Berve Alte Geschichte

Jasmin Welte: Helmut Berve und die Alte Geschichte.
Eine deutsche Biographie.

(Antike nach der Antike / Antiquity after Antiquity, Herausgegeben von Daniel Barbu,
Constanze Güthenke, Karin Schlapbach u.a. Bd. 3)

Basel: Schwabe 2023.
393 Seiten.
ISBN 978-3-7965-4850-5.
70 €.

 

Ein Spartiate im 20. Jahrhundert:
Der Althistoriker Helmut Berve

Eine Rezension von Christoph Auffarth

Kurz: Diese gut recherchierte Biographie des Professors für Alte Geschichte, Helmut Berve (1896-1979), berichtet von einer steilen Karriere von einem, der mit dem Parteibuch bis zum Rektorat der Universität Leipzig kletterte und, nach langer Entnazifizierung zurückversetzt, doch noch einmal Einfluss gewann. Die Biographin zeigt, dass eine Karriere in der NS-Zeit nur mit dem Vorher und Nachher und im Kontext des Faches bewertet werden kann.

Ausführlich: Wissenschaft tut sich schwer mit der Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte, besonders mit der Zeit des Nationalsozialismus. Das Lehrer-Schüler-Verhältnis sorgte lange dafür, dass das Verhalten während des Dritten Reiches ‚beschwiegen‘ wurde: Zwar machten Viele Andeutungen hinter vorgehaltener Hand, aber keiner wollte es genau wissen. Für die Altertumswissenschaften erforschte (verhältnismäßig früh; aus den Archiven[1]) Volker Losemann in seiner Dissertation die Wissenschaftsgeschichte.[2] Neben seinem Lehrer Karl Christ hat der ‚Doktorvater‘ der vorliegenden Dissertation dazu geforscht und veröffentlicht, darunter als Musterbeispiel Helmut Berve.[3] Jasmin Welte[4] hat nun eine umfangreiche Bio­graphie zu diesem Althistoriker geschrieben, der als der Star des Faches eine steile Karriere hinaufkletterte, in Rezensionen Konkurrenten angriff, mit dem Parteibuch zum Dekan, zum Rektor der Universität Leipzig, zum Bestseller-Autor aufstieg und das „Neue Bild der Antike“ im nationalsozialistischen Sinne formte – bis den 49-Jährigen 1945 mit der Einstufung als „Haupttäter“ bei der Entnazifizierung Absetzung, Berufsverbot und Entzug des Gehaltes traf. Änderte er sich danach?

Wie kann man im Abstand von drei Generationen das Handeln und Verhalten von Menschen beurteilen, die in der Zeit des Nationalsozialismus aktiv waren?[5] Wichtig sind zwei Schritte, die seit einer Generation grundlegend geworden sind:[6] Während bis dahin Biographien meist erst nach 1945 erzählt wurden oder nur bis 1945, so werden jetzt die ganzen Lebensläufe in den Blick genommen.[7] Das andere ist, die Einzelbiographie in die Wissenschaftsgeschichte einzuordnen und nicht die NS-Zeit als Sonderfall herauszu­schneiden, der 1933 beginnt und 1945 endet. So erzählt JW auf der Grundlage des umfang­reichen Nachlasses und vieler Dokumente aus anderen Archiven das ganze Leben.

Geboren 1896 in einer großbürgerlich-wohlhabenden Familie zog ihn die Jugendbewegung an im Aufbruch aus bürgerlichen Traditionen und Begeisterung für ‚das Leben‘, die großen charismatischen Personen, dennoch reserviert zu dem Kreis um Stefan George.[8] Die alten Ideale der Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts müssten überwunden werden: Positivismus wie ‚Staatskunde‘, Verfassungsgeschichte, Historismus (66).[9] Die Demokratie der Weimarer Republik war für ihn „ein Abgrund“ (36). Aber ausgerechnet die erste große wissenschaftliche Arbeit Berves, die seinen Ruhm als aufsteigender Stern begründete, war eine durch und durch positivistische Arbeit: alles was man über die Personen im Umkreis von Alexander den Großen weiß, eine trockene Prosopographie (2 Bände, München 1926).

Victor Ehrenberg nannte in seiner kritischen Besprechung das Buch mit einigem Recht „antiquarische Stoffhuberei“ und traf damit einen Nerv, dem genau entgegengesetzt Berve eigentlich wirken wollte. Berve rezensierte Ehrenbergs Bücher mit heftigem Widerspruch. Die beiden konkurrierten lange um Lehrstühle und kreuzten oft die Klingen (109-112). Ehrenberg (1891-1976) kam 1929 auf die Professur an der Universität Prag. Kurz vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Tschechien floh die Familie nach England. Ehrenberg wurde (Berves ehemaliger) Lehrstuhl in München angeboten, er zog aber eine Professur in London vor.

Von seinem Lehrer Walter Otto (1878-1941), Ordinarius in München, grenzte sich Berve ab, indem er die Errungenschaft der Lehrergeneration radikal ablehnte, die nämlich eine Globalgeschichte der Antike entwickelte,[10] die den Alten Orient einbezieht.[11] Berve lernte die Sprachen nicht, machte daraus aber ein Prinzip: Man könne sich nicht in artfremde Rassen und deren Geschichte hineindenken.[12] In seinen aggressiven Rezensionen attackierte er seine gleichaltrigen Konkurrenten um Professuren.[13] Überraschenderweise wurde der kürzlich erst Habilitierte 1927,[14] mit gerade 31 Jahren, auf die ordentliche Professur in der neben Berlin und München bedeutendsten deutschen Universität, nach Leipzig, berufen (53-148). Schnell ließ er sich zum Dekan wählen, wurde aber nach einem Jahr nicht wiedergewählt, weil NS-Aktivisten an ihm vorbei stürmten. HB hatte bei einer Fakultätssitzung über die Amtsenthebung jüdischer Kollegen (die nach dem Gesetz nicht hätten enthoben werden dürfen) die Diskussion zugelassen, statt als ‚Führer‘ die Maßnahme durchzusetzen. Dennoch wurde er schnell ins Rektorat berufen. Und hier gab es noch mehr und mächtigere Gegen­spieler, vor allem den ‚Reichstatthalter‘ und Ministerpräsident Sachsens Martin Mutschmann (158 u.ö.). HB konnte es verhindern, dass die medizinische Fakultät und zweimal die theologische Fakultät aufgelöst, ja dass die Leipziger Universität wegen Krieges geschlossen wurde. Aber das war kein ‚Widerstand‘ gegen den NS. HB war Akteur in der Polykratie des Nationalsozialismus. Jeder versuchte seine Macht auszureizen, bis es zum Gerangel um Kompetenzen kam: Partei gegen die Ordnung des Staates, gegen die Regeln der Wissen­schaft, der Verwaltung, die Autonomie der Universitäten. Diesem Festhalten an Standards der Wissenschaft hat HB im Verfahren der Entnazifizierung als Trumpf ausgespielt und dafür Bestätigungsbriefe von Kollegen eingefordert. JW aber arbeitet heraus, dass HB die „Verbindung von Politik und Wissenschaft“ betrieb (149-204). Im Mittelpunkt steht sein Sparta-Buch von 1937 und die herausragende Stellung im ‚Kriegseinsatz der Geisteswissen­schaften“ mit der Tagung „Das neue Bild der Antike“. JB zeigt am Vergleich, was HB bei der Tagung mündlich vorgetragen hat vor einem Publikum der Partei- und Regierungsgrößen, wo er NS-Schlagworte wie „Rasse“ verwendet, und was er dann drucken ließ als Vorwort zu den beiden Bänden im Blick auf die Kollegen in der Wissenschaft und dabei von „Volk“, „Wesen“, „Staat“ spricht. Das neue Bild hielt die Standards der Wissenschaft.[15] Die Grenze überschritt er aber in seiner kleinen Monographie Sparta.[16] Das Bild des von Jugend an zum Krieger gedrillten Spartaners und ihrer Führer war historisches Vorbild für den NS-Staat und den vorbereiteten Krieg. Dabei wurde die Sparta-Begeisterung in den beiden Welt­kriegen und der Zwischenkriegszeit von vielen geteilt, auch außerhalb Deutschlands.[17] Das von anderen weiterhin bevorzugte Athen mit seiner Demokratie konnte HB in seinem Sinne wenden, indem er Perikles zum idealen ‚Führer‘ stilisierte und damit (in seiner Antrittsrede als Rektor) Hitler eine Huldigung darbrachte. In die gleiche Richtung ging sein Aufsatz „Fürstliche Herren“ (1936. S. 179-193). In seinen Arbeiten, nachdem er wieder Professor geworden war, war die griechische Tyrannis sein Thema (2 Bände 1967. JW 283-288). Da gab es keinen Bruch in seinen Konzeptionen.[18] Schlagend ist HBs Bewertung des Unterschieds zwischen der hellenischen und der modernen Tyrannis (Zitat bei JW 282). Dort reflektiert HB nicht etwa die katastrophalen Folgen des Nationalsozialismus, sondern er pflegt den Anti­kommunismus, wie JW gut herausarbeitet, mit dem die Adenauerzeit bruchlos an den NS anschloss.

Viel Kraft hatte HB die Vorbereitung des Berufungsprozesses in der (Selbst-) Entnazi­ fizierung gekostet, aber er blieb verhältnismäßig besonnen und bereitete den Prozess strategisch vor, indem er frühere Kollegen um Entlastungsschreiben bat. Die Strategie ging auf: Aus dem „Hauptschuldigen“ wurde er zum „Entlasteten“, endgültig bestätigt im Dezember 1949 (245). Damit konnte HB sich wieder auf Professuren bewerben. HBs Münchner Professur war aber schon wiederbesetzt. So musste HB unbesoldet wieder als Privatdozent neben drei Kollegen lehren; zusätzlich und bezahlt bekam er einen Lehrauftrag in Regensburg. Es zeigte sich, dass bei Besetzung von Lehrstühlen Berve und Vogt immer die politische Vergangenheit vorgehalten wurde. So auch in Erlangen, wo HB dann doch zum 15. Januar 1954 berufen wurde. Endlich hatte der knapp 58-Jährige wieder Zeit zu forschen, Dissertationen zu betreuen, wurde als Gutachter für die Besetzung anderer Lehrstühle gebeten. Sein Netzwerk – für JW ein zentraler Begriff – funktionierte wieder, zumal er in die Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik berufen wurde und dort auch als Vorsitzender acht Jahre die Fäden zog.[19]

JW ist eine sehr gute Biographie und Wissenschaftsgeschichte der Alten Geschichte im 20. Jahrhundert gelungen. Berve war einer der führenden Gestalten mit zahlreichen Schülern, von denen viele die Lehrstühle besetzten. Berves Vorliebe für die großen Gestalten und den Militärstaat Sparta, besonders die charismatischen Machtmenschen ließen ihn zu einem zentralen und vielgefragten Wissenschaftsorganisator der NS-Zeit werden, versuchte dabei die wissenschaftlichen Standards hoch zu halten, was er bei seinen Vorträgen vor NS-Publikum jedoch oft nicht beachtete. Der von JW (wie vielen anderen) verwendete Begriff der „Anpassung“ trifft nicht.[20] Als Detlef Lotze, Althistoriker in Jena, DDR, den 70-Jährigen fragte, wie er zu seinen früheren Schriften heute stehe, die ja in den Gestaltenden Kräften der Antike 1966 weitgehend unverändert nachgedruckt waren, wetterte der gegen „die derzeitige Verfemung des Völkischen in der westlichen Welt. […] Vielleicht bin ich zu alt, um zu lernen.“ (Vollständiges Zitat bei JW 325). Berve war zur „Personifikation der Kontinuitäts­problematik nach 1945 geworden“ (JW 329, Karl Christ zitierend). Berve erhielt (m.W.) keine Festschrift trotz seiner 83 Lebensjahre.

 

Bremen/Wellerscheid, Januar 2024                                                                      Christoph Auffarth,

Religionswissenschaft
Universität Bremen

E-Mail: auffarth@uni-bremen.de

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[1] Bis dahin waren die biographischen Anekdoten, die die Lehrer zur Selbstentlastung für die Entnazifizierung gesammelt hatten, oft die Quelle von Einschätzungen. Die Schriften aus der Zeit wurden oft in Schränken verwahrt, für die man eine Sondererlaubnis benötigte.

[2] Volker Losemann: Nationalsozialismus und Antike. Studien zur Entwicklung des Faches Alte Geschichte 1933-1945. Hamburg: Hoffmann und Campe 1977 [Dissertation Marburg 1975 bei Karl Christ]. Die Druckfassung ist eine erheblich verkürzte Fassung. Sie wurde aber unverändert nachgedruckt in dem Band Volker Losemann: Nationalsozialismus und Antike. (Philippika 160) Wiesbaden: Harrassowitz 2022, 3-228 mit einer (lesenswerten) Würdigung von Josef Wiesehöfer.

[3] Stefan Rebenich: Alte Geschichte in Demokratie und Diktatur: Der Fall Helmut Berve. In: Chiron 31, 458-496. Von Rebenich sind nicht weniger als 25 Publikationen genannt, darunter der Band, in dem frühere Aufsätze zu einer Monographie geformt sind: Die Deutschen und ihre Antike. Stuttgart: Klett-Cotta 2021. Vgl. meine Rezension https://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2022/02/16/rebenich-antike/ (16.2.2022).

[4] Dr. Jasmin Welte war 2016-2020 Assistentin am Lehrstuhl Alte Geschichte (Prof. Dr. Stefan Rebenich) an der Universität Bern. Seit 2022 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Staatsarchiv Solothurn. Im Folgenden kürze ich ihren Namen mit den Initialen ab: JW.

[5] Anstelle des Dilemmas „Anpassung“ oder „Widerstand“ hat Olaf Blaschke ein doppeltes Stufen­modell entwickelt. Die Kirchen und der Nationalsozialismus. Ditzingen: Reclam 2014, 182-202.

[6] Das habe ich zum ersten Mal bei dem Mittelalterhistoriker Percy Ernst Schramm wahrgenommen: David Thimme: Percy Ernst Schramm und das Mittelalter. 2006. Meine Rezension in: Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte 106(2008), 255-257.

[7] JW 14 „… die bislang dominierende Fokussierung auf das Dritte Reich aufzugeben“. Vgl. 331.

[8] Aufschlussreich das Handbuch George und sein Kreis. Hrsg. Achim Aurnhammer, Wolfgang Braungart, Stefan Breuer und Ute Oelmann. Berlin: de Gruyter 2016, hier bes. Klassische Philologie 1083-1090 (Christoph Hartmann); Geschichtswissenschaft 1090-1098 (Eckhart Grünewald). Unter den Althistorikern Wilhelm Weber und seine Schüler wie Fritz Taeger. Auf den Lehrstuhl in München wurde, nachdem Berve ihn verloren hatte, der Georgianer Alexander Graf Stauffenberg berufen.

[9] Die Krise des Historismus wurde ausgerufen, etwa Ernst Troeltsch. Grundlegend Otto Gerhard Oexle: Geschichtswissenschaft im Zeichen des Historismus. Göttingen: V&R 1996 u.a.

[10] Neben Walter Otto, der als Herausgeber des Handbuchs der Altertumswissenschaft auch Bände zum Alten Orient und zur Byzantinistik in Auftrag gab, ist vor allem Eduard Meyers (1855-1930) Geschichte des Altertums. 5 Bände. Stuttgart; Berlin 1884-1902. Band 1.1 ²1907, 51925. Band 1.2 ³1913. Band 3. ²1937. (alle anderen Bände Nachdrucke). Vgl. Renate Schlesier: Religion als Gegenbild. Zu Eduard Meyers Geschichtstheorie. In: RS: Kulte, Mythen und Gelehrte. Anthropologie der Antike seit 1800. Frankfurt: Fischer 1994, 65-122.

[11] Programmatisch hat Hubert Cancik als Herausgeber des Der Neue Pauly im Vorwort zu Band 1. 1996, die Grenze der ‚klassischen‘ Altertumswissenschaft des Pauly-Wissowa aufgebrochen und den Alten Orient einbezogen.

[12] „Mächte von erschreckender Fremdheit“ (101; vgl. 109 und durchgehend). JW resümiert (112): „Damit überschritt er die Grenzen jeder angemessenen wissenschaftlichen Auseinandersetzung deutlich und offenbarte seinen eigenen Antisemitismus.“ – das Ganze noch bevor HB in die NSDAP eintrat. Andrerseits pflegte HB Kontakt mit Professoren aus jüdischen Familien.

[13] JW erwähnt nicht die Rezension 1926 zu Fritz Taeger: Alkibiades, die im Stile des George-Kreises geschrieben war. Zu Taeger und der gegenseitigen Aversion s. Christoph Auffarth: „Rom besaß die sittlichen und materiellen Kräfte, den Schlußkampf gegen Karthago durchzustehen“. Fritz Taeger über: Völker- und Rassenkämpfe im westlichen Mittelmeer. In: Michael Sommer; Tassilo Schmidt (Hrsg.): Von Hannibal zu Hitler. ‚Rom und Karthago‘ 1943 und die deutsche Altertumswissenschaft im Nationalsozialismus. Darmstadt: WBG 2019, 45-70.

[14] Bruno Snell traf im Deutschen Archäologischen Institut in Athen auf Berve und wanderte mit ihm tagelang durch Attika. Gerhard Lohse: Bruno Snell. Göttingen: Wallstein 2023, 68f. Davon ist bei JW keine Rede.

[15] Das parallele Unternehmen des ‚Kriegseinsatzes‘, Rom und Karthago 1943, enthält auffälligerweise keinen Beitrag von HB, obwohl HB mehrfach einen Vortrag unter diesem Titel hielt (172f) und bereits im WiSe 1935/36 eine Vorlesung zu diesem Thema hielt (132). Rom und Karthago sollte die Aus­einandersetzung zwischen den semitischen Karthagern und den indogermanischen Römern unter dem Gesichtspunkt des Rassegegensatzes darstellen. Vor allem Fritz Schachermeyr benutzte den biologisch-anthropologischen Ansatz, während für die anderen Beiträger die Rasse zwar das Funda­ment bildete, aber erst durch die Volkwerdung und dann die Reichswerdung zur geschichtlichen Macht werde. S. Auffarth (wie Anm. 13).

[16] Das Büchlein wurde nahezu unverändert wieder gedruckt in den gesammelten Aufsätzen von HB: 5 Kräfte der Antike. München: Beck ²1966, 58-207 also zu HBs siebzigsten Geburtstag. Es war in der ersten Auflage 1949 noch nicht enthalten.

[17] Mehrere Aufsätze von Volker Losemann in: Losemann 2022 (wie Anm. 2) sowie Rebenich. Zu Werner Jaegers Sparta-Bild in seiner Paideia s. Christoph Auffarth: Henri Irénée Marrous »Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum«. – Der Klassiker kontrastiert mit Werner Jaegers »Paideia«. In: Peter Gemeinhardt (Hrsg.): Was ist Bildung in der Vormoderne? (Seraphim 4) Tübingen: Mohr Siebeck 2019, 39-65.

[18] Dazu im Unterschied Joseph Vogt, der nach 1945 ein großangelegtes Projekt zur antiken Sklaverei entwickelte.

[19] JW macht deutlich (288-29), dass das Institut als eine der vielen außeruniversitären Institutionen geplant und aufgebaut wurde, die für Kollegen eine Stelle schaffen sollten, die nicht entnazifiziert worden waren, hier für Hermann Bengtson.

[20] 334 „Anpassungsbereitschaft“ und „vorauseilender Gehorsam“. Ein Wissenschaftssystem des NS gab es nicht, es wurde polykratisch ausgehandelt. Universitäten zu kapern (etwa die Universität Jena) gelang nur teilweise. So versuchten Walter Frank, Rosenberg, Himmler außerhalb der Universitäten „Hohe Schulen“ einzurichten, die dann mit ehrgeizigen, aber selten kompetenten Nationalsozialisten besetzt wurden.

 

 

Clemen Religionsgeschichte

Ulrich Vollmer: Carl Clemen und die Religionsgeschichte.

(Religionswissenschaft 23)
Berlin: Peter Lang, 2021.
592 Seiten. [Diss. Bonn 2020]
ISBN 978-3-631-84603-2

 

Eine Biographie zur Entstehung der Religionswissenschaft

Eine Rezension von Christoph Auffarth

 

Kurz: Für die Etablierung des Faches Religionswissenschaft an deutschen Universitäten ist diese sehr detaillierte Biographie zu einem der Vorkämpfer, Carl Clemen (1865-1940), ein wichtiger Bezugspunkt voller Informationen, auch zu Bedingungen von Wissenschaftlern dieser Zeit, vom Kaiserreich bis zum Nationalsozialismus.

Ausführlich: Zur Geschichte der Faches Religionswissenschaft gibt es viele kürzere Darstel­lungen; aber ausführliche Diskussionen zu den damals diskutierten großen Themen sind nötig. Denn bis zur und bei der Herausbildung der Disziplin sind die verschiedenen Wurzeln zu unterscheiden: Die zwei im deutschsprachigen Raum bedeutsamsten sind (1) die Klassische Philologie bzw. die Altertumswissenschaft [namentlich: Hermann Usener, Albrecht Dieterich, Martin P. Nilsson, Franz Cumont],[1] (2) die Behandlung nichtchristlicher Religionen in den evangelisch-theologischen Fakultäten [s.u.],[2] daneben die (3) Indologie [Friedrich Max Müller] und (4), wie der französischsprachige (katholische) Bibelwissen­schaftler [Alfred Loisy] sich hin zum vergleichenden Religionswissenschaftler entwickelte.[3] Dazu kam (5) die frühe Kulturwissenschaft bzw. Soziologie mit Marcel Mauss und Émile Durkheim, Ernst Troeltsch und Max Weber. Rezipiert wurde die englische ‚anthropology‘ der Viktorianischen Zeit von Tylor, über Marrett zu W. Roberston Smith und Frazer.[4]

In den evangelisch-Theologischen Fakultäten verstand sich eine größere Zahl der Professo­ren als ‚liberal‘ in dem Sinne, dass es nicht mehr um die Anwendung des (zeitlosen) Wortes Gottes auf die eigene Zeit ging, sondern um die ‚Weiterentwicklung der Religion‘ für die Moderne.[5] Carl Clemen ging seinen eigenen Weg. Ulrich Vollmer[6] hat in vielen Archiven alles gesucht, was zu seiner Hauptfigur zu finden war: in gewisser Weise das Lebenswerk beider, Carl Clemens und Ulrich Vollmers, der dem Pionier der Religionsgeschichte diese umfangreiche Dissertation widmet.[7] 1865 nahe Leipzig geboren in einer Pfarrersfamilie, erhielt Clemen (in Folgenden CC) eine gründliche Gymnasialausbildung und studierte in Leipzig, Tübingen, Halle und ein Jahr in London. Nach der Habilitation 1892 folgten 18 Jahre als unbezahlter Privatdozent erst in Halle, dann in Bonn. Erst mit 45 Jahren wurde er Professor,[8] noch einmal 10 Jahre später Ordinarius mit einem eigenen Seminar, das auf dem Wirken und der Bibliothek von Hermann Usener aufbauen konnte. Sein Nachfolger wurde (nach vielen Stolpersteinen, darunter der Versuch vom Berliner NS-Ministerium, dem gescheiterten Landesbischof Ernst Ludwig Dietrich das Ordinariat zuzuschanzen S. 409-418) Gustav Mensching. Nach der Emeritierung betrieb CC die Eigenständigkeit der Religions­wissenschaft: In der viel gelesenen Rezensionszeitschrift Theologische Literaturzeitung, drängte er darauf, dass sie im Untertitel ab 1939 Monatsschrift für das gesamte Gebiet der Theologie und Religionswissenschaft hieß und damit beanspruchte, die Religionswissenschaft nicht mehr als Unterabteilung der Theologie zu verstehen (419-449).

Seine detailliert recherchierte Biographie ist typisch für viele Wissenschaftler der Zeit und UV gibt auch immer Vergleiche zu Kollegen und Institutionen, also (tendenziell) eine Sozialbiographie.[9] Auf die Biographie (19-114) folgt das Kapitel, wie sich Clemen von der Theologie ablöste zur Religionsgeschichte (115-174). Schon in seinen theologischen Arbeiten wurde Clemen der religionsgeschichtliche Vergleich zunehmend wichtig, zunächst am Neuen Testament (1904, ²1924), dann konzentrierte er sich ganz auf die Religionsgeschichte, nämlich die Grundlagen (175-226) mit der Erstellung einer jährlichen Bibliographie, der Edition von Quellen (Quellen zur persischen Religion 1920 usf.) und Übersetzungen. Kapitel 4 behandelt die einzelnen Religionen (227-302), darunter die Religionsgeschichte Europas (2 Bände 1926; 1931).[10] Und schließlich die große Sammlung Religionen der Erde 1927 (insgesamt 515 Seiten, UV 211-220, Neuauflage 1966 703 Seiten). Die heftig diskutierten Konzepte einer systematischen Religionswissenschaft (303-366) behandeln Magie, survivals und Volksreligion, Mystik, Psychoanalyse und eine beginnende Phänomenologie. Unter seinen vielen Schülern sind die bekanntesten Joachim Wach und Hans Alexander Winkler, dann die – später – im Ahnenerbe NS-Wissenschaft betreibenden Werner Müller und Otto Huth. Als Anhänge (auf knapp 150 Seiten) präsentiert UV Verzeichnisse (die Bibliographie der enorm vielen Schriften Clemens, die Lehrveranstaltungen, betreute Dissertationen [auf Autopsie aller Druckformen oder gar nur handschriftlich eingereichten Hochschulschriften beruhend], der von Clemen herausgegebenen Reihen. Es folgen die Verzeichnisse der Archivmaterialien, Gedruckte Quellen [umfasst v.a. die Forschungsliteratur], Internet­quellen. Das detaillierte Inhaltsverzeichnis ersetzt nicht den leider fehlenden Index.

Die Konzentration auf eine Person hat den Vorteil, dass man allem nachgeht, was den Wissenschaftler betrifft. Im Fall CCs hat UV neben den gedruckten Schriften auch die Nachlässe vieler Kollegen in den Archiven durchsucht. Die Alternative des biographischen Tiefbohrens sind die Diskurse im Fach und den Nachbarfächern.[11] Da sich CC zu fast allem geäußert hat, viele kleine Monographien veröffentlichte, die immer mit Darstellung des Forschungsstandes einsetzen, gelingt UV eine ganz ordentliche Verbindung von beidem. Bemerkenswert ist CCs Kenntnis der internationalen Forschung, ob der französischen (die Durkheim-Schule) oder der englischen anthropology der Viktorianischen Zeit (Lang Tylor, Marrett, W. Robertson Smith, James George Frazer.

Im Unterkapitel Mystik macht UV die Bemerkung „im Anschluss an den Theologen Albrecht Ritschl und den Altphilologen Erwin Rohde – zwei in diesem Kontext und in dieser Kombination über­raschende Autoren“ (323). Diese Bewertung verkennt: CC ist in der theologischen Fakultät sozialisiert. Ritschl war nicht nur die Autorität in der systematischen Theologie dieser Zeit, sondern hat mehrfach aus protestantischer Sicht die Mystik abglehnt als katholische Verschleierung des Wortes Gottes – in Auseinandersetzung mit Joseph Görres‘ fündbändiger Geschichte der Mystik, die die Mystik als Kernstück des Katholizismus der Romantik vorgestellt hatte.[12] Erwin Rohde hingegen hatte in seiner Geschichte der griechischen Religion unter dem Titel Psyche einen religionskritischen Vergleich zwischen der Todesverachtung der homerischen Helden und der platonischen Konzeption der unsterblichen Seele in einer jenseitigen Welt (und ihrer Rezeption im Christentum) unternommen. Dabei identifizierte er: die „Mystik war ein fremder Blutstropfen im griechischen Blute“. Den habe das Christentum als orientalischen Import in die griechische (indoeuropäische) Geisteshaltung vermischt. Rohde war enger Freund von Friedrich Nietzsche.[13] Gravierend aber ist, dass Troeltsch’s Mystik-Konzept hier nicht aufgegriffen ist. Das heißt, CC war vertraut mit den großen Diskursen seiner Zeit, entzieht sich aber der tiefergehenden Auseinandersetzung durch eine positivistische Reduktion auf die in den Quellen aufscheinenden ‚Fakten‘. UV macht deutlich, dass CC mit seinen eigenen Übersetzungen durchaus die Interpretation der Quellen schon lenkt (sehr gut UV 323, Anm. 106),[14] aber nicht eigentlich Quellenkritik betreibt. Dass er sich am Ende Ritschl anschließt in seiner Definition der Mystik („Mystik als Einswerden des Menschen mit Gott“) wird anderen Mystik-Formen nicht gerecht.[15]

Ulrich Vollmer hat in jahrelanger Arbeit alles Erreichbare zu Carl Clemen zusammenge­tragen und so im Genre der Biographie ein überaus informatives Werk über die Entstehung der Religionswissenschaft als Universitätsdisziplin verfasst in dem Strang, der in der liberalen evangelischen Theologie in der Bibelwissenschaft begann und sich zunehmend davon emanzipierte. Die Eierschalen blieben: Religion waren heilige Texte, die der Philologe übersetzt und kommentiert, aber am Ende doch immer an ‚seinem‘ Christentum vergleicht. Die Methode aber, dass jeder Religion die gleiche Phänomenologie zugrunde liege und somit auch das Christentum in den Vergleich einbezogen wird, aber keine Geschichte hat, führte zur Ablehnung der Religionswissenschaft, wie sie sein Schüler Joachim Wach systematisch aufzubauen versuchte.[16] Jede Darstellung der Geschichte der Religionswissenschaft wird von diesem Buch ungemein profitieren.

 

Bremen/Wellerscheid, Januar 2023                                                                      Christoph Auffarth

Religionswissenschaft,
Universität Bremen

E-Mail: auffarth@uni-bremen.de

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[1] Dazu ein Strang Christoph Auffarth: Mysterien aus dem Orient: von Friedrich Creuzer 1806 bis Franz Cumont 1906. In: Corinne Bonnet [u.a.] (Hrsg.): Franz Cumont. Rom: Belgisches Historisches Institut [im Druck].

[2] Während katholischerseits Franz Josef Dölger auf dem Lehrstuhl in Münster nur sehr sporadisch Religionen außerhalb des antiken Christentums behandelte, suchte der österreichische Missionar Pater Wilhelm Schmidt Beweise für den Ur-Monotheismus in Religionen auch vor den ‚Hochreligionen‘. Vgl. UV 233-236.238.

[3] Dazu herausragend Annelies Lannoy: Ein neuer Zweig der Geschichte der Religionswissenschaft durch die Erforschung des katholischen Wissenschaftlers Alfred Loisy. Annelies Lannoy: Alfred Loisy and the making of history of religions. A study of the development of comparative religion in the early 20th century 2020. In https://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2021/01/16/lannoy-alfred-loisy/ (16.1.2021). Eine kürzere Fassung und ohne Fußnoten in Zeitschrift für Religionswissenschaft 29(2021), 158-160. Dies.; Danny Praet (Hrsg.): The Christian Mystery 2023. https://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2023/11/07/the-christian-mystery/ (7.11.2023).

[4] Eine knappe Synthese, die sich nicht auf das Universitätsfach begrenzt, bei Christoph Auffarth; Hubert Mohr: Strömungen der Kultur- und Religionswissenschaft im 20. Jahrhundert – ein wissenschaftsgeschichtlicher Überblick. In: Metzler Lexikon Religion, hrsg. von CA; Jutta Bernard; HM. Stuttgart: Metzler 2002, Band 4, 1-38.

[5] In Berlin, wo jeder ‚liberale‘ Lehrstuhl einen ‚positiven‘ Kollegen gegenüber gestellt bekam, wagte sich Otto Pfleiderer weit vor und aus seinem Lehrstuhl wurde die Professur für Religionsgeschichte. In seinem Sinne entstand ein Band: Beiträge zur Weiterentwicklung der christlichen Religion. München: Lehmann 1905 (darin skizzierte der Wiener Indologie Leopold von Schroeder die Kontinuität der arischen Religion bis zur deutschen [völkischen – Er bewunderte Richard Wagner] Religion, 1-39). Eine Sammlung von Autobiographien von Theologen wurde unter dem Titel (von Erich Stange) herausgegeben Die Religionswissenschaft in Selbstdarstellungen. Band 1. Leipzig: Meiner 1925.

[6] Dr. Ulrich Vollmer *1948, war bis 2012 wissenschaftlicher Angestellter am Religionswissenschaft­lichen Seminar in Bonn. Im Folgenden kürze ich den Namen mit den Initialen UV ab.

[7] Eine Vorstudie von Ulrich Vollmer: Die Religionswissenschaftler Carl Clemen (1865–1940) und Gustav Mensching (1901–1978). In: Harald Meyer, Christine Schirrmacher und Ulrich Vollmer (Hrsg.): Die Bonner Orient- und Asienwissenschaften. Bonn: Ostasien-Verlag 2018, 43-64.

[8] Für die Besetzung von Professuren an den preußischen Universitäten wurden zwar die Fakultäten gefragt, Namen zu nennen, entschieden wurde aber in Berlin, wo sich der entscheidende Mann im Ministerium, Friedrich Althoff, von Berliner Professoren beraten ließ. Deren Schüler kamen sehr jung auf Lehrstühle, andere mussten lange sich als Privatdozenten in prekären Verhältnissen halten, unter anderem Wilhem Bousset, Rudolf Otto.

[9] Max Weber hat die Bedingungen der Privatdozenten in seiner Rede 1917 Wissenschaft als Beruf (Kritische Ausgabe in MWG 17) knapp beschrieben. Zu der Alterskohorte gehörten u.a. Hermann Gunkel (*1862), Max Weber (*1864), Ernst Troeltsch (*1865), Wilhelm Bousset (*1865), Nathan Söderblom (*1866).

[10] Im Unterschied zu dem Konzept der Europäischen Religionsgeschichte (Gladigow 1995) behandelt Clemen die einzelnen Religionen in Europa je für sich, nicht als ‚mitlaufende Alternativen‘. Vgl. UV 228.

[11] Musterbeispiele für diese Alternative sind Volkhard Krech: Wissenschaft und Religion. Studien zur Geschichte der Religionsforschung in Deutschland 1871-1933. Tübingen: Mohr Siebeck 2002 oder Michael Stausberg: Faszination Zarathushtra. Zoroaster und die europäische Religionsgeschichte der Frühen Neuzeit. 2 Bände. (RGVV 42) Berlin: De Gruyter 1998.

[12] Joseph Görres: Die christliche Mystik. vier Bände. Regensburg: Manz 1836–1842. Zweite Auflage in fünf Bänden, 1879-1880. Albrecht Ritschl: Über die Mystik, besonders die deutsche im 14. Jahrhundert. Bonn 1853. Ritschls Sohn Otto (1860-1944) war Kollege von CC in der Bonner theologischen Fakultät. Vgl. Marvin Döbler: Die Mystik und die Sinne. Eine religionshistorische Untersuchung am Beispiel Bernhards von Clairvaux. (BERG 2) Göttingen: V&R 2013, 30-32.

[13] Erwin Rohde: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. 2 Bände. Freiburg; Tübingen: Mohr ²1898. “Fremder Blutstropfen”: Ders.: Die Religion der Griechen. Heidelberg: Springer 1895, 27. Christoph Auffarth: Mysteries from the Orient: One Hundred Years of the History of Ideas from Creuzer 1806 to Cumont 1906. In: Corinne Bonnet; Annelies Lannoy; Danny Praet (Hrsg.): Franz Cumont: Rom: Academia Belgica 2024, im Druck. Zu Rohde: Hubert Cancik: Erwin Rohde. Ein Philologe der Bismarck-Zeit. In: Semper apertus, Band 2. Heidelberg: Springer 1985, 436-505.

[14] Sehr gut die Analyse S. 323 Anm. 106, wenn CC u.a. die Übersetzung mit „Erhebung“ „eine semantisch sehr abgeschwächte Wiedergabe von [griechisch Ekstasis] ἔκστασις“ herausstellt.

[15] UV 323; zurecht spricht UV von „christlich-theologischer Engführung“ 324. Christoph Auffarth: Begabt zu außerordentlichen Erfahrungen: Mystik und Religion. Mystik. Jahrbuch für Biblische Theologie 38(2023[2024]), im Druck.

[16] Dazu Jörg Rüpke: ‚Systematische Religionswissenschaft‘ und ‚Religionsgeschichte‘: von Wach zu Gladigow. In: Christoph Auffarth; Alexandra Grieser; Anne Koch (Hrsg.): Religion in der Kultur – Kultur in der Religion. Gladigows Beitrag zum Paradigmenwechsel. Tübingen: Tübingen University Press 2021, 69-87.

Lernförderliches Feedback mit Künstlicher Intelligenz

Tipps und Tools für den Unterricht

Im Gastbeitrag geht Joscha Falck – Lehrer, Fortbilder und Autor aus Bayern – genauer auf Ansatzpunkte für lernförderliches Feedback im Unterricht ein. Nur diesmal mit dem Fokus auf Sprachmodelle und Künstliche Intelligenz und das Potential von KI-Tools für Feedback im Lernprozess. Sein Beitrag ist sowohl ein Überblick über den status quo als auch eine erste Einschätzung, in welche Richtung sich der KI-Hype mit Blick auf Schule und Unterricht systematisch entwickeln ließe.






Warum handeln Menschen böse, auch wenn sie das Gute wollen?

Ein Streifzug durch die Religions- und Philosophiegeschichte

Am 27. Januar jährt sich einmal mehr der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Auch knapp 80 Jahre nach der Schoah lassen die Geschehnisse uns angesichts Ihrer Brutalität und lebensverachtenden Monstrosität sprachlos zurück. Philosophie und Religion tun sich bis heute mit dem Verstehen der Ereignisse schwer, dabei ist die Frage, woher eigentlich.







Anforderungssituation
Text/Aufsatz

„Sind religiöse Menschen bessere Menschen?“

Podcast zum Welttag der Religion

Ihr habt noch nie vom Welttag der Religion am 3. Sonntag im Januar gehört? Das liegt vielleicht daran, dass er von der eher unbekannten universalen Religionsgemeinschaft der Bahai ins Leben gerufen wurde. Dabei ist er ein passender Anlass, um sich mit Fragen zur Religion auseinanderzusetzen, z. B. der unseres Podcasts „Sind religiöse Menschen bessere Menschen?“.






Audio
Aufgabenstellung

Schwangerschaftsabbruch?

Themenblätter im Unterricht

Die seit 1995 gültige Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch in Deutschland besagt, dass Abbrüche grundsätzlich unter Strafe stehen und die Beteiligten nur unter bestimmten Bedingungen straffrei bleiben. Während einige diese Regelung als einen wenn auch nicht perfekten, so doch mühsam errungenen Kompromiss verteidigen, regt sich daran auch Kritik: Manche fordern eine Verschärfung, andere eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Die Bundesregierung hat im März 2023 eine „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ eingesetzt, die die Möglichkeiten einer solchen Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuches überprüfen soll.






Arbeitsblatt

Halbjahreszeugnis

Ein spiritueller Impuls zum Halbjahr

Nun ist es wieder so weit: Die Halbjahreszeugnisse werden verteilt. Kurzer Boxenstopp auf der Schuljahresstrecke. Zwischenergebnisse mit der Option zum Nachjustieren. Dokumente der Freude, aber auch der Enttäuschung. Vielleicht auch Zeit zum kurzen innehalten und zum Perspektivwechsel.








Erzählung

Der Winter des Eichhörnchens

Ein Eichhörnchen das alt wird und vergisst. Ist das noch ein gutes Leben? Ja!, sagen die Büsche des Waldes. Es hat sogar einen Sinn … Ein wundervolles Buch über das Leben und die Hoffnung

Ein Buch über das Älterwerden, das Vergessen, den Sinn des Lebens und die Hoffnung

Mit freundlicher Genehmigung des Gerstenberg-Verlages

Gottesdienstlots*innen – ein Materialhandbuch

Die Publikation richtet sich als Materialhandbuch an Lehrkräfte der Klassen 7-10, ihre Schüler*innen Schritt für Schritt darin auszubilden, selbstständig Gottesdienste und Andachten zu gestalten.

Das Buch bündelt in knapp 50 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten die Ergebnisse der Pilotphase des Projekts „Gottesdienstlots*innen“, der Evangelischen Schulstiftung in der EKD  in dem wir 40 Jugendliche zu begeisterten Gottesdienstgestalter*innen ausgebildet haben. Neben Wissensaufbau soll die Publikation aber auch viele praktische Elemente vermitteln. Eine klare Struktur und Übersichtlichkeit des Buches bieten Lehrkräften die Möglichkeit, nach den Bedarfen ihrer Schüler*innen die wöchentliche Arbeit zu gestalten.

Dieses Buch ist kein fertiges, unveränderbares Produkt, sondern eine Sammlung von Anregungen, Materialien und Un­terrichtseinheiten. Diese Einheiten sollen es leichter machen, das Thema Schulgottesdienste und Andachten mit Schüler*innen der Klassenstufen 7–10 kennenzulernen, zu entdecken und praktisch umzusetzen.




Gottesdienstentwurf

Mehr als nur ein Titelbild

Ideen für die Konfi-Arbeit zum Titelbild von RPI-Impulse 1-2024

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte und die Titelbilder der RPI-Impulse fangen auf bildliche Weise das Heftthema ein. Sie bilden somit einen ganz speziellen Zugang zu dem zentralen Inhalt jeden Heftes.
Dieses Mal gibt es einen auf das Titelbild bezogenen Vorschlag für die Konfi-Arbeit.



Aufgabenstellung
Bild
Unterrichtsentwurf

Nie wieder ist JETZT! – Unterrichtsmaterial und gesammelte Links zu Rechtsextremismus und den Correctiv-Enthüllungen

Eine TaskCards-Sammlung als Material- und Linksammlung, Lehrkräfte dabei unterstützen soll, die aktuellen Geschehnisse im Unterricht aufzugreifen und einzuordnen. Politische Bildung ist das Gebot der Stunde.

Eine Linksammlung für Lehrkräfte

Eine Linksammlung für Lehrkräfte

Eine Linksammlung für Lehrkräfte
Anmerkung zur Nutzung der TaskCards-Sammlung: Auch wenn die Materialien sorgfältig ausgewählt sind, können sie die gesellschaftliche Debatte natürlich nicht vollständig abbilden. Bevor einzelne Materialien also im Unterricht verwendet werden, sollten diese entsprechend geprüft werden. Zudem ist neben den Geboten des Beutelsbacher Konsenses auch auf eine altersgerechte, didaktische und pädagogische Aufbereitung zu achten.






Audio
Video

„If you can see the hidden meaning“

Impulse zur Auslegung des Buches Esther in der Sek II

„If you can see the hidden meaning“ – so heißt es im „Purim Song“ der Gruppe „Maccabeats“ und kann als didaktisches Vorzeichen für ein forschendes Lernen bezüglich der Auslegung des Buches Esther aus jüdischer und christlicher Perspektive verstanden werden. Gemäß den Grundprinzipien bei der Entwicklung interreligiöser Kompetenz steht dabei das Verbindende im Vordergrund, ohne jedoch Differenzen in der Auslegung zu umgehen. Der im Folgenden für die Sekundarstufe II skizzierte Lernweg, der 6 Doppelstunden umfasst, möchte aufzeigen, wie mit Jugendlichen dieser entwicklungspsychologischen Phase gezielt „Heilige Schriften“ komparativ erarbeitet werden können.

 

 

 

 







Anforderungssituation
Unterrichtsentwurf

Im Religionsunterricht mit Bilderbüchern arbeiten

Verfremdet an existenziellen Erfahrungen anknüpfen

Bilderbücher können dazu verlocken, sich staunend den wichtigen Themen des Lebens zu widmen. Oft bieten sie ausdrucksstarke Illustrationen, die ansprechen oder anrühren und in die Geschichten hineinführen.

 





Bilderbücher sind Crossover-Literatur

Religionsunterricht mit Bilderbüchern auch in der Sekundarstufe!

Im Folgenden sollen einige skizzierte Ideen Interesse wecken, wie man mit modernen Bilderbüchern zu Themen des Religionsunterrichtes in der Sekundarstufe I arbeiten könnte. Dabei sind zumindest zum Teil die Lernchancen der Integration von Literatur in den Religionsunterricht nach Langenhorst berücksichtigt, der von fünf potenziellen „Gewinndimensionen“ spricht: Textspiegelung, Sprachsensibilisierung, Erfahrungserweiterung, Wirklichkeitserschließung und Möglichkeitsandeutung (Langenhorst, 2005, 229-235). Der Aspekt der Textspiegelung kommt nicht vor, weil Bilderbücher zu biblischen Texten, die oft auch als Kinderbibeln zur Verfügung stehen, in diesem Beitrag nicht berücksichtigt werden.





Gott ist wie

Arbeiten mit dem Kinderbilderbuch in der Sek I – eine Bereicherung

Hier wird nun beispielhaft ein möglicher Einsatz des Bilderbuches „Gott ist wie …“ von R. H. Evans in unterschiedlichen Phasen der Unterrichtseinheit „Gottesvorstellungen mal anders“ erörtert.

 





Anforderungssituation

Miteinander spielen ist eh viel schöner als streiten

Eine Unterrichtsidee zum Thema Streit und Vertragen mit dem Bilderbuch „So war das! Nein, so! Nein, so!“

 

Streit gibt es in jeder Klasse und meist lässt er sich irgendwie schlichten. Doch was ist, wenn unterschiedliche „Wahrheiten“ einander gegenüberstehen und sich der Konflikt einfach nicht entwirren lässt? Das Bilderbuch „So war das! Nein, so! Nein, so!“ zeigt in kindgerechter Weise, dass ein friedliches Miteinander möglich ist, auch wenn ein Streit ungeklärt bleibt. Die Unterrichtseinheit kann präventiv im Religions- oder Ethikunterricht eingesetzt werden oder um einen be- stehenden Konflikt anzugehen.






Anforderungssituation

Auf der Suche nach mir selbst und dem, was mich stark macht

Drei Bilderbücher für den Unterricht in der Grundschule

Stark sein, sich etwas trauen, besonders sein, auch wenn man nichts Außergewöhnliches kann oder ist, Freunde finden und Kontakte pflegen, Teil einer Gemeinschaft sein – das sind Fragen, die für Kinder auf dem Weg zur Persönlichkeitsfindung interessant und relevant sind und die in den vorgeschlagenen Bilderbüchern ansprechend, humorvoll und tiefgehend behandelt werden.

 





Anforderungssituation

Ein neues Land

Eine Graphic Novel zum Thema Flucht und Heimatlosigkeit

Anhand ausgewählter Bilder der Graphic Novel „Ein neues Land“ setzen sich die Schüler*innen mit der Situation eines Mannes auseinander, der seine Heimat verlässt und in ein fremdes, unbekanntes Land aufbricht. Die ausdrucksstarken und gleichsam fantastischen Zeichnungen laden hierbei dazu ein, in die Rolle des Mannes zu schlüpfen, seine Einsamkeit und Verlorenheit nachzuempfinden und sich dazu zu positionieren.

 

 







Anforderungssituation

Raum für die große Fragen

Eine Unterrichtsidee für den Anfang der Oberstufe (E1) zu einem Bilderbuch von Jostein Gaarder

Die Unterrichtsidee möchte den Religionsunterricht als Raum für die großen Fragen des Lebens erkenn- und erlebbar machen. Dazu wird auf ein Bilderbuch von Jostein Gaarder zurückgegriffen, in dem existenzielle Fragen des Menschseins in knapper Form zur Sprache kommen. Die Lernenden kommen dem Menschen als „Fragewesen“ auf die Spur und setzen sich in Gruppen (und im Plenum) mit individuell ausgewählten „großen Fragen“ aus dem Buch von Gaarder auseinander. Die Sequenz schließt mit einem Brief von Rainer Oberthür zur Frage „Warum stelle ich eigentlich Fragen?“, zu dem sich die Lernenden in kreativer Form und produktorientiert positionieren.

 






Anforderungssituation

Wem gehört der Schnee?

Zur Frage nach der Wahrheit in den Religionen

Bilderbücher regen auch Jugendliche und junge Erwachsene zum Theologisieren an. Am Beispiel von „Wem gehört der Schnee“ wird vorgestellt, wie das Buch für die Auseinandersetzung mit komplexen Fragen wie „Welche Gottesvorstellung ist die wahre?“ und „Was bedeutet es, von einem geheimnisvollen oder gar verborgenen Gott zu sprechen?“ genutzt werden kann.







Anforderungssituation

Wie aus dem Bilderbuch

RPI Impulse 1/24

Das neue rpi-Impulse 1/24 bietet Bausteine zu Bilderbüchern, Graphic Novels und Comics.

Die Beiträge in diesem Heft beleuchten die verschiedenen Möglichkeiten, mit Bilderbüchern für den Unterricht oder die Konfirmandenarbeit zu arbeiten.. Die Autor*innen greifen dazu zu altbekannten Büchern oder zu neuentdeckten Ausgaben. Die Geschichten der Bilderbücher, aufbereitet in Text und Bild, eröffnen eigene Welten.

 







Zeitschrift/Buch

The Benefits of Using Custom Paper

The custom made newspaper has been among the very useful products that have made our life easier and enjoyable. These days, it has become much as we could utilize it for the purpose of composing, printing, and storing pictures. The newspaper is user friendly and there are lots of benefits which we may enjoy with it.

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Wie ist Jesus weiß geworden?

Eine Buchempfehlung von Manfred Spieß

Die Theologin Sarah Vecera beschreibt in diesem Buch sehr deutlich ihre Erfahrungen mit Rassismus in Deutschland. In großer Offenheit berichtet sie viel Persönliches und Biographisches:  z. B. vom Aufwachsen in der protestantisch geprägten Familie der Großeltern im Ruhrgebiet. Im Kindergarten, in der Schule und als Erwachsene musste sie unzählige Male die Frage nach der „Herkunft“ –  „Wo kommst du eigentlich her?“ – beantworten. „Ich hatte schnell heraus, dass die richtige Antwort die Herkunft meines Vaters war“ (21). Ohne dies als Kind so benennen zu können, waren diese Erfahrungen Teil des Alltagsrassismus, dem sie immer wieder begegnete.
In diesem Buch greifen persönliche Berichte und gesellschaftlich/kirchlich orientierte Analysen ineinander. Das berührt mich als Lesenden besonders, denn so werden mir Alltäglichkeiten und vermeintlich harmlose Wendungen bewusst, die bei Betroffenen sehr verletzlich und fortwährend schmerzend wirken. S. Vecera zählt sich zu den „PoC“ – People of Color; keine Zuschreibung von Hautfarben im biologischen Sinn, sondern ein „Sammelbegriff von und für Menschen mit Rassismuserfahrungen aufgrund ethnischer Zuschreibungen“(11).

Der Inhalt des Buches kurz zusammengefasst: die enge Verflochtenheit rassistischer Zuschreibungen und Zumutungen – auch in dem vermeintlich sicheren Hafen „Kirche“ –  wird unter Begriff „Intersektionalität“ erläutert. Die Geschichte und Gegenwart der christlichen Kirchen sind viel enger mit Rassismus verknüpft, als wir bislang dachten. Stichworte dazu: religiöser Monopolanspruch, Kolonisierung und Mission als grausame Geschwister, fortwährender Eurozentrismus der weltweiten Christenheit und schließlich die Erfindung des Rassismus im christlichen Europa sind markante Themen, die von S. Vecera aufgegriffen werden: „Wir müssen in Deutschland Kirchengeschichte neu lernen. Es gab Zeiten, in denen die Kirche zur Erfüllungsgehilfen des Kolonialismus wurde“ (69).
Insbesondere zu diesen Themen kann dieses Buch in Bildungskontexten helfen, das Gesichtsfeld der Wahrnehmung zu verbreitern, denn traditionelle Schulmaterialien sind auf diesem Auge häufig blind oder zumindest unterbemittelt.

Das Thema „Rassismus“ wurde und wird in Deutschland seit Jahrzehnten verdrängt. Allzu lange hat sich bei uns die einschläfernde Auffassung gehalten, dieser sei ja mit Ende des 2. Weltkrieges sozusagen abgeschafft worden – allenfalls wurden früher noch die USA und Südafrika damit in Verbindung gebracht. S. Vecera geht auf diese Situation mit dem Kapitel „Rassismus in Deutschland“ besonders ein und hebt lang Verdrängtes an die Oberfläche. ( Anm 2) Die häufig verwendeten Begriffe wie „Fremdenhass“ oder „Ausländerfeindlichkeit“ werden der Brisanz dieses Problemes nicht gerecht, ja sie verschleiern eher. Denn Rassismus teilt Menschen in angeblich `höherwertig´ und `niedrigwertig´ ein. Darum ist das Gift des Rassismus letztendlich tödlich, wie mörderische Aktionen in Vergangenheit und Gegenwart belegen. Dass die angeblich ´wissenschaftlich´ Einteilung von Menschen in Rassen ein neuzeitliches europäisches Konstrukt ist, wird im Beitrag über „Die Erfindung der Menschenrassen“ S. 71 ff deutlich.

Die weiße Kirche hat in ihrer langen Geschichte vieles bewusst und unbewusst verinnerlicht, das vom grellen Scheinwerferlicht dieses Buches beleuchtet wird. „Was ich schreibe, wird nicht immer angenehm sein. Vielleicht verderbe ich Ihnen sogar das weiße Christkind im Stall von Bethlehem“ (18). Am Beispiel des Jesusbildes und des Gottesbildes in Publikationen wie Kinderbibeln und religionspädagogischen Werken wird offenkundig, dass die weiße Darstellung meist dominiert. Selbst vor christlichen Liedern macht Rassismus nicht halt, wie diverse Beispiele zeigen. „Er steckt in unseren Kirchen wie Asbest in den Wänden“ (115).

Sarah Vecera ist es ein großes Anliegen, für künftige pädagogische Arbeit sehr genau auf diese Spuren zu achten, damit falsche Bilder sich nicht in Kinderköpfen festsetzen können. Dass diese Aufgabe sicherlich der Mühe mehrerer Generationen bedarf, ist einsichtig. Mit diesem Buch ist ein bedeutsamer Anfang gemacht!



Sarah Vecera Jesus

Sarah Vecera: Wie ist Jesus weiß geworden?
Mein Traum von einer Kirche ohne Rassismus.

Patmos Verlag 2022/ 4. Aufl. 2024
200 S.
ISBN 978-3-8436-1352-1
Euro 19.-

 

Das Gift des Rassismus in Gesellschaft und Kirche

Eine Rezension von Manfred Spieß

Die Theologin Sarah Vecera beschreibt in diesem Buch sehr deutlich ihre Erfahrungen mit Rassismus in Deutschland. In großer Offenheit berichtet sie viel Persönliches und Biographisches, z. B. vom Aufwachsen in der protestantisch geprägten Familie der Großeltern im Ruhrgebiet. Im Kindergarten, in der Schule und als Erwachsene musste sie unzählige Male die Frage nach der „Herkunft“ –  „Wo kommst du eigentlich her?“ – beantworten. „Ich hatte schnell heraus, dass die richtige Antwort die Herkunft meines Vaters war“ (21). Ohne dies als Kind so benennen zu können, waren diese Erfahrungen Teil des Alltagsrassismus, dem sie immer wieder begegnete.

In diesem Buch greifen persönliche Berichte und gesellschaftlich/kirchlich orientierte Analysen ineinander. Das berührt mich als Lesenden besonders, denn so werden mir Alltäglichkeiten und vermeintlich harmlose Wendungen bewusst, die bei Betroffenen sehr verletzlich und fortwährend schmerzend wirken. S. Vecera zählt sich zu den „PoC“ – People of Color; keine Zuschreibung von Hautfarben im biologischen Sinn, sondern ein „Sammelbegriff von und für Menschen mit Rassismuserfahrungen aufgrund ethnischer Zuschreibungen“(11). (1)

Der Inhalt des Buches kurz zusammengefasst: die enge Verflochtenheit rassistischer Zuschreibungen und Zumutungen – auch in dem vermeintlich sicheren Hafen „Kirche“ –  wird unter Begriff „Intersektionalität“ erläutert. Die Geschichte und Gegenwart der christlichen Kirchen sind viel enger mit Rassismus verknüpft, als wir bislang dachten. Stichworte dazu: religiöser Monopolanspruch, Kolonisierung und Mission als grausame Geschwister, fortwährender Eurozentrismus der weltweiten Christenheit und schließlich die Erfindung des Rassismus im christlichen Europa, das sind markante Themen, die von S. Vecera aufgegriffen werden: „Wir müssen in Deutschland Kirchengeschichte neu lernen. Es gab Zeiten, in denen die Kirche zur Erfüllungsgehilfen des Kolonialismus wurde“ (69).

Insbesondere zu diesen Themen kann dieses Buch in Bildungskontexten helfen, das Gesichtsfeld der Wahrnehmung zu verbreitern, denn traditionelle Schulmaterialien sind auf diesem Auge häufig blind oder zumindest unterbemittelt.

Das Thema „Rassismus“ wurde und wird in Deutschland seit Jahrzehnten verdrängt. Allzu lange hat sich bei uns die einschläfernde Auffassung gehalten, dieser sei ja mit Ende des 2. Weltkrieges sozusagen abgeschafft worden – allenfalls wurden früher noch die USA und Südafrika damit in Verbindung gebracht. S. Vecera geht auf diese Situation mit dem Kapitel „Rassismus in Deutschland“ besonders ein und hebt lang Verdrängtes an die Oberfläche. Die häufig verwendeten Begriffe wie „Fremdenhass“ oder „Ausländerfeindlichkeit“ werden der Brisanz dieses Problems nicht gerecht, ja sie verschleiern eher. Denn Rassismus teilt Menschen in angeblich `höherwertig´ und `niedrigwertig´ ein. Darum ist das Gift des Rassismus letztendlich tödlich, wie mörderische Aktionen in Vergangenheit und Gegenwart belegen.

Die weiße Kirche hat in ihrer langen Geschichte vieles bewusst und unbewusst verinnerlicht, das vom grellen Scheinwerferlicht dieses Buches beleuchtet wird. Am Beispiel des Jesusbildes und des Gottesbildes in Publikationen wie Kinderbibeln und religionspädagogischen Werken wird offenkundig, dass die weiße Darstellung meist dominiert.[2] Selbst vor christlichen Liedern macht Rassismus nicht halt, wie diverse Beispiele zeigen. „Er steckt in unseren Kirchen wie Asbest in den Wänden“ (115).

Sarah Vecera ist es ein großes Anliegen, für künftige pädagogische Arbeit sehr genau auf diese Spuren zu achten, damit falsche Bilder sich nicht in Kinderköpfen festsetzen können. Dass diese Aufgabe der Mühe mehrerer Generationen bedarf, ist einsichtig.

Das Buch „Wie ist Jesus weiß geworden?“ ist kein belehrendes Sachbuch. Es ist auf das Gespräch hin ausgerichtet. Jedoch erfahren die Lesenden dabei viel über Vorurteile und Zuschreibungen, welche ohne diese Betroffenenberichte unterschwellig kaum wahrgenommen werden. Hilfreich sind die zahlreichen Fragen an die Lesenden, die viele Kapitel prägen. Vorwiegend Erwachsene aber auch junge Menschen sind hier angesprochen.

Mit diesem Buch stößt Sarah Vecera viele Anregungen und Zumutungen an, denn in Deutschland hat das Gespräch über Rassismus gerade erst begonnen. Auch und gerade in den Kirchen ist hier viel aufzuarbeiten. Dass dies der Autorin persönlich ein Herzensanliegen ist, wird unübersehbar deutlich.

……………………………………………………………………

1 Dass die angeblich ´wissenschaftliche´ Einteilung von Menschen in Rassen ein neuzeitliches europäisches Konstrukt ist, wird im Beitrag über „Die Erfindung der Menschenrassen“ S. 71 ff deutlich.

[2] „Was ich schreibe, wird nicht immer angenehm sein. Vielleicht verderbe ich Ihnen sogar das weiße Christkind im Stall von Bethlehem“ (18)

Die Geschichte Israels

Video von MrWissen2go

Das Volk Israel gibt es schon seit mehr als 2.000 Jahren – der Staat Israel existiert allerdings noch nicht einmal ein Jahrhundert lang. Die Geschichte des Landes ist geprägt von Auseinandersetzungen und Kriegen und immer wieder spielt auch das Thema Religion eine große Rolle. Man spricht vom so genannten Nahostkonflikt; in den Israel involviert ist. Aber: Warum eigentlich? Und was sollte man wissen über die Geschichte des Landes, in dem laut Bibel Milch und Honig fließt? Darum geht es in diesem Video.

Zu dem Video gibt es auch ein Transkript zum Mitlesen.




Video

Gute Ernährung für alle – ein Menschenrecht

Lernen & Handeln Nr. 131 – Zeitschrift für Lehrerinnen und Lehrer

Eine gerechte Welt ohne Hunger: Utopie, Illusion oder ein realistisches Szenario? 2016 trat die Agenda 2030 in Kraft, ein globaler Kompass für nachhaltige Entwicklung. „Ernährung weltweit sichern“, lautet das zweite der 17 Nachhaltigkeitsziele. Misereor unterstützt dieses Ziel seit Langem und setzt sich mit Partnern aus vielen Ländern für eine ökologisch-nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft ein, mit der auf kleinen Flächen eine große Vielfalt an Nahrungsmitteln erzeugt werden kann. Die Partnerorganisationen engagieren sich für die Stärkung lokaler Gemeinschaften und ihrer Landrechte, für eine faire Verteilung von Wasser, Saatgut und Lebensmitteln – so auch die Landpastoral der Diözese Pasto in Kolumbien, deren Arbeit im
Mittelpunkt der Fastenaktion 2024 steht.
Die diesjährige Fastenaktion lädt dazu ein, auch die Agrarproduktion in Deutschland und den eigenen Lebensstil zu hinterfragen. Unser Ernährungssystem verbraucht viele Ressourcen im In- und Ausland und erzeugt hohe Treibhausgas-Emissionen. Ein Umsteuern ist dringend geboten.
Kommen Sie mit Ihren Schülerinnen und Schülern ins Gespräch über diese Themen!

Herausgeber: Misereor
Grundschule: Religions- und Sachunterricht; Sekundarstufe I/II: Religion, Erdkunde, Politik
Ausgabe: 1/2024
Seiten: 12






Aufgabenstellung
Zeitschrift/Buch

Klare Kante gegen Antisemitismus: irp.aktuell 25

Friedensarbeit in Klassenzimmer und Schule

Das Thema Antisemitismus brennt unter den Nägeln. Aus unserem Institut ist deshalb die Neuausgabe von irp.aktuell zum Thema Klare Kante gegen Antisemitismus erschienen.
Seit dem entsetzlichen Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 herrscht in Israel Krieg. Eine der Folgen ist ein erheblicher Anstieg antisemitischer Straftaten in Deutschland. Die angeheizte Stimmung ist auch in den Schulen deutlich spürbar. Kinder und Jugendliche bringen in die Schulen mit, was sie in den Familien, in den Medien oder auf den Straßen aufschnappen. Die Tendenz zu Vereinfachungen führt dazu, dass sich jüdische Schülerinnen und Schüler nicht mehr sicher fühlen können und dass antisemitisches Gedankengut zu antisemitischen Handlungen führt.
Lehrkräfte erleben Kinder und Jugendliche im Alltag. Sie können hinhören und reagieren. Das Engagement der Lehrkräfte, in besonderer Weise das Engagement der Religionslehrerinnen und Religionslehrer, ist enorm wichtig, um „Klare Kante gegen Antisemitismus“ umsetzen zu können.
Die Veröffentlichung des Instituts für Religionspädagogik stellt Lehrkräften wichtige Grundlageninformationen und Handlungsoptionen vor, die im Unterricht oder in Konfliktsituationen umgesetzt werden können.
Im Shop und auf unserer Homepage können Sie die Ausgabe kostenfrei herunterladen.

 




Aufgabenstellung
Unterrichtsentwurf
Zeitschrift/Buch

Better Than Human

Sprechen mit Künstlicher Intelligenz

Seit Ende 2022 ist Chat GPT frei zugänglich. Die Künstliche Intelligenz macht deutlich, wie stark sich die Welt des Lernens und Lehrens verändern könnte. Beim Schreiben einer Hausarbeit unterstützen, eine Reise planen oder eine Website programmieren: Geht natürlich alles. Aber kann KI auch emotionale Bezugspersonen ersetzen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die „ARD-Wissen”-Dokumentation „Better than Human?” von MDR und WDR.






Aufgabenstellung
Video im Medienportal

Ein komplexer Konflikt – und Perspektiven zur Lösung.

Buchtipp: „Über den Dächern von Jerusalem“

Im Roman „Über den Dächern von Jerusalem“ erzählt Anja Reumschüssel auf zwei Zeitebenen von Begegnungen zwischen zwei jugendlichen palästinensischen Muslimen und zwei israelischen Jüdinnen aus den wechselnden Perspektiven der Hauptfiguren. Die Dialoge und Gefühle zwischen Mo(hammed) und Tessa (Theresa) zur Zeit der Staatsgründung Israels zwischen 1946 und 1948 sind eingebettet in das Aufeinandertreffen von Karim und Anat in der Gegenwart.






Arbeitsblatt
Text/Aufsatz

Ich folge dir

Filmtipp zum Thema Social Media

Anna trifft am Morgen im Zug auf Jesper. Sie hat ihn noch nie gesehen, aber es stellt sich heraus, dass er alles über sie weiß. Er hat sie im Alltag und über soziale Medien beobachtet und sich sogar als falscher Freund einem ihrer Bekannten angedient, damit der Intimes über sie ausplaudert. Anna ist schockiert!






Video

Aufgedeckt: 10 antisemitische Mythen

mit Erklärung zum gemeinsamen Gespräch

Im Folgenden findest Du zehn verbreitete antisemitische Aussagen, die Erklärung, was daran problematisch ist und passende Gegenargumente. Ein Tipp vorweg: Am wichtigsten ist es, ins Gespräch zu kommen. Ob die Person, die Dir gegenübersitzt, am Ende versteht, wo das Problem liegt, hast Du nicht in der Hand. Aber wenn sie zwei oder drei gute Argumente mitnimmt, ist schon viel gewonnen.







Anforderungssituation

Die Weisen aus einem fernen Land

Die Weisen machen sich auf den Weg. Eine sinnenhafte Stunde, die die Kinder mitnimmt. Auch nach dem Dreikönigstag eine lohnende Geschichte.

Sich auf den Weg machen

Das letzte Fest der Weihnachtszeit ist das Dreikönigsfest. Dann ist erstmal Schluss mit der wundervollen Zeit. Oder kann man das Geschenk der Weihnachtszeit vielleicht auch weitertragen??? Unter einem neuen Stern sozusagen?

Dann bin ich auch gar nicht zu spät dran! Die Zeit ist jetzt ganz genau richtig – um an das Fest zu erinnern und es zu feiern: Denn es geht um Wege, Gefahren, durch die Dunkelheit gehen und Licht werden. Auch das Vertrauen ist mit an Bord.

Die Einheit ist eine Mischung aus zwei Einheiten der Religionspädagogischen Praxis (1990/4 und 1997/4). Mit freundlicher Genehmigung von Schwester Esther Kaufmann. Die Praxishefte erscheinen im RPA-Verlag.

Der Kreis – hell wie die Sonne, schwarz wie die Nacht

  1. Wir legen mit gelben und schwarzen Tüchern einen Kreis in die Mitte. Tag & Nacht, Hell & Dunkel. Wir spielen das Auf- und Untergehen der Sonne mit Gesten nach. Wir schließen unseren Kreis (mit den Händen). Wir sind so rund wie die Sonne.
  2. Auf das dunkle Tuch legen wir ein Bild von einer dunklen Stadt. In ihr leben Menschen ohne Hoffnung. Sie sind traurig, wütend, fühlen sich allein. Kegelfiguren auf das schwarze Tuch stellen.
  3. Es führt ein Weg aus der Dunkelheit, zum Licht hin. Wir folgen einem Stern. Er zeigt uns den Weg!

Der Stern – Er führt uns auf unserem Weg

  1. Aus zwei gelben Tüchern legen wir einen Stern. Wir reichen uns die Hände und lassen den Stern aufleuchten / aufgehen.
  2. Aus Legematerial / Ästen o.Ä. bauen wir einen Stern auf das gelbe Tuch.
  3. Der Stern leuchtet in der Nacht. Wir legen schwarze Tücher um den Stern. So kann er für uns leuchten. Er zeigt uns den Weg.
  4. Viele bunte Tücher werden aneinandergelegt. Sie führen in die Mitte. Die Kinder gehen auf diesem Weg und begleiten die weisen Männer, die auf dem Weg zu Jesus sind.
    Die Farben der Tücher passen zu dem jeweiligen Abschnitt der Geschichte.
  5. Am Ende kommen wir beim Jesuskind an. Es ist die Mitte. Es strahlt und bringt uns das Licht!

Gestaltung

Zum Abschluss überlegen wir, was die weisen Männer dem Jesuskind gesagt haben könnten. In ihnen ist es nun hell geworden. Sie schenken dem Kind das wertvollste, was sie besitzen, denn sie wissen: Jesus ist der wahre König!

Wir können dem Jesuskind auch unsere Worte schenken. Was könnten wir ihm sagen?

Vielleicht basteln oder malen wir eine Krone und schreiben hinein, was wir uns von einem Friedenskönig wünschen …

Wir erzählen die Zachäusgeschichte mit Octostudio

Octostudio (https://octostudio.org/de/) stammt von den Scratch-Machern und soll Kindern das Programmieren nahebringen. Besonders reizvoll ist es, dass man die Sensoren von Tablets und Handys benutzen kann, etwa die Lage oder das Schütteln. So lassen sich sehr leicht interaktive Apps programmieren. Auch die Aufnahme von Sprache ist unkompliziert möglich.

Die Geschichte in der Bibel lesen

geht über diesen Link:

https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/BB/LUK.19/Lukas-19

Aufgabe des Tages

Suche eine Figur für Zachäus. Suche einen Hintergrund mit Baum. Programmiere Zachäus so, dass er sich bei Neigung des Tablets bewegt  und auf den Baum steigen kann.

Ergebnisse

Octostudio hat zwei Exportmöglichkeiten. Man kann eine animierte Gif-Grafik erstellen, die als Schleife läuft (maximal 15 Sekunden) oder – und das haben wir gemacht – eine mp4-Video-Datei erstellen, die leider nur maximal 30 Sekunden lang sein darf. Alle interaktiven Effekte werden mit aufgezeichnet. Will man längere Videos erstellen, muss man die Screencast / Bildschirmaufnahme-Funktion des iPads nutzen, siehe https://edulab.gitbook.io/ipad-grundlagen/medien/video/4.3-bildschirmaufnahme-erstellen

Den Kindern hat das Programmieren riesigen Spaß gemacht und ich bin mir sicher, dass sie die Zachäus-Geschichte nie mehr vergessen werden.

 

Beispiel

Vorab habe ich auf meinem Handy herumprobiert und dieses kleine Beispiel erstellt.

Hier gibt es das Projekt im Originalformat zur Weiterbearbeitung (Zip-Datei, vorher entpacken): Zachäus-Test.octostudio.zip

Hier ein exportiertes Video:

 

Man kann auch maximal 15 Sekunden lange GIF-Bilder erstellen, die dann als Dauerschleife gezeigt werden. Diese können allerdings keinen Ton haben.

Zum Hintergrund

Bisher habe ich die Aufgabe mit Scratch gestellt. Hier die ursprüngliche Aufgabe:  https://blogs.rpi-virtuell.de/relidigital/2021/10/12/wir-erzaehlen-die-zachaeusgeschichte-mit-scratch/ Hier weitere Ergebnisse in Scratch: https://blogs.rpi-virtuell.de/relidigital/2022/03/15/wir-programmieren-die-zachaeus-geschichte-mit-scratch/

Praktische Tipps aufgrund meiner Erfahrungen mit den Kindern (3./4. Klasse)

Octostudio ist sehr motivierend und macht richtig Spaß. Im Vergleich zu Scratch ist es schön, dass man Funktionen wie Sprachaufnahme oder Tabletneigung direkt verfügbar hat. Natürlich sollte man die Blöcke der Reihe nach vorstellen und einführen.

Wichtig ist, dass man die Startbedingungen genau versteht. Zum Beispiel kann man einen Szenenwechsel als Startbedingung einfügen, was für Geschichten in mehreren Szenen sehr hilfreich ist. Gut gelöst ist auch die Versprachlichung von Text. Die unendliche Bewegung mit Tabletneigung abzubrechen geht leider nur durch eine separat programmierte Bedingung, siehe https://kanoa.de/@makeratschool/111733394738677928 . Das Skript kann man dann nicht fortführen, sondern muss die Figur neu anlegen.

Über das Dreipunktmenü rechts unten gibt es eine Rückgängig-Funktion, die sehr hilfreich ist. Leider greift diese nicht, wenn man eine komplette Figur löscht. Deshalb sollte man den Kindern gut erklären, wie man eine Figur wechselt, ohne den Programmiercode zu entfernen. Dies geht über das Symbol mit dem Kreis, dem Quadrat und dem Pfeil, wenn man das Dreieck unter der Figur angetippt hat.

Sprachaufnahmen für eine Figur macht man über das Mikrophon-Symbol rechts oben bei der Figur und nicht über den Block „Spiele Klang“. Dort kann man nur Effekte für vorhandene Sounds bearbeiten.

Leider habe ich keine richtig gute Dokumentation oder Einführung für Octostudio gefunden, auch nicht auf YouTube, hier ist zu hoffen, dass es bald mehr gibt, das für Kinder geeignet ist.

zeitspRUng 2/2023: „Jona“

Zeitschrift für den Religionsunterricht in Berlin und Brandenburg

In unserer krisenhaften Zeit und unter dem Hall der apokalyptischen Abgesänge von Rezession der Wirtschaft und Zerfall der Weltordnung wirkt es fast idyllisch, wenn wir uns in dieser Ausgabe des zeitspRUng dem wohl in der Religionspädagogik beliebtesten Prophetenbuch zuwenden: Jona, der so unschuldig „Taube“ heißt und dessen Geschichte so pittoresk und märchenhaft wirkt wie ein Kapitel aus „1001 Nacht“ oder eine Episode aus „One Piece“ mit Aufenthalt im Walfischbauch, mit zur Buße fastenden und sackgewandeten Tieren, mit einem über Nacht aufschießenden Baum und vielem mehr. Fast will es so scheinen, als suchten wir die Weltflucht wie Jona …






Aufgabenstellung
Unterrichtsentwurf

Zeitschrift für Religion und Weltanschauung (ZRW)

Jahrgang 86 (2023)

Die Zeitschrift für Religion und Weltanschauung (ZRW) will Orientierung in der heutigen weltanschaulichen Vielfalt geben. Sie informiert zuverlässig und in akademischer Sachlichkeit über die religiöse Gegenwartskultur, deutet sie aber zugleich von einem evangelischen Standpunkt aus. Sie nähert sich den behandelten Gruppen, Ideen, Strömungen, Religionen und Weltanschauungen also nicht von einem unparteiischen Ort „über den Dingen“, sondern aus erkennbar protestantischer Perspektive – „nicht neutral, aber fair“.

Die Zeitschrift richtet sich an Wissenschaftler:innen, kirchliche Träger, Kirchenämter, kirchliche Institutionen, Pfarrer:innen, Kirchengemeinden, Privatbezieher:innen.







Text/Aufsatz

Triumph der Säkularisierung

Skeptische Rückfragen an die KMU VI

Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD (KMU) nimmt erstmalig auch die religiöse „Großwetterlage“ in den Blick. Ihre Diagnose birgt Überraschungen, die zu Rückfragen Anlass geben.






Text/Aufsatz

„Christfluencing“

Zwischen Glaubensvermittlung und Lifestyle

Mit den digitalen Medien hat sich eine neue Form öffentlicher Glaubenskommunikation etabliert. Was für Botschaften transportieren Christfluencer:innen? Wie begründen sie ihre religiöse Autorität? Und wie wirken dabei die Mechanismen des Social-Media-Marktes auf die religiöse Kommunikation zurück?







Text/Aufsatz

Beaton Griechen

Roderick Beaton: Die Griechen. Eine Globalgeschichte.
Aus dem Englischen übersetzt von Ursula Blanck-Sangemeister.

Ditzingen: Reclam 2023.
605 Seiten.
38 €.
ISBN 978-3-15-011007-2

 

Griechische Kultur weltweit und mehr als 3000 Jahre:
Eine Globalgeschichte ‚der Griechen‘.

Eine Rezension von Christoph Auffarth

 

Kurz: Hier wird erstmals eine Geschichte der griechischen Kultur gewagt von den Palastkulturen Mykenes über das griechische Römerreich (‚Byzanz‘) zum modernen Nationalstaat und den Diasporas weltweit.

Ausführlich:
Eine Globalgeschichte der Griechen! Statt einer Nationalgeschichte, die die Gegenwart der Nation rechtfertigen will. Wer sind ‚die Griechen‘? Als der Münchner Professor für Univer­salgeschichte und Philologie Jakob Philipp Fallmerayer (geboren 1790 in Südtirol, gestorben 1861 in München) Griechenland bereist hatte, schockte er die Elite des Griechenland genann­ten Staates damit, dass er auf seinen Reisen alle möglichen Ethnien und Sprachen gefunden habe, die seit der Völkerwanderung in die Region eingewandert waren, zumal Slawen: Wlachen, Albaner, Türken! Aber keine Griechen mehr[1] Der seit der sog. Revolution 1821 allmählich entstandene Staat war kein Nationalstaat von Griechen![2] Das Einzige, was den Staat zusammenhielt, war auch nicht der von außen aufgedrückte und unbeliebte bayerische König Otto I., sondern die griechisch-orthodoxe Kirche.[3] Griechin und Grieche ist, wer getauft ist. Das hat sich erst teilweise, aber abrupt geändert nach dem Ende der Junta-Herrschaft 1974. Aber bis vor kurzem gab in Griechenland kein Krematorium, weil Einäscherung ein atheistisches Bekenntnis sei. Geschockt aber waren auch, die sich mit den Griechen geistesverwandt empfanden: die Philhellenen, die teils ihr Leben im Kampf für die griechische Freiheit einsetzten, teils aber „das Land der Griechen mit der Seele suchten“, besonders die das (neu-) humanistische Gymnasium besuchten, Schillers Die Götter Griechen­lands lasen oder Goethes Iphigenie. Oder öffentliche Gebäude im Stil griechischer Tempel bauten, wie das Nationalheiligtum Walhalla 1842, nahe Regensburg. Fallmerayer wurde seines Amtes enthoben. Das heißt auch ohne konkrete Menschen, erst recht nicht die heutigen Bewohner Griechenlands, gibt es wichtige Vorstellungen, die aus der ‚klassischen‘ griechischen Kultur in Politik, Medizin, Naturwissenschaft, Logik usf. sich weltweit ausbreiteten.[4] Aber Beaton erzählt auch über die griechischen Kulturen davor, die Minoisch-mykenische Kultur, und die Kulturen danach bis fast zur Gegenwart: eine Globalgeschichte. Die Griechen sind diejenigen, die an der griechischen Bildung teilhaben. Das hat der Politiker Isokrates – schon nach der Glanzzeit seiner Heimatstadt Athen – verkündet und dieses Wort steht über der Gennadios-Bibliothek in Athen.[5]

Roderick Beaton[6] schreibt eine kundige Kulturgeschichte über die Griechen nicht nur in der Antike (zu der es zahllose Bücher gibt), sondern vor allem auch der Griechen vor und nach der (klassischen) Antike.[7] So beginnt das Buch mit einer Beschreibung der Kulturen der Bronzezeit, auf dem griechischen Festland, Mykenische Kultur genannt. Die Forschung dazu ist sehr im Fluss, voller neuer Funde und Revisionen älterer Meinungen. RB gelingt eine bemerkenswert kluge Beschreibung aus gesicherten Details und größeren Linien.[8] Dass die Kultur eine ‚griechische‘ war, hat sich aus der Entzifferung der Tontäfelchen ergeben, die nicht in der altorientalischen Keilschrift, sondern in einer Linear-B-Schrift geschrieben sind, die sich als eine unvollkommene Wiedergabe griechischer Laute erwies. Später haben die Griechen dann noch einmal schreiben gelernt, diesmal in einer Alphabetschrift, die nun weit besser und einfacher zu erlernen das Griechische abbildet, vor allem die Vokale. RB schließt sich der Vorstellung an, dass die Palastkultur durch einen Systemkollaps unterging (also nicht durch Feinde von außen und/oder innen, sondern weil das System zu kompliziert geworden war, um es noch managen zu können). Nicht ganz so treffend sind die Beschrei­bungen der ‚Zeit der Experimente‘, nämlich die Zeit nach den Palästen bis zur ausgebildeten Polis (55-87).[9] Die ‚klassische Zeit‘ bis zum Aufstieg der Makedonen und Alexander dem Großen (88-164) wird mit dem Schwerpunkt Athen beschrieben. Dramatisch führt RB die Entdeckung des Grabes in Vergina 1977 ein: der Mord an König Philipp (185-190). Es folgen die Feldzüge des Sohnes von Philipp, Alexander und seine Idee einer Mischkultur griechischer und persischer Menschen und Institutionen, das, was Gustav Droysen „Hellenismus“ nannte (bei Historikern als Epoche bis zur Schlacht von Aktion 33 v.Chr., die als Beginn des römischen Kaiserreichs gilt), aber Glen Bowersock als Hellenentum bis in die Spätantike als kulturelle Grundströmung beschreibt,[10] die auch die Kultur des römischen Kaiserreichs (247-284) wie der christianisierten Spätantike prägte (285-319). Konstantinopel ist dann das „Auge des Universums“ und die ‚Stadt der Sehnsucht der Welt‘, 1018-1204, bis die Kreuzfahrer 1204 die christliche Stadt eroberten, anstatt Jerusalem zu befreien. Das ist ein größerer Einschnitt in die Transformationen der Antike,[11] zugleich ein enormer Kulturtransfer, weil die. die bislang die griechisch-sprachige Kultur pflegten, in das lateinisch-sprachige Europa flüchteten und ihre Handschriften mit den antiken Autoren mitbrachten. Die Zeit 1453-1669 lebten die Griechen „zwischen zwei Welten“ (398-426). Danach 1669-1833 beginnt die „Griechische Wiedergeburt“ (427-459). Die Monarchie Griechenland wurde in das (west-) europäische Staatensystem eingebunden. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, im fürchterlichen Bürgerkrieg, tat der Westen alles dafür, dass die Kommunisten den Staat nicht in das Lager der Satellitenstaaten der Sowjetunion führten (460-492). Die Militärjunta 1967-1974 versuchte noch einmal die ‚Große Idee‘ μεγάλη ἰδέα[12] zu verwirklichen, alle griechisch-sprachigen Landsleute in einen Nationalstaat zu einen: vom Schwarzen Meer über Konstantinopel (Istambul) und die kleinasiatische Küste (Ephesos, Smyrna/Izmir, Halikarnass) bis zur Insel Zypern. Eine krachende Niederlage beendete die Junta, die imperialistischen Träume, die Monarchie und heizten die Feindschaft mit dem türkischen Staat an, der den Norden Zyperns besetzte.

Auf 120 Seiten, ungefähr einem Viertel des Buches, erzählt RB das, was man sonst als ‚Grie­chische Kulturgeschichte‘ bezeichnen würde. Die anderen drei Viertel sind eine gut infor­mierte Kulturgeschichte (mit dem Schwerpunkt auf der politischen und Ereignisgeschichte) der ‚Griechen‘, die erst vor gut 200 Jahren einen Nationalstaat namens Griechenland bilde­ten. Dass man auf dem Gebiet nicht alles aus eigener Forschung kennen kann, und sich hier auf Sekundärliteratur verlassen muss, ist klar. Das gelingt im Ganzen gut. So kann man sich erstmals eine gut recherchierte Geschichte der griechischen Kultur erschließen, was sonst über die Altertumswissenschaften, also Klassische Philologie, Alte Geschichte, die Byzanti­nistik, die Neo-Gräzistik und Geschichtswissenschaft der Moderne zerteilt ist. Das Buch ist gut geschrieben. Die Übersetzung trifft ganz gut, auch die Namen sind korrekt, wenn auch (meist) in der englischen Umschrift.[13] In einem Anhang sind die Anmerkungen, eine Aus­wahl-Bibliographie (ausschließlich englischsprachige Literatur, auch wo es deutsche Übersetzungen gibt, wie z.B. Angelos Chaniotes The Age of Conquest 2018 [man beachte den anderen Titel!] als Die Öffnung der Welt. Darmstadt 2019, ²2022. Übersetzungen von grie­chischen Autoren sind in den Anmerkungen angegeben), Verzeichnisse der 43 Abbildungen und 15 Karten dazu ein ausführliches Register.

Jacob Burckhardt hat in seiner Griechischen Kulturgeschichte immer zwei Seiten einer Eigen­schaft und Entwicklung herausgearbeitet, das Positive wie das Negative.[14] So vielschichtig ist dieses Buch nicht. Aber dafür erwartet die Lesenden vieles, was ihnen neu und interessant sein wird. Es lohnt sich.

 

Bremen/Wellerscheid, Dezember 2023                                                    Christoph Auffarth

Religionswissenschaft,
Universität Bremen

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[1] „Das Geschlecht der Hellenen ist in Europa ausgerottet. […] Denn auch nicht ein Tropfen ächten und ungemischten Hellenenblutes fließet in den Adern der christlichen Bevölkerung des heutigen Griechenlands.“ Geschichte der Halbinsel Morea während des Mittelalters. Ein historischer Versuch, Stuttgart/ Tübingen: Cotta 1830. 1836: Erster Teil: Untergang der peloponnesischen Hellenen und Wiederbevölkerung des leeren Bodens durch slavische Volksstämme. Zweiter Teil: Morea, durch innere Kriege zwischen Franken und Byzantinern verwüstet und von albanesischen Colonisten überschwemmt, wird endlich von den Türken erobert. Von 1250 – 1500 nach Christus. Das Zitat in der Vorrede zum ersten Band S. iii f.

[2] Richard Schuberth: Lord Byrons letzte Fahrt. Eine Geschichte des Griechischen Unabhängigkeitskrieges. Göttingen: Wallstein 2021. Mark Mazower: The Greek Revolution: 1821 and the Making of Modern Europe. London: Allen Lane 2021. Ioannis Zelepos: Griechischer Unabhängigkeitskrieg (1821–1832), in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2015-06-12. URL: http://www.ieg-ego.eu/zeleposi-2015-de URN: urn:nbn:de:0159-2015060901 [8. Dez. 2023]. – Die sinnvollen Begriffe der Ethnogenese, Nation-building auf der einen Seite, die griechisch sprechenden Menschen außerhalb der geographischen Region auf der anderen Seite, die Diaspora wären hilfreich anzuwenden gewesen.

[3] Während der Patriarch von Konstantinopel im Osmanischen Reich das Oberhaupt der orthodoxen Kirche war und blieb, bildeten die Bischöfe im neuen Staat Griechenland eine ‚autokephale‘ (eigen­köpfige) Kirche.

[4] Hier greift das Konzept der ‚Diaspora‘, wie es Robin Cohen: Global Diasporas 1997, ³2022 entwickelt hat, das nicht nur Gruppen umfasst, die fern der Heimat leben (müssen – die jüdische Diaspora als Negativbeispiel), sondern auch das Zusammenleben von Menschen gleicher Nation, die freiwillig ausgewandert sind und ihre Identität in ihrer neuen Welt leben. Dazu kommen etwa Musikstile, die auch ohne ‚Träger‘ Kultur verbreiten. RB nutzt solche Konzepte wie Ethnogenese oder Diaspora nicht. Seine Definition ‚Grieche‘ bleibt dünn, immerhin 178-182 zur Frage der griechischen Identität Makedoniens, die der moderne Staat beim Eintritt in die EU gegenüber dem Staat Nordmakedonien behauptet.

[5] Isokrates, Panegyrikos 50 (zitiert S. 175) τό τῶν Ἑλλήνων ὄνομα πεποίηκεν μηκέτι τοῦ γένους, ἀλλὰ τῆς διανοίας δοκεῖν εἶναι καὶ μᾶλλον Ἕλληνας καλεῖσθαι τοὺς τῆς παιδεύσεως τῆς ἡµετέρας ἢ τοὺς τῆς κοινῆς φύσεως μετέχοντας ῀Sie (die Stadt Athen) hat bewirkt, dass der Name ‚Griechen‘ nicht mehr im Sinne der Verwandtschaft, sondern im Sinne einer Denkweise verstanden wird. Eher heißen die Menschen Griechen, die an unserer Bildung teilhaben, als die, die gleiche Gene haben.“ – Noch einfacher definiert RB „die Sprecher der griechischen Sprache“ (11). – Die Gennadios-Bibliothek, initiiert durch den Diplomaten (u.a. in Großbritannien und in den USA) und Bibliophilen Ioannes Gennadios, öffnete 1926. Sie enthält Bücher vorwiegend zur griechischen Kultur nach dem Fall von Konstantin­opel 1453. – Dass das Wort paideia/paideusis einmal (S. 6) mit Bildung, einmal – weniger passend – mit Erziehungssystem übersetzt ist, liegt daran, dass das deutsche „Bildung“ kein Äquivalent im Englischen hat. Werner Jaeger nahm den Ausgangspunkt für sein dreibändiges Buch Paideia von Isokrates. Vgl. Christoph Auffarth: Henri Irénée Marrous »Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum«. – Der Klassiker kontrastiert mit Werner Jaegers »Paideia«. In: Peter Gemeinhardt (Hrsg.): Was ist Bildung in der Vormoderne? (Seraphim 4) Tübingen: Mohr Siebeck 2019, 39-65.

[6] Roderick Beaton war Professor am King’s College in London, zuletzt als Director of Hellenic Studies. Dabei geht es nicht um das Altgriechische, sondern um die griechische Kultur(en) nach der Antike. Beaton hat als Doktorand im (griechisch-sprachigen) Zypern und Griechenland geforscht und hat seither immer den Kontakt mit seinen griechischen Freunden gepflegt. Seine Homepage http://www.kcl.ac.uk/artshums/depts/chs/people/academic/beaton/index.aspx (17.03.2023). Er ist Koraes-Professor, benannt nach Adamántios Koraís, auch Koraés; geboren 1748 in Smyrna, Kleinasien, Osmanisches Reich; gestorben 1833 in Paris, mit dem die neugriechische Literatur begann. Im Folgen­den kürze ich seinen Namen ab mit den Initialen RB.

[7] Das Mittelmeer und der Vordere Orient sind der Bezugsrahmen, nicht ‚Europa‘. Christoph Auffarth: Religion and Classical Europe (12th century BC – 600 AD). In: The Oxford Handbook of Religion and Europe. Ed. Grace Davie, Lucian Leustean. Oxford: OUP 2022, 19-37.

[8] RB konnte sich da beraten mit dem damaligen Direktor des Britischen Archäologischen Instituts in Athen, John Bennet, der auf die Bronzezeit spezialisiert ist.

[9] Die Erforschung dieser Epoche am Beispiel Athens bei Maximilian Rönnberg: Athen und Attika vom 11. bis zum frühen 6. Jh. v.Chr. Siedlungsgeschichte, politische Institutionalisierungs- und gesellschaftliche Formierungsprozesse. Rahden/Westf.: Verlag Marie Leidorf 2021. Meine Rezension in: Frankfurter elektronische Rundschau zur Altertumskunde 50(2023), 152-155. – Als Hellenen, als Gemeinsamkeit, verstanden sich die Griechen erst durch die Perserkriege. Vgl. Allan A. Lund: Hellenentum und Hellenizität: Zur Ethnogenese und zur Ethnizität der antiken Hellenen. Historia 54(2005), 1-17.

[10] Glen Bowersock: Hellenism in late antiquity. Ann Arbor: Michigan University Press 1990.

[11] Bernhard Jussen hält den Begriff des Mittelalters für unpassend und beschreibt die Epoche bis 1453 als Transformation der Antike: Das Geschenk des Orestes. Die Geschichte des nachrömischen Europas 526 – 1535. München: Beck 2023. Thomas Bauer hat die Bezeichnung Mittelalter für den Islam abgelehnt (München:  2018). RB macht deutlich, dass im griechisch-sprachigen Osten das Römische Reich weiter bestand, verwendet aber weiter den englischen Begriff für Mittelalter (Dark Ages, z.B. 323).

[12] Als Eleutherios Venizelos (1864-1936) Kreta 1913 aus der osmanischen Herrschaft befreite, an den Nationalstaat Griechenland anschloss und selbst Ministerpräsident wurde, war das Osmanische Reich im Zerfallen. Zu der Zeit war die Idee eines Nationalstaates über zwei Kontinente nicht ganz undenkbar. In den Balkankriegen, die dem Ersten Weltkrieg vorausgingen, konnte Griechenland sein Territorium fast verdoppeln. Aber die Erwartung, das Wohngebiet der Griechen an der Westküste Anatoliens dem Nationalstaat zuzuschlagen, endete in der Katastrophe 1923. Trotz der den Griechen im Vertrag von Sèvres 1920 übertragenen Verwaltung der Westküste Anatoliens um Smyrna herum erzwang die neue Republik Türkei eine ethnische Säuberung, so dass die kleinasiatischen Griechen nach Griechenland fliehen mussten. Dazu kamen viele der christlichen Armenier, die vor dem türkischen Genozid zum orthodoxen Schwestervolk flüchteten.

[13] Abb. 34 ist der Name von Georgios Gemistos Plethon falsch mit Plethos wiedergegeben, während er im Text korrekt geschrieben ist.

[14] Jacob Burckhardt: Griechische Kulturgeschichte. Das unvollendete Werk hat sein Neffen Jacob Oeri 1905 herausgegeben und wurde in zahlreichen Editionen gedruckt. Die historisch-kritische Ausgabe, hrsg. von Fritz Graf u.a., 4 Bände, erschien Basel: Schwabe; München: Beck 2002-2012.

Rönnberg Peloponnes

Maximilian Rönnberg: Die Peloponnes. Ein archäologischer Reiseführer.

Regensburg: Schnell + Steiner 2023.
383 Seiten: Illustrationen, Karten, Pläne
ISBN 978-3-7954-3825-8.

 

Die Herzregion Griechenlands präsentiert in ihren archäologischen Sehenswürdigkeiten

Eine Rezension von Christoph Auffarth

 

Kurz: Ein sehr gut illustrierter und auf dem neuesten Stand der Forschung informierender Führer zu den (ausschließlich) archäologischen Stätten der Peloponnes in Griechenland.

Ausführlich:
Der Archäologe Maximilian Rönnberg wurde nach seiner ausgezeichneten Dissertation über Athen in der frühen Eisenzeit (11.-6. Jh.)[1] ausgewählt für das Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts. Die Corona-Pandemie machte einen Strich durch den Plan, die archäologischen Stätten rund ums Mittelmeer zu bereisen, er musste in Griechenland bleiben. Aus dieser Begrenzung erwuchs das Projekt eines archäologischen Führers durch die Peloponnes. Ziemlich genau 80 Jahre nach den „Führungsblättern“ für die deutschen Soldaten während der Besatzung Griechenlands 1941 bis Ende 1944 und der daraus ent­standenen Griechenlandkunde von Kirsten/Kraiker[2] führt MR zu den großen antiken Stätten wie Korinth, Mykene, Olympia, aber macht auch bekannt mit den vielen neu ausgegrabenen, oft wenig bekannten Orten und den neu aufgestellten Museen. Übersichtliche Karten, die GPS-Daten der Fundorte, Grundrisse und Farb-Fotografien ermöglichen Besuchern der Stätten die Orientierung und Erklärungen auf dem neuen Stand der Forschung. Diese wird im Anhang knapp bibliographisch erschlossen (daneben die aufwändigen Bildnachweise). Der Führer eignet sich aber auch als Nachschlagewerk, umfassender, genauer, aktueller als die bisher zur Verfügung stehenden Handbücher, wobei die Artikel im Neuen Pauly unübertroffen bleiben, was Geschichte und Religion angeht. Die Zusammenstellung der Architektur-Reste, die man vor Ort sieht, mit den Funden, die in die Museen gesondert aufgestellt sind oder in den Archiven verborgen sind, ist ein Problem. Die gekonnte Präsentation einiger Museen nahebei, die in den letzten Jahren entstanden und Stück um Stück modernisiert werden (Mykene, Tegea, Patras; Argos ist seit langem in Restauration), kommen den heutigen Seh- und Informations-Bedürfnissen entgegen. Aber bei älteren Ausgrabungen wurden die Funde ins Nationalmuseum in Athen gebracht und sind dort in Auswahl ausgestellt. MR nennt manche der Funde, die in den Museen stehen, aber keine Abbildungen. Die archäologischen Fachbegriffe sind in einem Glossar 366-370 erklärt. Eine knappe Bibliographie zu den wichtigsten Publikationen ermöglicht die Vertiefung. Ein Ortsregister erleichtert das Auffinden von Orten des ansonsten nach Regionen mit Über­sichtskarten aufgebauten Führers.

Die Beschreibung der Peloponnes ist explizit ein archäologischer Reiseführer; so sensatio­nelle Orte wie das mittelalterliche Mistra, in der Nähe von Sparta am Abhang des Taýgetos gelegen, oder Monemvasia kommen nicht vor. Dafür führt MR sowohl zu den großen Ausgrabungen als auch zu vielen kleinen, vielfach erst in jüngerer Zeit ausgegrabenen Orten.

Die Einleitung (9-61) gibt eine Darstellung nach Epochen. MR versucht eine Darstellung, die die vielen in den Disziplinen Alte Geschichte und Archäologie kontrovers diskutierten Fragen sichtbar werden lassen (wie schon in seiner Dissertation), besser als einen geglätteten Überblick. Die frühen Epochen, besonders der Bronzezeit und der „Zeit der Experimente“ nach dem Ende der Palastkulturen mit den Neufunden der letzten Jahren (so etwa das letzte Jahrhundert des Palastes von Tiryns und die anschließende völlig andere Siedlungstätigkeit in der Ebene drumherum [S. 140f ist da wenig aussagekräftig]) und die intensive Diskussion zu ihrer Deutung werden ausführlicher vorgestellt und dokumentieren den Fortschritt der Disziplinen, hier das allmähliche Zusammenwachsen der prähistorischen mit der klassischen Archäologie.

Wer immer die Peloponnes bereist, besonders Individualreisende mit einem Interesse an der Antike, sollten diesen Reiseführer in den Rucksack stecken, die dort beschriebenen Stätten erfahren, erwandern, erklettern und dabei Neues entdecken mit den Wegweisern und Erklärungen von Maximilian Rönnberg: ohne diese sehr gut investierte Reisebegleitung wird man vieles verpassen.

 

Bremen/Wellerscheid, November 2023                                                   Christoph Auffarth

Religionswissenschaft,
Universität Bremen

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[1] Maximilian Rönnberg hat in Tübingen promoviert mit der Arbeit Athen und Attika vom 11. bis zum frühen 6. Jh. v.Chr. Siedlungsgeschichte, politische Institutionalisierungs- und gesellschaftliche Formierungs­prozesse. Rahden/ Westf.: Verlag Marie Leidorf 2021. Dazu meine Rezension in: Frankfurter elektronische Rundschau zur Altertumskunde 50(2023), 152 -155 (open access). Rönnberg arbeitet jetzt als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Archäologie und Kulturanthropologie der Universität Bonn. Den Namen des Verfassers kürze ich ab mit den Initialen MR.

[2] Ernst Kirsten; Wilhelm Kraiker: Griechenlandkunde. Ein Führer zu klassischen Stätten. Heidelberg: Winter 51967. Band 2: Die griechischen Randlandschaften und die Inseln. Die Peloponnes ist behandelt auf 127 Seiten in den Kapiteln 12 Korinth und Sikyon, 13 die Argolis, 14 Die südliche Pelopnnes. Die erste Auflage 1955 entstand aus den Führungsblätter[n] des deutschen Kunstschutzes für Soldaten. Beide Autoren waren während des Zweiten Weltkriegs in Griechenland und arbeiteten im ‚Kunstschutz‘ der Wehrmacht. Vgl. Volker Losemann: Nationalsozialismus und Antike. Hamburg: Hoffmann und Campe 1977, 155f, 159f, 248, Anm. 101. Ernst Kirsten (1911-1987) war Schüler von Helmut Berve. Seine Habilitationsschrift behandelte Die dorische Landnahme in Lakonien und Messenien, Heidelberg 1942 ungedruckt, vgl. Losemann 222. EK beteiligte sich an den Ausgrabungen in Kreta nach der Eroberung der Insel 1941 (Genaue Nachweise im Wikipedia-Artikel). Seine Kompetenzen in der Historischen Geographie der Antike berührten die Geographie, die Alte Geschichte und die Archäologie, aber keine zentral. Er wurde Dozent zunächst in Göttingen, dann in Bonn. Erst 1962 wurde an der Universität Bonn ein Lehrstuhl ad personam eingerichtet. In Bonn hatte Alfred Philippson das große Werk Die griechischen Landschaften. Frankfurt am Main: Klostermann 1950–1959 (4 Bände in 8 Teil­bänden) begonnen, dessen letzte Bände EK aus dem Manuskript herausgab und vollendete. 1967 wurde EK Prof. für Alte Geschichte in Wien, Nachfolger seines Lehrers Fritz Schachermayr. – Wilhelm Kraiker (1899-1987) war Klassischer Archäologe. 1943 wurde er Professor in Innsbruck, nach der Katastrophe 1945 erst 1948 Vertreter, dann Ordentlicher Professor in Kiel bis 1968.

 

Religion unterrichten 2-2023: Umweltethik

Ökumenische Online-Zeitschrift für Religionslehrkräfte

Die Verletzlichkeit allen Lebens auf diesem Planeten steht uns tagtäglich vor Augen, entweder durch die globale Reichweite der (digitalen) Medien oder im eigenen Erleben. … Die Frage, wie wir heute, morgen und übermorgen leben können, sollen und dürfen, betrifft alle Menschen, unabhängig von Herkunft, religiöser Zugehörigkeit, sozialem Status oder Lebensalter. Die Folgen für jede und jeden Einzelnen sind freilich sehr unterschiedlich, weshalb auch Fragen der Umwelt- bzw. Ressourcengerechtigkeit zu stellen sind.

Die vorliegende Ausgabe von Religion unterrichten erschließt das Thema »Umweltethik« daher auf zwei Ebenen: zum einen als Lerngegenstand des Religionsunterrichts und zum anderen im Rahmen des ökologisch-ethischen Lernens in der Auseinandersetzung mit verschiedenen spezifischen Frage- und Problemkonstellationen.

Das Cover dieser Ausgabe prägt ein Foto des Osnabrücker Fotokünstlers Richard Otten-Wagener.

Inhalt:

  • Editorial: Umweltethik
  • Christliche Umweltethik
  • Der Mensch als Partner Gottes – Überlegungen zur Umweltethik aus jüdischer Perspektive
  • Ökologisch-ethisches Lernen als Herausforderung und Pflicht eines zeitgemäßen Religionsunterrichts
  • Ist die Erde noch zu retten? (Unterrichtsentwurf für Stufe 8/9)
  • Das Ebenbild Gottes und der kaputte Planet (Unterrichtsvorschlag für die gymnasiale Oberstufe)
  • Weltrettung light!? (Lernsequenzen für den RU in der Berufsschule)

 

 






Arbeitsblatt
Aufgabenstellung
Unterrichtsentwurf
Zeitschrift/Buch

Religion unterrichten 1-2021: Wunder

Ökumenische Online-Zeitschrift für Religionslehrkräfte

Glaube und Unglaube, Zweifel und Zuversicht – zwischen diesen Polen bewegen sich Reaktionen auf (biblische) Wundererzählungen, nicht nur bei Schülerinnen und Schülern im Religionsunterricht, auch bei alljährlich wiederkehrenden Befragungen.

Die Jahreslosung der EKD 2020 »Ich glaube; hilf meinem Unglauben!« (Mk 9,24) haben wir als Coverbild ausgewählt: Glaube und Unglaube – an dieser Spannung orientiert sich die Konzeption dieses Heftes. Wie kann es gelingen, Wundererzählungen in ihrer Fiktionalität wahrzunehmen und trotzdem ihre bleibende existenzielle Wahrheit zu erschließen? Wie kann im Rahmen einer multiperspektivischen Ausrichtung des Religionsunterrichts einerseits die Würdigung von individuellen Auslegungen der Lernenden erfolgen, andererseits aber der Gefahr der Beliebigkeit entgegengewirkt werden? Wie können Lernprozesse angelegt werden, um vorläufige Deutungen nach und nach weiterzuentwickeln und exegetisch tragfähige, textgemäße Auslegungen zu erreichen? Wie können Wundererzählungen als Glaubenserzählungen erschlossen werden – um neue Weltsichten zu entdecken und vielleicht dafür zu sensibilisieren, dass sich im Alltag auch Möglichkeiten Gottes ereignen können?
Diesen Herausforderungen haben sich die Autorinnen und Autoren dieses Heftes gestellt, das Thema pointiert aufbereitet und spannende Unterrichtsvorhaben entwickelt:

Inhalt:

  • Was Golden Gate und Taj Mahal mit der Bibel zu tun haben – religionspädagogische Zugänge zu biblischen Wunderschichten
  • „Es ist so ’ne Sache mit den Wundern“ – biblische Wunder verstehen
  • Wunder im Judentum
  • Wundert’s dich? – Theologische Gespräch mit Jugendlichen über Wunder
  • Das Wetter als Metapher des Lebens: Lernen in und an Stürmen. Ein unterrichtspraktischer Beitrag zur Sturmstillung (Mk 4,35–39) für die 8./9. Klasse
  • Die Rettung im Schilfmeer oder: Von der Meerwundererzählung zur „Mehr(!)-Wundererzählung“. Bausteine für ein Unterrichtsvorhaben zu Ex 13,17–14,31 in der Sekundarstufe II
  • „Was ist denn in dich gefahren?“ – Dämonenaustreibungen und Wunderheilungen im Markusevangelium. Bausteine für ein Unterrichtsvorhaben in der Sekundarstufe II

 

 







Arbeitsblatt
Aufgabenstellung
Unterrichtsentwurf
Zeitschrift/Buch

Rippmann Frömmigkeit

Dorothee Rippmann: Frömmigkeit in der Kleinstadt.
Jenseitsfürsorge, Kirche und städtische Gesellschaft
in der Diözese Konstanz, 1400–1530
.

Zürich: Chronos 2022.
ISBN 978-3-0340-1654-4. Gebunden, 316 Seiten, 53 Farbabbildungen
€ 68

 

Frömmigkeit und Wirtschaft:
Eine lokale Studie zu Stiftungen im Spätmittelalter.

Eine Rezension von Christoph Auffarth

Kurz: Eine reiche Überlieferung für drei kleine Orte im ost-schweizerischen Thurgau hat die Forscherin herausgegeben und detailreich erschlossen.

Ausführlich:
Testamente sind eine Quelle, die mehr als jede Biographie oder Predigt etwas darüber aussagt, was Menschen einer bestimmten Zeit über den Sinn ihres Lebens über ihren Tod hinaus denken, die ‚Transzendenz‘ ihres individuellen und endlichen Lebens. In diesem Sinne das Jenseits. Eine berühmte Untersuchung barocker französischer Testamente zeigte, dass diese Quellengattung, die sehr viele Menschen verfassten, weniger etwas über das Individuum erkennen, wohl aber auf die ‚Mentalität‘ von Generationen schließen lassen.[1] Wie Menschen bei vollem Bewusstsein das Erbe regeln, ist weniger ein Ausdruck von Innerlichkeit, sondern umfasst einen umfassenden materiellen Transfer. Nicht nur das Erbe an Ehepartner und Kinder, also Familienegoismus, die Abgabe an die Gemeinschaft/den Staat wie heute; ein beträchtlicher Teil wird im Spätmittelalter aufgewendet für die Begleitung der Seele zum Jüngsten Gericht. Dazu beschenkt man zu Lebzeiten Arme, die guten Werke werden – entsprechend Matthäus 25[2] – auch die Qualen im Fegfeuer ver­kürzen. Doch weit bedeutender erweist sich der Vermögenstransfer an eine Kirche oder an ein Kloster, damit dort regelmäßig eine Messe gelesen wird für den Verstorbenen. Das gestiftete Geld muss ‚ewig‘ reichen für den Unterhalt des Priesters und die Kerzen („Ewigrenten“ 101). In weni­gen Fällen wurde das auch über die Reformation hinaus beibehalten. Dorothee Rippmann hat in diesem sehr gut ausgestatteten Buch eine Praxis des Spätmittelalters in der (heutigen Ost-) Schweiz untersucht und konnte dafür auf außergewöhnlich reiche Quellenbestände in den örtlichen Archiven zurückgreifen.[3]. Welche Mühe und Kleinarbeit hinter diesem Buch steht, das die Befunde auswertet, wird im Anhang deutlich und in der Aufmerksamkeit für die Materialität der Überlieferung (276-285, auch das Kapitel 53-66), die mühevolle Tran­skription der Urkunden (von denen im Text immer wieder Abschnitte zitiert werden[4] ) und dann die systematische Auswertung. Viele (53) Abbildungen in Farbe direkt im Text und mit ausführlicher Legende lassen das Material geradezu handgreiflich werden. Überhaupt ist der Band, fadengeheftet und fest gebunden, feine Buchkunst.[5]

Für eine Bestimmung von Religion als Gegenstand historisch-kulturwissenschaftlicher Untersuchung geht DR von der sozialen Praxis und deren sozial geformtem Symbolsystem aus, „das Weltorientierung, Legitimierung natürlicher und gesellschaftlicher Ordnungen und den Einzelnen transzendierende Sinngebungen mit praktischen Anleitungen zur Lebensführung und biographischen Verpflichtungen verbindet.“[6] DR unterscheidet die adelige, die bürgerliche, die bäuerliche Totenfürsorge.

Der Band erschließt eine Überlieferung dreier Orte: Im Mittelpunkt steht das Stift St. Pelagi­us in Bischofszell, das kleinstädtische Spital dort, dazu die Stiftungen zugunsten der Laien­bruderschaft an der Pfarrkirche in Sulgen sowie der Stiftung einer Messpfründe in der Filialkirche Berg mit der Überlieferung der Jahrzeitbücher und zahlreicher Urkunden. Man kann kritisieren, dass die Formulierungen der Urkunden weniger etwas über die Stifter und deren Frömmigkeit aussagen. Die klerikalen Schreiber verwenden Formeln, die auch in anderen Urkunden dieser Gattung so verwendet werden (DR gibt selbst ein schlagendes Beispiel S. 183f). Dass der wirtschaftlich ökonomische Gehalt so im Vordergrund steht, liegt nicht an den Laien, vielmehr formulieren auch das die Empfänger bzw. zum Lesen der Messen verpflichteten Kleriker.[7] Sie bestimmen auch, wenn der bestelle Kleriker seine Pflichten versäumt, dann wird das Kapital bzw. die Zinsen der Pfarrkirche entzogen und einer anderen Stiftung zugewiesen.

Große Aufmerksamkeit widmet DR neben den Chorherren des Pelagius-Stiftes (151-175) den Stiftungen, die Frauen – oft nach langen Jahren der Witwenschaft – stifteten (Kapitel 11 Frauenstiftungen 203-232; ebenso 139-149). Das zeigt, wie autonom auch Witwen handeln konnten. Weiter liegt der Fokus auf den Ständen: Adlige (67-100), Bauern (101-121), Bürgerinnen und Bürgern der Kleinstadt (129-149). Wenn Einzelne nicht so reich waren, übernahmen Gruppen kollektiv die Aufgabe und sorgten für Messgebete, die sich dann nicht nur für einzelne namentlich Genannte einsetzten, sondern für alle Christgläubigen eintreten. Während des 15. Jahrhunderts kommt es zu „sakraler Verdichtung“, d.h. es wird sowohl von mehr Menschen als auch mehr investiert. Vor allem wünschen sich Bewohner ländlicher Siedlungen eine eigene Kirche, regelmäßige Messen, einen eigenen Priester. Das Phänomen der Stiftungen als Banken, die das Wucherverbot (Zinsen auf Kredite zu nehmen) umgehen, ist zu ersehen, leider nur in wenigen Belegen.[8] Dazu kommen Kapitel zur Frömmigkeit und Jenseitsvorstellungen.

Die Vorstellung, durch eine Mikrostudie das Allgemeine im Einzelnen und Besonderen sichtbar zu machen, ist mit der Edition und Analyse nicht durchwegs gelungen. Aber ein umfangreicher Bestand in einem kleinen Umkreis ist vorgestellt und aufgearbeitet, zu dem im Vergleich es weiterer lokaler Studien bedarf. Im Bereich der Stiftskirchen ist noch viel zu tun.[9]

 

Bremen/Wellerscheid, Dezember 2023                                                      Christoph Auffarth

Religionswissenschaft,
Universität Bremen

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[1] Michel Vovelle: Mourir autrefois. Attitudes collectives devant la mort aux XVIIe et XVIIIe siècles. Paris 1974. Ders.: Les âmes du purgatoire ou le travail du deuil. Paris 1996. Und ders. Gemeinsam mit seiner Frau Gaby: Vision de la mort et de l’au-delà en Provence d’après les autels des âmes du purgatoire XV. – XX. siècle. (Annales. Cahiers 29) Paris: Colin 1970. Angesichts der umstrittenen Bedeutung von ‘Religion’ in der französischen laizistischen Wissenschaft wählte man in der Annales-Schule den Begriff der Mentalität. Vovelles (1933-2018) Untersuchung gilt als Muster der Analyse großer (‚serieller‘) Quellenbestände (statt individueller erzählender Quellen).

[2] Matthäus 25,31-46: Jesus als Weltenrichter erklärt: „Was Ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt (Hungrige gespeist, Nackte bekleidet, Fremde aufgenommen, Kranke gepflegt), das habt Ihr mir getan.“ Die Szene ist beispielsweise auf der Gallus-Pforte am Basler Münster dargestellt.

[3] Dorothee Rippmann *1951. Freiberufliche Historikerin, habilitiert an der Uni Basel. Weitere Informationen UZH – Historisches Seminar – Prof. Dr. Dorothee Rippmann (27.5.2022).

[4] Die Autorin setzt voraus, dass Lesende die lateinischen und frühneuhochdeutschen/alemannischen Texte selbst entschlüsseln, was eine kleine Herausforderung darstellt, aber Entdeckungen fördert. Alle Texte, auch die im Buch nicht besprochen werden, sind in einer online-Edition zugänglich (S. 25: https://www.Chronos-verlag.ch/node/28269) und gehören zu einem Forschungsprojekt „Frömmig­keit in der Ostschweiz“.

[5] Ähnlich bibliophil ist der Band zur Zürcher Reformation, hrsg. von Francisca Loetz gestaltet, s. https://blogs.rpi-virtuell.de/buchempfehlungen/2023/11/28/gelebte-reformation/ (28. Nov. 2023).

[6] DR 101. Sie lehnt sich an die Definition von Kaspar von Greyerz 1996, 330 an, vgl. Greyerz 2008, 11-13 an.

[7] Eine treffende Rezension ist zu finden von Alexander Sembdner in: H-Soz-Kult, 29.11.2022, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-112824>.

[8] DR 129-138; 186. Die Spitäler oder Stifte vergaben Kredite, durften dafür aber keine Zinsen nehmen (was nur Kaufleuten im Fernhandel, den ‚Lombarden‘, und Juden erlaubt war; die aber mussten angesichts des hohen Risikos hohe Zinsen nehmen). Die die Kredite erhielten, verpflichteten sich, zusätzlich zur Rückzahlung des Kredits ein Stiftungsgeld obendrein zu zahlen. Das Phänomen heißt oft montes pietatis ‚Berge der Frömmigkeit‘.

[9] Zu Recht orientiert sich DR für Kapitel 9 an der dichten Studie von Oliver Auge zur Stuttgarter Stiftskirche (Stiftsbiographien. Die Kleriker des Stuttgarter Heilig-Kreuz-Stifts 1250 – 1552. Leinfelden-Echterdingen: DRW-Verlag 2002; Ders. [u.a.] (Hrsg.): Handbuch der Stiftskirchen in Baden-Württemberg. Ostfildern: Thorbecke 2019), aber das trifft wieder nur einen Teil der Fragestellung; zum andern war die Arbeit von Rosi Fuhrmann: Kirche und Dorf. Religiöse Bedürfnisse und kirchliche Stiftung auf dem Lande vor der Reformation. Stuttgart: Fischer 1995 wegweisend, auf die DR mehrfach Bezug nimmt. Und natürlich sind die v.a. wirtschaftsgeschichtlichen Forschungen von Hans-Jörg Gilomen grundlegend.

Portfolios zum Lebensweg gestalten

Biblische und eigene Lebenswege – eine erprobte Unterrichtsreihe für die Grundschule

Selma Schwarzmüller hat mit ihrer Lerngruppe Portfolios erarbeitet, die das Symbol des Lebenswegs entfalten. An diesem Beispiel haben ihre Schülerinnen und Schüler auch dabei die tiefere symbolische Bedeutung von Wörtern und Bildern entdeckt, die nicht nur eine „Tatsache“, sondern auch ein „Geheimnis“ enthalten. Inhalt der Unterrichtsreihe ist der Psalm 23, (optional) die Lebenswege biblischer Personen, vor allem aber der eigenen Lebensweg.

Portfolios zum Lebensweg gestalten (my relilab) von Horst Heller, Lizenz: CC BY-SA





Bild
Text/Aufsatz
Unterrichtsentwurf

Gottes Stimme? Jugendliche auf der Suche nach Gott

Nimmt Gott auf unsere Lebensentscheidungen positiven Einfluss?

Danach gefragt, ob Gott für die Jugendlichen meines Religionsunterrichts als Begleiter vorstellbar ist, ernte ich regelmäßig Kopfschütteln. Eigentlich ist das auch nicht weiter verwunderlich. Auf den ersten Blick (und oft auch auf den zweiten) bleibt Gott unsichtbar. Kein brennender Dornbusch in meinem Vorgarten, keine Feuersäule nachts auf der Autobahn, die mir den Weg nach Hause erhellt – was vielleicht auch ganz gut ist, denn mein Erschrecken wäre sicher grenzenlos. Doch daraus zu schließen, dass es Gott nicht gibt, weil ich ihn nicht sehe, ist zu kurz gegriffen. „Dann musst du eben genauer hinschauen.“, möchte ich meinen Schülerinnen und Schülern zurufen. Denn öffnet man seinen Blick für das Transzendente, kann man plötzlich viele Situationen ausmachen, in denen Gottes Hilfsangebot hier und da im Alltag durchblitzt. Es gilt sie nur wahrzunehmen. Genau dafür versucht ich die Schülerinnen und Schüler in dieser kleinen Einheit zu sensibilisieren.

Für diesen Unterrichtsvorschlag und seine digitale Präsentation auf my.relilab.org zeichnet Jan P. Grüntjes verantwortlich.

Gottes Stimme? Jugendliche auf der Suche nach Gott … (my relilab) von Horst Heller, Jan P. Grüntjes, Lizenz: CC BY-SA



Arbeitsblatt
Audio
Text/Aufsatz
Unterrichtsentwurf

Konfi-Arbeit 1+1

Ein Tag – ein Thema: Das ist die Grundidee dieser Konfi-Fortbildungsreihe aus EKBO und Nordkirche.

Leitung: Irmela Redhead, Beauftragte für Konfi-Arbeit in der Nordkirche &
Jeremias Treu, Studienleitung Konfi-Arbeit EKBO
Ort: AKD-Tagungshaus, Goethestraße 27, 10625 Berlin
Kosten: jeweils 45€

Die Themen im Jahr 2024:

Schau dir den an! – Zwölfeinhalb Minuten und was daraus werden kann.

Freitag, 11.10.2024, 10-17 Uhr

Kurzfilme sind prägnant und lassen zugleich viel Phantasieraum für die themen dazwischen. Ob 2-Minuten-Werbeclip, knackige Animationsfilme oder 15.Minuten-Kurzfillme mit überraschenden Wendungen – die Bandbreite an Kurzfilmen ist groß.

Einen Tag probieren wir aus, anhand von Kurzfilmen pädagogische um die Ecke zu denken, aktivierende Einheiten für Konfis und jugendliche zu konzipieren und das Medium film in den Dienst der wirklich wichtigen Fragen der Welt zu stellen.

Referent: Bianca Bretträger, Studienleiterin Medienpädagogik in Schule und Gemeinde der NoKi
Anmeldeschluss: 23.9.2024
Anmeldung: https://akd-ekbo.de/kalender/konfi-arbeit-1-1-schau-dir-den-an/

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Konfibellion – wie Konfis und Jugendliche lernen, sich in Kirche einzumischen

Freitag, 22.11.2024, 10-17 Uhr

Konfibellion versteht Konfi-Arbeit als Empowerment zur Mitgestaltung. Erfahrungen der Demokratiepädagogik werden in dieser Fortbildung auf die Konfi-Arbeit übertragen. Was in Schulen mit dem Klassenrat gelingt, kann helfen, die Konfi-Arbeit zu einer Werkstatt der Demokratie zu machen. Frühzeitig lernen die Konfis sich einzumischen und so die Kirche mitzugestalten.

Referent: Klaas Wolf, ehemaliger Teamer und Demokratiepädagoge
Anmeldeschluss: 1.11.2024
Anmeldung: https://akd-ekbo.de/kalender/konfi-arbeit-1-1-konfibellion/

Onlineforum Konfi-Kompakt

PTI Nordkirche und AKD der EKBO

Das Onlineforum Konfi-Kompakt bietet einen Input zu Teilbereichen einer vielgestaltigen Konfi-Zeit.

Verantwortlich: Irmela Redhead, Beauftragte für Konfi-Arbeit der Nordkirche und Jeremias Treu, Studienleiter für Konfi-Arbeit in der EKBO. 

Wesentlich bei dieser Veranstaltung ist eine Mischung aus Impuls und Austausch. Somit können die Teilnehmenden an den  Erfahrungen und Kompetenzen der anderen teilhaben.

Die nächsten Termine und Themen:

14.06.2024, 10:00-12:00 Uhr
Gut werben für die Konfi-Arbeit
Info und Anmeldung

27.09.2024, 10:00-12:00 Uhr
Queere Konfi-Arbeit – Konfi-Zeit geschlechtersensibel gestalten
Referentin: Carina Kuznik, Pädagogisches Institut EKvW
Info und Anmeldung

29.11.2024, 10:00-12:00 Uhr
Das neue Heft KU-Praxis 69 – Körper
Info und Anmeldung

„…geschehe in Liebe“

Ideen und Anregungen zur Jahreslosung für die Konfi-Arbeit

Wie jedes Jahr hat Thomas Ebinger auch für 2024 eine Seite seines Ebiblogs dem Thema Jahreslosung gewidmet: hier.

Jahreslosung 2024 über einer Lichterkette in Herzform
© Fadi Xd / fundus-medien.de

Ein besonderes Format hat die Ev. Jugend Vorderer Odenwald erstellt: In dem One-Paper Escape-Game müssen die Jugendlichen mit einen Auszug aus Paulus‘ Korintherbrief ein Rätsel tüfteln. Wenn alle sieben Rätsel richtig gelöst werden, entsteht ein QR-Code, mit dem die Gruppe auf einer Webseite die Botschaft der Jahreslosung vorgespielt bekommt.
Den Rätsel-Brief für die Konfis und die zugehörige Anleitung (inklusive Lösung) stellen wir gerne im Namen von Manuela Bodensohn, Stephanie Dreieicher und Hannah Lieb zur Verfügung (Kontakt).