Ge-Lassenheit im Alter

Rz-Kubitschek-AlterRuth Maria Kubitschek: Anmutig älter werden.
München: Nymphenburger (Herbig) 2013, 4. Aufl., 160 S., 32 Abb.
ISBN 978-3-485-01423-6 —

Sie gehört zu den prominenten und ausgesprochen beliebten Schauspielerinnen: Ruth Maria Kubitschek, Jahrgang 1931. Ihr Leben ist von Höhen und Tiefen gleichermaßen geprägt. Sie stammt aus dem heutigen Tschechien, musste 1945 fliehen, lebte in der DDR und verließ 1958 Ostberlin. Aber an dieser Schauspielerin fasziniert nicht nur das Talent und die Authentizität, mit der sie in ihren Rollen bewegt, es ist diese besondere Art von Tiefe und Reifwerden, die in den Gesprächen und Auftritten mit ihr zum Ausdruck kommt. Im Zusammenhang mit ihrer esoterischen Neigung hat sie gerade in ihren Büchern spiritueller Achtsamkeit und das Hören auf die Natur Sprache gegeben.

Neben Märchen, Bestsellerromanen, sind auch ihre gemalten Bilder mehr als die Darstellung einer Hobbykünstlerin. Und ihr „Garten der Aphrodite“ in Bodenseenähe zeugt von der kreativen mit der Natur verbundenen Umsetzung seelischer und „natürlicher“ Zusammenschau.
Und nun ein Buch zum Alter … Es ist eine heiter durchsetzte Biografie der besonderen Art. Hier kommt ein achtsamer Umgang  des Gelassen-Seins zum Ausdruck, und so gewinnt sie Weisheit aus einem tiefen Urvertrauen ins Leben. Eine lohnende Lektüre für jedes Alter!

Weitere Besprechung: hier

Reinhard Kirste

Creative Commons-Lizenz

                                                                                                                                  Rz-Kubitschek-Alter, 11.11.13

 

Buch des Monats Oktober 2013: Islamische Seelsorge in der multikulturellen Gesellschaft

BRz-Ucar-Seelsorgeülent Ucar / Martina Blasberg-Kuhnke, (Hg.):
Islamische Seelsorge zwischen Herkunft und Zukunft.
Von der theologischen Grundlegung zur Praxis in Deutschland.
Reihe Osnabrücker Islamstudien Band 12.
Frankfurt/M. u.a.: Peter Lang
2013, 192 S.
— ISBN 978-3-631-64063-0 geb. – ISBN 978-3-653-02533-0 (eBook) 

Ausführliche Beschreibung: hier

 Die Universität Osnabrück hat mit ihrem Zentrum für Islamstudien seit 2008 einen wesentlichen Beitrag für die Etablierung der islamischen Theologie und der mit ihr verbundenen Religionspädagogik geleistet. Bülent Ucar als Direktor des Instituts für Islamische Theologie und das Team des Instituts haben beachtliche Fortschritte im Blick auf den islamischen Religionsunterricht erzielt. Denn ihre theologischen Forschungsarbeiten stehen im Kontext der universitären Nachbardisziplinen, besonders der christlichen Theologie. Als Zwischenergebnisse dieser Arbeit sind inzwischen 15 Bände der Reihe „Osnabrücker Islamstudien“ erschienen. Im hier vorliegenden 12. Band verweisen bereits die Herausgeber, der islamische Theologe  Bülent Ucar und die katholischen Religionspädagogin Martina Blasberg-Kuhnke, auf die fast selbstverständliche Kooperation zwischen islamischer und christlicher Theologie auf der Schwelle von Theorie und Praxis in der Seelsorge.

Verstärkt durch die Migrationssituation ist in Europa und gerade auch in Deutschland nämlich der Islam besonders herausgefordert. Insofern wird neben bereits existierenden interreligiösen Seelsorgekonzepten in diesem Band ein systematisierender Weg eines neuen Verständnisses beschritten, und zwar in drei Abschnitten:

  • 1. Teil: Grundlagen und Entwicklung der Seelsorge

  • 2. Teil : Seelsorgekonzepte

  • 3. Teil:  Seelsorge in der Praxis: Erfahrungsberichte

Dieses Buch mit seinen unterschiedlichen seelsorgerlichen Zugängen aus weitgehend islamischer Perspektive zeigt überzeugend die Notwendigkeit auf, dass Religionen angesichts alltäglicher und lebensbedrohlicher sowie tödlicher Lebenserfahrungen Grund legen müssen, um Menschen konkret Halt und Trost zu geben. Besonders zu würdigen ist, dass islamische Seelsorge offensichtlich von Anfang an in ein interreligiös offenes Seelsorgekonzept. Muslimische und christliche Seelsorger plädieren gleichermaßen für eine glaubwürdige und weiterhelfende Seelsorge für die betroffenen Menschen mit ihren Nöten, Ängsten, Verzweiflung und Schmerzen.

Reinhard Kirste

Rz-Ucar-Seelsorge, 30.09.2013     Creative Commons-Lizenz

Handbuch der Religionen (HdR): Kontinuierlich wachsende Printausgabe und Online-Zugänge

Trotz starker Digitalisierung in der Kultur des Buches ziehen es immer noch viele vor, sich Material auf der “Papierbasis” zu besorgen.
Dazu gehört seit 1997 das von dem Religionswissenschaftler  Udo Tworuschka und dem Historiker Michael Klöcker im Olzog-Verlag München herausgegebene
HANDBUCH DER RELIGIONEN (HdR)
Zugang zur Printausgabe: hier

Viele Spezialisten und für die einzelnen Themenfelder zuständige Fachgebietsleiter haben dieses Handbuch im Ringformat mit jährlichen Ergänzungslieferungen zu einem vierbändigen Werk anwachsen lassen. Inzwischen finden sich in den Ordnern mit inzwischen 37 Ergänzungsliefeungen über 4500 Seiten Text (!).
Hier wurde also ein umfassendes Lexikon der Religionen entwickelt.  Es ermöglicht einen umfangreichen Überblick über die Geschichte und Gegenwart der verschiedenen religiösen Traditionen und Strömungen in Deutschland.  Das macht allerdings die Übersicht und schnelle Auffindbarkeit bestimmter einzelner Themen nicht immer leicht.

Das Gesamtinhaltsverzeichnis bietet darum eine erste Übersicht.
Download Inhaltsverzeichnis: hier

Weiterhin können über eine Suchmaske nun alle Artikel als Volltextsuche
(einige kostenlos, die meisten gegen geringe Gebühr) online abgerufen und heruntergeladen werden:
Online-Zugang zum HdR

Dieses umfassende Werk zu den Konfessionen und Religionen  im deutschsprachigen Raum hat mit seinen Grundsatzbeiträgen eine religionswissenschaftliche Basis gelegt. Mit den Aktualisierungen zu religiösen Entwicklungen und Veränderungen dürfte es für die Recherche von Fachleuten und Interessierten aus allen gesellschaftlichen Bereichen ausgezeichnet recherchierte Zugänge für eine sachkompetente Orientierung bieten.

 

 

Mystische Stufenwege zu Gott

Rz-Scala Divini AmorisPeng-Keller, Simon (Hg.): Scala Divini Amoris – Stufen zur Gottesliebe.
Ein mystischer Weisheitstext aus der Provence.
Aus der provenzalischen Sprache von Kurt Ruh.
Freiburg/Br. u.a.: Kreuz 2013, 112 S., Abb.
—ISBN 978-3-451-61214-5 —

Ausführliche Besprechung: hier

„Weil Gott einfacher und subtiler ist als jedes Ding, das existieren kann, ergibt sich ebenso notwendig, und zwar zwingend notwendig, dass er näher und tiefer in jedem Geschmack und in jeder Sanftheit und in jedem Geruch und in jedem Gesang und in jeder Schönheit ist, als irgendeine dieser Erscheinungen es in sich selbst ist“ (S. 22).

In ähnlicher sinnlicher Direktheit klingen die poetischen Texte dieses Büchleins, das aus der Zeit um 1300 stammt. Über den Autor oder die Autorin erfährt man weiter nichts, außer dass er/sie aus der Provence stammt und vielleicht zum Schülerkreis Bonaventuras (1221–1274) gehörte.

Hier breitet sich nun eine lebensnahe Meditation aus, in der die fünf Sinne des Menschen – das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten –einen Stufenweg in fünf Etappen hin zur göttlichen Liebe ermöglichen. Dieser Weg er-geht sich nicht in spirituellen Abstraktionen, sondern bleibt in seiner Intensität geradezu erdnah.

Der Herausgeber, selbst Kontemplationslehrer, erläutert in seinem Kommentar zum Buch , dass im Christentum die innere Einkehr verstanden wurde, von sozialen und materiellen Zwängen frei zu werden, ohne dass dies in die soziale und politische Abstinenz führen musste, aber auch stark verinnerlichte Frömmigkeitsformen hervorbrachte.

Der Stufenweg, die Leiter, die Scala kann durchaus als ein interreligiöser Brückentext verstanden werden:

Mit den fünf Sinnen, nicht in einem asketischen Kraftakt und durch spirituelle Extrem-Anstrengung, sondern „einfach“ aus der fünffachen Wahrnehmung des Geschöpflichen als (keineswegs immer klarer) Spiegel des Schöpfers geht der Weg hin zur Einswerdung mit der göttlichen Liebe (S. 111). Dies geschieht nicht in einem fernen jenseitigen Himmel, sondern im Heute und Hier, so dass jedes Heute ein Heute Gottes ist. Wer hätte gedacht, dass ein über 700 Jahre alter Text so Sinn findend aktuell sein kann!

Reinhard Kirste

Rz-Scala Divini Amoris, 25.08.13    Creative Commons-Lizenz

hier S. 335

Religionsmonitor 2013 – Studie: „Religiosität im internationalen Vergleich“

Rz-Religionsmonitor-internationalDer Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung 2013 hat im Frühjahr erhebliche Beachtung und Diskussionen ausgelöst. 
Das gilt für den Bereich: „Religiosität und Zusammenhalt in Deutschland„.
(vgl. Besprechung in den „Ein-Sichten“ vom  25.06.2013).

Der kürzlich vorgelegte Teil über Religiosität im internationalen Vergleich“ dürfte eine ähnliche Wirkung zeigen.
Der Leipziger Religionssoziologe Gert Pickel hat die Auswertung vorgenommen.

Hier der gesamte Text zum Download

Das MIGAZIN, Fachmagazin für Migration und Integration in Deutschland (25.06.2013) hat eine übersichtliche Beschreibung und differenzierte Bewertung vorgelegt. Sie zeigt, dass bei den Länderuntersuchungen Religiosität in Europa kontinuierlich abnimmt (mit einigen typischen Länderabweichungen), aber außerhalb Europas eine gesellschaftlich entscheidende Rolle spielt. Dabei ist in Europa insgesamt ein recht entspanntes Verhältnis zu Religion(en) zu beobachten. Eine Ausnahme bildet der Islam. Er wird weiterhin überwiegend  negativ eingeschätzt und gilt für viele nicht mit der Demokratie vereinbar. Nachdenklich machende und zum Teil beunruhigende Bilanzen, auf die Religionsgemeinschaften und politisch Verantwortliche unbedingt angemessen reagieren müssten!

Man darf auf die weiteren Auswertungen gespannt sein! 

Buch des Monats April 2013: Faszination des Meisters

Rz-Renger-MeisterAlmut-Barbara Renger (Hg.): Meister und Schüler in Geschichte und Gegenwart.
Von Religionen der Antike bis zur modernen Esoterik.

Göttingen: V & R unipress 2012, 486 S., Namen- und Sachregister
— ISBN 978-3-89971-648-1 —

Hintergrund dieses Buches ist ein Forschungsprojekt an der Freien Universität Berlin zwischen 2009 und 2011 unter dem Thema „Meister und Schüler: Tradition – Transfer – Transformation“ unter der Leitung der Professorin für antike Religion und Kultur, Almut-Barbara Renger. Die mit den genannten Stichworten angesprochenen Beziehungen führen in ganz unterschiedliche kulturelle, religiöse, historische und soziale Kontexte. Dadurch dass faktisch ein großer geschichtlicher Bogen von der antiken griechischen Tradition bis in die esoterischen Strömungen des 21. Jahrhunderts geschlagen wird, ergibt sich ein weitreichendes, faszinierendes Bild von Kontinuitäten und diversen Brüchen im Meister–Jünger/Lehrer–Schüler-Verhältnis.  Diesen Traditionsveränderungen nachzugehen, stellen die international kompetenten Fachautoren an jeweils einem Zeitabschnitt dar. So treten vor die Lesenden im Umfeld verschiedener Religionen eine Fülle von religiösen Bewegungen, und zwar mit entsprechenden Gemeinschaftsformen, mit der Herausbildung von Führungspersönlichkeiten und Schülerkreisen zwischen Charisma, Intellektualität, (Lehr-)Autorität und Spiritualität. Auf mögliche abweichende Verständnisse generell bei Meisterinnen und Jüngerinnen geht der Band nicht ein.

Es ist erstaunlich, wie vielfältig sich die Meister–Schüler–Beziehungen in Europa entwickelt haben. Dieses Buch gibt dafür wesentliche Einblicke.

Weiteres in der ausführlichen Beschreibung

Reinhard Kirste, Rz-Renger-Meister
23.03.13

Spiele, Rituale und virtuelle Welten

Rz-Bornet-SpielPhilippe Bornet / Maya Burger (eds.): Religions in Play.
Games, Rituals, and Virtual Worlds.

CULTuREL 2. Zürich: Pano (TVZ) 2012, 351 S., Abb., Register
— ISBN 978-3-290-22010-5 —

Ausführliche Beschreibung: hier

Kurzrezension
In der theologischen Diskussion der Gegenwart gibt es nur wenige Auseinandersetzungen mit dem „Spiel“ im Allgemeinen und mit den digitalen Welten im Besonderen. Offensichtlich aber haben Spiele generell sehr viel mit Religion zu tun. Das gilt für die Spiele in der Erziehung, im Sport und mit dem Computer, ja in allen Medien überhaupt. Zwei Wissenschaftler der Universität Lausanne, der Literaturwissenschaftler Philippe Bornet und die Indologin und Religionsgeschichtlerin Maya Burger, haben Referate und Ergebnisse eines Symposiums aus dem Jahre 2010 in Lausanne über „Homo Ludens: Play, Culture, and Religion“ systematisierend zusammengestellt und öffentlich zugänglich gemacht. Sie decken damit zugleich Elemente und Sichtweisen auf, die auf spannende Verhaltensmuster verweisen, wie sie sich u.a. auch in religiös geprägten Alltags- und Festritualen zeigen.

Die Themen sind schwerpunktmäßig:

  • Spielpraktiken und Religion vom Mittelalter bis zur Aufklärung. 
  • Zusammenhänge von  Chance, Spiel, Religiosität und Religion
  • Korrelationen von Spiel und Ritual 
  • Virtuelle Welten, Computerspiele und Filme.

 Das Buch eröffnet auf dem Weg über die Korrelationen von Spiel, Ritual, Elementen des Religiösen und virtueller Welt wichtige Einblicke in die kulturellen und geschichtlichen Grundlagen von Spiel überhaupt.  Das in der Konferenzsprache Englisch geführte Symposium hat nun auch eine englische Buchausgabe zur Folge. Dadurch wird es im deutschsprachigen Raum vielleicht nicht genügend in seiner soliden wissenschaftlichen und zugleich aktuellen Vorreiterfunktion erkannt. Die angesprochenen Themenfelder beleuchten alte und sich ändernde (religiöse) Weltsichten und Kulturspezifika von Spiel und Ritual. Das geht nicht nur TheologInnen, ReligionswissenschaftlerInnen und AnthropologInnen an, sondern im Computerzeitalter ganz direkt jede/n religiös und gesellschaftlich Interessierte/n.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Reinhard Kirste

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Rz-Bornet-Spiel, 21.02.13

Lieder der Gottesliebe – die Gitagovinda

Rz-GitagovindaJayadeva: Gitagovinda. Lieder zum Lob Govindas.
Aus dem Sanskrit übersetzt und herausgegeben von Erwin Steinbach.
Frankfurt/M. und Leipzig: Verlag der Weltreligionen (im Insel-verlag) 2008, 194 S., Glossar,
Kommentar und Register — ISBN 978-3-458-70012-8 — 

Ausführliche Beschreibung: hier

Kurzrezension
Es gibt zwar eine Faszination für indische Kulturen, dennoch bleiben wichtige literarische Werke aus dem indischen Subkontinent einem relativ kleinen Leserkreis in Deutschland vorbehalten. Darum erscheint es wichtig, auf poetisch geprägte heilige Texte aufmerksam zu machen, die durchaus der berühmten Bhagavad Gita nahekommen. Mit der Gitagovinda liegt vor uns gewissermaßen ein indisches „Hoheslied“, das Sinnlichkeit und mystische Gottesschau gleichermaßen verbindet.

Der Autor der Gita Govinda ist Jayadeva. Er lebte im 12. Jahrhundert in Orissa bzw. West-Bengalen und gehörte zu den Anhängen des Gottes Vishnu.  Jayadevas asketisches Leben, verbunden mit grenzenloser Liebe und Hingabe (Bhakti), seine Poesie und seine Qualitäten als Guru machen ihn bis heute in Indien zu einer spirituellen Berühmtheit.

Für den nicht indologisch kundigen Leser ist es nicht ganz leicht, diese Krishna-Lieder in sich aufzunehmen, zumal uns Heutigen die Sprache oft extrem blumig und damit fremd vorkommt. Und dennoch eröffnet sich in dem Überschwang solch mystisch-poetischen Erzählens ein Geheimnis, das die Menschlichkeit des Göttlichen zum Ausdruck zu bringen versucht und damit spirituell-interreligiöse und nicht nur religionswissenschaftliche oder literarische Beachtung verdient. Denn trotz der anders kulturell eingefärbten Bilder scheint eine Nähe zu den Mystikern der Nachbarreligionen Islam und Christentum durch. Manche Textpassagen erinnern an Worte berühmter Sufi-Poeten wie Attar, Rumi und Ibn Arabi oder schlagen gar die Brücke zur christlichen Mystik in Europa (des Mittelalters) mit ihren Themen von Liebe, Leiden und Gottversenkung. Der relativ kurze Text der Gita Govinda wird damit zu einer poetisch-ästhetischen Erweiterung eigenen spirituellen Selbstverständnisses.

Reinhard Kirste

15.02.2013

 

Ibn al-Farid: Reisewege der Seele

Rz-Ibn al-FaridIbn al-Farid: Der Diwan. Mystische Poesie aus dem 13. Jahrhundert.
Aus dem Arabischen übersetzt und herausgegeben von Renate Jacobi.

Berlin: Verlag der Weltreligionen im Insel-Verlag Berlin 2012, 407 S.,
mehrere Register — ISBN 978-3-458-70037-1

Ausführliche Bescheibung: hier

Kurzrezension
Der Diwan des Ibn al-Farid lenkt den Blick auf einen der herausragenden Vertreter des späteren Sufismus und der arabischen Poesie. Ibn al-Farid wurde 1181 in Kairo geboren und starb auch dort im Jahre 1235. Er wurde wegen seiner herausragenden Persönlichkeit und verinnerlichten Sprache geradezu als Heiliger verehrt. Er lässt sich in seiner gelebten Spiritualität und sprachlichen Ausdruckskraft durchaus mit Meister Eckhart, Johannes vom Kreuz und Angelus Silesius vergleichen.

Erfahrungen der Gottesliebe brechen poetisch  in den Sprachformen arbischer Poesie, den Kassiden durch, der Wein wird zum Symbol göttlichen genießens. In der Stufenreise der Seele bewegen den spirituellen Pilger Manifestationen der Schöpfung und des des Kosmos durch, in Bildern von Gefährdung und von Gnade, ver-dichtet im Erleben von Liebe und Leiden. Dies geschieht in einer sprachlichen Ästhetik, der es gelingt, sich dem Geheimnis der Überwindung von Dualität anzunähern.

Den Lesenden eröffnet sich mit dieser bildreichen Sprache eine Welt, die aus dem Alltäglichen heraus in die Tiefe wahren Seins führt. Die innere Nähe zu christlichen MystikerInnen macht Ibn al-Farid zugleich zu einem Brückenbauer zwischen Orient und Okzident, und zwar in glaubwürdiger Authentizität über Religionsgrenzen hinweg. Ich wünschte mir, dass Ibn al-Farid mit seiner interreligiösen Perspektive stärker im christlich-islamischen Gespräch wirksam wird.

Reinhard Kirste
Rz-Ibn al-Farid, 17.01.13

Creative Commons-Lizenz

Erleuchtetes Mittelalter – der Philosoph al-Suhrawardi

Die Bedeutung islamischer Philosophen und Mystiker für die geistesgeschichtliche Entwicklung des „christlichen“ Europa und der Philosophie des „Abendlandes“ wird zunehmend wahrgenommen. Allerdings sind die Erkenntnisschritte dorthin bisher noch recht langsam. Darum ist es umso bedeutender, wenn einer der wenig bekannten, aber dennoch herausragenden Philosophen des „islamisch-arabischen“ Mittelalters in einer gut lesbaren deutschen Übersetzung zu Worte kommt und damit nicht nur OrientalistInnen und IslamwissenschaftlerInnen die Möglichkeit vertiefter Wissenerweiterung gibt:

Shihab al-Din al-Suhrawardi:
Philosophie der Erleuchtung. Hikmat al-ishraq
Aus dem Arabischen übersetzt und herausgegeben von Nicolai Sinai
Berlin: Verlag der Weltreligionen 2011
— Rezension hier —