Meine Religion – Deine Religion

Geschichtenbuch. Schulverlag plus. 1. Auflage 2010
ISBN 13 978-3-292-00977-7. Euro 12.-

„Recht – Unrecht / Warum Menschen leiden“
1. Auflage 2010, 98 Seiten, A4, zahlreiche Abbildungen, Spiralbindung
Schulverlag plus
ISBN13 978-3-292-00979-1. Euro 22.-

„Orientierungswissen: Die Weltreligionen“
1. Auflage 2010, 120 Seiten, A4, zahlreiche Abbildungen, Spiralbindung
Schulverlag plus
ISBN13 978-3-292-00980-7 Euro 22.-

„Gibt es Gott? – Woher kommen, wohin gehen wir?“
1. Auflage 2010, 110 Seiten, zahlreiche Abbildungen, A4, Spiralbindung
Schulverlag plus
ISBN13 978-3-292-00978-4 Euro 22.-

Weitere Informationen zur Unterrichtsreihe und Leseproben

 

Die Vielfalt und die Tiefe der Religionen in der Schule entdecken

Die neue Unterrichtsreihe „Meine Religion – Deine Religion“ ( 4. – 6. Schuljahr) sticht durch einen mehrperspektivischen Ansatz aus dem Kreis gegenwärtiger Religionsbücher im deutschsprachigen Raum hervor. Im Zentrum steht ein GESCHICHTENBUCH mit Erzählungen und Beispielen aus den verschiedenen Weltreligionen. Dabei stehen zunächst Kinder, ihre vielfältigen Fragen und Themen im Mittelpunkt: „Gibt es Gott?“  „Woher kommen, wohin gehen wir?“  „Recht-Unrecht“  „Warum leiden Menschen?“. Konkret werden 16 Beispiele von Kindererfahrungen mit Lebensfragen und religiösen Themen vorgestellt. Damit hält das Geschichtenbuch eine Fülle an Erzählungen, Erlebnissen und Schilderungen bereit. Diese sind Grundlage für den interreligiösen Ansatz, der das Geschichtenbuch durchgängig prägt. Die Kinder leben in Deutschland – oder in der Schweiz – und stellen so die multireligiöse Vielfalt unserer Städte anschaulich dar.

Die Berichte der Kinder sind in einer munteren, klaren Sprache geschrieben, das weckt Interesse und lädt zur Nachfrage und zum Dialog ein. Zwei Beispiele seien hier genannt:

(1) Laura und Nina sind 11 und 9 Jahre alt und leben in Bamberg. Sie beschreiben die katholische Konfession aus ihrem Erleben, erzählen von der Kommunion und von Gegenständen zuhause und in der Kirche, die ihnen wichtig sind. „Religion im Alltag“ wird lebendig geschildert. Dazu haben die Kinder auch eine wichtige Geschichte („Grundgeschichte“) aus der Religion ausgesucht, die sie mit Erlebnissen aus ihrem Alltag verbinden. In diesem Fall ist es die Erzählung vom verlorenen Sohn (28-31).

(2) Melike ist neun Jahre alt, sie ist Muslima und lebt in Stuttgart. Sie berichtet über den Glaubensalltag und über den Fastenmonat Ramadan. Beeindruckende Bilder zeigen Melike beim Gebet. Sie äußert ihre Fragen zur Schöpfung und zeigt darin eine selbständige Weise des philosophischen und religiösen Denkens.

 

Jedes Kind legt „eigene Gedanken zu einer Geschichte“ bzw. zu einem Kernthema vor. Diese Berichte sind gutes Ausgangsmaterial für kindertheologisches Arbeiten in der Klasse, denn sie regen zur Auseinandersetzung und zum Weiterdenken an. „Im Idealfall erhalten die Kinder die Möglichkeit, ihre Gefühle zu artikulieren und ihre Erfahrungen zu verarbeiten, indem sie ausgehend von den gehörten Geschichten ihre eigenen Geschichten bilden“ ( AB 17).

 

Da insgesamt 16 Kinder hier zu Wort kommen, ist Abwechslung und Vielfalt in der Darstellung der Religionen gewährleistet. Würde nur je ein Kind eine Religion repräsentieren, so wäre dies zu einseitig und zu überfrachtet. Das GESCHICHTENBUCH lässt auf diese Weise den multiperspektivischen Ansatz heutiger Religionsbetrachtung zur Geltung kommen. Religionsdidaktisch ist das wirklich als Bereicherung zu sehen. In traditionellen Religionsbüchern werden die „Weltreligionen“ immer noch oft rein kursorisch behandelt; dabei gelingt nur selten eine didaktische Begegnung mit der gelebten Religion. Akzeptiert man jedoch den Sachverhalt der religiösen Vielfalt in der Schule als Chance des gemeinsamen Lernens im Unterricht, dann zeigt sich religiöse Differenz und Vielfalt als fruchtbarer Boden.

 

Das Unterrichtswerk „Meine Religion – Deine Religion“ bleibt nicht an der „Außenseite“ der Religionen stehen, sondern weist die Kinder (und die Lehrkräfte) darauf hin, dass die Religion ihre Stärke aus der tiefen inneren Wirkung im Leben der Menschen bezieht (90). Unter dieser Doppelperspektive steht das Kapitel „Orientierungswissen“, das zusammengefasst religionskundliches Wissen zu den fünf Weltreligionen bietet.

 

Weil diese knappen Orientierungen allerdings nicht ausreichen, gibt u.a. es das ausführliche Arbeitsmaterial „Orientierungswissen – Die Weltreligionen“.

Zunächst wird der religionsdidaktische Hintergrund vorgestellt (AB 14-23). Die Autorinnen, Religionspädagoginnen aus der Schweiz, haben sich klar für einen interreligiösen Ansatz in Verbindung mit kinderphilosophischem Profil entschieden, um die Chancen des vielfältigen Zugangs zu nutzen:

„Interreligiöses Lernen auf dieser Grundlage bedeutet:

  • mit Kindern über Grundfragen – aus säkularer und aus religiöser Perspektive – philosophisch nachzudenken,
  • dabei das religiöse Wissen unterschiedlicher Traditionen und Menschen als Deutungsangebot einzubeziehen
  • und sich im Dialog mit Traditionen und Menschen unterschiedlicher religiöser oder säkularer Herkunft zu üben“ (AB 15).

 

Mit diesen drei Kernelementen des interreligiösen Lernens sind auch Brücken zur Kompetenzorientierung im Religionsunterricht gegeben. Damit schließt sich das neue Unterrichtswerk an aktuelle religionspädagogische Zielorientierungen an.

Besonderen Wert legen die Autorinnen auf die Bedeutung und die Deutung religiöser Sprache. Die Kinder werden an Besonderheiten der religiösen Sprache und Symbolik herangeführt, dazu dienen beispielhafte „Sprach-Einführungen“ in die fünf Weltreligionen (Geschichtenbuch, 8-13).

Die Lehrkräfte erhalten ferner im Kapitel „Hintergrund“ praktische Hinweise zu methodischen Fachfragen wie „Philosophieren mit Kindern“, „Bildbetrachtung“, „Stilleübungen, Fantasiereisen“, Ziel- und Kompetenzorientierung sowie Beurteilung und Kompetenzüberprüfung.

Anregungen zur Beachtung religionswissenschaftlicher Grundregeln (AB 18-19) helfen, den Umgang mit anderen Religionen auf eine neue Ebene zu stellen. Ziel ist, verstehen zu lernen, was andere Menschen glauben. Sehr wichtig die Hinweise, Religionen „nicht als Ganzheiten vergleichen“, sondern eher in verschiedenen Dimensionen, und dabei den innerreligiösen Pluralismus zu beachten. Gelebte Religion soll mit gelebter Religion in Beziehung gesetzt werden, nicht mit einem Ideal fremder oder eigener Religion.

 

Es sei angemerkt, dass eine solche Einbeziehung religionswissenschaftlicher Grundsätze im deutschsprachigen religionspädagogischen Raum noch hohen Seltenheitswert besitzt. Allzu lange hat die monokonfessionelle Prägung des Religionsunterrichts hier Schranken gesetzt. Erst langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass Religionswissenschaft der praktischen Religionspädagogik (und auch der Theorie !) gute Dienste leisten kann! [1]

 

Im Hauptteil bietet das Arbeitsbuch „Orientierungswissen – Die Weltreligionen“ Sachinformationen zu Judentum, Hinduismus, Buddhismus, Christentum, Islam, gegliedert nach „Geschichte, Glaubensinhalte, heilige Schriften, Gotteshaus, Feste“. Die Arbeitsblätter sind optisch (- überwiegend zweispaltig gedruckt -) und sprachlich sehr ansprechend gestaltet. Sie bestehen teils aus Sachtexten, teils aus Bildern, Übersichten und gestalterischen Anregungen. Immer wird Bezug auf das Geschichtenbuch genommen, es finden sich aber auch Hinweise auf einschlägige Internetquellen der Religionsgemeinschaften. Die Arbeitsanregungen sind offen gestaltet und können individuell aufgegriffen werden. Dadurch ergeben sich methodisch viele Möglichkeiten, z.B. in Richtung der Gestaltung von Portfolios oder von Lernstationen. Eine Zusammenarbeit mit dem Fach Deutsch wird ausdrücklich vorgeschlagen.  Die Texte sind sachlich klar und in gut verständlicher Sprache formuliert. Angesichts der großen Fülle an Informationen haben die Autorinnen hier wirklich ein didaktisches Meisterwerk geliefert!

 

Die beiden weiteren Arbeitsbücher sind nach denselben Prinzipien aufgebaut. Das Arbeitsmaterial mit den Themen „Recht – Unrecht / Warum Menschen leiden“ bezieht sich auf ethische und religiöse Entscheidungsfragen. Diese Themenbereiche sind ja sowohl im Religions- wie auch  im Ethikunterricht angesiedelt, wie ein Blick in Lehrpläne belegen kann. Die Frage nach dem Leid erhält einen großen Stellenwert im Arbeitsbuch. Auch hier wird eine Zugang von verschiedenen Seiten offeriert. Die gemischte Anordnung der Themen mag auf den ersten Blick denjenigen irritieren, der nur klassische Lehrbücher aus der Sicht einer Konfession gewohnt ist. Auf den zweiten Blick wird jedoch verständlich, dass man auf diese Weise der Vielschichtigkeit des kindlichen Denkens entgegenkommt und Schubladendenken vermeidet. Das Leben der Menschen und der Religionen ist nun mal nicht in „Fächer“ unterteilt.

Das Arbeitsmaterial mit den Themen „Gibt es Gott? – Woher kommen, wohin gehen wir?“ vertieft die religionskundlichen Informationen, setzt sich aber auch religionsübergreifend mit Themen wie Toleranz, Weltentstehung und Wunder auseinander. Gemäß dem oben beschriebenen Ansatz, nicht nur die Außenseite zu zeigen, sondern auch den Blick in das Innere der Religionen zu ermöglichen, können Lehrkräfte und Schüler hier religiösen und existentiellen Grundfragen nachgehen. In besonderer Weise gilt dies für die Themen „Geburt, Tod, Trauer, Auferstehung, Vorstellungen zum Leben nach dem Tod“.

 

Für den schulischen Einsatz in den Jahrgängen 4 – 6 [ – aus praktischer Erfahrung würde ich auch den 7. Jahrgang noch einbeziehen- ] bietet die neue Unterrichtsreihe „Meine Religion – Deine Religion“ zahlreiche gute Möglichkeiten. Empfehlenswert ist die Anschaffung des (preis-werten) GESCHICHTENBUCHES im Klassensatz. Denn zu diesem anschaulichen Material werden die Kinder immer wieder gerne greifen. Es stellt ja auch den didaktischen Mittelpunkt dar, um den herum sich die weiteren drei Arbeitsbücher mit den Arbeitsblättern (Kopiermaterialien) ergänzend gruppieren. Auch diese sollten der Klasse zur Verfügung stehen, um entsprechende Vertiefungen und Schwerpunktsetzungen zu ermöglichen.

Neben dem Einsatz im Fach Religion ist  „Meine Religion – Deine Religion“ auch für die Fächer Ethik, LER, Philosophie oder Werte und Normen geeignet. Denn in all diesen „Alternativfächern“ zum konfessionellen Religionsunterricht werden auch religiöse Themen behandelt. Durch die spezifisch religionswissenschaftliche und kinderphilosophische Orientierung kann das neue Unterrichtswerk hier besonders gut eingesetzt werden.

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[1] Vgl. etwa: Rainer Lachmann, Martin Rothgangel, Bernd Schröder: Christentum und Religionen elementar Lebensweltlich – theologisch – didaktisch. Theologie für Lehrerinnen und Lehrer, Band 5. Göttingen 2010.  Rezension hier

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Dr. Manfred Spieß
Universität Bremen
Religionswissenschaft/Religionspädagogik
September 2011

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