Auf dem Wege der Verständigung: Das besondere Lexikon Christentum – Islam

Rz-Islam-Lexikon-DialogRichard Heinzmann in Zusammenarbeit mit Peter Antes, Martin Thurner, Mualla Selçuk und Halis Albayrak
(Hg.: im Auftrag der Eugen-Biser-Stiftung): Lexikon des Dialogs.
Grundbegriffe aus Christentum und Islam.

— Band 1: Abendmahl – Kult
— Band 2: Kultur – Zwölferschiiten.

Freiburg u.a.: Herder 2013, 851 S., Indices
(türkische und englische Ausgaben in Vorbereitung). — ISBN 978-3-451-30684-6 —

Ausführliche Besprechung: hier

In siebenjähriger Arbeit haben über 100 kompetente Wissenschaftler aus Christentum und Islam zusammen mit der Eugen-Biser-Stiftung in München und der  Islamisch-Theologischen Fakultät der Universität Ankara gemeinsam dieses Lexikon erarbeitet und zugleich die jeweilige Begrifflichkeit auch noch in türkischer Sprache erläutert. Mit über 300 Artikeln ist hier tatsächlich ein Mammutwerk entstanden, das es so bisher auf dem deutschsprachigen Markt nicht gibt.

Den Leitgedanken des Lexikons hat der Vorsitzende der Eugen-Biser-Stiftung, der christliche Philosoph Richard Heinzmann, klar auf den Punkt gebracht: „Es [das Lexikon] ist von dem Leitgedanken geprägt, Christen und Muslimen vertiefte Kenntnisse über die jeweils andere Religion zu vermitteln, ebenso allen an der Begegnung dieser Kulturen beteiligten Menschen Grundlagen für das Gespräch und damit für das friedliche Zusammenleben und das gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenwirken eine Voraussetzung zu bieten“ (S. 7).

Dieses Lexikon hat nicht den Anspruch, für alle theologischen, gesellschaftlichen und kulturellen Probleme im Horizont von Islam und Christentum Lösungswege zu bieten, aber es ist ein beeindruckender „Etappensieg“ kompetenter und nachhaltiger Verständigung über gemeisanme, differierende und gegensätzliche Begrifflichkeiten der beiden Religionen.

Unabhängig davon, wie diese Grundlagenarbeit weitergehen wird, für Forscher/innen und Interessierte ist hier bereits eine wissenschaftlich definitorische Standortbestimmung zwischen Christentum und Islam erreicht worden, hinter die niemand mehr ehrlichen Gewissens zurück kann! Insofern sei den Förderern, Herausgebern, dem großen Autorenteam und auch dem Herder-Verlag ausdrücklich gedankt.

                                                                                                                                                                                     Reinhard Kirste 

 

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                                                                                                                         Rz-Islam-Lexikon-Dialog, 16.11.13

Buch des Monats Oktober 2013: Islamische Seelsorge in der multikulturellen Gesellschaft

BRz-Ucar-Seelsorgeülent Ucar / Martina Blasberg-Kuhnke, (Hg.):
Islamische Seelsorge zwischen Herkunft und Zukunft.
Von der theologischen Grundlegung zur Praxis in Deutschland.
Reihe Osnabrücker Islamstudien Band 12.
Frankfurt/M. u.a.: Peter Lang
2013, 192 S.
— ISBN 978-3-631-64063-0 geb. – ISBN 978-3-653-02533-0 (eBook) 

Ausführliche Beschreibung: hier

 Die Universität Osnabrück hat mit ihrem Zentrum für Islamstudien seit 2008 einen wesentlichen Beitrag für die Etablierung der islamischen Theologie und der mit ihr verbundenen Religionspädagogik geleistet. Bülent Ucar als Direktor des Instituts für Islamische Theologie und das Team des Instituts haben beachtliche Fortschritte im Blick auf den islamischen Religionsunterricht erzielt. Denn ihre theologischen Forschungsarbeiten stehen im Kontext der universitären Nachbardisziplinen, besonders der christlichen Theologie. Als Zwischenergebnisse dieser Arbeit sind inzwischen 15 Bände der Reihe „Osnabrücker Islamstudien“ erschienen. Im hier vorliegenden 12. Band verweisen bereits die Herausgeber, der islamische Theologe  Bülent Ucar und die katholischen Religionspädagogin Martina Blasberg-Kuhnke, auf die fast selbstverständliche Kooperation zwischen islamischer und christlicher Theologie auf der Schwelle von Theorie und Praxis in der Seelsorge.

Verstärkt durch die Migrationssituation ist in Europa und gerade auch in Deutschland nämlich der Islam besonders herausgefordert. Insofern wird neben bereits existierenden interreligiösen Seelsorgekonzepten in diesem Band ein systematisierender Weg eines neuen Verständnisses beschritten, und zwar in drei Abschnitten:

  • 1. Teil: Grundlagen und Entwicklung der Seelsorge

  • 2. Teil : Seelsorgekonzepte

  • 3. Teil:  Seelsorge in der Praxis: Erfahrungsberichte

Dieses Buch mit seinen unterschiedlichen seelsorgerlichen Zugängen aus weitgehend islamischer Perspektive zeigt überzeugend die Notwendigkeit auf, dass Religionen angesichts alltäglicher und lebensbedrohlicher sowie tödlicher Lebenserfahrungen Grund legen müssen, um Menschen konkret Halt und Trost zu geben. Besonders zu würdigen ist, dass islamische Seelsorge offensichtlich von Anfang an in ein interreligiös offenes Seelsorgekonzept. Muslimische und christliche Seelsorger plädieren gleichermaßen für eine glaubwürdige und weiterhelfende Seelsorge für die betroffenen Menschen mit ihren Nöten, Ängsten, Verzweiflung und Schmerzen.

Reinhard Kirste

Rz-Ucar-Seelsorge, 30.09.2013     Creative Commons-Lizenz

Handbuch der Religionen (HdR): Kontinuierlich wachsende Printausgabe und Online-Zugänge

Trotz starker Digitalisierung in der Kultur des Buches ziehen es immer noch viele vor, sich Material auf der “Papierbasis” zu besorgen.
Dazu gehört seit 1997 das von dem Religionswissenschaftler  Udo Tworuschka und dem Historiker Michael Klöcker im Olzog-Verlag München herausgegebene
HANDBUCH DER RELIGIONEN (HdR)
Zugang zur Printausgabe: hier

Viele Spezialisten und für die einzelnen Themenfelder zuständige Fachgebietsleiter haben dieses Handbuch im Ringformat mit jährlichen Ergänzungslieferungen zu einem vierbändigen Werk anwachsen lassen. Inzwischen finden sich in den Ordnern mit inzwischen 37 Ergänzungsliefeungen über 4500 Seiten Text (!).
Hier wurde also ein umfassendes Lexikon der Religionen entwickelt.  Es ermöglicht einen umfangreichen Überblick über die Geschichte und Gegenwart der verschiedenen religiösen Traditionen und Strömungen in Deutschland.  Das macht allerdings die Übersicht und schnelle Auffindbarkeit bestimmter einzelner Themen nicht immer leicht.

Das Gesamtinhaltsverzeichnis bietet darum eine erste Übersicht.
Download Inhaltsverzeichnis: hier

Weiterhin können über eine Suchmaske nun alle Artikel als Volltextsuche
(einige kostenlos, die meisten gegen geringe Gebühr) online abgerufen und heruntergeladen werden:
Online-Zugang zum HdR

Dieses umfassende Werk zu den Konfessionen und Religionen  im deutschsprachigen Raum hat mit seinen Grundsatzbeiträgen eine religionswissenschaftliche Basis gelegt. Mit den Aktualisierungen zu religiösen Entwicklungen und Veränderungen dürfte es für die Recherche von Fachleuten und Interessierten aus allen gesellschaftlichen Bereichen ausgezeichnet recherchierte Zugänge für eine sachkompetente Orientierung bieten.

 

 

Buch des Monats September 2013: Interkulturelle Philosophie – grenzüberschreitende Sichtweisen

Rz-Yousefi-Bühne-PhilHamid Reza Yousefi: Die Bühnen des Denkens.
Neue Horizonte des Philosophierens
.
Münster u.a.:  Waxmann 2013, 259 S. —  ISBN 978-3-8309-2821-8 —

Ausführliche Beschreibung: hier

Der Autor gehört zu den jüngeren Philosophen, denen die Interkulturalität der Philosophie besonders am Herzen liegt. Er lehrt interkulturelle Philosophie und Philosophiegeschichte an der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz. In Trier hat er das Institut zur Förderung der Interkulturalität (IFI) gegründet, dessen Leiter er auch ist. Eine beachtliche Zahl von Büchern mit seinen Forschungsschwerpunkten hat er bereits veröffentlicht bzw. herausgegeben. Sie beziehen sich besonders auf moderne Theorien der Toleranz, Kommunikation sowie ethische und hermeneutischen Entwicklungen  in der Philosophie und Religionswissenschaft.

Mit dem vorliegenden Buch baut er eine didaktische Brücke zum Verstehen verschiedener Kulturtheorien und der vielfältigen Tendenzen interkultureller Philosophie in Vergangenheit und Gegenwart. Darum kommen hier berühmte islamische Philosophen des Mittelalters, der beginnenden Neuzeit und der Gegenwartsphilosophie zur Sprache, aber ebenso heutige Ansätze interkultureller Philosophie im deutschsprachigen Raum.

Bilanz
Hier dürfte darum das erste didaktisch ausgerichtete Buch der Interkulturellen Philosophie im deutschsprachigen Raum vorliegen.  Die LeserInnen müssen keine speziellen philosophischen Vorkenntnisse mitbringen, weil methodische Klarheit das Buch durchzieht.  So findet man/frau leicht die zugehörigen Schaubilder, die zusammenfassenden Merksätze und orientierende Fragestellungen sowie praktische Übungsaufgaben für jeden Abschnitt.  Damit ist zugleich ein Lehrbuch entstanden, das nicht nur für Studierende der Philosophie, Theologie und Kulturwissenschaften weiterführend sein dürfte, sondern dass allen Interessierten ermöglicht, das eigene Kulturenverständnis zu erweitern und eurozentrische Sichtweisen abzulegen. Zugleich aber wird deutlich, dass es notwendig ist, die eigenen gegenwärtigen Standortbestimmungen interkulturell und interreligiös vorzunehmen. Yousefis Buch bietet dafür eine konstruktive Anleitung.

Reinhard Kirste

Rz-Yousefi-Phil-Bühne, 31.08.13  Creative Commons-Lizenz

Kompetenzentwicklung für interkulturelles und interreligiöses Lernen

Rz-BernlochnerMax Bernlocher: Interkulturell-interreligiöse Kompetenz. Positionen und Perspektiven interreligiösen Lernens im Blick auf den Islam.
Beiträge zur Komparativen Theologie Band 13.
Paderborn: Schöningh 2013, 390 S., Personenregister
— ISBN  978-3-506-77665-5 — (zugl. Diss. München 2012)

Ausführliche Beschreibung: hier

Der Autor Max Bernlochner ist Politikwissenschaftler und seit 2011 Leiter des Referats für interkulturelle Angelegenheiten im Ministerium für Integration des Landes Baden-Württemberg. Er ist in der katholischen Theologie beheimatet. Darüber hinaus hat er sich seit vielen Jahren engagiert um den christlich-islamischen Dialog gekümmert.

Dass der Autor angesichts der Problematik interkulturllen und interreligiösen Lernens unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen Deutschlands in einem recht unübersichtlichen Feld unterwegs ist, hängt bereits mit den schwierigen Grundbegriffen von Kultur und Religion zusammen, zumal interkulturelle und interreligiöse Begegnung immer ineinanderwirken. Gemeinsame ethische Orientierung als Basismöglichkeit in Christentum und Islam, Übereinstimmungen von christlicher und islamischer Theologie im Schöpfungsverständnis, Wirkebenen des barmherzigen Gottes, Verantwortlichkeit in der Gegenwart als Heilsvoraussetzung sind ihm darum wichtig.  So tauchen Grundrisse einer interreligiösen Ethik auf, die gegenseitige Stärken und Fehleinschätzungen moralischer Art offenlegen und zu gemeinsamen Engagement herausfordern, besonders im Blick auf Hilfsbedürftige und den Schutz der Umwelt.

Insgesamt gelingt es Bernlochner mit diesem umfassenden Ansatz religionsdidaktischer sowie schul- und ausbildungsorganisatorischer Konkretionen, ein (Schul-)Modell interkulturell-interreligiöser Kompetenz zu entwickeln und dies religionspädagogisch als zwingend einzufordern und mit Hilfe einer kooperativen Fächergruppe für ein gemeinsames Lernen zu präzisieren. Studierende, Lehrende und Schüler behält er dabei gleichermaßen religionsdialogisch im Blick und belegt dies immer wieder durch praktische Beispiele. Mit seinen Analysen und präziserenden Zielvorgaben eröffnet er Wege, eine interreligiöse Religionspädagogik weiter zu entwickeln.

Reinhard Kirste

Rz-Bernlocher, 21.04.2013   Creative Commons-Lizenz

 

Religiöse Erziehung als Kooperationsaufgabe von Christen und Muslimen

Rz-Graf-Ucar-BildungPeter Graf / Bülent Ucar (Hg.):
Religiöse Bildung im Dialog zwischen Christen und Muslimen.

Interreligiöser Dialog in gesellschaftlicher Verantwortung Band 1.
Stuttgart: Kohlhammer 2011, 259 S. — ISBN 978-3-17-022033-1 —

In diesem Band, von zwei renommierten, interkulturell orientierten Religionspädagogen der Universität Osnabrück herausgegeben, Peter Graf (christlich) und Bülent Ucar (islamisch),  kommen Vertreter der drei monotheistischen Religionen zu Worte. Sie sind seit vielen Jahren im interreligiösen Dialog  wissenschaftlich und praktisch engagiert.

Zielsetzungen im interreligiösen Dialog, zum islamischen Religionsunterricht, zur Imam-Ausbildung und im Blick auf die islamische Theologie in Deutschland werden genauer von verschiedenen Autoren untersucht. Grundsätzliche Überlegungen und Strukturelles werden anvisiert und mögliche Lösungsansätze zum Studium der islamischen Theologie in Deutschland für künftige Imame und Religionslehrer/innen werden vorgeschlagen.

Ausführliche Besprechung hier                                                                                  Reinhard Kirste

Creative Commons-LizenzRz-Graf-Ucar-Bildung, 07.04.13    

 

Buch des Monats März 2013: Jesus im Koran

Rz-Bauschke-JesusMartin Bauschke: Der Sohn Marias. Jesus im Koran.
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2013, 200 S., Koranstellenregister
— ISBN 978-3-650-25190-9 —

Der Religionswissenschaftler Martin Bauschke, Leiter des Berliner Büros der Stiftung „Weltethos“, hatte bereits 2001 (Böhlau-Verlag) das Buch „Jesus im Koran“ herausgebracht. Was im ersten Augenblick wie eine Neuauflage erscheint, zeigt sich sehr schnell als ein wirklich neues Buch. Bauschke hat nämlich nicht nur die theologischen Debatten seit der Erstausgabe seines Buches eingearbeitet, sondern die gesamte Struktur systematisiert und stärker religionswissenschaftlich ausgerichtet. Dem Autor kommt zugute, dass er seit vielen Jahren dieses Thema nicht nur erforscht, sondern auch einem interessierten Leser- und Hörerkreis vermittelt. Dies mag auch die Ursache sein, dass sich dieses Buch nicht nur für Fachleute, sondern für jede/n Interessierte/n gut liest. Im Anhang gibt es noch einen Fragebogen und Vergleichstabellen für Koran und Neues Testament.

Der Autor gliedert sein Buch in 14 Kapitel mit 8 (optisch besonders herausgehobenen) Exkursen, die zum einen spezielle islamische Vorstellungen und zum anderen verstärkt heterodoxe christliche Anschauungen von Jesu Wirken, Leben, Sterben und Auferstehen zur Sprache bringen. Er führt hier letztlich eine 1400jährige, keineswegs unproblematische Dialoggeschichte fort, die mit dem Koran begonnen hat. 

Das Fazit formuliert Bauschke so: „Der Koran widerspricht jeder gleichsam ‚göttlichen‘ Christologie. Jesus ist … ein sterbliches Geschöpf … Das Messiasbekenntnis des Korans stellt … eine theozentrische Re-Interpretation der Gestalt Jesu angesichts der vielfältigen, auch noch zur Zeit Muhammads miteinander konkurrierenden christlichen Christologien dar.“ (S. 160f.161). „Man kann das theozentrische Jesus-Zeugnis des Korans auch eine zeichenhafte Messianologie nennen“ (S. 164). 

Diese grundlegende Arbeit ist auch als Basis für den christlich-islamischen Dialog wichtig, denn: „Im heutigen multikulturellen Kontext ist kein Christsein mehr möglich – es sei denn um den Preis fundamentalistischer Abschottung und Ignoranz – an den mitten unter Christen lebenden Muslimen vorbei“ (S. 165). So hat er hier die Basis für ein sachgerechtes Gespräch über Jesus zwischen Christen und Muslimen erheblich vertieft und auf breite religionswissenschaftliche und hermeneutische Grundlagen gestellt. Dies macht das Buch für Christen und Muslime gleichermaßen wichtig und interreligiös grundlegend. 

                                                                                                                                                     Reinhard Kirste

Buch des Monats Februar 2013: Islam ist Barmherzigkeit

Rz-Khorchide-islamMouhanad Khorchide: Islam ist Barmherzigkeit.
Grundzüge einer modernen Religion.

Freiburg u.a.: Herder 2012, 220 S. — ISBN 978-3451305726 —

Ausführliche Rezension: hier

 

Der Autor, Professor für Islamische Religionspädagogik und Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster, versucht mit diesem Buch, einen positiven Akzent in die oft von Vorurteilen und Verdächtigungen geprägte Islam-Debatte zu bringen.
So  unterscheidet der Theologe sehr genau, was viele Muslime als Glaubenspraxis verinnerlicht haben und was der Koran wirklich intendiert.

Zum einen ist der Koran unter bestimmten zeitlichen Bedingungen entstanden, die man nicht einfach negieren kann. Zum Andern muss heute Auslegung den jeweiligen Kontext berücksichtigen. Zum Dritten muss nach dem hermeneutischen Leitmotiv für die Koran-Interpretation gefragt werden. Sorgsame Exegese belegt, dass dies offensichtlich die Barmherzigkeit ist. Positiv formuliert heißt das, dass der Islam eine Religion ist, die den Menschen nicht in ein enges Regel-Joch spannt, sondern ihn befreit, als vor und für Gott Verantwortlicher in dieser Welt zu leben.

Angesichts der immer noch gängigen dogmatisch engen Auslegung des Korans wagt Khorchide den Durchbruch zu einer menschenfreundlichen Koran-Hermeneutik. Dies ist ein ermutigendes Hoffnungszeichen im oft polemisch belasteten christlich-islamischen Dialog. Dieses Buch empfiehlt sich darum nicht nur für alle am Dialog Interessierten, sondern auch gerade den Islamkritikern als nicht zu negierende Diskussionsbasis.

Vgl. das vom Autor herauagegebene islamische Religionsbuch für die Grundschule: Miteinander 1/2

Reinhard Kirste
Rz-Khorchide-Islam, 31.01.13

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Theologie der Befreiung – christlich und islamisch

Rz-Stosch-BefreiungKlaus von Stosch / Muna Tatari (Hg.): Gott und Befreiung.Befreiungstheologische Konzepte in Islam und Christentum.
Beiträge zur Komparativen Theologie, Bd 5.
Paderborn: Schöningh 2012, 285 S., Personenregister  
ISBN 978-3-506-77317-3 — 
Ausführliche Rezension: hier


Kurzbeschreibung
Der hier vorliegende 5. Band aus der Reihe Beiträge zur Komparativen Theologie nimmt ein wichtiges Thema auf, das im Christentum und Islam eine herausragende Rolle spielt: Freiheit und Befreiung;
vgl. zur gesamten Reihe die Besprechung in „Ein-Sichten“:
http://buchvorstellungen.blogspot.de/2012/02/zwischen-glaubesngewissheit-und-gewalt.html
Befreiung im Zusammenhang irdischer Gerechtigkeit und göttlicher Erlösung ist in den Grundschriften des Christentums und des Islams fest verankert und ethisch normgebend. Die hier aufgenommenen Beiträge befassen sich nicht nur mit geschichtstheologischen Hintergründen, sondern fragen vielmehr, wie unter den Bedingungen der Gegenwart im Islam und Christentum Theologie als Theologie der Befreiung sich artikulieren kann und muss.

Die Herausgeber, der Paderborner katholische Systematiker Klaus von Stosch und die Islamwissenschaftlerin Muna Tatari (beide am Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaft der Universität Paderborn), verweisen wie auch komptente VertreterInnen beider Religionen immer wieder auf das emanzipatorische Potential beider Religionen. Im Verlauf der Darstellung wird bei einigen AutorInnen mit geradezu systematischer Wucht deutlich, dass ein solch komparativ-interreligiöser Ansatz aus der Einseitigkeit von Wahrheits- und Absolutheitsansprüchen herausgeführt werden muss. Keine Position kann für sich also Deutungshoheit beanspruchen. So können, vielleicht sogar müssen im Horizont des interreligiösen Dialogs eigene theologische Positionen verändert werden. 

Wie unterschiedlich die theologischen Denkbewegungen und -konstrukte der einzelnen AutorInnen auch sind, man merkt, dass die adäquaten befreiungstheologischen und feministischen Auslegungsmöglichkeiten von Koran und Bibel noch keineswegs ausgeschöpft sind. Hier aber ist Weiterarbeit dialogisch-theologisch und praktisch-gesellschaftlich notwendig im Sinne der Option für die Armen und für ein konsequentes Engagement, das Gerechtigkeit für alle Menschen einleitet. Die Anstöße aus diesem Buch sollten darum keinesfalls nur dem innertheologischen Diskurs vorbehalten bleiben.

Reinhard Kirste

Rz-Stosch-Befreiung, 22.01.13

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Begegnung mit dem Islam als Lebensaufgabe – Christliche Theologen berichten

Der Theologe und Islamwissenschaftler Christian W. Troll SJ hat zusammen mit dem englischen Redemptoristen und Islam-Spezialisten C.T.R. Hewer im Verlag der Fordham-Jesuiten-Universität in New York einen Sammelband herausgegeben, der das beeindruckende Engagement christlicher Theologen für eine respektvolle und freundschaftliche Begegnung mit dem Islam zum Ausdruck bringt:

Christian W. Troll / C.T.R. Hewer (eds.):
Christian Lives Given To The Stuy of Islam

New York: Fordham University Press 2012
Eine ausführliche Leseprobe: hier

Hier tauchen u.a. bekannte und bedeutende Namen auf, die Bahnbrechendes für die Förderung des christlich-islamischen Dialogs auf Weltebene bewirkt haben :
Kenneth Cragg, Maurice Borrmans, A.R. Crollius, Michael J. Fitzgerald, David B. Burrell, Jean-Marie Gaudeul, Christopher Lamp, Thomas Michel, Emilio Platti

Auch das langjährige Mitglied der Interreligiösen Arbeitsstelle (INTR°A), der reformierte Theologe und intensive Pakistankenner Jan Slomp hat für diesen Band einen interessanten Beitrag geschrieben:
A Life between Church and Islam: Seeking True Discernment
(Dieser Artikel  kann in voller Länge gelesen werden, s.o. Leseprobe)

Zu diesem Thema hatte Jan Slomp übrigens auch in der Reihe 
Religionen im Gespräch
Bd. 7 (RIG 7), 2002, S. 382 – 386 einen Beitrag geschrieben:
Christian and Muslims in the British Commonwealth