Vlastimil Drbal: Pilgerfahrt im spätantiken Nahen Osten (3./4.-8. Jahrhundert).
Paganes, christliches, jüdisches und islamisches Pilgerwesen. Fragen der Kontinuitäten.
(Byzanz zwischen Orient und Okzident 7) Mainz: Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, 2018
[Regensburg: Schnell & Steiner, 2018].
247 Seiten. Karten, Abbildungen.
ISBN 978-3-88467-295-2 bzw. 978-3-7954-3318-5
Pilgern zu Heiligen Orte in der Spätantike –
auch in interreligöser Gemeinschaft
Eine Rezension von Christoph Auffarth
Kurz: Das Buch beschreibt ein wichtiges Thema, das Pilgerwesen in einer Zeit, in der nicht nur die drei monotheistischen Religionen nebeneinander existierten, sondern auch die klassischen (‚heidnischen‘) Kulte noch Bestand hatten. Neben der (vor allem in den literarischen Texten hervorgehobenen) Konkurrenz ist an vielen Orten erkennbar, dass die Pilger der unterschiedlichen Religionen heilige Stätten auch gemeinsam besuchten.
Ausführlich: Das Vorhaben dieser Arbeit ist ebenso umfassend wie kühn. Denn zum Pilgerwesen der Christen in der Spätantike gibt es viel Literatur, aber die Einbeziehung der antiken vor-christlichen („paganen“) und nicht-christlichen (jüdischen und islamischen) Pilgerfahrten in nicht nur vergleichender, sondern auch synchroner Sicht, ist bisher kaum geleistet, eigentlich nur in Ansätzen. So stellt diese Monographie eine religionswissenschaftlich relevante Forschungsarbeit dar, die umfassende Kenntnisse und Können erfordert. Um es vorwegzunehmen, das ist Vlastimil Drbal[1] sehr gut gelungen.
Das Forschungsprojekt konnte VD im Rahmen des Leibniz WissenschaftsCampus Mainz durchführen, in dem die Byzantinistik der Universität und das Römisch-Germanische Zentralmuseum zusammenarbeiten mit einem Schwerpunkt auf der Archäologie und materiellen Kultur. Das Forschungsprojekt mit mehreren Mitarbeitern Für Seelenheil und Lebensglück: Studien zum byzantinischen Pilgerwesen und seinen Wurzeln veröffentlichte seine Ergebnisse in einem Sammelwerk in der gleichen Reihe, Band 10.[2] Das vorliegende Buch enthält auf den Seiten in DIN A 4-Format mehr enggedruckten Text und noch kleineren Fußnoten (für wissenschaftliche Texte ein Glück) als sonst wissenschaftliche Bücher auf zwei Seiten; im Oktav-Format wären das leicht an die 600 Seiten geworden, das Literaturverzeichnis ist eine Bibliothek von 1500 Werken. Ein großer Teil der in Farbe gedruckten 54 Bilder wurde vom Autor selbst fotografiert, das heißt, er hat viele Orte selbst bereist.
Auf einen einführenden allgemeinen Teil 11-32 folgen die vier Kapitel zur paganen (33-72), jüdischen (73-126), christlichen (127-138), islamischen Pilgerfahrt (139-160). Dann kommen die religionswissenschaftlich besonders interessanten Kapitel Multireligiöse Pilgerorte im Nahen Osten (161-192) und Pilgerfahrten zu Heilkulten zwischen Heidentum und Christentum (193-198) sowie eine Zusammenfassung auf zwei Seiten. Kein Index.
Das Problem läuft auf die Fragestellung hinaus, ob es eine Kontinuität von Praktiken und Orten der Pilgerfahrt gegeben hat, die über die einzelnen Religionen hinaus gehen. Dazu sind erst die einzelnen religiösen Traditionen in der gebotenen Ausführlichkeit vorzustellen, bevor dann die gemeinsamen Pilgerorte diskutiert werden. Im einführenden allgemeinen Teil werden Begriffe und allgemeine Probleme diskutiert. In der Frage, wie Christen nach dem Toleranzedikt von 313[3] und nach den kaiserlichen Verboten ab 392 mit den bestehenden alten Heiligtümern umgegangen sind, dafür gibt es dramatische literarische Berichte, die sich aber im archäologischen Befund so nicht bestätigen. Beispielhaft das Resüme: „Der archäologische Befund, wie ihn J.-M. Spieser für Griechenland herausgearbeitet hat, weist darauf hin, dass es hier keine kultische Kontinuität zwischen der paganen und christlichen Religion gab. Mit anderen Worten: Zwischen dem Verlassen der paganen Tempel und ihrer Wiederbenutzung durch die Christen lagen ein oder sogar zwei Jahrhunderte.“ (26). Das ist zu relativieren: 1. Es gab auch in der griechischen Kultur Zerstörung von klassischen Statuen oder Verstecke von Götterbildern. 2. Die Nicht-Aneignung von Tempeln ist noch kein Beleg für die Nicht-Kontinuität von religiösen Praktiken.[4] Aber die Forschung insbesondere von Ausgrabungen ist gut referiert. Die Erhaltung vieler Götterstatuen, ohne sie zu verehren („mit Blut zu besudeln“), in der christlichen Stadt beruht auf der Umdeutung als „Schmuck“, also ihrer ästhetischen Bewertung als Kulturerbe, aber nicht mehr religiösen Wertschätzung.[5] – Zur religionswissenschaftlichen Theoriebildung stellt VD typologisch gegeneinander die These von Mircea Eliade von der Hierophanie der Axis mundi am heiligen Ort, wo der Heilige Ort sowohl zur Unterwelt wie zum Himmel eine ‚Achse‘ bilde, das Zentrum der Welt,[6] gegen die These Victor Turners von der Dezentralität/ Marginalität des Heiligen Ortes getrennt vom Zentrum der Macht, weshalb eine Pilgerfahrt erst Sinn mache. Auch das ist eine kaum noch vertretene Theorie,[7] wobei allerdings Turner mit der Liminalität der Pilger eine starke Erklärung für die Egalität der Teilnehmer auf einer Pilgerfahrt bietet. Periphere Zentren und Religiöser Tourismus sind anders zu erklären: (1) Durch die Diasporasituation und vorher schon durch die Desakralisierung des Landes durch die Joschianische Kultreform 622 v.Chr. wird die Wallfahrt innerhalb des Jüdischen Landes und aus der Diaspora/Exil die Pilgerfahrt zum einzigen sakralen Zentrum ein Wunsch für Juden.[8] Für Christen entsteht das Ziel des irdischen Jerusalem erst mit dem Ende der Christenverfolgung und der Flucht aus der nun christlichen Stadt durch das Mönchtum. Pilgerfahrt ist zu verstehen als eine Art temporärer Askese; wenn man so will freiwilliges Erleiden der (nicht mehr stattfindenden) Christenverfolgung und kleines Mönchtum auf Zeit.[9] (2) Im religiösen Tourismus ist die religiöse Motivation, wie Michael Stausberg zeigt, nur eine von mehreren.[10] Während VD der jüdischen Pilgerfahrt das längste Kapitel widmet, ist das Kapitel zur christlichen relativ kurz, auch weil diese bereits intensiv erforscht ist; viel Neues bietet das Kapitel zum Islam.[11] Da ist zunächst das islamische Jerusalem. Der „Felsendom“ ist ein starkes Zeichen, dass die neuen Herren der Stadt seit 638 die Stadt auch religiös dominieren. Der christliche Patriarch Sophronios hatte mit Omar (cUmar) ausgehandelt, dass – anders als in vielen anderen eroberten Städten – die Kirchen nicht den Christen weggenommen und zu Moscheen umgebaut würden. Stattdessen könnten sie auf dem Tempelberg bauen, den die christlichen Einwohner als ‚Müllhalde‘ benutzten.[12] Die Muslime nahmen gerne diesen die Stadt überragenden Platz an als haram und bauten über ‚dem Felsen‘ des zerstörten jüdischen Tempels den Felsendom und südlich dazu die al Aqsa-Moschee.[13] Nach der Idee, dass der Islam die beiden anderen monotheistischen Religionen vollende (nicht überwinde und ersetze), bauten sie ‚den Tempel‘ wieder auf. Der Felsendom sollte Jerusalem durch ein starkes architektonisches Zeichen (wieder) zur Heiligen Stadt machen und Mekka übertrumpfen. Nach einer Tradition steht das im Zusammenhang mit dem Streit (der sog. Zweite Bürgerkrieg) zwischen Ibn Zubair, der von Mekka aus das Kalifat beanspruchte, und cAbd al-Malik, der seine Residenz in Jerusalem zum Zentrum machten wollte. VD lehnt dies als spätere Tradition erst klar ab (153), nähert sich aber mit der neuesten Forschung wieder der Deutung als Konflikt an (157). Die religiösen Deutungen der Islamisierung der Heiligkeit Jerusalems sind zu vielfältig, um sie in diesem Zusammenhang auszuschöpfen; VDs Diskussion wird im Bezug auf die Architektonik der Komplexität gerecht.[14]
Waren die vorausgehenden Kapitel schon ausgezeichnete knappe Darstellungen auf dem neuesten Stand der Forschung, so stellt das Kapitel Multireligiöse Pilgerorte im Nahen Osten (162-191) noch einen weiteren Höhepunkt dar: Studien zu den Orten und ihre archäologische Erforschung (so schon zu Sergiupolis im NO Syriens, 140-147). Neben dem kurzen Schlusskapitel, nach dem Patienten den weiten Weg auf sich nahmen, um wieder gesund zu werden bei einem Heil-Heiligtum (195-198),[15] sind es die folgenden: Mamre, der Ort, an dem Abraham drei unbekannte Männer bewirtet und diese ihm und Sara im hohen Alter noch die Geburt eines Sohnes, Isaaks, voraussagen (Gen. 18). Eusebios schreibt ‚seinem‘ Kaiser Konstantin zu, dass dieser das dort vorhandene Heiligtum renovieren ließ, gleichzeitig aber die anderen Religionen auszusperren befahl (VC 3,52f). Die Archäologie zeigt aber, dass das wohl nicht gelang, wie auch an anderen Orten die archäologischen Befunde die Schriftquellen nicht bestätigen. Vielmehr ist ein idumäisches Heiligtum sowohl pagan wie jüdisch und christlich wie wohl später auch islamisch besucht worden. Mit einer Typologie von Benjamin Kedar wäre das ein Muster für ein von allen Religionen besuchtes ‚egalitäres‘ Heiligtum, das weitgehend unter freiem Himmel keinen ‚Besitzer‘ kannte, der andere ausschließen konnte, in gut 50 km Entfernung südlich von Jerusalem, damit nicht unter den Augen religiöser Autoritäten. Das zweite Beispiel ist das Grab der Erzeltern in Hebron, das auch heute von Juden wie Muslimen besucht und verehrt wird, nachdem es lange eine Moschee war, heute aber von der israelischen Polizei abgeschirmt wird. Die Architektur ist kompliziert (von VD nicht näher auseinandergesetzt, nachdem er Mamre ganz intensiv diskutiert hat), ebenso knapp zu Gilgal. Dagegen räumt VD dem christlichen Zion im Süden knapp außerhalb der Altstadt eine ausführliche Diskussion ein, dem Davidsgrab, dem Abendmahlssaal und der Kirche Hagia Sion. Die nur von wenigen akzeptierten Rekonstruktionen aufgrund schlecht untersuchter und winziger archäologischer Spuren wird ausgiebig dargelegt.[16] Schließlich das Grab der drei Heiligen auf dem Ölberg. Die erst 1991 entdeckte und dann untersuchte Kirche Kathisma (Die hochschwangere Maria ‚setzte sich‘ auf der Reise nach Bethlehem und ruhte sich aus) bildet den Abschluss des Kapitels. Noch im 5. Jahrhundert als christliche Kirche im Oktogon gebaut, nutzten die Muslime sie, indem sie eine Gebetsnische Richtung Mekka einbauten. Hier könnten noch weitere Beispiele genannt werden, wie die Gebetsnische in der Geburtskirche Jesu in Bethlehem, die Moschee in Lydda/Lod (wo Christen an der Außenmauer Gottesdienste halten), die Heiligtümer des Hl. Georg und vieles mehr.[17]
Die Monographie führt die materielle Kultur von vielen Heiligtümern des Nahen Ostens zusammen, gut bebildert, referiert den aktuellen Forschungsstand und zitiert die literarischen Quellen, historisch gut bestimmt, zeigt aber in den meisten Fällen, dass diese einen Konflikt dramatisieren, der sich in der Archäologie so nicht zeigt. So ergibt sich ein Bild von gemeinsam besuchten Heiligen Orten, die nahe beieinander, oft aber auch der gleiche Ort an verschiedenen Festtagen, manche sogar synchron besucht wurden. Die Erzählung von den religiösen Konflikten oder den Möglichkeiten des Zusammenlebens der Religionen in der Spätantike bekommt eine neue, wichtige Facette.[18]
Bremen/Wellerscheid, 18. April 2022
Christoph Auffarth
Religionswissenschaft,
Universität Bremen
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[1] Im Folgenden kürze ich den Namen des Verfassers mit den Initialen VD ab. Neben seiner tschechischen Muttersprache und einer bemerkenswerten Kompetenz in der deutschen Wissenschaftssprache, Französisch, Englisch ist das Griechisch fehlerfrei [S. 27 muss es ΗΑΓΙΑ ΠΟΛΙC heißen], Latein im Original, zitiert sind vielfach Übersetzungen (Hebräisch, Syrisch, Arabisch).
[2] Für Seelenheil und Lebensglück. Das byzantinische Pilgerwesen und seine Wurzeln. Hrsg. Despoina Ariantzi, Ina Eichner. 2018 [386 Seiten]. Neben Drbal auch monographisch Max Ritter: Zwischen Glaube und Geld. Zur Ökonomie des byzantinischen Pilgerwesens, 4.-12. Jh.. 2019. Weiter Pilgrimage to Jerusalem : journeys, destinations, experiences across times and cultures. Hrsg. Falko Daim, Johannes Pahlitzsch, Joseph Patrich, Claudia Rapp, Jon Seligman (eds). (Byzanz zwischen Orient und Okzident 19) 2020.
[3] Martin Wallraff (Hrsg.): Religiöse Toleranz: 1700 Jahre nach dem Edikt von Mailand. (Colloquium Rauricum 14) Berlin : De Gruyter 2016.
[4] Übernahme und gleichzeitig Widerspruch ist etwa das Beispiel der Heilkulte des Asklepios/der Dioskuren durch die christlichen Heiligen Anargyroi: Balbina Bäbler: From Asclepius to the Saints Without Silver“: The Transformation of a Sanctuary in Late Antique Athens. In: Ilinca Tanaseanu-Döbler; Leonie von Alvensleben (Hrsg.): Athens II: Athens in Late Antiquity. (COMES Civitatum Orbis MEditerranei Studia 4) Tübingen: Mohr Siebeck 2020, 123-136. Vgl. auch Christoph Auffarth: Athen – die heilige Stadt: Erbe, Umdeutung, Palimpsest der Sakrallandschaft.in: Athens II (2020), 33-58.
[5] VD zitiert eine treffende Aussage aus Prudentius, contra Symmachum 1, 503-508. Dazu Hubert Cancik: Nutzen, Schmuck und Aberglaube. Ende und Wandlungen der römischen Religion im 4. und 5. Jahrhundert. [1986] In: HC: Religionsgeschichten. Gesammelte Aufsätze 2. Tübingen: Mohr Siebeck 2008, 336-360. Vgl. Christoph Auffarth, The Materiality of God’s Image: Olympian Zeus and the Ancient Christology. In: Jan N. Bremmer; Andrew Erskine (ed.): The Gods of Ancient Greece: Identities and Transformation. (Edinburgh Leventis Studies 5) Liverpool 2010, 465-480.
[6] In einem einschlägigen Band Christoph Auffarth: Sind heilige Stätten transportabel? Axis Mundi und soziales Gedächtnis. In: Axel Michaels; Daria Pezzoli-Olgiati; Fritz Stolz (Hrsg.): Noch eine Chance für die Religionsphänomenologie? (Jahrbuch Studia Helvetica Religiosa 5, 2000/2001) Bern 2001, 235-257. Diese These vertritt heute niemand mehr. Sie war Teil einer neo-paganen Religionsstiftung Eliades.
[7] Jetzt wäre auf die religionswissenschaftliche Raumanalyse von Kim Knott zu verweisen, weil sie nicht reduziert, sondern die Kategorien eröffnet: The Location of Religion: a Spatial Analysis. London: Equinox 2005. – Zu Turner, dem im Nachkriegs-England kommunistisch orientierten Sozialwissenschaftler, der in die USA berufen, dort seinen Katholizismus wiederentdeckte und auf Pilgerfahrt nach Mexiko ging, s. Hendrik Hillermann: Victor Witter Turner. Eine Biografie. Stuttgart: Kohlhammer 2017, 147-154; 217-240.
[8] Der Klassiker dazu war Joachim Jeremias: Jerusalem zur Zeit Jesu. Kulturgeschichtliche Untersuchung zur neutestamentlichen Zeitgeschichte. [1923-1937] Berlin: EVA ³1963. 66-98. Zur Kultreform und Zentralisierung auf den nunmehr einzigen sakralen Ort Michael Pietsch: Die Kultreform Josias. Tübingen 2013. Meine Rezension https://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2016/02/02/michael-pietsch-die-kultreform-josias
[9] Die Beiträge von Ute Verstegen, Lorenzo Perrone und besonders Ora Limor: Jewish and Christian Pilgrims to Jerusalem in Late Antiquity. In: Katharina Heyden; Maria Lissek (Hrsg.): Jerusalem II. Jerusalem in Roman-Byzantine Times. (COMES 5). Tübingen: Mohr Siebeck 2021, 311-324. – Umfassend religionswissenschaftlich für die Religion im Römischen Reich Andreas Bendlin: Peripheral Centres—Central Peripheries: Religious Communication in the Roman Empire. In: Hubert Cancik; Jörg Rüpke (Hrsg.): Römische Reichsreligion und Provinzialreligion. Tübingen: Mohr Siebeck 1997, 35-68.
[10] Bei VD 17 schon wahrgenommen, aber nicht die verschiedenen Motivationen zu solch einer Reise. Michael Stausberg: Religion und moderner Tourismus. Berlin. Verlag der Weltreligionen 2011.
[11] Die wichtige Sure 17 des Koran würdigt VD 154. Sie ist jetzt hervorragend kommentiert im Koran Handkommentar 2/2 von Angelika Neuwirth. Berlin 2021, 63-208; Rez CA: Der Kampf um Jerusalem: Historische und ideologische Eroberungen, gespiegelt im Entstehungsprozess des Koran. Angelika Neuwirth; Dirk Hartwig: Der Koran 2.2: Die spätmittelmekkanischen Suren. Berlin: Suhrkamp 2021. https://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2022/03/21/neuwirth-spaetmittelmekkanische-suren/ (21.3.2022). Masjid al-aqsa „Das gegenüber der Kaaba in Mekka ‚fernere‘ oder auch das ‚ganz ferne‘ ‚außerräumliche‘ Heiligtum“ (Neuwirth 96), jedoch nicht ein himmlisches Jerusalem in einer Vision (98-100).
[12] Zum Tempelberg als Nicht-Ort im christianisierten Jerusalem s. die Beiträge von Christoph Markschies und Uta Verstegen in dem in Anm. 9 genannten Band Jerusalem II. 2021.
[13] Der Tempelberg (745 m) liegt fast auf der Höhe der Davidsburg (750) am westlichen Ende der Stadt; der Ölberg liegt im Osten außerhalb der Stadt, getrennt durch das Kidrontal 680 m, noch einmal höher auf 805 m. – Dem haram als Heiliger Bezirk liegt auch die Bedeutung „tabuisierter Bereich“ nahe.
[14] Bezüglich der – später an die Sure 17 angeschlossenen – ‚Himmelfahrt Mohammeds‘ arabisch mirağ ‚Leiter‘, erinnert VD an die Himmelsleiter Jakobs, Neuwirth 2021, 98f an die Himmelsreise Henochs, später die Konkurrenz zum Ölberg mit der Himmelfahrt Jesu. Dazu kommen die Erinnerungsorte vom gewaltsamen Tod der Propheten auf dem Haram (die grundlegende Arbeit von Andreas Kaplony ist in der Bibliographie aufgeführt, im Text sehe ich sie nicht diskutiert). Die apokalyptische Deutung des Felsendoms in der christlichen syrischen Apokalypse des [Methodios], die statt der Vollendung des Baus im Jahre 692 (nach 10 Jahrwochen = je 7 Jahren, also 70 Jahre nach der Hidschra 622) die Wiederkunft Christi erhofft, s. Christoph Auffarth: Irdische Wege und himmlischer Lohn. Kreuzzug, Jerusalem, Fegefeuer. (VMPIG 144) Göttingen: V&R 2002, 86-90.
[15] Für die Kaiserzeit hat diesen Tourismus für Griechenland beschrieben Annette Hupfloher: Zur religiösen Topographie: Heil-Kultstätten in der Provinz Achaia. In: Christoph Auffarth (Hrsg.): Religion auf dem Lande. Entstehung und Veränderung von Sakrallandschaften unter römischer Herrschaft. (PawB 28) Stuttgart: Steiner 2009, 221-246.
[16] Hier hätte ein Verweis auf den Jerusalem-Band von Max Küchler (Klaus Bieberstein u.a.) 2007, 602-669 genügt.
[17] Das Thema ist mit dem Buch bei weitem nicht ausgeschöpft. Georgskapellen (islamisch Chadr bzw. Hızır) hat Carsten Colpe untersucht CC: Das samaritanische Pinehas-Grab in Awerta und die Beziehungen zwischen Hadir- und Georgslegende. In: C.C.: Das Siegel der Propheten. Berlin: Institut Kirche und Judentum 1989, 182-226. Der ganze syrische Raum fehlt. Ethnographisch-religionswissenschaftliche Beschreibungen und Einordnungen von Jens Kreinath: The Infrastructure of Shared Pilgrimage Sites in Hatay, Turkey: Interreligious Dynamics of Saint Veneration in the Northern Levant. In: Levantine Entanglements Local Dynamics of Globalization in a Contested Region. Ed. Terje Stordalen; Øystein S. LaBianca. London: Equinox 2021, 444–524 und andere Beiträge desselben.
[18] Ein paar Fehler wie 31 Günter (nicht Gustav) Stemberger trüben kaum den Gesamteindruck. Die Illustrationen machen das Buch mit seinen verschiedenen Orten sehr anschaulich.