – Religion und Handwerk, S. 28 f.).

Ist zwar schon eine Weile her, aber am Prinzip hat sich nichts geändert, ich unterschreibe das auch heute noch 😉 Wenn manche Stellen nicht haargenau passen, verzeiht Ihr mir das sicher, oder? Außerdem sieze ich meine LeserInnen – und ich hab gerade keine Lust, das alles zu ändern, okay?

Der Originalartikel enthält übrigens auch noch ein Unterrichtsbeispiel und allerlei Arbeitsblätter. Die lasse ich hier weg – demnächst beginnt ja die Produktionsphase, da gibt´s dann passgenaue Beispiele für die Openreli-Lernsituation.

Also, los geht´s:

„Wozu brauche ich an der Berufsschule Religionsunterricht? Was bringt mir das, was wir hier machen? Was hat das mit mir und meinem Leben zu tun?“ Haben Ihre Schülerinnen und Schüler Sie das auch schon gefragt?

Mir begegnen diese Fragen häufiger, vor allem zu Beginn in einer neuen Lerngruppe – ausgesprochen oder nur von den Stirnen abzulesen, mit eher neugierigem oder eher abwehrendem Beigeschmack, je nachdem. Und ich finde: mit welchem Unterton auch immer – die Fragen sind völlig legitim. Natürlich will ich als Schülerin zu Beginn wissen, wo die Reise hingeht, natürlich investiere ich nur Energie, wenn sich das für mich spürbar „lohnt“, natürlich muss es Antworten geben, die über „Ihr braucht das für die gute Note!“ hinausgehen, damit ich mich engagiere, statt nur die Zeit irgendwie herumzubringen.

Das ist kein neuer Gedanke, denn haben wir uns im Religionsunterricht nicht immer schon an den Fragen und Themen unserer Schülerinnen und Schüler orientiert? Haben wir nicht immer schon gemeinsam gefragt „Was können wir hier lernen?“? Was ist daran „kompetenzorientiert“?

Die Orientierung des Unterrichts  entscheidet sich meiner Ansicht nach bei der anschließenden, konkreteren Frage. Diese lautet nämlich nicht “Worüber möchten Sie gern sprechen? Was interessiert Sie?“, sondern entweder „Was möchten Sie am Ende des Unterrichts gern besser können als heute?“ oder „In welche Lebenssituationen werden Sie kommen, in denen Ihnen der Religionsunterricht weiterhelfen könnte?“.

Wenn wir gemeinsam so fragen,  zielt die Antwort nicht nur auf Themen ab, über die man gut 45 oder 90 Minuten lang miteinander sprechen kann, ohne sich allzu sehr zu langweilen. Sie zielt auch nicht auf einen „Schatz des Wissens“ ab, den wir fortan im Kopf mit uns herumtragen und zu dem wir bei Bedarf eine Meinung äußern können. Natürlich geht es im Unterricht auch um Inhalte, um Kenntnisse, um religiöse Sachfragen und um Meinungen – aber dieses Wissen steht in engem Zusammenhang mit Fähigkeiten, mit einer Erweiterung der eigenen Denk- und Handlungsmöglichkeiten in realen Situationen des beruflichen, persönlichen und gesellschaftlichen Lebens. „Was kann ich am Ende besser, und wozu kann ich das gebrauchen?“ ist die zentrale Frage des kompetenzorientierten Unterrichts.

Und wie lauten die Antworten? Was ist das, was unsere Schülerinnen und Schüler anschließend besser können? Was kann jemand, der „religiös kompetent“ ist?

Unser neuer Lehrplan für den BRU in Rheinland-Pfalz orientiert sich an „Grundlegende Kompetenzen religiöser Bildung“ aus dem Comenius – Institut (Münster 2006), siehe auch BRU-Magazin 46, S. 17. Diese Kompetenzen beschreiben, was jemand können kann, der religiös kompetent ist: die eigene Überzeugung begründet vertreten, mit religiöser Sprache umgehen, sich mit anderen religiösen Überzeugungen auseinandersetzen und vieles mehr, insgesamt 12 grundlegend wichtige Fähigkeiten, die im Religionsunterricht entwickelt werden können.

Die vollständige Übersicht finden Sie unter http://ci-muenster.de/biblioinfothek/open_access/oa_bildung22.php

Eine solche Auflistung allein beantwortet allerdings die Ausgangsfrage nur unzulänglich. Die Frage „Was nutzt mir diese Kompetenz – wozu brauche ich sie?“ ist noch immer offen. Sie muss beantwortet werden, denn Kompetenz gibt es nicht „an sich“, und sie ist nicht „an sich“ nützlich – Kompetenz ist immer die Kompetenz zum Lösen eines Problems, zu kompetentem Verhalten in einer konkreten Situation. Deshalb überzeugt mich der Vorschlag, solche Situationen des beruflichen, persönlichen und/oder gesellschaftlichen Lebens zum Ausgangs-, Dreh- und Angelpunkt des Religionsunterrichts zu machen.  Dabei  geht es um (wahrscheinlich) tatsächlich auftretende Probleme, die von den Schülerinnen und Schülern möglichst kompetent gelöst werden müssen. Diese „Lernsituationen“ sind nicht nur der Aufhänger zu Beginn einer Unterrichtsreihe, sondern sie tragen den gesamten Gedankengang vom ersten bis zum letzten Schritt und vor allem im Kern.

Dabei ändert sich meine Rolle als Lehrkraft: Nicht ich stelle die Aufgaben, weil ich mein Wissen unter die Leute bringen möchte. Das Leben stellt die Aufgaben, die Schülerinnen und Schüler lösen sie bzw. bereiten sich darauf vor. Wir sind als Lehrerinnen und Lehrer dabei mit ihnen verbündet und tragen mit unserer Begleitung, bei Bedarf auch mit unserer Lebenserfahrung und unseren Kenntnissen zu ihrem Lernprozess bei.

Damit die Schülerinnen und Schüler im Unterricht tatsächlich die Möglichkeit haben, ihre religiösen Kompetenzen zu entwickeln, steht die Lösung des Problems im Zentrum des Unterrichts. Die Lernsituation ist also nicht nur der Appetithappen zu Beginn, sondern vor allem der Mittelpunkt. „Was kann ich tun, um in der vorgestellten Situation (in der ich mich befinde oder bald befinden könnte) möglichst gut zurechtzukommen?“ ist die Kernfrage. Andere Fragen sind dieser zentralen Frage zugeordnet: „Welche Informationen brauche ich zur Lösung des Problems, welche Vorgehensweisen sind möglich, welche davon wähle ich aus?“ – das sind die Fragen, die vor der Problemlösung geklärt werden müssen. Die ausgewählte Lösung wird so weit wie möglich umgesetzt, also mindestens präsentiert und diskutiert, besser noch tatsächlich praktisch erprobt. Anschließend folgen „Wie kann ich einschätzen, ob meine Problemlösung erfolgreich war?“ und „Was habe ich bei der Bearbeitung des Problems gelernt, und in welchen weiteren Lebenslagen kann ich die Fähigkeiten sonst noch gebrauchen?“

Die so entstandene Schrittfolge ist „natürlich“ – im Leben außerhalb der Schule handeln wir ständig so, bewusst oder nicht. Ich lese das Rezept, beschaffe die Zutaten, entscheide über die Reihenfolge der Arbeitsschritte – dann schnipsele ich,  werfe alles in Topf und Pfanne, rühre um, würze etc. – und anschließend probiere ich, ob das Ergebnis schmeckt und überlege, was ich beim nächsten Mal besser machen kann. Ich lese die Bedienungsanleitung, entwickle ein inneres Bild von dem, was zu tun ist, ich entscheide über die Vorgehensweise – dann schließe ich das Gerät an oder baue das Möbelstück auf oder was auch immer – und anschließend teste ich, ob alles funktioniert wie gewünscht. Dann bin ich zufrieden oder um eine Erfahrung reicher, aus der ich beim nächsten Kauf meine Schlüsse ziehen werde. Und fertig! Die Handlung ist „vollständig“, wenn alle Schritte durchlaufen sind.

Dass diese Abfolge für Handwerker wichtig ist, für Pflegekräfte, für alle praktischen Alltagstätigkeiten, bei denen ein Ziel verfolgt und ein Ergebnis hergestellt wird, das leuchtet vermutlich auf Anhieb ein. Ein Handwerk lerne ich selbstverständlich nicht, indem ich einem Vortrag darüber lausche, wie man´s macht. Theoretisch die Arbeitsschritte aufzählen zu können ist das eine, aber das reicht bei weitem nicht. Schwimmen lerne ich nicht durch Beschreibung von Bewegungsabläufen. Die muss ich kennen, schon klar, aber sie sind nicht der Kern, denn eigentlich geht es darum, mich praktisch über Wasser halten zu können. Kochen lerne ich nicht, indem ich ein Kochbuch lese. Die Rezepte gehören dazu, und es ist gut, sie zu kennen. Aber sie im Kopf zu haben macht mich nicht zur Köchin – ich lerne kochen, indem ich etwas tue, indem ich ausprobiere, abschmecke, auch mal ein Gericht versalze… und so auf der Basis von  selbst gemachten Erfahrungen immer kompetenter werde.

Die Orientierung unserer Unterrichtsplanung an diesen Schritten der „Vollständigen Handlung“ ist für uns ReligionslehrerInnen möglicherweise zunächst befremdlich.        Dass es beim Erlernen eines Handwerks um Kenntnisse, Planung, Ausführung und Ergebniskontrolle geht, ist leicht vorstellbar. Dass auch religiöse Kompetenz auf diese Weise entwickelt wird, ist weniger offensichtlich.  Dass auch Religion auf Tätigkeit abzielt, dass auch die Konstruktion einer Vorstellung von Welt, Mensch, Gott, gutem Leben etwas „herstellt“ (ein Weltbild, ein Menschenbild, eine Idee von Gott, Entscheidungen, praktische Konsequenzen) und auf Lebenspraxis hinausläuft, liegt nicht ganz so klar auf der Hand. Die Gegenstände, mit denen wir uns befassen, sind weniger handgreiflich als andere, und doch muss es auch in unserem Unterricht um den Umgang mit brauchbarem „Handwerkszeug“ gehen, wenn er  nachhaltig sein soll.

Dabei handelt es sich nicht um eine Reduktion, als sei die Theologie auf das zusammenzukürzen, was sich „verwerten“ lässt. Meiner Erfahrung nach geht es eher um eine notwendige Erweiterung, die einer Reduktion der Theologie auf das rein Informative, womöglich „Richtige“, jedenfalls auf „Reden über…“ entgegenwirkt.

Von mir kann ich das jedenfalls so sagen: mein eigener (auch vorher sicher nicht schlechter) Unterricht hat sich durch die Orientierung an dieser Schrittfolge noch einmal spürbar verbessert. Ich habe, seit ich mit diesem Modell arbeite, selber viel gelernt. Mir erschließt sich mehr und mehr, wie organisch der Gedankengang ist, wie viele Spielräume er eröffnet und wie die Schülerinnen und Schüler davon profitieren. Außerdem wird meine Planung entlastet, weil sich aus der Kombination  der Lernsituation mit den Schritten der vollständigen Handlung vieles von selbst ergibt, über das ich früher lange gegrübelt habe. Inzwischen verbringe ich nicht mehr viel Zeit damit, beinahe perfekte Arbeitsblätter zu erstellen (obwohl das eigentlich ein Hobby ist…), sondern entwickle vieles im gemeinsamen Tun mit der Lerngruppe, folge ihrer Dynamik und ihren Ideen, unterstütze und berate. Schließlich geht es ja darum, dass die Schülerinnen und Schüler nach ihrer Ausbildung die auftretenden „Situationen“ auch ohne meine Anleitung kompetent bewältigen können – also arbeiten wir gemeinsam darauf hin, ihnen dies zu ermöglichen. Das ist übrigens auch mein Kriterium für die Methodenauswahl – noch so ein Hobby, über das ich drei Tage am Stück bloggen könnte… aber nun reicht´s erst mal!

Es hilft sowieso nichts, davon nur zu berichten. Auch was unsere eigene religionspädagogische Kompetenz betrifft, gilt ja: wir lernen nur dazu, indem wir selber etwas tun. Also: Ich freue mich auf die „Produktionsphase“…

Schöne Grüße in die „Welt“

Marion

Hallo Welt!

Ha, jetzt geht´s ja doch! – – – Das werde ich hoffentlich im Lauf der nächsten Wochen noch öfter tippen 😉

Hallo Welt!!!

Hier meine Vorstellung:

Ich bin Marion Holzhüter, Pfarrerin an der BBS in Wissen /Sieg (das ist im Westerwald, zwischen Köln und Siegen, Rheinland-Pfalz). Dort unterrichte ich derzeit 12 Stunden evangelische Religionslehre mit einem Schwerpunkt in den „sozialen“ Klassen, nämlich in den Fachschulen Sozialpädagogik und Altenpflege. Den Rest zu einer vollen Stelle (und darüber hinaus) bin ich Fachleiterin für Evangelische Religion und Ethik am Staatlichen Studienseminar für Berufsbildende Schulen in Neuwied. Außerdem bin ich als Schulberaterin für „Religion und Werte“ in meinem Regierungsbezirk (Koblenz) unterwegs.

„Kompetenzorientierung“ sollte ich also drauf haben… und ich glaube, das ist auch so: Ich probiere die „Neue Lehr-Lern-Kultur“ nun schon seit einigen Jahren aus, zuerst mit voller Stelle in vielen verschiedenen Klassen, in diversen Lehrplankommissionen,  inzwischen auch in der Lehrerausbildung – und ich will es nicht mehr anders haben. Mein Unterricht war vorher auch okay, aber jetzt ist er in meinen Augen dramatisch besser (dazu vielleicht später mehr, die Hausaufgaben der zweiten Woche hab ich auch noch nicht gemacht…), viel weniger anstrengend bei überzeugenderen Ergebnissen, und wir – meine Lerngruppen und ich – haben maximalen Spaß dabei. Was für mich durchaus ein Kriterium ist…

Meine Freundschaft mit dem Internet ist derzeit noch weniger ausgeprägt. Zwar maile ich mit Leidenschaft, kommuniziere ausgiebig im geschützten Raum unserer Seminarplattform, fülle fleißig Dropboxordner für mein Fachseminar bzw. mit ihm gemeinsam und bin an zwei Newslettern beteiligt, an denen ich viel Spaß habe. Das ist aber alles maximal halböffentlich – dies hier ist der erste weltweit lesbare 😉 Beitrag, von dem ich nicht weiß, wer ihn liest und was daraus wird. Das ist mir, wenn ich ehrlich bin, noch ein wenig suspekt.

Die Initiative „openreli“ finde ich toll, sehr spannend, da will ich auf jeden Fall den Anschluss finden.Den letzten Kick hat mir übrigens ein Artikel in der letzten „Pädagogik“ gegeben, wo ein Kollege darstellt, wie Lehrerfortbildung über Vernetzung funktionieren kann – sensationell, wenn es klappt. Klappt aber nur, wenn viele mitmachen (auch solche Greenhorns wie ich). Offen zugängliche Materialien scheinen mir ein guter Weg, Kompetenzorientierung unter die Menschen zu bringen und as Gefühl der Überforderung abzubauen. Wir (die Referendare und ich) suchen schon länger nach Möglichkeiten – vielleicht bringt uns dies hier weiter.

Meine Lernziele … Lernziele??? Pfui! 😉 – Was ich gern nach dem Kurs besser können möchte:

  • Entscheiden, ob so ein Blog hier etwas für mich ist, und ihn halbwegs souverän bedienen
  • Zugang zu Material ermöglichen, ohne dass man Zugang zu unserer Seminarhomepage haben muss
  • Zu den Dingen, die sich da gerade neu entwickeln, meinen Beitrag leisten (mitmischen, sozusagen) – gern auch über den Kurs hinaus. Im Rahmen meiner technischen und zeitlichen Möglichkeiten.

So viel erst mal. ich bin gespannt…

Schöne Grüße in die Welt,

Marion