Kommentar zu Nietzsche

Katharina Grätz: Kommentar zu Nietzsches »Also sprach Zarathustra« I und II. –
Katharina Grätz: Kommentar zu Nietzsches »Also sprach Zarathustra« III und IV

(Nietzsche Kommentar, Band 4.1; 4.2) 2 Bände.
Berlin: De Gruyter 2024.
XII, 947; XX, 981 Seiten .
ISBN 9783110293319. 99,95 €. – ISBN 9783110293067.
99,95 €

 

Nietzsches Zarathustra umfassend kommentiert

Eine Rezension von Christoph Auffarth

 

Kurz: Das am meisten gelesene Buch Nietzsches ist zugleich voller Rätsel, was die Texte bedeuten. Katharina Grätz hat mit ihrem großen Kommentar die Erzählstränge, die Bezüge zum übrigen Werk Nietzsches, seine – im Zarathustra nie genannten – Übernahmen aus anderen Werken herausgearbeitet und damit ein Fundament geschaffen, das jeder braucht, die oder der das Buch genauer lesen will, nicht nur Forschende.

Ausführlich:

Ein Kommentar zu Nietzsches Zarathustra stellt eine besonders herausfordernde Aufgabe, die Katharina Grätz[1] für den Nietzsche Kommentar in zwei Bänden hervorragend gelöst hat. Denn „Von allen Werken N.s erzielte Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen nicht nur mit Abstand die größte Breitenwirkung, sondern zugleich wurden die Verständnis­barrieren von früh an als besonders hoch empfunden.“[2] „Seine [Nietzsches im Zarathustra] grundlegende Textstrategie des verhüllenden Sprechens“ (NK 4/1, 21) verlangt nach Entschlüs­selung der Anspielungen und nicht nachgewiesenen direkten und indirekten Zitate: So nennt FN außer ‚Zarathustra‘ keine Namen mit der einzigen Ausnahme „der Hebräer Jesus“ (Za 95,7). „[D]ie Integration des Quellenmaterials in Za (ist) noch eine Stufe weiter voran­geschritten. Das trägt dem poetisch-zeitenthobenen Charakter des Werks Rechnung, das den Anschluss an aktuelle Diskurse möglichst übertünchte und wissenschaftliches Vokabular weitgehend vermeidet.“ (NK 4/1, 23).

Wer ist mit Zarathustra gemeint, dem Einsiedler, der zu den Menschen herabsteigt, um seine Botschaft zu künden, bevor er wieder in die Bergeseinsamkeit hinaufsteigt und dort seine Angel auswirft, um Menschen zu fischen? Meint FN sich selbst, ist er der Erlöser, der Prophet,[3] der Evangelist?[4] Und warum in der Figur eines persischen Religionsstifters?

„Dem formelhaften Ausspruch ‚Das Ich geheiligt‘ stehen semantisch konträre Formulierun­gen gegenüber. Die von Jaspers herausgestellte […] Widersprüchlichkeit lässt sich für Za nachdrücklich unterstreichen. Im Spannungsverhältnis zur verkündeten Heiligsprechung des Ich steht die radikale Relativierung des Individuums, etwa wenn Zarathustra gegenüber seinen Gefährten verlauten lässt: „Ihr sagt, ihr glaubt an Zarathustra? Aber was liegt an Zarathustra! Ihr seid meine Gläubigen: aber was liegt an allen Gläubigen!“ (KSA 4, 101, 23-25)“.[5] Und das sei als Persiflage auf Jesus im Johannes-Evangelium (6,47) zu verstehen, wo der sagt: „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben“ (NK 4/1, 489f). Zur Bibel als Prätext NK 4/1, 24-26: vieles ist möglich, weniges eindeutig.

Die Grundlage des Textes des Nietzsche Kommentars ist der von Nietzsche selbst für den Druck besorgte Text. Die einzelnen Bände erschienen Za I 1883, Za II im gleichen Jahr, Za III 1884, Za IV gar nicht öffentlich (NK 4/2, 415f), sondern nur in wenigen Exemplaren eines Privatdrucks 1885. Das Prinzip dieser Kommentar-Reihe, ist ja nicht die Notizen, die Fragmente aus dem Nachlass als ‚Nietzsches eigentliches Werk‘ zu kommentieren, schon gar nicht die für die Rezeption so verhängnisvolle Kompilation von Nietzsches Schwester Elisabeth “Der Wille zur Macht”. Aber interessant sind auch die “Vorstufen”, also Entwürfe und Planänderungen. Nun wird angekündigt, dass auch der Nachlass neu ediert und mit einem Kommentar versehen werden soll.

Den Nachlass berechnen die Projektleiter mit einem Verhältnis „gedruckte Werke = 6.052 Seiten, nachgelassene Manuskripte = 41.306 Seiten“ und plädieren dafür: „Nietzsches Nachlass im digitalen Medium einer informationstechnologisch avancierten Open Access-Publikation in vollständiger, verlässlicher und zugleich zitierfähiger Textgestalt der Forschung zugänglich zu machen sowie philosophisch und kulturhistorisch zu kommentieren, ist unseres Erachtens das Desiderat der gegen­wärtigen Nietzsche-Forschung.“ Was in den Bänden 7-13 der bisherigen KSA (ca. 3500 Seiten) unter ‚Nachlass‘ ediert ist, biete „keine Textgrundlage, die aktuellen editorischen Standards entspricht.“[6] Geplant ist demnach (1) eine digitale Ausgabe, die alle Stufen der Genese eines Textes vorstellt (2) mit einem Kommentar dazu und (3) eine gedruckte NKSA (Neue Kritische Studienausgabe), die dann den Nachlass in Band 7-20 in der Version des „Textes letzter Hand“ bietet.[7]

Für die Anlage des Nietzsche-Kommmentars kann ich auf die früheren Rezensionen ver­weisen.[8] Die Ausgabe von Colli/ Montinari bildet die Grundlage jeder intensiveren Beschäf­tigung mit Nietzsche.[9] Als Arbeitsinstrument bleibt vorerst die KSA Kritische Studienausgabe (1980, ²1988) der Referenztext, auch für den Kommentar.[10]

Wie in der Reihe vorgesehen, gibt SK zunächst einen Überblickskommentar zum Ganzen Band 1, 3-69, dann die Überblicks- und Stellenkommentare zu Za, Erster Theil 73-495; Za Zweiter Theil 499-841. Im ersten Teilband auch das Literaturverzeichnis (Quellen und zeitgenössische Literatur 843-867; 867-948 sowie das Sach- und Begriffsregister und das Personenregister 949-970.  Der zweite Band (eigene Paginierung) umfasst Kommentar für den dritten Theil 3-406 und den vierten, zunächst nur als Privatdruck veröffentlichten Teil Überblick 409-428; Überblicks- und Stellenkommentar der einzelnen Kapitel 429-848. Das Literaturverzeichnis 849-956 ist weitgehend identisch mit dem von Band I, während das Sach- und Begriffsregister sowie das Personenregister 957-981 sich nur auf den zweiten Band beziehen. Auf 82 Seiten ist das Literaturverzeichnis mit ca. 1800 Einträgen, dann auf 22 und 24 Seiten die ausführlichen, sehr wertvollen Sach- und Begriffsregister wie das Personen­register. Dem Einwand, dass Hunderte von Belegen für ‚höhere Menschen‘, ‚Christentum‘, ‚ewige Wiederkunft‘, ‚Moral‘, oder ‚Jesus von Nazareth‘, ‚Köselitz‘ (Nietzsches Lektor, der sich Peter Gast nennen ließ) eine Suche nicht sehr erleichtert, ist jetzt nachgekommen, indem die Suche nach einer wichtigen Stelle durch fette Hervorhebung erleichtert wird.

 

Die Wahl des Zarathustra als Propheten, der dem Propheten der abendländischen bürgerlichen Religion, dem Christus, widerspricht, kommt nicht ganz ‚unzeitgemäß‘. War Zarathustra oder Zoroaster (so die lateinische Form) schon seit der Neuzeit immer wieder als ‚mitlaufende Alternative‘ in der Europäischen Religionsgeschichte als ein alter Ego von Autoren abseits des Mainstreams aufgerufen worden,[11] so fand FN die Informationen zu dem arischen Religionsstifter (der dem indogermanischen Europa näher stand als der Hebräer Jesus) in einem Buch, das, fachwissenschaftlich informiert, aber nicht die Religion des Zarathustra untersuchte. Vielmehr stellte FNs Gewährsmann Friedrich Anton Heller von Hellwald die Informationen über Zarathustra schon im Kontext seine Culturgeschichte in ihrer natürlichen Entwicklung bis zur Gegenwart (1875, ²1876) dar (NK 4/1, 14-20). Es geht FN aber nicht darum, den persischen Religionsstifter und dessen (soweit aus dem Avesta rekonstru­ierbaren) Lehren für die Gegenwart fruchtbar zu machen, vielmehr ist der Name eine Projektionsfläche für seine eigenwillige Verkündigung. FN kündigt seinen Za als den „längst verheißenen Antichrist“ an, sein Buch als ein „Attentat gegen das Christenthum“, wie es seit Voltaire nicht mehr vorgekommen sei.[12]

Freilich habe die Kirche auch ihren eigenen Religionsstifter völlig missverstanden und ver­zerrt. Ernst Benz rekonstruierte das Jesusbild Nietzsches in der Zeit des Nationalsozialismus zugunsten der Deutschen Christen gegen das verfälschte Christusbild der Kirche und hielt auch nach 1945 daran fest.[13] Es geht FN um den im bürgerlichen Christentum rezipierten Christus, aber auch der Hebräer Jesus ist wohl kaum als positives Vorbild dargestellt. Vielmehr soll Za „die Bibel der Zukunft“ werden, ein „fünftes Evangelium“ (KSA 15,188; NK 4/1, 31f).[14] Nur: Wie ist das Verhältnis FN zu dem Propheten ‚Zarathustra‘? Ist er Sprachrohr für FN als den Propheten der Moderne? Dazu ist FN zu ironisch distanziert, etwa im Kapitel, wo der ‚Affe des Zarathustra‘ den Propheten nachäfft aus der Erfahrung „der großen Stadt“. (Za III KSA 4, 222-225. Dazu NK 4/2, 147-161, vgl. NK 4/1, 128-132). Das hat Auswirkungen auf die „Hauptlehren“ FNs die gerne so bezeichnet werden), die im Za verkündet werden (NK 4/1, 39-44):

  • “Der Übermensch
  • Der Gedanke der ewigen Wiederkunft
  • Der Wille zur Macht

Im Kapitel Von der Selbst-Ueberwindung (Za II = KSA 4, 146-149) bezeichnet FN: „jener Wille selber, der ‚Wille zur Macht‘, – der unerschöpfte zeugende Lebens-Wille“.  (KSA 4, 147,5-6) Damit setzt er sich einerseits von Schopenhauer ab. Anderseits verwendet er nicht „unerschöpflich“, das die nie versiegende, also die „Ewige Wiederkehr“ der zeugenden Kraft behauptet. N spricht aber von „unerschöpft“, eine Formel, die aus dem Glaubensbe­kenntnis bekannt ist.[15]  Damit spielt er auf einen zentralen Begriff an, der im Mittelpunkt christlicher Theologie, in der Christologie eine Widersprüchlichkeit auflösen will, den zwischen dem Menschen Jesus und dem Gott Christus. Die Formel „Gezeugt, nicht geschaffen“ nimmt Christus aus den erschaffenen Menschen heraus und weist ihm eine andere Qualität zu: göttlicher Natur und präexistent. KG hat nichts dazu im Kommentar, aber sie hat recht, wenn sie zu FN’s Bibelzitaten (und mindestens so wichtig: Anspielungen auf Gesangbuchtexte) sagt, „darüber lässt sich durchaus streiten“ (NK 4/1, 26).

Wo und wie schließt der Zarathustra ab? Nachdem FN den dritten Teil für den Druck fertiggestellt hatte, arbeitete er noch an einem vierten Teil. Den gab er aber nicht an seinen Verleger (der ob des schleppenden Absatzes das wohl auch kaum gedruckt hätte), sondern ließ ihn nur in einer kleinen Auflage privat drucken und schickte ihn an ganz wenige, an zehn Freundinnen und Freunde. Erst in postumen Ausgaben ist der vierte Teil dann gedruckt. Aber auch im vierten Teil stirbt Zarathustra noch nicht. FN macht im Za IV ein anderes Thema auf: die Höheren Menschen. Also wohl lebende Menschen, die FN auf die von Za geforderte höhere Stufe hin zum Übermenschen schon getreten sind. gleichzeitig ist Za IV nicht so sehr Fortsetzung als Kontrafaktur, teilweise Burleske (NK 4/2, 409-428).

Die Bände sind in Fadenheftung gebunden, die haltbarere Form: angemessen für einen vielbenutzen Kommentar, den man nicht einmal durchliest, vielmehr mit Hilfe des detaillierten Index und der Seitenzahlen des Originaltextes vielmals aufschlagen wird. Weniger schön ist eine Äußerlichkeit: die Bände sind weder in der Farbe noch in der Struktur (glänzend kaschiert statt gewebeartig geprägtes Efalin) des Einbandes gleich mit den anderen Bänden der Reihe. Aber das eine Nebensache!

Hauptsache ist: Katharina Graetz hat in einer enormen Arbeitsleistung den Kommentar geschaffen zu Nietzsches in der Rezeption wichtigstes Buch.[16] Sie hat in der Auseinandersetzung mit den vielen Deutungen nicht aus Einzelsätzen große Interpretationen abgeleitet, sondern in der Gesamtdeutung behutsam und überzeugend ein fundamentales Werk vorgelegt, an dem sich alle Nietzsche-Interpreten – und das Interesse an FN ist wieder und weiter enorm[17] – dankbar wertvollste Bezüge zu anderen, FN auf FN, Anspielungen, Kontrafakturen entnehmen werden. Der (verbesserte) Index erschließt das Werk. Für ein wissenschaftliches Werk ist der Preis sehr moderat, Nietzsche-Fans sollten es sich in das Regal stellen und nutzen.

 

Bremen/Wellerscheid, April 2024                                                              Christoph Auffarth
Religionswissenschat
Universität Bremen

E-Mail: auffarth@uni-bremen.de

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[1] Katharina Grätz ist Professorin für neuere deutsche Literatur an der Universität Freiburg. Ihre Hompage Prof. Dr. Katharina Grätz – Startseite — Neuere Deutsche Literatur (uni-freiburg.de) (17.03.2024). Die Autorin kürze ich mit den Initialen ab KG, Zitate aus dem Kommentar mit NK 4/ Band, Seite. Das Kürzel NK mit Bandangabe verweist auf den Nietzsche Kommentar, zu dem die hier vorgestellten Bände gehören. Nietzsche wird im Folgenden mit FN abgekürzt, Za steht für FNs Werk Zarathustra. Der Text wird nach der Ausgabe der Kritischen Studienausgabe, hrsg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari (Berlin: de Gruyter; München dtv ²1988) KSA 4 zitiert, wie auch die Kommentie­rung entlang der Seite und Zeile dieser Ausgabe voranschreitet.

[2] NK 4/1, ix (= II vii).

[3] FN bezeichnet sich im Brief 580 (KSB 7, 21) als „comme poète-prophète“ (NK 4/2, 415).

[4] Kluge Fragen untersucht Heinrich Meier: Was ist Nietzsches Zarathustra? Eine philosophische Ausein­andersetzung. München: Beck 2017).

[5] NK 4/2, 223. „Widersprüchlichkeit“ bezieht sich auf Karl Jaspers: Nietzsche. Einführung in das Verständnis seines Philosophierens. Berlin: De Gruyter 1936. 41974. ND 1981, 420. KG hat noch nicht die kritische Neuausgabe benutzt, hrsg. von Dominic Kaegi. (Karl Jaspers Gesamtausgabe I 18) Basel: Schwabe 2020 (mit instruktiver Einleitung und dem lesenswerten Korrekturvorschlag aus Angst des Lektors Verlags de Gruyter vor Zensur bei der Neuausgabe 1949 des ursprünglich 1936 erschienenen Werks).

[6] Nietzsches Nachlass. Probleme und Perspektiven der Edition und Kommentierung. Herausgegeben von: Barbara Beßlich, Paolo D´Iorio, Katharina Grätz, Sebastian Kaufmann und Andreas Urs Sommer. (Nietzsche-Lektüren 9) Berlin: de Gruyter 2023, hier S. 2 und Anm. 3. Bei der Arbeit am NK wurden etwa 4000 Fehler entdeckt, vgl. ibidem 25, Anm. 24.

[7] Die open access Plattform www.nietzschesource.org unter Leitung von Paolo D‘Iorio. Zu den Transkriptions-Fehlern in der KSA (wie Anm. 5), S. 25 Anm. 24.

[8] Zum „Willen zur Macht“ s. meine Besprechung: Nietzsches Kritik der bürgerlichen Moral „Jenseits von Gut und Böse“ und „Der Wille zur Macht“: Der neue Nietzsche-Kommentar (2). In: Zeitschrift für Religionswissenschaft 26(2018), 381-385. Zu den ersten drei Bänden: Ders.: Nietzsches Religionskritik und Religionsproduktion: der neue „Nietzsche Kommentar“ (1). Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken. Band 1/1; 6/1; 6/2. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft 21(2013), 273-279. [Im Druck ist die gemeinsame Überschrift weggefallen]. Ders.: Lust am Polemisieren: Nietzsches Unzeitgemässe Betrachtungen und Die Genealogie der Moral. Der neue Nietzsche-Kommentar (3). In: Zeitschrift für Religionswissenschaft 29(2021), 151-158. Ders.: Nietzsche probt den Zarathustra: eine fröhliche Wissenschaft. Sebastian Kaufmann: Kommentar zu Nietzsches ›Die fröhliche Wissenschaft‹. (Nietzsche Kommentar, Band 3.2) 2022. https://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2023/06/06/kommentar-zu-nietzsche/ (6. Juni 2023).

[9] Philipp Felsch: Wie Nietzsche aus der Kälte kam. Geschichte einer Rettung. München: Beck 2022. Der Titel spielt wohl an auf ‘Der Spion, der aus der Kälte kam’, einem Roman von John le Carré 1963 über die Geheimdienste im ‚Kalten Krieg‘.

[10] Der Nietzsche Kommentar (NK) zitiert im Stellenkommentar jeweils die Seite und Zeile der KSA (Kritische Studienausgabe, hrsg. von Giogio Colli; Mazzino Montinari. Berlin: de Gruyter/ dtv ²1988), für Zarathustra (Za) also KSA Band 4. Für Verweise innerhalb des vorliegenden Kommentars ist ebenfalls der Kommentar zur Seite aus KSA angegeben. Der Verweis „NK 4/2, 240, 7f“ bedeutet demnach nicht etwa im zweiten Band die Seite 240, sondern den Kommentar zur Seite 240 der KSA (der im Kommentar NK 4/2, 221-223 steht).

[11] Vom Konzept Burkhard Gladigows einer Europäischen Religionsgeschichte [1995] und den darin typischen mitlaufenden Alternativen, s. Christoph Auffarth; Alexandra Grieser; Anne Koch (Hrsg.): Religion in der Kultur – Kultur in der Religion. Burkhard Gladigows Beitrag zum Paradigmen­wechsel. Tübingen: Tübingen University Press 2021. – Michael Stausberg hat mit iranistischer Kompetenz seine mustergültige Religionsgeschichte Die Religion Zarathustras. 3 Bände, Stuttgart: Kohlhammer 2001-2004 bis hin zur Gegenwart der Parsen erschlossen. Die Rezeptionsgeschichte (im Wesentlichen des 15. bis 18. Jahrhunderts) hat Stausberg mit der Kompetenz in der Europäischen Religionsgeschichte aus vielen nahezu unbekannten Werken aufgearbeitet: Faszination Zarathustra. Zoroaster und die Europäische Religionsgeschichte der frühen Neuzeit. (RGVV 42) 2 Bände 1998 (Mit einem gewichtigen Geleitwort von Carsten Colpe). Zu Nietzsche Michael Stausberg: Zarathus(h)tra-Zoroaster: Ost-westliche Spiegelungen von den Anfängen bis Nietzsche. In: Mathias Mayer: Also wie sprach Zarathustra. West-östliche Spiegelungen im kulturgeschichtlichen Vergleich. (Klassische Moderne 6) Baden-Baden: Ergon ²2019, 11-29.

[12] FN, Brief an Overbeck 1883 (zitiert NK 4/1, 39).

[13] Ernst Benz: Nietzsches Ideen zur Geschichte des Christentums. Zeitschrift für Kirchengeschichte 56 (1937), 169-313. Auch separat als Buch Stuttgart: Kohlhammer 1937 [149 Seiten]. Nach dem Ende des NS erweitert [180 Seiten] neu aufgelegt als Beiheft 3 zur Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, die EB zusammen mit Hans-Joachim Schoeps herausgab. Dazu Christoph Auffarth: Frömmigkeit im protestantischen Milieu: Marburg während des Nationalsozialismus. In: Olaf Blaschke; Thomas Großbölting (Hrsg.): Was glaubten die Deutschen 1933-1945? Religion und Politik im Nationalsozialismus. Frankfurt am Main: Campus 2020, 415-442.

[14] Die Forderung eines „Fünften Evangeliums“ zielt darauf, die Religion auf eine neue Stufe zu heben, die die vier kanonischen Evangelien übertrifft und ersetzt, wie etwa Rudolf Steiner in seinen sechs Vorträgen (beginnend mit dem Ersten Vortrag, Kristiania (Oslo), 1. Oktober 1913). Aber auch inner­halb der liberalen Theologie des Protestantismus wurde die „Weiterentwicklung“ des Christentums über die Bibel hinaus zur Religion der Menschheit/Moderne gefordert.

[15] Im Nicaeno-Constantinopolitanum hat das Lateinische Deum verum de Deo vero, genitum non factum, consubstantialem Patri; per quem omnia facta sunt., während das (protestantische) Deutsche formuliert „gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch ihn ist alles geschaffen.“ Also Christus, der unerschaffene, ist selbst Schöpfer.

[16] KG arbeitet NK 4/1, 45-51 heraus, wie FN sich selbst für dieses Werk lobt, es für das „erste Buch aller Bücher“ KSB 8, Brief 1226) erklärt, gleichzeitig aber es für ein „unverständliches Buch“ hält, für dessen Erkenntnis Leser erst noch geboren werden müssten, denn der Za „hebe auf eine höhere Stufe der Sterblichen hinaus, als ‚moderne‘ Menschen erreichen könnten“ (KSA 6, 298). So erklärt er den Za gleichzeitig für die „Vorhalle zu meiner Philosophie – für mich gebaut, mir Muth zu machen“ (KSB 6 Brief 509 NK 4/1, 47), das heißt die Kathedrale muss noch gebaut werden; bislang steht nur der Eingang. – Das Gegenstück „Von der verkleinernden Tugend“ (Za III KSA 4, 209-217) unterscheidet KG von der „berüchtigten Elmauer Rede Peter Sloterdijks Regeln für den Menschenpark (1999)“, der FN vermeintlich neue Aktualität zuschrieb durch die Züchtung von Menschen für Morgen. Dafür könne man sich nicht auf FNs Za berufen (NK 4/3, 119f).

[17] Etwa jüngst Mark-Georg Dehrmann / Christoph König (Hrsg.) Zarathustra-Lektüren. (Beiträge zu Friedrich Nietzsche 25) Basel: Schwabe 2023. Christoph König (Hrsg.): Zweite Autorschaft: Philologie, Poesie und Philosophie in Friedrich Nietzsches “Also sprach Zarathustra” und “Dionysos-Dithyramben”. Göttingen: Wallstein 2021. Mayer, Also wie sprach Zarathustra (wie Anm. 13).

 

 

 

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